Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung von Jugendpfleger
Leitsatz (redaktionell)
Ein Jugendpfleger ist auch mit 16 unterstellten Angestellten nach VergGr IVa BAT einzugruppieren, da die Tarifvertragsparteien zwischen ausdrücklich bestellten Jugendpflegern und sonstigen Sozialarbeitern unterscheiden.
Verfahrensgang
LAG Bremen (Entscheidung vom 21.06.1984; Aktenzeichen 4 Sa 152/83 (3)) |
ArbG Bremen (Entscheidung vom 12.03.1979; Aktenzeichen 8 Ca 8571/78) |
Tatbestand
Tatbestand
Der Kläger, der 1973 den akademischen Grad Sozialarbeiter (grad.) erworben hat, war vom 1. Januar 1976 bis 31. Januar 1979 bei der Beklagten als angestellter Sozialarbeiter im Jugendamt beschäftigt. Er wurde bei seiner Einstellung von der Beklagten zum Bezirksjugendpfleger bestellt. Die Parteien haben die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) vom 23. Februar 1961 und der diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis vereinbart. Der Kläger erhielt Vergütung nach VergGr. IV a BAT. Ab 1. Februar 1979 wurde er von der Beklagten in das Beamtenverhältnis übernommen. Mit Ablauf des 30. April 1980 wurde er auf eigenen Antrag aus dem Beamtenverhältnis entlassen.
Während seiner Tätigkeit als Angestellter oblagen dem Kläger folgende Aufgaben mit folgender zeitlicher Inanspruchnahme während eines Monats:
Stunden
-------
1. Vorbereitung und Durchführung be-
zirklicher Mitarbeiterbesprechun-
gen 12
2. Vorbereitung und Durchführung von
Fortbildungsveranstaltungen für
die Mitarbeiter im Bezirk Ost ein-
schließlich Aufarbeitung neuer Li-
teratur 14
3. Mitarbeit bei der Vorbereitung und
Durchführung von Heimvertreterbe-
sprechungen 4
4. Teilnahme an Mitarbeiterbesprechun-
gen auf Freizeitheimebene 10
5. Persönliche Gespräche mit einzelnen
Mitarbeitern zu pädagogischen Fra-
gen 20
6. Überprüfung der Dienstpläne der
Mitarbeiter und sich daraus erge-
bende Beratung 3
7. Sammeln von Informationen über neue
Gesetze und Verwaltungsvorschrif-
ten, Überprüfung der Erfüllung der
Verwaltungsaufgaben der JFH und Be-
ratung der Mitarbeiter in Verwal-
tungsfragen 20
8. Überprüfung der pädagogischen Ver-
anstaltungen im und außerhalb des
JFH und hieraus resultierende Be-
ratung der Mitarbeiter 20
9. Mitwirkung bei der Einstellung und
Beurteilung von Mitarbeitern 5
10. Mitwirkung bei der Einstellung von
Praktikanten sowie Beratung der An-
leiter 5
11. Mitwirkung beim Einsatz des gewerb-
lichen Personals 3
12. Mitwirkung bei der Beratung und Er-
stellung grundsätzlicher Anweisun-
gen und Entscheidungen im Rahmen
der Dienst- und Fachaufsicht für
den Bezirk 20
---
Gesamtstundenzahl 136
Der restliche Teil der monatlichen Arbeitszeit des Klägers (40 Stunden) entfiel auf Kontakte mit unorganisierten und organisierten Jugendgruppen, mit der Bevölkerung, mit Behörden, der Polizei und den Schulen, wobei der Kläger Anregungen für die Durchführung jugendpflegerischer Veranstaltungen erhielt, um auf die Jugendeinrichtungen seines Bezirks einzuwirken, solche Veranstaltungen zu planen und zu verwirklichen.
Dem Kläger waren die in den fünf Freizeitheimen seines Bezirks arbeitenden 15 Mitarbeiter des Sozial- und Erziehungsdienstes sowie die dort beschäftigten Honorarkräfte durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt. Von den 15 Mitarbeitern verrichteten 14 Mitarbeiter unstreitig Tätigkeiten nach VergGr. VI b BAT, der weitere (15.) Mitarbeiter erhielt zwar Vergütung nach VergGr. VI b BAT, nach Auffassung der Beklagten aber nur kraft Bewährungsaufstiegs. Bei den Honorarkräften handelt es sich teils um sozialpädagogische und pädagogische Fachkräfte, teils um Hausfrauen, Studenten oder Handwerker für entsprechende handwerkliche Kurse wie Töpfern oder Fotografieren.
