Entscheidungsstichwort (Thema)
Unmittelbare und mittelbare Benachteiligung iSd. AGG. Belästigung iSd. AGG. Maßregelung iSd. AGG. „Mobbing”. Ersatz immaterieller und materieller Schäden. Ausschlussfristen. Benachteiligung und Belästigung iSd. AGG. Ausschlussfrist
Leitsatz (amtlich)
1. Die in § 15 Abs. 4 AGG bestimmte Ausschlussfrist ist – auch in ihrer Kombination mit der für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG maßgeblichen Klagefrist des § 61b ArbGG – mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar. Sie wahrt sowohl den unionsrechtlichen Grundsatz der Äquivalenz als auch den der Effektivität. § 15 Abs. 4 AGG verstößt auch nicht gegen das in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG bestimmte Verbot der Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus.
2. In den Fällen, in denen das Schadensersatz- und/oder Entschädigungsverlangen auf eine verbotene Benachteiligung nach dem AGG in Form der Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG gestützt wird, beginnt die Frist des § 15 Abs. 4 AGG wegen des typischerweise prozesshaften Charakters der Belästigung mit dem Abschluss des letzten von der klagenden Partei geschilderten Vorfalls zu laufen.
Orientierungssatz
1. Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG ist – auch in ihrer Kombination mit der für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG maßgeblichen Klagefrist des § 61b ArbGG – mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar. Sie wahrt sowohl den unionsrechtlichen Grundsatz der Äquivalenz als auch den der Effektivität. § 15 Abs. 4 AGG verstößt auch nicht gegen das in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG bestimmte Verbot der Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus.
2. § 15 Abs. 4 AGG verstößt bereits deshalb nicht gegen den Grundsatz der Äquivalenz, weil es im deutschen Arbeitsrecht kein Klageverfahren gibt, das im Hinblick auf seinen Verfahrensgegenstand, seinen Rechtsgrund und seine wesentlichen Gesichtspunkte einer Schadensersatz- bzw. Entschädigungsklage nach § 15 Abs. 1 bzw. § 15 Abs. 2 AGG entspricht. Die hier allein in Betracht kommenden Klagen, die Ansprüche auf Schadensersatz und/oder Entschädigung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen – insbesondere nach § 280 Abs. 1 ggf. iVm. § 253 BGB; § 823 Abs. 1 BGB ggf. iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG – zum Gegenstand haben, sind nicht mit den auf § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG gestützten Klageverfahren vergleichbar. Eine Vergleichbarkeit scheidet schon wegen grundlegender Unterschiede in der Beweislastverteilung aus. Darüber hinaus bestehen wesentliche Unterschiede in der Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen. Dies gilt insbesondere für das Verschuldenserfordernis.
3. § 15 Abs. 4 AGG wahrt auch den Grundsatz der Effektivität. Dies gilt sowohl für den in § 15 Abs. 4 AGG bestimmten Fristbeginn als auch für die dort geregelte Frist von zwei Monaten.
4. § 15 Abs. 4 AGG bewirkt im Hinblick auf die in Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG genannten Gründe „Religion”, „Weltanschauung”, „Behinderung”, „Alter” und „sexuelle Ausrichtung” – und damit auch im Hinblick auf die vorliegend relevanten Gründe iSv. § 1 AGG „Behinderung” und „Alter” – keine Absenkung des in Deutschland bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus in Bezug auf Diskriminierungen in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen.
5. Nach § 252 BGB gehört zu dem nach § 15 Abs. 1 AGG zu ersetzenden Vermögensschaden auch entgangenes Arbeitsentgelt. Verlangt die klagende Partei nach § 15 Abs. 1 AGG Ersatz eines Vermögensschadens in Form entgangenen Arbeitsentgelts, trägt sie nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die haftungsausfüllende Kausalität und muss demnach darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die (behauptete) Benachteiligung für den Schaden ursächlich war, der Schaden also bei benachteiligungsfreier Behandlung nicht eingetreten wäre. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität wird durch § 22 AGG nicht abgeändert.
6. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 16 AGG hat weder einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG noch einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zur Folge. Allerdings darf ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 16 AGG schon vor dem Hintergrund, dass mit dieser Bestimmung das Verbot der Viktimisierung der unionsrechtlichen Vorgaben umgesetzt wird (ua. Art. 11 der Richtlinie 2000/78/EG), nicht folgenlos bleiben. Dem entspricht das innerstaatliche Recht in Deutschland, denn unbenommen bleiben nicht nur etwaige Ansprüche auf Beseitigung der Beeinträchtigung und ggf. auf Unterlassung, sondern darüber hinaus insbesondere Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB und aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 16 AGG.
7. § 15 Abs. 4 AGG enthält eine Sonderregelung jedenfalls für die Fälle, in denen § 22 AGG unmittelbar Anwendung findet. Deshalb kann § 15 Abs. 4 AGG nicht über seinen Wortlaut hinaus – auch nicht analog – auf Schadensersatzverlangen angewendet werden, in denen – wie bei Schadensersatzbegehren wegen „Mobbings” – die Beweisregel des § 22 AGG nicht eingreift.
8. Für den Beginn der Frist des § 15 Abs. 4 AGG kommt es in den Fällen, in denen das Schadensersatz- und/oder Entschädigungsverlangen auf eine verbotene Benachteiligung nach dem AGG in Form der Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG gestützt wird, wegen des typischerweise prozesshaften Charakters der Belästigung auf den Abschluss des letzten von der klagenden Partei geschilderten Vorfalls an. Dieser Zeitpunkt entspricht dem Zeitpunkt, zu dem regelmäßig Ausschlussfristen für einen auf „Mobbing” gestützten Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch zu laufen beginnen.
Normenkette
AGG §§ 1, 3 Abs. 1-3, § 7 Abs. 1, § 15 Abs. 1-2, 4, §§ 16, 22; ArbGG § 61b; BGB § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, §§ 252-253, 276, 823 Abs. 1-2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1; AVR § 45 Abs. 2; Richtlinie 2000/78/EG Art. 1, 2 Abs. 3, Art. 8 Abs. 2, Art. 9 Abs. 3, Art. 11; Richtlinie 2000/43/EG Art. 2 Abs. 3, Art. 7 Abs. 3; Richtlinie 2006/54/EG Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 17 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. April 2015 – 4 Sa 482/13 – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Anträge der Klägerin zu 1. und 3. abgewiesen wurden.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob die Beklagte der Klägerin wegen Benachteiligung, Belästigung und Maßregelung iSd. AGG und wegen „Mobbings” zum Ersatz immaterieller und materieller Schäden verpflichtet ist.
Die 1954 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem 17. April 2000 in der Senioreneinrichtung „J” in K als Verwaltungsangestellte in Teilzeit zu einem Bruttojahresgehalt von 27.500,00 Euro beschäftigt. Sie ist mit einem Grad der Behinderung von 100 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Ihr Schwerbehindertenausweis enthält die Merkzeichen „aG, B”. Die Behinderung beruht auf rheumatischer Arthritis, Fibromyalgie und schwerer Mittelohrschwerhörigkeit.
In § 2 des Dienstvertrags vom 3. April 2000 haben die Parteien die Anwendung der „Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung” vereinbart. In § 45 der AVR heißt es:
(1) Ansprüche auf Leistungen, die auf die Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit nach den §§ 12 und 13 gestützt sind, sowie die allmonatlich entstehenden Ansprüche auf Entgelt (§§ 14 bis 19a) müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
(2) Andere Ansprüche aus dem Dienstverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, soweit die AVR nichts anderes bestimmen.
(3) Für den gleichen Tatbestand reicht die einmalige Geltendmachung der Ansprüche aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Ansprüche unwirksam zu machen.”
Unter dem 6. November 2006 und dem 20. April 2010 erteilte die Beklagte der Klägerin Zwischenzeugnisse mit insgesamt guten bis sehr guten Leistungsbeurteilungen. Im Zwischenzeugnis vom 20. April 2010 heißt es:
Frau P, geb. 1954, wohnhaft F, T, ist seit dem 17.04.2000 als Mitarbeiterin der Verwaltung für die Bewohnersachbearbeitung im J tätig.
Das J ist eine Einrichtung der J gemeinnützige GmbH. Es bietet mit 117 Plätzen schwer pflegebedürftigen Menschen im Rahmen der Kurzzeit- und Dauerpflege ein Zuhause; weiterhin wird in der Rstrasse der Bereich Betreutes Wohnen mit 62 Wohnungen mit der Option der Hilfeleistungen durch den Ambulanten Pflegedienst K sowie umfangreiche Betreuungsleistungen vorgehalten.
Das Aufgabengebiet von Frau P umfasst insbesondere folgende Aufgaben und Tätigkeiten:
Frau P zeigt sowohl im Kontakt mit den Bewohnern als auch mit den Angehörigen ein adäquates Verhältnis aus Nähe und Distanz, wobei die Interaktionen durchgängig von Wertschätzung geprägt sind. Ihr Verhalten zu Kollegen und Vorgesetzten ist stets einwandfrei.
Sie verfügt über umfassende Fachkenntnisse, die sie sicher und zielgerecht in der Praxis einsetzt. Sie kann neue Entwicklungen und deren Folgen für ihre Arbeit gut wahrnehmen und einschätzen.
Frau P ist bei den Mitarbeitern als kompetente und kollegiale Mitarbeiterin jederzeit anerkannt; sie ist aufgrund ihrer kompetenten und korrekten Arbeit von ihren Vorgesetzen stets geschätzt.
Die ihr übertragenen Aufgaben erledigt sie mit großem Engagement und persönlichem Einsatz. Trotz eines mitunter großen Arbeitsanfalls zeigte sie sich den unterschiedlichen Situationen stets gewachsen und arbeitet gut geplant, zügig und lösungsorientiert.
