Leitsatz (redaktionell)
(Urlaubsabgeltungsanspruch im Konkursverfahren) Die Eintragung eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung in die Konkurstabelle steht einer Leistungsklage nicht entgegen, mit der die Verurteilung zur Zahlung des Abgeltungsbetrages gefordert wird.
Normenkette
KO §§ 61, 145 Abs. 2; BUrlG § 7 Abs. 4; KO § 59 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 05.06.1985; Aktenzeichen 2 Sa 157/84) |
ArbG Hannover (Entscheidung vom 11.09.1984; Aktenzeichen 3 Ca 136/84) |
Tatbestand
Der Kläger war bei der Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen und das der persönlich haftenden Gesellschafterin am 1. August 1983 die Anschlußkonkursverfahren eröffnet worden sind, als leitender Angestellter beschäftigt. Der Beklagte ist der Konkursverwalter.
Das Arbeitsverhältnis ist mit Wirkung zum 1. September 1983 einvernehmlich mit der Beklagten beendet worden. Der Kläger hat aus dem beendeten Arbeitsverhältnis noch einen Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 2.142,86 DM.
Der Beklagte hat auf die Anmeldung des Klägers diesen Abgeltungsanspruch am 15. Februar 1984 zur Konkurstabelle anerkannt.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger Zahlung dieses Betrags, weil es sich um eine Masseschuld handele.
Der Kläger hat zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.142,86 DM zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, dem Zahlungsbegehren des Klägers stehe die Feststellung zur Konkurstabelle entgegen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz hat der Kläger nur noch beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.142,86 DM brutto Zug um Zug gegen den Verzicht des Klägers aus seiner Forderungsanmeldung vom 12. September 1983 - 33 N 287/83 Amtsgericht Hannover - über den Betrag der Urlaubsabgeltung von 2.166,66 DM und aus dem hierauf ergangenen Anerkenntnis des Beklagten vom 15. Februar 1984 über 2.142,86 DM zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat diesem Antrag entsprochen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Abweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Feststellung des Anspruchs des Klägers auf Urlaubsabgeltung zur Konkurstabelle der Zahlungsklage gegen den Beklagten nicht entgegensteht.
Zwar gilt nach § 145 Abs. 2 KO die Eintragung in die Tabelle rücksichtlich der Forderungen ihrem Betrage und ihrem Vorrechte nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber allen Konkursgläubigern. Diese Wirkung bezieht sich jedoch nur auf Konkursforderungen i. S. von § 61 KO, sie tritt jedenfalls nicht ein bei irrtümlich angemeldeten Massekosten- oder Masseschuldenansprüchen (vgl. z. B. Kuhn/Uhlenbruck, KO, 10. Aufl., § 145 Rz 3; Jaeger/Weber, KO, 8. Aufl., § 145 Rz 7; Böhle-Stamschräder/Kilger, KO, 14. Aufl., § 145 Anm. 4).
Der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers ist keine Konkursforderung i. S. von § 61 KO, sondern vom Beklagten als Konkursverwalter nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO als Masseschuld zu erfüllen. Der erkennende Senat hat im Urteil vom 18. Dezember 1986 (- 8 AZR 481/84 -, zur Veröffentlichung bestimmt) ausgeführt, daß der Urlaubsanspruch als gesetzlich oder tarifvertraglich bedingte Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung für die Dauer des Urlaubs freizustellen, durch die Konkurseröffnung nicht berührt wird, weil er auf eine Handlung des Gemeinschuldners bezogen ist, das Konkursverfahren sich aber nur auf Zahlungsverpflichtungen des Gemeinschuldners erstreckt. Der Anspruch ist vom Konkursverwalter zu erfüllen, weil er mit Rücksicht auf § 22 KO das Arbeitsverhältnis jedenfalls bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist oder - wie hier - bis zu einem einvernehmlichen Beendigungszeitpunkt fortsetzen muß.
