Leitsatz (redaktionell)
Die Besitzstandsregelung in der Protokollnotiz Nr. 6 zu Abschnitt B der Lehrer-Richtlinien-O der TdL vom 22. Juni 1995 bezieht sich nur auf eine Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe, die der Lehrkraft bei zutreffender Eingruppierung nach den bis zum 30. Juni 1995 geltenden Richtlinien zustand.
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin über den 30. Juni 1995 hinaus einen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IV b BAT-O hat.
Die Klägerin verfügt über einen Abschluß als Freundschaftspionierleiterin mit Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch und Sport. Sie ist seit dem Jahre 1978 im Schuldienst tätig. Zuletzt unterrichtete sie in den Klassen 1 - 4 an einer Grundschule. Die Klägerin hat keine Lehrbefähigung für weitere Fächer. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Tarifbindung der BAT-O Anwendung.
Am 16. Juli 1992 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, dessen § 4 wie folgt lautet: "Für die Eingruppierung gilt Abschnitt E der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1 a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 in der jeweiligen Fassung. Danach ist der/die Angestellte in der VergGr. IV b eingruppiert."
Mit Schreiben vom 6. November 1995 teilte der Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995 (TdL-Richtlinien 1995) mit, daß sie ab dem 1. Juli 1995 in die VergGr. V b BAT-O rückgruppiert werde. Dagegen wendet sich die Klägerin.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe gem. § 4 des Arbeitsvertrags einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O. Darüber hinaus ergebe sich ihr Anspruch aus der Protokollnotiz Nr. 6 zu Abschnitt B der TdL-Richtlinien 1995. Diese knüpfe an die bisher gezahlte Vergütung an und sichere sie über den 1. Juli 1995 hinaus. Die Protokollnotiz könne nicht dahin ausgelegt werden, daß nur eine bisher zutreffende Eingruppierung zukünftig nicht berührt werde. Darüber hinaus habe der Personalrat weder der Rückgruppierung noch der Änderung des Arbeitsvertrages zugestimmt, so daß diese Maßnahmen rechtsunwirksam seien.
Die Klägerin hat beantragt,
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festzustellen, daß die Klägerin über den 30. Juni 1995 hinaus entsprechend VergGr. IV b BAT-O zu vergüten ist, |
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hilfsweise festzustellen, daß die Klägerin über den30. Juni 1995 hinaus gemäß der VergGr. IV b BAT-O mit Stand 30. Juni 1995, bis zur Aufzehrung durch evtl. Tariferhöhungen zu vergüten ist. |
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, die korrigierende Rückgruppierung in die VergGr. V b BAT-O sei zu Recht erfolgt. Die Angabe der VergGr. IV b BAT-O im Arbeitsvertrag begründe keinen eigenständigen Vergütungsanspruch. Auch aus der Protokollnotiz Nr. 6 zu Abschnitt B der TdL-Richtlinien 1995 folge kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O, weil die Klägerin bis zum 30. Juni 1995 zu hoch eingruppiert gewesen sei. Ihre Ausbildung als Freundschaftspionierleiterin mit der Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch und Sport habe keine Eingruppierung in die VergGr. IV b BAT-O gerechtfertigt. Die fehlende Zustimmung des Personalrates sei vergütungsrechtlich unbeachtlich. Das Arbeitsgericht hat dem Hilfsantrag stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat es das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin nur noch den Klageantrag zu 1). Der Beklagte bittet insoweit um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe über den 30. Juni 1995 hinaus kein Vergütungsanspruch nach VergGr. IV b BAT-O zu. Die Klägerin sei aufgrund der TdL-Richtlinien 1995 Teil B Abschnitt I Nr. 8 b rechtlich zutreffend in die VergGr. V b BAT-O rückgruppiert worden. Ein darüber hinausgehender Vergütungsanspruch ergebe sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus der Protokollnotiz Nr. 6 zu Abschnitt B der TdL-Richtlinien 1995. Diese Ausführungen sind rechtlich zutreffend.
II. Die vom Beklagten am 6. November 1995 vorgenommene korrigierende Rückgruppierung der Klägerin ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat über den 30. Juni 1995 hinaus keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O.
1. Ein solcher Vergütungsanspruch ergibt sich nicht aus § 4 des Arbeitsvertrages, der die Eingruppierung der Klägerin in die VergGr. IV b BAT-O regelt. Diese im öffentlichen Dienst typische und nach § 22 Abs. 3 BAT-O erforderliche Vereinbarung kann grundsätzlich nicht dahin ausgelegt werden, dem Arbeitnehmer solle ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine bestimmte Vergütung zustehen. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände kann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes der Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag schon deswegen nicht eine solche Bedeutung beimessen, weil der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung, sondern nur das gewähren will, was dem Arbeitnehmer tarifrechtlich zusteht (BAG Urteile vom 23. August 1995 - 4 AZR 352/94 - ZTR 1996, 169, m.w.N.; vom 8. August 1996 - 6 AZR 1013/94 - AP Nr. 46 zu § 22, 23 BAT Lehrer; vom 28. Mai 1997 - 10 AZR 383/95 - n.v.; vom 9. Juli 1997 - 4 AZR 635/95 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt; und vom 18. Februar 1998 - 4 AZR 581/96 - zur Veröffentlichung bestimmt). Vorliegend hat die Klägerin jedoch nichts dafür vorgetragen, was für einen eigenständigen übertariflichen Vergütungsanspruch sprechen könnte.