Dieses Zwischenzeugnis wurde auf Wunsch von Frau P wegen eines Wechsels in der Einrichtungsleitung erstellt; der Unterzeichner hat mit Frau P in der Zeit vom 16.07.2009 bis zum 23.06.2010 zusammengearbeitet.”
Am 7. September 2010 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und dem neuen Einrichtungsleiter N und am 30. September 2010 ein Personalgespräch zwischen der Klägerin, Herrn N und dem Vorstandsvorsitzenden der Beklagten L statt. Die Einzelheiten beider Gespräche sind zwischen den Parteien streitig. Am 1. Oktober 2010 wurde die Klägerin von Herrn N angewiesen, in ein anderes Büro umzuziehen, um dort sog. „OP-Listen” „Offene Posten”-Listen) zu bearbeiten. Am 11. Oktober 2010 erschien die Klägerin früh zum Dienst und wurde von Herrn N wieder weggeschickt.
Unter dem 15. November 2010 richtete der neue Einrichtungsleiter W ein mit „Dienstanweisung” überschriebenes Schreiben an die Klägerin, das auszugsweise lautet:
„Sehr geehrte Frau P,
von Ihren Aufgaben der Außenkommunikation der Verwaltung und der Einrichtung (Bewohner, Angehörige, Ämter, etc.) sind Sie bis auf weiteres befreit. Ebenso von der Kassenführung.
In enger Zusammenarbeit mit dem Unterzeichner widmen Sie sich bis auf weiteres bitte ausschließlich der Aufarbeitung der Bewohnerakten nach folgendem Ablauf:
Prüfen der Bewohnerakte auf Vorliegen
- des Heimvertrages
- Pflegestufenbescheid
- des Sozialamtsbescheides
- des PWG-Bescheides
- des Bescheides nach § 87b
- sonstiger Bescheide
- Anfordern eines aktuellen Kontoauszuges des Bewohners aus der Buchhaltung.
- Vergleich der Rechtmäßigkeit der OP anhand der vorliegenden Bescheide und Erstellung des vorgegeben Excel-Blattes
- Weitere Vorgehensweise (z.B. Mahnung, Anschreiben, Antragstellungen) mit dem Unterzeichner absprechen
- Festlegung der Wiedervorlage der Bewohnerakte
Ich freue mich auf eine gute erfolgreiche Zusammenarbeit.”
Am 30. November 2010 wurde die Klägerin in der Verwaltungsdienstbesprechung angewiesen, zukünftig an der Rezeption Dienst zu tun. Der behinderungsgerechte Schreibtisch und der behinderungsgerechte Bürostuhl der Klägerin wurden auf deren Nachfrage hin an der Rezeption aufgestellt. Am 1. Dezember 2010 erhielt die Klägerin ein mit „Dienstanweisung 2” überschriebenes Schreiben, dessen Inhalt dem der Dienstanweisung vom 15. November 2010 gleicht.
Am 8. Dezember 2010 erhielt die Klägerin ein mit „Ermahnung” überschriebenes Schreiben, in dem es heißt:
„Ermahnung:
Sehr geehrte Frau P,
mit Dienstanweisung vom 15.11.2010 und der Dienstanweisung vom 1.12.2010 wurden Sie aufgefordert die Bewohnerakten aufzuarbeiten und mit dem Einrichtungsleiter abzusprechen. Das Verfahren wurde wie folgt angewiesen:
Prüfen der Bewohnerakte auf Vorliegen
- des Heimvertrages
- Pflegestufenbescheid
- des Sozialamtsbescheides
- des PWG-Bescheides
- des Bescheides nach § 87b
- sonstiger Bescheide
- Anfordern eines aktuellen Kontoauszuges des Bewohners aus der Buchhaltung.
- Vergleich der Rechtmäßigkeit der OP anhand der vorliegenden Bescheide und Erstellung des vorgegeben Excel-Blattes
- Weitere Vorgehensweise (z.B. Mahnung, Anschreiben, Antragstellungen) mit dem Unterzeichner absprechen
- Festlegung der Wiedervorlage der Bewohnerakte
Bis heute hat der Unterzeichner weder eine aufgearbeitete Akte von Ihnen erhalten, noch erfolgte pro Akte eine Absprache durch Sie mit dem Unterzeichner.
Stattdessen ergab eine Prüfung der von Ihnen zu erstellenden Excelliste falsche Einträge. So trugen Sie zu unserem Bewohner Herrn G ein Guthaben von 9000,– Euro ein, obwohl dies nach Aktenlage und Buchhaltung, eindeutig nicht möglich sein kann.
Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass wir von Ihnen erwarten, sich zukünftig strikt nach den Ihnen erteilten Anweisungen zu halten.”
Ab dem 13. Dezember 2010 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.
Mit Schreiben vom 28. August 2012 teilte sie der Beklagten mit, dass sie bald wieder einsatzfähig sei und einen Antrag auf Wiedereingliederung stellen werde, wofür sie im Hinblick auf den Rentenversicherungsträger noch einige Facharzttermine wahrnehmen müsse. Zwischenzeitlich wolle sie gerne ihren Urlaub von 73 Tagen nehmen und danach 30 Stunden wöchentlich arbeiten. In dem vom Einrichtungsleiter W unterzeichneten Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 5. September 2012 heißt es ua.:
„… wir gehen weiterhin davon aus, dass Sie attestiert arbeitsunfähig sind. Kenntnis über eine befristete Rente haben wir auch nicht. Daher begründet sich Ihr Schreiben nicht.
Wir wünschen Ihnen weiterhin eine gute Genesung …”
Im Oktober 2012 sah die Klägerin ihre Personalakte ein. Am 6. Oktober 2012 bat sie um Ausstellung eines Zwischenzeugnisses.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 5. November 2012 forderte die Klägerin von der Beklagten eine Entschädigung und Schadensersatz. Dieses Schreiben hat auszugsweise den folgenden Inhalt:
„… Mit diesem Schreiben macht unsere Mandantschaft Schadensersatz und Entschädigung wegen Diskriminierung, Mobbings und Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie Vertragsverletzung u.a. umfassend geltend. Anspruchsgrundlagen sind u.a. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, Art. 1, 2 Abs. 1 GG und §§ 823, 280 BGB.
Unsere Mandantschaft hat auch erhebliche gesundheitliche Schäden dadurch erlitten.
Unsere Mandantschaft wurde diskriminiert wegen Alters und Behinderung.
Eine abschließende Bezifferung der Schäden ist derzeit noch nicht möglich. Nachfolgend werden einige Schadenspositionen vorab aufgeführt. Die Aufstellung ist aber noch unvollständig.
1. Diskriminierungen und Mobbing
Folgende Vorgänge sind als Teil des Mobbings und als Diskriminierungen zu werten.
1.1. Chronologie
1.1.1. DI. 07.09.2010; 11:00 Uhr …, 1.1.2. DO, 30.09.2010; 13:00 Uhr …, 1.1.3. FR. 01.10.2010; 11:00 Uhr …, 1.1.4. MO. 04.10.2010 9:30 Uhr …, 1.1.5. DI. 05.10.2010; 9:30 Uhr …, 1.1.6. MI. 06.10.2010; 9:30 Uhr …, 1.1.7. DO. 07.10.2010; 9:30 Uhr …, 1.1.8. FR. 08.10.2010 9:30 Uhr …, 1.1.9. MO. 11.10.2010 9:30 Uhr …, 1.1.10. MO. 15.11.2010; 08:00 Uhr …, 1.1.11. DO 18.11.2010 08:00 Uhr …, 1.1.12. DO 24.11.2010 14:30 Uhr …, 1.1.13. DI. 30.11.2010 11:00 Uhr …, 1.1.14. MI; 01.12.2010 8:30 Uhr …, 1.1.15. MI; 08.12.2010 10:30 Uhr …, 1.1.16. DO; 09.12.2010 Abends …, 1.1.17. FR; 10.12.2010 8:00 Uhr …, 1.1.18. Seit 13.12.2010 …, 1.1.19. 05.09.2012
…
1.1.20. 06.10.2012
Mit Schreiben vom 06.10.2012 hat unsere Mandantschaft ein Zwischenzeugnis angefordert, das bis heute nicht vorliegt.
…
1.1.21. 25.10.2012
Bei Durchsicht der Personalakte mußte unsere Mandantschaft feststellen, daß entscheidende Inhalte fehlten, wie beispielsweise der Widerspruch gegen die Ermahnung und das Zwischenzeugnis vom 20.04.2010.
…
1.2. Diskriminierungen
Die ständigen öffentlichen Herabsetzungen, Degradierungen und Vorwürfe sowie Ermahnungen sind jeweils für sich diskriminierende Benachteiligungen. Zugleich handelt es sich bei den Vorgängen um Mobbing und sonstige Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
2. Diskriminierungsmerkmale
Die Diskriminierungen erfolgten (auch) wegen der Behinderung unserer Mandantschaft (unmittelbare Diskriminierung). Zudem handelt es sich um mittelbare Diskriminierungen, da die Vorgänge unsere Mandantschaft wegen der Behinderung in besonderer Weise belastet haben.
3. Immaterieller Schaden
…
Ausgehend von den derzeit vorliegenden Informationen ist davon auszugehen, daß unsere Mandantschaft in zahlreichen Fällen diskriminiert wurde.
Je Diskriminierung ist ein abschreckend hohe Entschädigung von einem Jahresgehalt, mindestens aber 30.000,00 EUR anzusetzen. Zu Ihren Gunsten wird von einem Gesamtbetrag von 60.000,00 EUR ausgegangen.
Weitere Schäden z.B. wegen weiterer diskriminierender Belästigungen, die sich erst bei genauerer Auswertung der Vorgänge feststellen lassen, sind darin noch nicht enthalten. Die Geltendmachung weiterer Schäden bleibt daher vorbehalten.
…
4. Materieller Schaden wegen Diskriminierung
…
Neben dem immateriellen Schaden ist unserer Mandantschaft auch der materielle Schaden zu ersetzen, insbesondere der Schaden der durch Arbeitsunfähigkeit entstanden ist.