Hat der Konkursverwalter den Anspruch nicht bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt, entsteht mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis als Surrogat des Urlaubsanspruchs ein Urlaubsabgeltungsanspruch. Auch dieser vom Konkursverwalter zu erfüllende Anspruch ist Masseschuld nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO (vgl. z. B. Dersch/Neumann, BUrlG, 6. Aufl., § 1 Rz 95 und Bleistein, GK-BUrlG, 4. Aufl., § 1 Rz 157).
Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung auch darauf abgestellt, daß der Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung den der abzugeltenden Urlaubsdauer entsprechenden letzten Tagen vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen sei. Es hat sich damit der Auffassung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 21. Mai 1980 - 5 AZR 441/78 - AP Nr. 10 zu § 59 KO) angeschlossen. In dieser Entscheidung hat der Fünfte Senat angenommen, daß ein Urlaubsabgeltungsanspruch insoweit unter § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KO fällt, als die Dauer des Arbeitsverhältnisses nach Konkurseröffnung nicht ausgereicht hätte, den Urlaubsanspruch zeitlich zu erfüllen. Gegen eine solche Unterscheidung bestehen Bedenken. Ein Urlaubsanspruch kann, wenn er noch nicht zeitlich festgelegt ist, nicht einem bestimmten Zeitraum im Jahr zugeordnet, auch nicht unterschieden werden, ob der Urlaubsanspruch vor oder nach Konkurseröffnung hätte erfüllt werden können. Im übrigen ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG für den Abgeltungsanspruch nur maßgeblich, ob Urlaubsansprüche wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gewährt werden können.
Einer abschließenden Beurteilung dieser Frage durch den erkennenden Senat bedarf es allerdings nicht, weil auch unter Zugrundelegung der Auffassung des Fünften Senats (aaO) hier der Anspruch des Klägers unter § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO fällt: Dem Abgeltungsanspruch entspricht unstreitig ein Urlaubsanspruch des Klägers von neun Arbeitstagen. Die Dauer des Arbeitsverhältnisses nach Konkurseröffnung hätte damit ausgereicht, den Urlaubsanspruch zu erfüllen.
Entgegen der Auffassung der Revision ist der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers nicht durch die Feststellung zur Konkurstabelle zu einer Konkursforderung geworden, weil der Feststellungswirkung nach § 145 Abs. 2 KO nur Konkursforderungen unterliegen können, nicht aber Verbindlichkeiten, die am Konkursverfahren nicht teilnehmen. Damit gibt es keinen Grund, der den Kläger hindern könnte, seinen Anspruch als Masseschuld nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO im Wege der Leistungsklage gegen den Beklagten zu verfolgen.
Der Kläger hat vor dem Landesarbeitsgericht nur noch einen eingeschränkten Leistungsantrag gestellt, indem er eine Verurteilung Zug um Zug gegen Verzicht auf seine Rechte aus der Anmeldung und aus der Anerkennung zur Tabelle beantragt hat. Ob es einer solchen Einschränkung bedurfte, unterliegt mit Rücksicht auf § 308 ZPO nicht der Beurteilung des erkennenden Senats.
Dr. Leinemann Dr. Peifer Dr. Freitag
Schömburg Kümpel
Fundstellen
Haufe-Index 441652 |
BB 1987, 1954 |
BB 1987, 1954-1955 (LT) |
DB 1987, 2212-2212 (LT) |
Stbg 1988, 124-124 (T) |
ARST 1987, 181-181 (LT) |
KTS 1987, 720-722 (LT) |
NZA 1988, 58-59 (LT) |
RdA 1987, 318 |
ZIP 1987, 1266 |
ZIP 1987, 1266-1267 (LT) |
AP § 59 KO (T), Nr 21 |
AP § 7 BUrlG Abgeltung (LT1), Nr 35 |
AR-Blattei, ES 970 Nr 71 (LT1) |
AR-Blattei, Konkurs Entsch 71 (LT1) |
EzA § 7 BUrlG, Nr 56 (LT) |