Der Kläger hat vorgetragen, bei den ihm durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellten Mitarbeitern handele es sich um mindestens 16 Angestellte mit Tätigkeiten mindestens der VergGr. VI b im Sinne der VergGr. III Fallgruppe 1 des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT. Alle 15 ihm unterstellten Mitarbeiter erfüllten auch ohne Bewährungsaufstieg die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VI b BAT. Im übrigen sei auch ein kraft Bewährungsaufstiegs nach VergGr. VI b BAT vergüteter Mitarbeiter mit Tätigkeiten dieser Vergütungsgruppe beschäftigt. Die ihm durch ausdrückliche Anordnung unterstellten Honorarkräfte hätten mindestens zwei Mitarbeiter mit Tätigkeiten nach VergGr. VI b BAT ersetzt.
Der Kläger hat demgemäß beantragt
festzustellen, daß dem Kläger vom 1. Sep-
tember 1976 an bis zum 31. Januar 1979
Vergütung nach VergGr. III BAT zu zahlen
ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, als Jugendpfleger könne der Kläger nicht in die VergGr. III Fallgruppe 1 des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT aufrücken, da es für Jugendpfleger spezielle Tätigkeitsmerkmale gebe, die nur eine Eingruppierung bis zur VergGr. IV a BAT erlaubten. Im übrigen seien dem Kläger keine 16 Mitarbeiter mit Tätigkeiten der VergGr. VI b BAT durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt gewesen. Der Mitarbeiter, der nur kraft Bewährungsaufstiegs Vergütung nach VergGr. VI b BAT erhalte, dürfe nicht mitgezählt werden. Bei den eingesetzten Honorarkräften habe nur eine Kraft eine Tätigkeit ausgeübt, die einer Tätigkeit nach VergGr. VI b BAT entspreche.
Das Arbeitsgericht hat für die Zeit vom 15. Februar 1977 bis 31. Januar 1979 nach dem Klageantrag erkannt und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht durch sein erstes Urteil vom 13. Mai 1980 die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Diese Entscheidung hat der Senat durch Urteil vom 9. März 1983 - 4 AZR 350/81 - aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Nach erneuter Verhandlung hat das Landesarbeitsgericht durch sein zweites Urteil vom 21. Juni 1984 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage in vollem Umfang. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur Klageabweisung. Dem Kläger steht für die noch streitbefangene Zeit vom 15. Februar 1977 bis 31. Januar 1979 keine Vergütung nach VergGr. III BAT zu. Denn für ausdrücklich bestellte Jugendpfleger sieht die VergGr. III BAT keine Tätigkeitsmerkmale vor.
Der Klageantrag ist zulässig. Für die von dem Kläger begehrte Feststellung, daß ihm für die Zeit vom 15. Februar 1977 bis 31. Januar 1979 Vergütung nach VergGr. III BAT zu zahlen ist, besteht ein Rechtsschutzinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Der Kläger könnte zwar seine Vergütungsansprüche für den lange vor der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht (21. Juni 1984) zurückliegenden Klagezeitraum beziffern und insoweit durch Leistungsklage geltend machen, was einem Feststellungsantrag entgegenstünde (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 44. Aufl. 1986, § 256 Anm. 5, Stichwort "Leistungsklage"). Mit dem Feststellungsantrag wird jedoch darüber hinaus auch der Status des Klägers für die Vergangenheit bestimmt, der bei künftigen Beschäftigungsverhältnissen von Bedeutung sein kann. So können ihm z. B. in einem Beschäftigungsverhältnis des öffentlichen Dienstes oder auch der Privatwirtschaft möglicherweise Beschäftigungszeiten der von ihm begehrten Vergütungsgruppe eher auf seine Dienstzeit angerechnet werden als Beschäftigungszeiten der Vergütungsgruppe, nach der die Beklagte ihn im Angestelltenverhältnis vergütete (vgl. auch § 19 BAT). Wegen dieser mit dem Feststellungsantrag ebenfalls erfaßten Statusfragen, die für den Kläger auch weiter Bedeutung haben, ist das Rechtsschutzinteresse für den Klageantrag zu bejahen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Danach kommt es für die Eingruppierung des Klägers darauf an, ob zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der vom Kläger in Anspruch genommenen VergGr. III BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Hierbei ist als Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (BAG 42, 29, 34 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Das Landesarbeitsgericht sieht vorliegend von einer Festlegung der Arbeitsvorgänge des Klägers ab. Dies ist aber unschädlich, da die Klage unabhängig vom Zuschnitt der Arbeitsvorgänge unbegründet ist.