…
Vorliegend hat unsere Mandantschaft durch die geschilderten Vorgänge erheblichen gesundheitlichen Schaden erlitten und ist deswegen langfristig arbeitsunfähig geworden.
…
Damit besteht ein Schaden von 45.800 EUR brutto abzüglich 12.760 EUR Krankengeld und abzüglich 3.375 EUR Arbeitslosengeld.
…”
Unter dem 7. November 2012 erteilte die Beklagte der Klägerin ein Zwischenzeugnis, in dem es ua. heißt:
„Frau P führt folgende bewohnerorientierten Aufgaben durch:
- • Beratung der Bewohner und Angehörigen in allen Bereichen, die die Verwaltung betreffen
- • Prüfung der Einreichung der heimnotwendigen Unterlagen
- • Stellung von Pflegewohngeldanträgen
- • Stellung von Rentenüberleitungsanträgen
- • Stellung von Höherstufungsanträgen
- • Stellung von Anträgen auf Zusatzleistungen aus § 87b
- • Ausfüllen von Heimverträgen und Änderungsverträgen
Folgende einrichtungsbezogene Aufgaben zählen zu Ihren Aufgaben:
- • Teilnahme an Hausbesprechungen
- • Informationspflicht gegenüber des Vorgesetzten
- • Anlage und Führen der Bewohnerakte
- • Anlage und Pflege der relevanten Bewohnerdaten in Vivendi
- • Rechnungsablage
- • Schriftverkehr mit Behörden
- • Diverse Rechnungsstellungen
- • Vorbereitung der Statistiken für den Einrichtungsleiter
- • Führen der Heimkassen
Frau P erfüllt die ihr gestellten Aufgaben zu unserer Zufriedenheit. Der Arbeitsstil von ihr kann als bewohnerorientiert bezeichnet werden. So wunderte es nicht, dass Frau P von Mitarbeitern, Bewohnern und Angehörigen gleichermaßen geschätzt wird.
Ihre dienstlichen Verpflichtungen nimmt Frau P immer pünktlich und korrekt wahr. Frau P ist stets initiativ und engagiert in allen Fragen der Lebensqualität der Bewohner und dessen Angehörigen.”
Eine Zahlung lehnte die Beklagte ab.
Unter dem 7. Januar 2013 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten ein das Zwischenzeugnis vom 7. November 2012 betreffendes Beschwerde- und Aufforderungsschreiben.
Ab dem 1. Februar 2013 befand sich die Klägerin in einer Maßnahme der beruflichen Rehabilitation.
Mit ihrer am 5. Februar 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin die im Schreiben vom 5. November 2012 aufgeführten Ansprüche gegenüber der Beklagten weiter. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihr wegen Benachteiligung, Belästigung und Maßregelung iSd. AGG und wegen „Mobbings” insbesondere nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, Art. 1, 2 Abs. 1 GG und §§ 823, 280 BGB zur Entschädigung und zum Schadensersatz verpflichtet. Sie sei, wie sich aus den in der chronologischen Übersicht der Jahre 2010 und 2012 aufgeführten Vorgängen ergebe, fortlaufend wegen ihrer Behinderung und ihres Alters diskriminiert worden. Ua. sei sie mit falschen Vorwürfen über ihre Arbeitsleistung konfrontiert, angeschrien und von ihren eigentlichen Aufgaben entbunden worden. Alle Beschäftigten der Einrichtung seien über die Änderung ihrer Aufgaben informiert worden, begleitet von der Aufforderung, Fehler der Klägerin an den Einrichtungsleiter zu melden.
Niemand habe mehr mit ihr gesprochen. Als ihr am 30. November 2010 in einer Abteilungsdienstbesprechung mitgeteilt worden sei, dass sie ab dem nächsten Tag an der Rezeption arbeiten solle, sei ihr auch gesagt worden, sie solle dort nicht nur weiter die sog. OP-Listen bearbeiten, sondern auch die Telefonzentrale und den Besucherempfang übernehmen. Sie habe dieser Arbeitsanweisung nicht widersprochen, aber erklärt, sie benötige aus gesundheitlichen Gründen auch an der Rezeption den eigens für sie vom Rentenversicherungsträger angeschafften behinderungsgerechten Schreibtisch und Stuhl. Der Einrichtungsleiter W habe daraufhin entsetzt gefragt, was das wieder für Sonderwünsche seien. Ein „bisschen krank und Rente und dann ein bisschen arbeiten”, das werde er nicht dulden, sie, die Klägerin, solle ganz in Rente gehen. Teilweise seien ihre an den Einrichtungsleiter gesandten Mails von diesem an alle Beschäftigten weitergeleitet worden mit der Folge, dass man ihr allgemein mit starker Ablehnung begegnet sei. Bei Einsichtnahme in ihre Personalakte am 25. Oktober 2012 habe sie festgestellt, dass entscheidende Inhalte fehlten, so beispielsweise ein Widerspruch gegen eine Ermahnung sowie das unter dem 20. April 2010 vom damaligen Einrichtungsleiter ausgestellte Zwischenzeugnis. Das Zwischenzeugnis vom 7. November 2012 sei unzutreffend, insbesondere sei es ohne sachlichen Grund schlechter als die Zeugnisse vom 6. November 2006 und vom 20. April 2010.
Durch die von der Beklagten zu verantwortenden Vorfälle in der Zeit vom 7. September bis zum 10. Dezember 2010 sei sie diskriminiert und in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt worden; infolgedessen sei sie an einer Depression erkrankt, was zu einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Bei der Vorbereitung ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz in der zweiten Hälfte des Jahres 2012 sei sie durch die Verweigerung des am 28. August 2012 beantragten Resturlaubs, das Fehlen von Unterlagen in ihrer Personalakte und durch das unzutreffend schlechte Zwischenzeugnis vom 7. November 2012 erneut wegen ihrer Behinderung und wegen ihres Alters diskriminiert und in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt worden.
Indizien für die von ihr erfahrene nachteilige Behandlung wegen der in § 1 AGG genannten Gründe „Behinderung” und „Alter” ergäben sich ua. aus Äußerungen des Einrichtungsleiters W in einer Abteilungsdienstbesprechung am 30. November 2010 sowie daraus, dass sie als lebensältere und behinderte Kollegin anders behandelt worden sei als jüngere, nicht behinderte Kollegen und Kolleginnen. Von Bedeutung sei auch, dass die Beklagte ihre Pflichten aus § 12 Abs. 1 AGG verletzt habe, indem sie nicht die nach dieser Bestimmung erforderlichen Maßnahmen zu ihrem Schutz vor Benachteiligungen wegen ihres Alters und ihrer Behinderung ergriffen habe. Es komme hinzu, dass die Beklagte ihre Beschwerde- bzw. Geltendmachungsschreiben vom 5. November 2012 und vom 7. Januar 2013 entgegen der in § 13 Abs. 1 AGG getroffenen Bestimmung nicht von einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerdestelle habe überprüfen lassen, und dass sie kein betriebliches Eingliederungsmanagement gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX (im Folgenden: BEM) durchgeführt habe. Zudem wirke sich aus, dass die Beklagte die Vorgaben von § 71 SGB IX unterschreite, da sie nicht wenigstens auf fünf Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftige, ältere und schwerbehinderte Menschen nicht entsprechend deren Anteil an der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Bevölkerung beschäftige und diese Personengruppen für Führungspositionen weit unterdurchschnittlich berücksichtige.
Sie habe ihre Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht. Sowohl die Ausschlussfrist des § 45 AVR als auch die Fristen nach § 15 Abs. 4 AGG und § 61b ArbGG seien eingehalten worden. Die Fristen in § 15 Abs. 4 AGG und § 61b ArbGG seien schon nicht mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar. Zudem laufe bei Dauersachverhalten – wie in ihrem Fall – eine Frist erst mit der letzten diskriminierenden Handlung bzw. der letzten Mobbing-Handlung an. Von Bedeutung sei zudem, dass sie nicht gewusst habe, wann ihre Arbeitsunfähigkeit beendet sein würde und dass sie erst im März 2012 erfahren habe, dass sie von Januar 2012 bis Januar 2014 befristet Erwerbsunfähigkeitsrente erhalte. Ausschlussfristen aus Arbeits- und Kollektivverträgen und auch – wie hier – aus den AVR seien nicht auf Ansprüche wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts anwendbar. Im Übrigen setzten sich die Diskriminierung und das „Mobbing” der Beklagten – wie auch das Vorbringen der Beklagten im Prozess belege – bis heute fort.
Die Entschädigung sei so zu bemessen, dass sie eine abschreckende Sanktion darstelle. Neben dem immateriellen Schaden sei auch der materielle Schaden zu ersetzen. Sie sei wegen der durch die Geschehnisse hervorgerufenen Depressionen arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Dies habe zu Gehaltseinbußen geführt, die die Beklagte ersetzen müsse.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Ersatz für den immateriellen Schaden (Entschädigung und Schmerzensgeld) iHv. 60.000,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- …
- die Beklagte zu verurteilen, an sie einen weiteren Betrag iHv. 34.581,94 Euro brutto abzüglich 15.773,37 Euro Krankengeld und abzüglich 5.639,00 Euro Arbeitslosengeld I nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin weder eine Entschädigung bzw. ein Schmerzensgeld noch materiellen Schadensersatz zu schulden. Die Anspruchsvoraussetzungen seien nicht erfüllt; jedenfalls seien die Ansprüche verwirkt und im Übrigen auch nicht innerhalb der in § 15 Abs. 4 AGG bestimmten Frist geltend gemacht worden. Die von der Klägerin behaupteten Vorfälle hätten sich im Wesentlichen im Jahr 2010 zugetragen; ab dem 13. Dezember 2010 sei die Klägerin indes arbeitsunfähig erkrankt, wodurch eine zeitliche Zäsur eingetreten sei. Diese spreche gegen einen systematischen Zusammenhang mit der im Jahr 2012 zwischen den Parteien geführten Korrespondenz. Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG sei unionsrechtskonform; die Bestimmung finde zudem auf Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche aus anderen Rechtsgrundlagen als denen des AGG Anwendung. Soweit die Klägerin ihre Ansprüche auf Vorfälle aus dem Jahr 2010 stütze, sei Verwirkung eingetreten.