2. Liegt kein arbeitsvertraglicher Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der VergGr. IV b BAT-O vor, bedurfte es zur Korrektur der bisherigen Eingruppierung keiner Änderungskündigung. Eine Änderungskündigung ist nur zur Änderung arbeitsvertraglicher Ansprüche erforderlich. Wird eine zu hohe Vergütung rechtsgrundlos gewährt, so ist der Arbeitgeber ohne Ausspruch einer Änderungskündigung berechtigt, den Arbeitnehmer in die zutreffende, niedrigere Vergütungsgruppe korrigierend rückzugruppieren (ständige Rechtsprechung: BAG Urteile vom 28. Mai 1997 - 10 AZR 383/95 - n.v.; vom 11. Juni 1997 - 10 AZR 724/95 - AP Nr. 6 zu § 20 BMT-G II m.w.N.). Die bisherige Vergütung der Klägerin erfolgte ohne Rechtsgrund, weil sie weder einen tariflichen, noch einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O hatte. Die Rückgruppierung erfolgte damit zu Recht. a) Für die Zeit bis zum 30. Juni 1995 gab es weder tarifrechtlich nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991, i.V.m. § 11 Satz 2 BAT-O oder nach Nr. 3 a Unterabs. 1 SR 2 l I BAT-O, der auf die Regelung der bis zum 30. Juni 1995 geltenden 2. BesÜV verweist, noch nach den arbeitsvertraglich vereinbarten TdL-Richtlinien in den bis zum 30. Juni 1995 geltenden Fassungen, eine Rechtsgrundlage für die Vergütung von Freundschaftspionierleitern nach VergGr. IV b BAT-O, weil diese keine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen aufweisen (vgl. BAGE 80, 24 = AP Nr. 6 zu § 11 BAT-O; BAG Urteil vom 13. Juni 1996 - 6 AZR 972/94 - AP Nr. 9 zu § 11 BAT-O). Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Zwischen den Parteien ist zwischenzeitlich nicht mehr im Streit, daß die geschilderte Sach- und Rechtslage auch auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin zutrifft und ihr deshalb bis zum 30. Juni 1995 kein tariflicher oder arbeitsvertraglicher Anspruch nach den TdL-Richtlinien auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O zustand.
b) Für die Zeit ab 1. Juli 1995 besteht nach den beim Beklagten seit diesem Zeitpunkt allein anzuwendenden Richtlinien (BAG Urteil vom 25. September 1997 - 6 AZR 71/96 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt; Amtsblatt des Sächsischen Ministeriums für Kultus Nr. 14 vom 14. November 1995 S. 347 ff.) kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O. Gemäß Abschnitt B I Nr. 8 a der TdL-Richtlinien 1995, die auch vom Beklagten angewendet werden, erhalten diese Vergütung: "Erzieherinnen und Freundschaftspionierleiter mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung und Lehrbefähigung für Deutsch oder Mathematik und je ein Wahlfach sowie einer erfolgreich abgelegten Erweiterungsprüfung für Sekundarstufe I oder die Primarstufe in einem dritten Fach in der Tätigkeit von Lehrern."
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht, da sie über keine erfolgreich abgelegte Erweiterungsprüfung für die Sekundarstufe I oder die Primarstufe in einem dritten Fach verfügt.
c. Der Klägerin steht auch nach der Protokollnotiz Nr. 6 zu Abschnitt B der TdL-Richtlinien 1995 über den 30. Juni 1995 hinaus kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Fortzahlung einer Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O zu. Die Protokollnotiz lautet:
"Hat der Angestellte im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinien Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe erhalten als aus der Vergütungsgruppe, in der er nach diesen Richtlinien eingruppiert ist, wird diese Vergütung für die Dauer des fortbestehende Arbeitsverhältnisses durch das Inkrafttreten dieser Richtlinien nicht berührt."
Zwar finden die TdL-Richtlinien 1995 und damit auch die Protokollnotiz Nr. 6 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, weil arbeitsvertraglich die Geltung der TdL-Richtlinien in der jeweiligen Fassung vereinbart worden ist. Das Landesarbeitsgericht hat diese Protokollnotiz jedoch gemäß §§ 133, 157 BGB zutreffend dahin ausgelegt, daß damit die bisherige Vergütung nur dann gesichert werden soll, wenn sie auf einer Eingruppierung in eine rechtlich zutreffende Vergütungsgruppe beruhte.