Für die Eingruppierung des Klägers sind folgende Tätigkeitsmerkmale des Abschnitts G Unterabschnitt I des Teils II der Anlage 1 a zum BAT heranzuziehen:
VergGr. III Fallgruppe 1:
-------------------------
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher
Anerkennung und entsprechender Tätigkeit, de-
nen mindestens 16 Angestellte mit Tätigkeiten
mindestens der VergGr. VI b durch ausdrückli-
che Anordnung ständig unterstellt sind.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 2, 3, 4 und 5)
VergGr. IV a Fallgruppe 5:
--------------------------
...
5. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatli-
cher Anerkennung
als ausdrücklich bestellte Jugendpfleger,
denen mindestens 6 Angestellte, darunter
mindestens 4 Angestellte mit Tätigkeiten
mindestens der VergGr. VI b durch aus-
drückliche Anordnung ständig unterstellt
sind
oder
denen mindestens 4 Angestellte mindestens
der VergGr. VI b durch ausdrückliche An-
ordnung ständig unterstellt sind (zu den
Unterstellten rechnen nicht Angestellte
in Heimen der offenen Tür).
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 2, 3, 4, 5
und 7)
Protokollnotizen:
-----------------
Nr. 1 Jugendleiterinnen mit staatlicher Prü-
fung werden nach diesem Tätigkeitsmerk-
mal eingruppiert, wenn sie die in dem
Tätigkeitsmerkmal geforderte Tätigkeit
eines Sozialarbeiters ausüben.
Nr. 2 Die Rechtsstellung der Angestellten,
die am 1. Januar 1960 die Tätigkeit
von Sozialarbeitern oder Jugendleite-
rinnen ausgeübt haben, ohne die staat-
liche Anerkennung zu besitzen oder die
staatliche Prüfung abgelegt zu haben,
ist durch das Inkrafttreten der Tarif-
verträge vom 15. Januar 1960 und vom
19. Juni 1970 nicht vermindert worden.
Sind solche Angestellte am 1. Januar
1960 mindestens zehn Jahre mit diesen
Aufgaben beschäftigt gewesen, werden
sie den Sozialarbeitern mit staatli-
cher Anerkennung bzw. den Jugendleite-
rinnen mit staatlicher Prüfung gleich-
gestellt. Sind solche Angestellte am
1. Januar 1960 noch nicht zehn Jahre
mit Aufgaben von Sozialarbeitern oder
Jugendleiterinnen beschäftigt gewesen,
werden sie den Sozialarbeitern mit
staatlicher Anerkennung bzw. den Ju-
gendleiterinnen mit staatlicher Prü-
fung gleichgestellt, sobald sie unun-
terbrochen zehn Jahre hindurch die
bisherigen Aufgaben erfüllt haben. Nach
dem 31. Dezember 1959 eingestellte An-
gestellte ohne staatliche Anerkennung
als Sozialarbeiter oder staatliche Prü-
fung als Jugendleiterin fallen nicht
unter den Begriff des Sozialarbeiters
oder der Jugendleiterin im Sinne die-
ses Tätigkeitsmerkmals.