Unabhängig davon sei die Klägerin nicht diskriminiert und nicht in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Ihr Vortrag sei in wesentlichen Punkten unzutreffend und insgesamt nicht geeignet, die geltend gemachten Ansprüche zu begründen. Schließlich sei die Höhe der Entschädigungsforderung überzogen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge zu 1. und zu 3. weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin hat Erfolg. Zwar hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass etwaige Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG und auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG insoweit verfallen sind, als die Klägerin diese Ansprüche auf Vorfälle bis zu ihrer Erkrankung am 13. Dezember 2010 stützt und geltend macht, jeder Vorgang für sich betrachtet sei eine verbotene Benachteiligung nach dem AGG in Form einer unmittelbaren bzw. mittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG. Ebenso wenig revisionsrechtlich zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin könne einen Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG nicht mit Erfolg darauf stützen, dass sich einzelne Vorgänge ab dem Jahr 2012 für sich betrachtet als verbotene unmittelbare bzw. mittelbare Benachteiligungen iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG darstellen. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch insoweit als rechtsfehlerhaft, als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, § 15 Abs. 4 AGG finde nicht nur auf Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG Anwendung, sondern auf alle Schadensersatzansprüche, seien es Ansprüche aus § 280 BGB oder deliktische Ansprüche, die auf denselben Lebenssachverhalt wie die Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG gestützt würden und deshalb nicht geprüft hat, ob die Beklagte der Klägerin Schadensersatz und/oder Entschädigung wegen „Mobbings” schuldet. Zudem hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob und ggf. in welchem Umfang sich Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG ergeben, weil sich die von der Klägerin insgesamt vorgetragenen Vorgänge aus der Zeit ab dem 7. September 2010 in einer Gesamtschau als Benachteiligung in Form der Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG darstellen. Die klageabweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welchem Umfang die zulässigen Klageanträge zu 1. und 3. insoweit – dh. unter dem Gesichtspunkt des „Mobbings” und der Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG – begründet sind; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) im Kostenpunkt und im Übrigen insoweit, als die Anträge der Klägerin zu 1. und 3. abgewiesen wurden sowie im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
A. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass etwaige Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG und auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG insoweit verfallen sind, als die Klägerin diese Ansprüche auf Vorfälle bis zu ihrer Erkrankung am 13. Dezember 2010 stützt und geltend macht, jeder Vorgang für sich betrachtet sei eine verbotene Benachteiligung nach dem AGG in Form einer unmittelbaren bzw. mittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AGG.
I. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beginnt die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung – wie hier – zu dem Zeitpunkt, an dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Diese Frist hat die Klägerin, soweit sie ihre Ansprüche auf Vorfälle bis zu ihrer Erkrankung am 13. Dezember 2010 stützt und geltend macht, jeder Vorgang für sich betrachtet sei eine verbotene unmittelbare bzw. mittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AGG, nicht gewahrt. Sie hat ihre Ansprüche erstmalig mit Schreiben vom 5. November 2012 geltend gemacht.
Es kann dahinstehen, ob und ggf. welche Rechtsfolgen eintreten, wenn die klagende Partei geltend macht, sie sei ohne ihr Verschulden gehindert gewesen, die Frist einzuhalten. Hierzu fehlt es an entsprechendem Vorbringen der Klägerin. Ihr Vortrag, sie habe nicht gewusst, wie lange sich ihre Erkrankung hinziehen werde, reicht zur Darlegung eines mangelnden Verschuldens nicht aus. Dasselbe gilt für ihr Vorbringen, erst im März 2012 erfahren zu haben, dass sie in der Zeit von Januar 2012 bis Januar 2014 eine befristete Erwerbsunfähigkeitsrente erhalte.
II. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG – auch in ihrer Kombination mit der für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG maßgeblichen Klagefrist des § 61b ArbGG – mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar. Die Frist des § 15 Abs. 4 AGG wahrt sowohl den unionsrechtlichen Grundsatz der Äquivalenz als auch den der Effektivität. § 15 Abs. 4 AGG verstößt auch nicht gegen das in Art. 8 Abs. 2 der hier einschlägigen Richtlinie 2000/78/EG bestimmte Verbot der Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus.
1. Die hier einschlägige Richtlinie 2000/78/EG – die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf eine Benachteiligung wegen ihrer „Behinderung” und ihres „Alters” – regelt keine Fristen für die Einleitung von Verfahren zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dieser Richtlinie. Vielmehr bestimmt Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG (ebenso Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2000/43/EG und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/54/EG), dass einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt bleiben. Nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie ist es deshalb Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den vollen Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen (vgl. nur EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 24 f. mwN, Slg. 2010, I-7003). Dies schließt die Bestimmung von Ausschlussfristen ein.
2. Die Festsetzung von Ausschlussfristen ist ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit und grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar (st. Rspr. des EuGH, vgl. nur 21. Dezember 2016 – C-154/15, C-307/15 und C-308/15 – [Gutiérrez Naranjo] Rn. 69; 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 36 mwN, Slg. 2010, I-7003; 10. Juli 1997 – C-261/95 – [Palmisani] Rn. 28 mwN, Slg. 1997, I-4025).
a) Allerdings dürfen Verfahren, die Klagen wegen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zum Gegenstand haben, nicht weniger günstig gestaltet sein als entsprechende Verfahren, die nur innerstaatliches Recht – hier: innerstaatliches Arbeitsrecht – betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), sofern diese Klagen einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben (vgl. nur EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 26 und 42 mwN, Slg. 2010, I-7003).
Dabei ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob sich die Verfahren im Hinblick auf ihren Verfahrensgegenstand, ihren Rechtsgrund und ihre wesentlichen Gesichtspunkte entsprechen. Ist dies der Fall, ist in einem zweiten Schritt festzustellen, ob die für solche nationalen Klagen geltenden Verfahrensmodalitäten insoweit tatsächlich günstiger sind (vgl. ua. EuGH 30. Juni 2016 – C-200/14 – [Câmpean] Rn. 51 und 55; 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 34, Slg. 2010, I-7003). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, die günstigste innerstaatliche Regelung auf alle Klagen zu erstrecken, die – wie hier – im Bereich des Arbeitsrechts erhoben werden (vgl. nur EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 26 bis 29, 34 und 42 mwN, aaO).
b) Darüber hinaus darf die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (Grundsatz der Effektivität) (st. Rspr. des EuGH, vgl. nur 15. März 2017 – C-3/16 – [Aquino] Rn. 48 mwN; 20. Oktober 2016 – C-429/15 – [Danqua] Rn. 29 f.; 28. Januar 2015 – C-417/13 – [Starjakob] Rn. 61 mwN; 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 22 und 25 mwN, Slg. 2010, I-7003).
Zwar ist die Festsetzung von Ausschlussfristen grundsätzlich mit dem Erfordernis der Effektivität vereinbar, weil hierdurch das grundlegende Prinzip der Rechtssicherheit zur Anwendung kommt. Solche Fristen sind nämlich grundsätzlich nicht geeignet, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. Die Mitgliedstaaten müssen aber für nationale Regelungen, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, Fristen festlegen, die insbesondere der Bedeutung der zu treffenden Entscheidungen für die Betroffenen, der Komplexität der Verfahren und der anzuwendenden Rechtsvorschriften, der Zahl der potenziell Betroffenen und den anderen zu berücksichtigenden öffentlichen oder privaten Belangen entsprechen. Mit diesem Vorbehalt ist es den Mitgliedstaaten unbenommen, mehr oder weniger lange Fristen vorzusehen (ua. EuGH 21. Dezember 2016 – C-327/15 – [TDC] Rn. 98 mwN; 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 36 mwN, Slg. 2010, I-7003; 29. Oktober 2009 – C-63/08 – [Pontin] Rn. 48 mwN, Slg. 2009, I-10467), soweit der Fristlauf mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Arbeitnehmer von der behaupteten Diskriminierung Kenntnis erlangt (EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 41, aaO).
c) Letztlich darf die innerstaatliche Regelung nicht gegen den in Art. 8 Abs. 2 der – hier einschlägigen – Richtlinie 2000/78/EG niedergelegten Grundsatz des Verbots einer Absenkung des Schutzniveaus verstoßen (ua. EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 43 ff., Slg. 2010, I-7003).
3. Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG genügt diesen unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. auch BAG 21. Juni 2012 – 8 AZR 188/11 – Rn. 20 ff., BAGE 142, 143; 15. März 2012 – 8 AZR 37/11 – Rn. 29 ff., BAGE 141, 48; 15. März 2012 – 8 AZR 160/11 – Rn. 27 ff.).
a) Anders als die Revision meint, verstößt § 15 Abs. 4 AGG nicht gegen den Grundsatz der Äquivalenz. Dies folgt bereits daraus, dass das deutsche Arbeitsrecht kein Klageverfahren kennt, das im Hinblick auf seinen Verfahrensgegenstand, seinen Rechtsgrund und seine wesentlichen Gesichtspunkte einer auf § 15 Abs. 1 bzw. § 15 Abs. 2 AGG gestützten Schadensersatz- bzw. Entschädigungsklage entspricht.