Bereits der Wortlaut der Protokollnotiz "Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe erhalten", zeigt, daß nicht auf die tatsächlich erhaltene Vergütung abzustellen ist. Ein solcher Inhalt der Protokollnotiz würde den Begriff der "Vergü-tungsgruppe" in unzutreffender Weise unbeachtet lassen. Bei der rechtlich erforderlichen Beachtung des Wortlauts ergibt sich aus dem Begriff "Vergütungsgruppe", daß nur der bisherige eingruppierungsrechtlich zutreffende Status aufrechterhalten bleiben soll.
Dafür spricht auch, daß die Protokollnotiz eine Übergangsregelung enthält, wie sie üblicherweise von den Tarifvertragsparteien in den Tarifverträgen zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT getroffen wird. So lautet z. B. § 3 des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a BAT für Angestellte in der Datenverarbeitung vom 4. November 1983, daß durch das Inkrafttreten dieses Tarifvertrages die Vergütung von Angestellten, die "...Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe erhalten haben, als der Vergütungsgruppe, in der sie nach diesem Tarifvertrag eingruppiert sind" nicht berührt wird. Diese Übergangsregelung wurde durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Mai 1988 (- 4 AZR 751/87 - BAGE 58, 269 = AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT Datenverarbeitung) dahingehend rechtlich bewertet, daß es nicht auf die bisherige faktische Vergütung des Angestellten ankommt, sondern darauf, ob dem Angestellten zuvor ein tariflicher Anspruch auf Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe zustand als es die neuen tariflichen Bestimmungen vorsahen. Da die von dem Beklagten angewandten TdL-Richtlinien 1995 in der Protokollnotiz Nr. 6 die gleiche Wortwahl getroffen haben, kann davon ausgegangen werden, daß dieser Regelung die gleiche, im öffentlichen Dienst allgemein übliche rechtliche Bedeutung beizumessen ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob sie die Protokollnotiz in dem Sinne verstanden hat, daß ihr die bisher tatsächlich gezahlte Vergütung weiterzuzahlen sei, auch wenn dafür eine Rechtsgrundlage nicht bestanden habe. Die TdL-Richtlinien enthalten eine generelle Leistungsbestimmung, die kraft Vereinbarung Inhalt des Arbeitsvertrages geworden ist. Deshalb muß auch die Klägerin davon ausgehen, daß der Beklagte nur die Vergütung gewähren will, die ihr nach den Richtlinien zusteht. Diese entspricht im Regelfalle im öffentlichen Dienst auch der tatsächlich gezahlten Vergütung.
Durch die Protokollnotiz als Übergangsregelung soll deshalb nur ein Vergütungsanspruch aufrechterhalten bleiben, der bei zutreffender Anwendung der bisherigen Richtlinien begründet war, sich aber aus den neuen zum 1. Juli 1995 in Kraft getretenen Richtlinien nicht mehr ergibt. Hingegen kann der Protokollnotiz bei verständiger Würdigung nicht die Bedeutung beigemessen werden, daß durch sie fehlerhafte Eingruppierungen auf Dauer einer Korrektur durch den Arbeitgeber entzogen werden sollen. Dies würde außerdem zu einer ungerechtfertigten Besserstellung der Klägerin gegenüber denjenigen Angestellten führen, die bei einer mit der der Klägerin vergleichbaren Ausbildung schon vor dem 1. Juli 1995 in eine niedrigere Vergütungsgruppe eingruppiert wurden oder deren Eingruppierungen vor diesem Zeitpunkt entsprechend korrigiert wurden.
3. Das Landesarbeitsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteile vom 8. August 1996 - 6 AZR 1013/94 - AP Nr. 46 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer und Urteil vom 11. Juni 1997 - 10 AZR 724/95 - AP Nr. 6 zu § 20 BMT-G II, m.w.N.) angenommen, daß die fehlende Zustimmung des Personalrates zur Rückgruppierung (vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 2 SächsPersVG) vergütungsrechtlich unbeachtlich ist, weil dadurch ein nicht bestehender Vergütungsanspruch nicht begründet werden kann. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden und wird auch von der Klägerin nunmehr als zutreffend erachtet. Soweit die Klägerin geltend macht, der Personalrat habe nach § 80 Abs. 1 Nr. 9 SächsPersVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Änderung des Arbeitsvertrages, kann sich dieses nur auf arbeitsvertragliche Ansprüche beziehen, die vorliegend jedoch nicht bestehen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 436627 |
BB 1998, 1904 |
RdA 1998, 381 |
ZTR 1998, 511 |
RiA 1999, 66 |