Zwar sehen weder das materielle Recht noch das Prozessrecht für die insoweit allein in Betracht kommenden Ansprüche auf Schadensersatz und/oder Entschädigung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen Ausschlussfristen vor, weshalb derartige Ansprüche grundsätzlich der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB unterliegen. Hier kommen vor dem Hintergrund, dass nach § 7 Abs. 3 AGG eine Benachteiligung iSv. § 7 Abs. 1 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt, im Hinblick auf eine Entsprechung mit den Verfahren nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG in erster Linie Klagen auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB in Betracht, wobei unter den Voraussetzungen des § 253 BGB über den Ersatz des materiellen Schadens hinaus auch Ersatz des immateriellen Schadens verlangt werden kann. Ferner kommen insoweit Klagen in Betracht, mit denen Ersatz des materiellen oder immateriellen Schadens wegen einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB ggf. iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gefordert wird. Auch wenn in diesen Verfahren eine Vergleichbarkeit betreffend den Gegenstand und den Rechtsgrund mit den auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG gerichteten Verfahren naheliegt, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass § 15 Abs. 4 AGG gegen den Grundsatz der Äquivalenz verstößt. Vielmehr führen grundlegende Unterschiede in der Beweislastverteilung und in der Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen dazu, dass die auf die allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 280 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 1 BGB ggf. iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, gestützten Klagen in wesentlichen Gesichtspunkten nicht mit den auf § 15 Abs. 1 und 2 AGG gestützten Klageverfahren vergleichbar sind.
aa) Eine Vergleichbarkeit scheidet bereits wegen grundlegender Unterschiede in der Beweislastverteilung aus.
(1) Nach dem im deutschen Zivilprozessrecht geltenden Grundsatz, der auch im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren gilt, trägt (grundsätzlich) derjenige, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. etwa BAG 18. Juni 2015 – 8 AZR 848/13 (A) – Rn. 11). Ein Kläger, der einen Anspruch auf Schadensersatz und/oder Entschädigung auf § 280 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 1 BGB (ggf. iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) stützt, muss demnach grundsätzlich alle den jeweiligen Anspruch begründenden Tatsachen darlegen und im Streitfall auch beweisen.
(2) Demgegenüber sieht § 22 AGG für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen und damit für die Geltendmachung von Ansprüchen aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG im Hinblick auf eine wesentliche anspruchsbegründende Tatsache, nämlich die Kausalität des Grundes iSv. § 1 AGG für die Benachteiligung, Abweichendes vor.
(a) Die Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG setzen einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG voraus. Dieses Verbot erfasst indes nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen” eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und dem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dieser Kausalzusammenhang ist anspruchsbegründende Voraussetzung, für die nach den allgemeinen zivilprozessualen Regeln die klagende Partei die Darlegungs- und Beweislast trifft.
(b) Hiervon abweichend sieht § 22 AGG für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. etwa BAG 26. Januar 2017 – 8 AZR 848/13 – Rn. 43; 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 63 mwN, BAGE 156, 71; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN, BAGE 155, 149).
Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgt ist (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 24, BAGE 156, 107; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN, BAGE 155, 149). Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; vgl. auch EuGH 19. April 2012 – C-415/10 – [Meister] Rn. 42 und 44 f.; BAG 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 31 mwN).
Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 85; 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 – C-54/07 – [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 24, BAGE 156, 107; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN, BAGE 155, 149). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 63 mwN, BAGE 156, 71; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – aaO).
bb) Zudem bestehen wesentliche Unterschiede in der Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen. Dies gilt insbesondere für das Verschuldenserfordernis.
(1) Die auf die allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 280 Abs. 1 ggf. iVm. § 253 BGB, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gestützten Ansprüche setzen Verschulden des Schuldners voraus. Nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB gilt dies allerdings nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Dabei hat der Schuldner im Regelfall Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 BGB). § 823 Abs. 1 BGB setzt ausdrücklich Vorsatz oder Fahrlässigkeit und damit Verschulden voraus.
(2) Demgegenüber ist der für den Diskriminierungsschutz bedeutsame Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG anerkanntermaßen verschuldensunabhängig (vgl. nur BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 17, BAGE 156, 107). Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien” (hier insbesondere: Richtlinie 2006/54/EG und Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ua. EuGH 22. April 1997 – C-180/95 – [Draehmpaehl] Rn. 24 und 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbots durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 – 8 AZR 759/13 – Rn. 26 mwN; 16. September 2008 – 9 AZR 791/07 – Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).
(3) Ob das Verschuldenserfordernis in § 15 Abs. 1 AGG mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist und welche Rechtsfolgen an eine Unvereinbarkeit mit den Vorgaben des Unionsrechts zu knüpfen wären, kann vorliegend dahinstehen.
Der Gesetzgeber hat den Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG nicht verschuldensunabhängig ausgestaltet. In § 15 Abs. 1 AGG heißt es: „Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat”. Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs übernimmt § 15 Abs. 1 AGG „die Formulierung von § 280 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Damit wird klargestellt, dass der materielle Schadensersatzanspruch nur entsteht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Damit gelten insbesondere die Vorschriften der §§ 276 bis 278 BGB” (BT-Drs. 16/1780 S. 38).
Ob das Verschuldenserfordernis in § 15 Abs. 1 AGG mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist, könnte zweifelhaft sein. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass für den Fall, dass ein Mitgliedstaat Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot im Rahmen einer zivilrechtlichen Haftungsregelung mit einer Sanktion belegt, die finanzielle Wiedergutmachung angemessen in dem Sinne sein muss, dass sie es erlaubt, die durch die diskriminierende Handlung tatsächlich entstandenen Schäden gemäß den anwendbaren staatlichen Regeln in vollem Umfang auszugleichen. Zudem darf die Haftung des Urhebers einer Diskriminierung nicht vom Nachweis eines Verschuldens bzw. der Voraussetzung eines Verschuldens oder vom Fehlen eines Rechtfertigungsgrundes abhängig gemacht werden (vgl. zu den Richtlinien 2006/54/EG, 76/207/EWG ua. EuGH 17. Dezember 2015 – C-407/14 – [Arjona Camacho] Rn. 29 ff. und 33 mwN; 22. April 1997 – C-180/95 – [Draehmpaehl] Rn. 22, Slg. 1997, I-2195; 2. August 1993 – C-271/91 – [Marshall] Rn. 26, Slg. 1993, I-4367; 8. November 1990 – C-177/88 – [Dekker] Rn. 22, Slg. 1990, I-3941). Zwar ist diese Rechtsprechung nicht zur Richtlinie 2000/78/EG, sondern ua. zu den Richtlinien 2006/54/EG und 76/207/EWG ergangen. Allerdings könnte einiges dafür sprechen, dass sie auf andere Richtlinien mit unionsrechtlichen Diskriminierungsverboten, mithin auch auf die Richtlinie 2000/78/EG, übertragbar ist (vgl. nur die Nachweise in EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] Rn. 63).
Dies kann hier jedoch ebenso offen bleiben wie die Frage, welche Rechtsfolgen an eine Unvereinbarkeit von § 15 Abs. 1 AGG mit den Vorgaben des Unionsrechts zu knüpfen wären. Eine Vergleichbarkeit einer Klage nach § 15 Abs. 1 AGG mit einer auf Ersatz des materiellen Schadens nach den allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen gestützten Klage scheidet bereits wegen grundlegender Unterschiede in der Beweislastverteilung aus (vgl. oben Rn. 40 ff.).
b) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin verstößt § 15 Abs. 4 AGG auch nicht gegen den Grundsatz der Effektivität. Weder der in § 15 Abs. 4 AGG bestimmte Fristbeginn noch die dort geregelte Frist von zwei Monaten führen dazu, dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert würde.
aa) In unionsrechtskonformer Auslegung von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beginnt die Frist zur außergerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG in jedem Fall – dh. auch im Fall einer Bewerbung und eines beruflichen Aufstiegs – erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer von der behaupteten Diskriminierung Kenntnis erlangt. Dieser Fristbeginn stimmt mit den Vorgaben des Unionsrechts (EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 41, Slg. 2010, I-7003) überein.
Zwar sieht § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG seinem Wortlaut nach vor, dass die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und (nur) in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung – wie hier – zu dem Zeitpunkt beginnt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Allerdings heißt es in der Begründung des Gesetzesentwurfs, dass die Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, an dem der oder die Benachteiligte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt und dass dies im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs der Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung durch den Arbeitgeber ist (BT-Drs. 16/1780 S. 38). Dies findet seine Bestätigung auch in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses zum Gesetzesentwurf. Dort heißt es, dass die Verkürzung der Frist auf zwei Monate für Arbeitnehmer hinnehmbar sei, weil die Frist ohnehin erst mit der Kenntnis von dem Verstoß beginne (vgl. BT-Drs. 16/2022 S. 12). Damit wollte der Gesetzgeber erkennbar für alle Fälle einer Benachteiligung für den Fristbeginn auf die Kenntnis von der Benachteiligung abstellen. Nach seiner Vorstellung ist dies im Fall einer Bewerbung und eines beruflichen Aufstiegs regelmäßig der Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung, weshalb dieser Zeitpunkt insoweit der frühestmögliche Zeitpunkt des Fristbeginns ist (vgl. auch BAG 21. Juni 2012 – 8 AZR 188/11 – Rn. 38, BAGE 142, 143; 15. März 2012 – 8 AZR 37/11 – Rn. 58 f., BAGE 141, 48; 15. März 2012 – 8 AZR 160/11 – Rn. 54). Ein solcher Fristbeginn steht, wie der EuGH bereits in der Entscheidung Bulicke ausgeführt hat (EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 41, Slg. 2010, I-7003), mit dem Grundsatz der Effektivität im Einklang.
bb) Die Ausschlussfrist in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG genügt auch hinsichtlich ihrer Länge den Anforderungen des Effektivitätsgrundsatzes.
(1) Es ist – auch unter Einbeziehung der nur für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG maßgeblichen dreimonatigen Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG – nicht ersichtlich, dass die Festlegung der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG auf zwei Monate die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte unmöglich machen oder übermäßig erschweren könnte (vgl. dazu auch EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 39 und 42, Slg. 2010, I-7003). Dem berechtigten Anliegen eines Betroffenen, vor einem Tätigwerden die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen zu können und nicht zu voreiliger (förmlicher) Geltendmachung und Klageeinreichung gezwungen zu sein (vgl. BAG 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – Rn. 29, BAGE 116, 66), wird sowohl mit der zweimonatigen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG als auch mit der Klagefrist des § 61b ArbGG – auch unter Einbeziehung der Bedeutung der zu treffenden Entscheidungen – ausreichend Rechnung getragen. Dem steht weder eine außergewöhnlich hohe Komplexität des Verfahrens noch eine solche der anzuwendenden Rechtsvorschriften (zu diesen unionsrechtlichen Vorgaben oben Rn. 36) entgegen. Im Gegenteil vereinfacht die in § 22 AGG zur Beweislast getroffene Bestimmung das Verfahren für die klagende Partei.
(2) Eine andere Bewertung ist auch nicht vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geboten, wonach eine in einer einzelvertraglichen Ausschlussklausel bestimmte Frist für die schriftliche Geltendmachung von weniger als drei Monaten „unangemessen kurz” ist (vgl. BAG 12. März 2008 – 10 AZR 152/07 – Rn. 22; 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – Rn. 28 und 34, BAGE 116, 66). Dieser Rechtsprechung lässt sich bereits kein verallgemeinerungsfähiges Leitbild zur Länge gesetzlicher Ausschlussfristen entnehmen. Zudem kommt dieser Rechtsprechung für die Frage, ob die – gesetzliche – Frist des § 15 Abs. 4 AGG den Effektivitätsgrundsatz wahrt, keine Bedeutung zu, da für die von jenen Ausschlussklauseln erfassten Ansprüche die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast gelten, wonach regelmäßig die klagende Partei die Anspruchsvoraussetzungen darzulegen und zu beweisen hat. Diese Regeln gelten hingegen nicht für die von § 15 Abs. 4 AGG erfassten Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG (vgl. oben Rn. 40 ff.).
c) § 15 Abs. 4 AGG verstößt, soweit es – wie hier – um die Gründe iSv. § 1 AGG „Behinderung” und „Alter” geht, auch nicht gegen den in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG niedergelegten Grundsatz des Verbots einer Absenkung des Schutzniveaus (dazu ua. EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 43 ff., Slg. 2010, I-7003).
aa) Nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG darf deren Umsetzung keinesfalls als Rechtfertigung für eine Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus in Bezug auf Diskriminierungen in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen benutzt werden (EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 43, Slg. 2010, I-7003). Dabei wird von dem Verbot des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG eine Absenkung des Schutzes nur erfasst, wenn sie zum einen mit der „Umsetzung” der Richtlinie zusammenhängt und zum anderen das „allgemeine Niveau des Schutzes” der Arbeitnehmer betrifft, zu deren Gunsten das jeweilige Schutzniveau besteht (EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 44 mwN, aaO).
bb) Jedenfalls im Hinblick auf die in Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG genannten Gründe „Religion”, „Weltanschauung”, „Behinderung”, „Alter” und „sexuelle Ausrichtung” – mithin auch im Hinblick auf die in § 1 AGG genannten und in diesem Rechtsstreit von der Klägerin vorgebrachten Gründe „Behinderung” und „Alter” – bewirkt § 15 Abs. 4 AGG keine Absenkung des in Deutschland bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus in Bezug auf Diskriminierungen in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen.
(1) Vor der Einführung des AGG, mit dem die Richtlinie 2000/78/EG umgesetzt wurde, gab es keinen mit § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG vergleichbaren Ersatzanspruch wegen einer auf den in Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG genannten Gründen „Religion”, „Weltanschauung”, „Behinderung”, „Alter” und „sexuelle Ausrichtung” beruhenden Diskriminierung und folglich auch keine darauf bezogene Geltendmachungsfrist. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 81 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX in der bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung (aF). Diese Bestimmung, die den Schutz schwerbehinderter Menschen betraf, den Grund „Behinderung” also nur teilweise abdeckte, sah – ebenso wie § 15 Abs. 4 AGG – eine zweimonatige Geltendmachungsfrist vor.
(2) Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Regelung in § 15 Abs. 4 AGG eine Absenkung des durch § 611a Abs. 4 Satz 2 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung (aF) bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus bewirkt, wonach für die Geltendmachung einer Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung eine längere Frist galt. Der Schutz vor geschlechtsbezogenen Diskriminierungen steht in keinem Zusammenhang mit der Umsetzung der hier maßgeblichen Richtlinie 2000/78/EG. Die Länge der Frist für die Geltendmachung einer Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung, wie sie in § 611a Abs. 4 Satz 2 BGB aF vorgesehen war, fällt nicht unter den Begriff „Schutzniveau in Bezug auf Diskriminierungen” iSv. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG, da Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG das Geschlecht nicht als Diskriminierungsgrund nennt (vgl. EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 45 ff. mwN, Slg. 2010, I-7003).
B. Ebenso wenig revisionsrechtlich zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin könne einen Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG nicht mit Erfolg darauf stützen, einzelne Vorgänge ab dem Jahr 2012 stellten für sich betrachtet eine verbotene Benachteiligung nach dem AGG in Form der unmittelbaren bzw. mittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AGG dar.
I. Dies gilt zunächst, soweit das Landesarbeitsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz entgangenen Arbeitsentgelts aus § 15 Abs. 1 AGG mangels Kausalität der von ihr dargestellten Vorfälle für ihre Arbeitsunfähigkeit abgelehnt hat.
1. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit angenommen, es spreche nichts dafür, dass die Klägerin, die bereits seit dem Jahr 2010 arbeitsunfähig war, ohne die für das Jahr 2012 behaupteten Handlungen der Beklagten nicht weiter arbeitsunfähig gewesen wäre. Die Klägerin habe zu einer solchen Kausalität überhaupt nichts vorgetragen. Aus ihrem Schreiben vom 28. August 2012 folge vielmehr, dass sie zu diesem Zeitpunkt selbst davon ausging, noch eine geraume Zeit weiter arbeitsunfähig zu sein.
2. Diese Annahme des Landesarbeitsgerichts begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach § 252 BGB zu dem nach § 15 Abs. 1 AGG zu ersetzenden Vermögensschaden auch entgangenes Arbeitsentgelt gehört (vgl. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 104 mwN) und dass die Klägerin, die von der Beklagten nach § 15 Abs. 1 AGG Ersatz eines Vermögensschadens in Form entgangenen Arbeitsentgelts verlangt, nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die haftungsausfüllende Kausalität trägt. Sie muss demnach darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die (behauptete) Benachteiligung für den Schaden ursächlich war, der Schaden also bei benachteiligungsfreier Behandlung nicht eingetreten wäre. Diese, der Klägerin im Rahmen von § 15 Abs. 1 AGG obliegende Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität wird durch § 22 AGG nicht abgeändert (vgl. BAG 26. Januar 2017 – 8 AZR 736/15 – Rn. 48; 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 105; 20. Juni 2013 – 8 AZR 482/12 – Rn. 52 f.; 19. August 2010 – 8 AZR 530/09 – Rn. 78 f.). Die Klägerin hat die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, sie habe keinen Vortrag zur Kausalität der von ihr dargestellten Vorfälle aus dem Jahr 2012 für ihre Arbeitsunfähigkeit geleistet, in der Revision nicht angegriffen, insbesondere hat sie nicht gerügt, das Landesarbeitsgericht habe entsprechendes Vorbringen übergangen.
II. Auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin könne einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG oder „auf sonstigen immateriellen Ersatz” nicht mit Erfolg darauf stützen, einzelne Vorgänge aus dem Jahr 2012 für sich betrachtet bewirkten eine unzulässige unmittelbare bzw. mittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AGG, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, in der Nichtgewährung des von der Klägerin mit Schreiben vom 28. August 2012 beantragten Urlaubs liege bereits keine Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG, da die Klägerin keine ungünstigere Behandlung erfahren habe, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfahren hätte, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
a) Das Landesarbeitsgericht hat das Schreiben der Klägerin vom 28. August 2012 dahin ausgelegt, dass diese aus der Arbeitsunfähigkeit heraus Urlaub beantragt hatte. Vor dem Hintergrund, dass die Erfüllbarkeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs von der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers abhänge, hat es angenommen, dass die Beklagte auch jeder anderen Person in einer vergleichbaren Situation nicht mit befreiender Wirkung Urlaub hätte erteilen können und deshalb keinen Urlaub erteilt hätte.
b) Die hiergegen von der Klägerin vorgebrachte Rüge greift nicht durch. Die Klägerin hat insoweit keinen revisiblen Rechtsfehler aufgezeigt.
Soweit sie geltend macht, sie habe mit ihrem Schreiben vom 28. August 2012 zum Ausdruck gebracht, demnächst wieder arbeitsfähig zu sein, weshalb das Schreiben – entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts – so zu verstehen sei, dass sie Urlaub erst für die Zeit nach ihrer Genesung beantragt habe, setzt sie lediglich ihre Auslegung ihres Schreibens vom 28. August 2012 an die Stelle der Auslegung durch das Landesarbeitsgericht und zeigt keinen revisiblen Rechtsfehler auf. Das Schreiben vom 28. August 2012 enthält nicht typische, sondern atypische Erklärungen. Deren Auslegung ist vorrangig Aufgabe des Tatsachengerichts (vgl. BAG 24. August 2016 – 5 AZR 129/16 – Rn. 20, BAGE 156, 157; 17. März 2016 – 6 AZR 92/15 – Rn. 32). Die Auslegung atypischer Erklärungen durch das Landesarbeitsgericht kann in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (vgl. etwa BAG 23. Juni 2016 – 8 AZR 757/14 – Rn. 14 mwN). Derartige Rechtsfehler hat die Klägerin nicht aufgezeigt, sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
2. Auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe nicht substantiiert dazu vorgetragen, inwieweit sich aus dem Fehlen von Unterlagen in ihrer Personalakte eine Benachteiligung iSd. AGG ergeben soll, hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Klägerin hat hiergegen keine durchgreifenden Rügen erhoben.
Zwar macht die Klägerin in der Revision – unter Wiederholung von Vorbringen aus der Berufungsbegründung – geltend, sie werde durch das Fehlen verschiedener, ihr sehr wichtiger Dokumente – es fehlten insbesondere ihr Widerspruch gegen die Ermahnung sowie das positive Zwischenzeugnis vom 20. April 2010 – insofern belastet, als hierdurch nach allgemeiner Lebenserfahrung ihre Beurteilung (in der Zukunft) gefährdet werde. Da davon auszugehen sei, dass bei anderen Mitarbeitern die Personalunterlagen korrekt geführt würden, werde sie gegenüber diesen Mitarbeitern benachteiligt.
Soweit in diesem Vorbringen eine Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO liegen sollte, mit der die Klägerin ein Übergehen ihres Vortrags in der Berufungsinstanz geltend macht, fehlt es an einer Darlegung der Entscheidungserheblichkeit dieses Vorbringens. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des AGG voraus. Ein solcher Verstoß liegt indes nicht schon dann vor, wenn der Betroffene eine ungünstigere Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, vielmehr ist zudem erforderlich, dass die ungünstigere Behandlung wegen eines Grundes iSv. § 1 AGG erfolgt. Hierzu fehlt es an jeglichem Vorbringen der Klägerin.
3. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die Klägerin könne einen Anspruch auf Entschädigung nicht mit Erfolg darauf stützen, dass das Zwischenzeugnis vom 7. November 2012 schlechter sei als die Zwischenzeugnisse vom 6. November 2006 und vom 20. April 2010, hält auch dies im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Kontrolle stand.
a) Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung ausgeführt, es fehle an einer Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG. Es lasse sich bereits nicht feststellen, dass eine andere Person in einer vergleichbaren Situation ein besseres Zeugnis erhalten hätte. Es fehle an jeglichem Vorbringen der Klägerin, aus dem sich ergäbe, dass das Zwischenzeugnis vom 7. November 2012 falsch sei. Darüber hinaus lasse sich auch nicht andeutungsweise feststellen, was ein – unterstellt – zu schlechtes Zwischenzeugnis mit dem Alter oder der Behinderung der Klägerin zu tun haben solle. Insoweit habe die Klägerin keine Indizien iSv. § 22 AGG dargetan, die die Vermutung begründen könnten, dass sie bei der Erteilung des Zwischenzeugnisses wegen ihres Alters und/oder ihrer Behinderung benachteiligt wurde.
b) Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Klägerin – wie das Landesarbeitsgericht meint – zur Darlegung einer ungünstigeren Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG substantiiert dazu hätte vortragen müssen, welche Leistungen sie seit der Erteilung des Zwischenzeugnisses vom 20. April 2010 erbracht und welches Verhalten sie seitdem gezeigt hatte, um so die Notwendigkeit einer besseren Bewertung darzutun, oder ob es – wie die Klägerin meint – ausreicht, darauf zu verweisen, dass die „wesentliche Verschlechterung im Zwischenzeugnis” unverständlich sei und es dafür keine sachliche Begründung gebe. Jedenfalls hat die Klägerin die Annahme des Landesarbeitsgerichts, sie habe keine Indizien iSv. § 22 AGG dargetan, die die Vermutung begründen könnten, dass sie bei der Erteilung des Zwischenzeugnisses wegen ihres Alters und/oder ihrer Behinderung benachteiligt wurde, in der Revision nicht erfolgreich angegriffen. Soweit sie darauf hingewiesen hat, das Landesarbeitsgericht habe übersehen, dass sie entsprechenden Vortrag in der Berufungsbegründung zum Thema „Gesamtzusammenhang” geleistet habe, reicht dies – auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 22 AGG – nicht aus, um darzutun, dass sie auch und gerade bei der Erteilung des Zwischenzeugnisses wegen ihres Alters und/oder ihrer Behinderung benachteiligt wurde.
4. Das Landesarbeitsgericht hat ferner im Ergebnis zutreffend angenommen, die Klägerin könne eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG bzw. einen „sonstigen immateriellen Ersatz” auch nicht mit der Begründung verlangen, dass sich das Zwischenzeugnis vom 7. November 2012 als verbotene Maßregelung iSv. § 16 AGG darstelle.
a) Zwar konnte der Entschädigungsanspruch nicht mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung verneint werden, das Zwischenzeugnis stelle sich nicht als Reaktion auf das Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 5. November 2012 dar. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass zwischen dem Geltendmachungsschreiben und dem Zwischenzeugnis zwar ein zeitlicher Zusammenhang bestehe, allerdings begründe dieser zeitliche Zusammenhang kein Indiz iSv. § 22 AGG dafür, dass das Zeugnis eine Maßregelung iSv. § 16 AGG sei. Denn der zeitliche Zusammenhang gehe darauf zurück, dass die Klägerin selbst zuvor das Zwischenzeugnis gefordert habe.
Die Revision rügt zu Recht, dass das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung einen wesentlichen Umstand, nämlich die Tatsache unberücksichtigt gelassen hat, dass die Klägerin bereits am 6. Oktober 2012 um Ausstellung eines Zwischenzeugnisses gebeten hatte und dass das Zwischenzeugnis erst am 7. November 2012 erteilt wurde, so dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Geltendmachungsschreiben vom 5. November 2012 und dem Zwischenzeugnis vom 7. November 2012 nicht mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung verneint werden konnte.
b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin könne eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG bzw. einen „sonstigen immateriellen Ersatz” nicht mit der Begründung verlangen, dass sich das Zwischenzeugnis vom 7. November 2012 als Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 16 AGG darstelle, stellt sich jedoch im Ergebnis als zutreffend dar. Dies folgt daraus, dass ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 16 AGG keinen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zur Folge hat und dass die Klägerin – selbst wenn die Beklagte mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses gegen das Maßregelungsverbot des § 16 AGG verstoßen haben sollte – auch nach anderen Anspruchsgrundlagen, hier: § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB sowie nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 16 AGG keinen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens hat.
aa) Sowohl der Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG als auch der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzen einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des AGG voraus. Dieses ist in § 7 Abs. 1 AGG geregelt. Danach dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. § 16 AGG enthält hingegen kein „Benachteiligungsverbot”, sondern ein „Maßregelungsverbot”, das von § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG nicht in Bezug genommen wird. Dies wird auch durch die in § 16 Abs. 3 AGG getroffene Regelung bestätigt, die für das Maßregelungsverbot ausdrücklich die entsprechende Anwendung von § 22 AGG anordnet. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn § 22 AGG ohne Weiteres auch auf Ansprüche Anwendung fände, die keine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes und damit keinen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraussetzen (vgl. auch BAG 15. März 2012 – 8 AZR 37/11 – Rn. 79, BAGE 141, 48).
bb) Selbst wenn die Beklagte mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses gegen das Maßregelungsverbot des § 16 AGG verstoßen haben sollte, stünde der Klägerin auch nach anderen Anspruchsgrundlagen, hier: § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB und nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 16 AGG keine Entschädigung zu.
Zwar darf ein Verstoß gegen § 16 AGG schon im Hinblick darauf, dass mit dieser Bestimmung das Verbot der Viktimisierung der unionsrechtlichen Vorgaben umgesetzt wird (hier: Art. 11 der Richtlinie 2000/78/EG), nicht folgenlos bleiben. Dem entspricht das innerstaatliche Recht in Deutschland. Unbenommen bleiben nämlich nicht nur etwaige Ansprüche auf Beseitigung der Beeinträchtigung und ggf. auf Unterlassung; unbenommen bleiben darüber hinaus insbesondere – ebenso wie bei einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB (vgl. nur BAG 21. September 2011 – 7 AZR 150/10 – Rn. 48) – Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 und aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 16 AGG. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 16 AGG aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 16 AGG überhaupt zum Ersatz eines immateriellen Schadens verpflichtet ist; jedenfalls hat die Klägerin schon nicht vorgetragen, dass insoweit die Voraussetzungen für die Zahlung einer Entschädigung vorliegen.
5. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, auch weitere von der Klägerin vorgetragene Vorfälle bzw. Vorgänge bewirkten keine Benachteiligung der Klägerin wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, hat die Revision hiergegen keine durchgreifenden Rügen erhoben.
C. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch insoweit als rechtsfehlerhaft, als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, § 15 Abs. 4 AGG finde nicht nur auf Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG Anwendung, sondern auf alle Schadensersatzansprüche, seien es Ansprüche aus § 280 BGB oder deliktische Ansprüche, die auf denselben Lebenssachverhalt wie die Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG gestützt würden, und deshalb nicht geprüft hat, ob die Beklagte der Klägerin Schadensersatz und/oder Entschädigung wegen „Mobbings” schuldet.
Die in § 15 Abs. 4 AGG getroffene Regelung, wonach ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden muss, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der in § 22 AGG getroffenen Bestimmung zur Beweislast. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll dem Arbeitgeber „angesichts der in § 22 geregelten Beweislastverteilung” … „nicht zugemutet werden, Dokumentationen über Einstellungsverfahren etc. bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen” (BT-Drs. 16/1780 S. 38). Bereits hieraus erschließt sich, dass § 15 Abs. 4 AGG eine Sonderregelung jedenfalls für die Fälle enthält, in denen § 22 AGG unmittelbar zur Anwendung kommt, weshalb die Bestimmung nicht über ihren Wortlaut hinaus auf Schadensersatzverlangen angewendet werden kann, in denen die Beweisregel des § 22 AGG nicht eingreift. Dies hat zur Folge, dass § 15 Abs. 4 AGG auf die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche wegen „Mobbings” keine, auch keine analoge Anwendung findet.
Soweit der Senat in einer früheren Entscheidung angenommen hat, § 15 Abs. 4 AGG sei auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung anzuwenden, die auf denselben Sachverhalt einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gestützt werden (BAG 21. Juni 2012 – 8 AZR 188/11 – Rn. 48, BAGE 142, 143), folgt hieraus nichts Abweichendes. Es kann dahinstehen, ob § 7 Abs. 1 AGG überhaupt ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB ist. Jedenfalls fand § 22 AGG in dem vom Senat mit Urteil vom 21. Juni 2012 (– 8 AZR 188/11 – aaO) entschiedenen Fall unmittelbar Anwendung. Im Übrigen hat der Senat bereits im Jahr 2014 entschieden, dass eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 4 AGG auf Ansprüche wegen „Mobbings” nicht in Betracht komme, weil es an den Voraussetzungen einer Analogiebildung fehle. § 15 Abs. 4 AGG sei grundsätzlich nicht analogiefähig; zudem fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke sowie an einer vergleichbaren Interessenlage (BAG 11. Dezember 2014 – 8 AZR 838/13 – Rn. 22).
D. Das Landesarbeitsgericht hat zudem rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob und ggf. in welchem Umfang sich Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG ergeben, weil sich die von der Klägerin insgesamt vorgetragenen Vorgänge aus der Zeit ab dem 7. September 2010 in einer Gesamtschau als verbotene Benachteiligung nach dem AGG in der Form der Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG darstellen.
I. Die Klägerin hat ihre Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG nicht nur darauf gestützt, dass sich die von ihr geschilderten Vorgänge und Vorfälle – jeweils – für sich betrachtet als unzulässige Benachteiligung nach dem AGG in Form einer unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG darstellten. Sie hat ihre Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG auch damit begründet, dass sämtliche von ihr vorgetragenen Vorgänge und Vorkommnisse aus der Zeit ab dem 7. September 2010 in einer Gesamtbetrachtung eine verbotene Benachteiligung nach dem AGG in Form einer Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG bewirkten. Ob sich daraus Ansprüche der Klägerin ergeben, hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft.
II. Von dieser Prüfung durfte das Landesarbeitsgericht im Ergebnis auch nicht nach § 15 Abs. 4 AGG insoweit absehen, als Vorgänge und Vorkommnisse aus der Zeit bis zur Erkrankung der Klägerin am 13. Dezember 2010 betroffen sind. Für den Beginn der Frist des § 15 Abs. 4 AGG kommt es in den Fällen, in denen das Schadensersatz- und/oder Entschädigungsverlangen auf eine verbotene Benachteiligung nach dem AGG in Form der Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG gestützt wird, wegen des typischerweise prozesshaften Charakters der Belästigung auf den Abschluss des letzten von der klagenden Partei geschilderten Vorfalls an. Dieser Fristbeginn entspricht dem Zeitpunkt, zu dem regelmäßig Ausschlussfristen für einen auf „Mobbing” gestützten Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch zu laufen beginnen. Dieser Zeitpunkt ist in sog. „Mobbingfällen” regelmäßig auch für die Bestimmung des verjährungsrelevanten Zeitpunkts maßgeblich. Auch dort kommt es wegen der Prozesshaftigkeit des Mobbings, die die Qualifizierung eines bestimmten Gesamtverhaltens als Verletzungshandlung im Rechtssinne erforderlich macht, regelmäßig auf den „Abschluss der zeitlich letzten vorgetragenen Mobbinghandlung” an (BAG 11. Dezember 2014 – 8 AZR 838/13 – Rn. 18; 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 58 ff., BAGE 122, 304). Danach hat die Klägerin die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG eingehalten.
1. § 15 Abs. 4 AGG knüpft für den Fristbeginn an die Kenntnis von der Benachteiligung an. Kenntnis von der Benachteiligung hat der Beschäftigte dann, wenn er Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hat (vgl. etwa BAG 15. März 2012 – 8 AZR 37/11 – Rn. 62, BAGE 141, 48) und damit erkennen kann, dass und in welchem Umfang er diskriminiert wurde, so dass ihm die in der Richtlinie 2000/78/EG vorgesehene Rechtsverfolgung möglich ist (vgl. im Ergebnis EuGH 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 39 bis 41, Slg. 2010, I-7003).
a) Nach § 3 Abs. 3 AGG ist eine Belästigung eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Danach bedarf es sowohl einer bezweckten oder tatsächlich bewirkten Würdeverletzung als auch der Schaffung eines sog. feindlichen Umfelds als Synonym für „ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld”. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (vgl. etwa BAG 22. Juni 2011 – 8 AZR 48/10 – Rn. 43 mwN, BAGE 138, 166). Dies entspricht den Vorgaben von Art. 2 Abs. 3 der Richtlinien 2000/78/EG und 2000/43/EG sowie von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54/EG, die mit § 3 Abs. 3 AGG umgesetzt wurden.
b) Da ein durch unerwünschte Handlungen gekennzeichnetes Umfeld aber in der Regel nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, in dem fortlaufend neue Tatsachen eintreten, die für die Annahme einer Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 3 AGG von Bedeutung sind, sind zugunsten der durch diese Bestimmung geschützten Personen alle Handlungen oder Verhaltensweisen, die diesem Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfelds zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Deshalb dürfen auch hier – wie beim „Mobbing” – einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen, auch wenn ihnen bei isolierter Betrachtung keine rechtliche Bedeutung zukommt, bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (vgl. BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 1012/08 – Rn. 90).
2. Vor diesem Hintergrund kommt es in den Fällen, in denen – wie hier – das Schadensersatz- und/oder Entschädigungsverlangen auf eine verbotene Benachteiligung nach dem AGG in Form der Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG gestützt wird, für den Beginn der Frist nach § 15 Abs. 4 AGG auf den Abschluss des letzten von der betreffenden Person geschilderten Vorfalls an. Erst dann liegt Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen vor. Andernfalls würde vom Anspruchsteller verlangt zu erkennen, wann aufgrund einzelner Tatsachen die Grenze zur Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG überschritten ist (vgl. – auch zur Darlegungs- und Beweislast – EuGH 17. Juli 2008 – C-303/06 – [Coleman] Rn. 58 und 61 f., Slg. 2008, I-5603; zu den Vorgaben der Darlegungs- und Beweislast vgl. etwa: BAG 15. Dezember 2016 – 8 AZR 418/15 – Rn. 23 ff. mwN; 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 63 ff. mwN, BAGE 156, 71). Dem Anspruchsteller würde das Risiko einer Fehleinschätzung aufgebürdet. Dies wäre unvereinbar mit den unionsrechtlichen Vorgaben, wonach die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf (st. Rspr. des EuGH, vgl. nur 15. März 2017 – C-3/16 – [Aquino] Rn. 48 mwN; 20. Oktober 2016 – C-429/15 – [Danqua] Rn. 30 f.; 28. Januar 2015 – C-417/13 – [Starjakob] Rn. 61 mwN; 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 22 und 25 mwN, Slg. 2010, I-7003).
III. Die Beklagte kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, im Streitfall wirke sich für den Beginn der Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 AGG aus, dass sich nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin in einem Zeitraum von nahezu zwei Jahren seit ihrer Erkrankung keine weiteren Ereignisse zugetragen hätten, so dass von einem fortdauernden, einheitlichen Geschehen keine Rede sein könne. Vielmehr handele es sich bei dem Zeitraum bis zur Erkrankung der Klägerin um einen abgeschlossenen Zeitraum, so dass diesbezüglich die Frist zur Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 AGG mit dem letzten Vorfall aus diesem Zeitraum zu laufen begonnen habe. Die Frage, ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen dem Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfelds iSv. § 3 Abs. 3 AGG zuzuordnen sind oder ob insoweit eine rechtserhebliche Unterbrechung eingetreten ist, ist keine Frage des Beginns der Frist nach § 15 Abs. 4 AGG, sondern eine Frage der Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 AGG.
E. Das klageabweisende Urteil des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
I. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten sind etwaige Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz und Entschädigung wegen „Mobbings” sowie wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG in Form der Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG nicht nach § 45 Abs. 2 AVR verfallen. Dabei kann dahinstehen, ob § 45 Abs. 2 AVR diese Ansprüche überhaupt erfasst. Der letzte von der Klägerin geltend gemachte Vorfall lag im Oktober 2012. Die Klägerin hat ihre Ansprüche bereits mit Schreiben vom 5. November 2012 und damit weit vor Ablauf der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 45 Abs. 2 AVR geltend gemacht.
II. Anders als die Beklage meint, sind etwaige Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz und Entschädigung wegen „Mobbings” sowie wegen einer Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG nicht insoweit verwirkt, als die Klägerin ihre Ansprüche auf Vorkommnisse und Vorfälle aus dem Jahr 2010 stützt. Dies folgt bereits daraus, dass nur Rechte und Ansprüche verwirken können. Soweit die Beklagte geltend machen will, die Berufung der Klägerin auf einzelne Vorkommnisse und Vorfälle aus dem Jahr 2010 sei treuwidrig, fehlt es an jeglichem Vorbringen dazu, woraus sich die behauptete Treuwidrigkeit ergeben soll.
F. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen kann vom Senat nicht beurteilt werden, ob die Beklagte der Klägerin Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG und/oder Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG in Form einer Belästigung iSv. § 3 Abs. 3 AGG und/oder Schadensersatz und Entschädigung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen wegen „Mobbings” (vgl. hierzu etwa BAG 15. September 2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 30 ff.) schuldet. Den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) im Kostenpunkt und im Übrigen insoweit, als die Anträge der Klägerin zu 1. und 3. abgewiesen wurden, sowie im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Unterschriften
Schlewing, Winter, Roloff, Mallmann, Wankel
Fundstellen
Haufe-Index 11285854 |
BAGE 2018, 159 |
BB 2017, 2611 |
DB 2017, 7 |