Nr. 3 Die in Berlin aufgrund der Verordnung
über die Auswahl und Ausbildung von
Jugendpflegern vom 22. Oktober 1956
(GVBl. S. 1088) staatlich anerkannten
Jugendpfleger sowie die in Bayern auf-
grund der Bekanntmachung des Bayeri-
schen Staatsministeriums für Unter-
richt und Kultus vom 4. Juni 1958 (Baye-
rischer Staatsanzeiger Nr. 30) staat-
lich geprüften Jugendpfleger sind So-
zialarbeiter im Sinne dieses Tätig-
keitsmerkmals. Dasselbe gilt für die
aufgrund des Erlasses des Direktors
des Hessischen Landespersonalamtes vom
24. Dezember 1953 bis zum 1. Januar
1960 zu Kreisjugendpflegern bestellten
Personen.
...
Nr. 5 Soweit die Eingruppierung von der Zahl
der unterstellten oder der in dem be-
treffenden Bereich beschäftigten Ange-
stellten abhängt, zählen Teilbeschäf-
tigte entsprechend dem Verhältnis der
mit ihnen im Arbeitsvertrag vereinbar-
ten Arbeitszeit zur regelmäßigen Ar-
beitszeit eines Vollbeschäftigten. Ho-
norarkräfte werden entsprechend berück-
sichtigt.
...
Nr. 7 Aufgabe des Jugendpflegers ist es, die
für die Wohlfahrt der Jugend erforder-
lichen Einrichtungen und Veranstaltun-
gen anzuregen, zu fördern und ggf. zu
schaffen, insbesondere auf den Gebie-
ten: Freizeithilfen, politische Bil-
dung, internationale Begegnungen. Hier-
zu gehört auch, Einrichtungen und Ver-
anstaltungen sowie die eigenverantwort-
liche Tätigkeit der Jugendverbände und
sonstigen Jugendgemeinschaften unter
Wahrung ihres satzungsgemäßen Eigenle-
bens zu fördern, insbesondere hinsicht-
lich ihrer Tätigkeit auf den vorgenann-
ten Gebieten.
Für die Auslegung von Tarifnormen kommt es nach der gefestigten Senatsrechtsprechung in erster Linie auf den Tarifwortlaut und den tariflichen Gesamtzusammenhang an (BAG 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Danach können im vorliegenden Fall ausdrücklich bestellte Jugendpfleger - wie der Kläger - nicht in die VergGr. III BAT Fallgruppe 1 aufrücken. Die VergGr. IV a und die VergGr. III BAT betreffen zwar in den hier in Betracht kommenden Fallgruppen Sozialarbeiter und Sozialpädagogen, zu denen auch nach dem Berufsbild als Jugendpfleger tätige Sozialarbeiter gerechnet werden können. In diesem Sinne ist auch die Erklärung der Beklagten in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht zu verstehen, sie vertrete nicht den Standpunkt, daß die Tätigkeit des Jugendpflegers keine Sozialarbeitertätigkeit sei. Darauf kommt es aber nicht an.
Vielmehr unterscheiden die Tarifvertragsparteien im Unterabschnitt I des Abschnitts G des Teils II der Anlage 1 a zum BAT deutlich zwischen ausdrücklich bestellten Jugendpflegern und sonstigen Sozialarbeitern. Dies folgt aus dem Wortlaut der VergGrn. IV a und IV b BAT. Dort sind in den Fallgruppen 5 die ausdrücklich bestellten Jugendpfleger genannt. Hierbei sind in VergGr. IV a BAT Fallgruppe 5 ausdrücklich bestellte Jugendpfleger eingruppiert, denen mindestens sechs Angestellte, darunter mindestens vier Angestellte mit Tätigkeiten mindestens der VergGr. VI b BAT durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind. In Fallgruppe 1 der VergGr. IV a BAT sind sonstige Sozialarbeiter genannt, denen mindestens sechs Angestellte mindestens der VergGr. VI b BAT durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind. Damit wird die Tätigkeit als ausdrücklich bestellter Jugendpfleger von den Tarifvertragsparteien besonders und anders bewertet als die Tätigkeit sonstiger Sozialarbeiter und Sozialpädagogen. Die Tätigkeit als Jugendpfleger ist daher keine "entsprechende Tätigkeit" eines Sozialarbeiters im tariflichen Sinne. Dies schließt es aus, die ausdrücklich zu Jugendpflegern bestellten Personen als sonstige Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen im Sinne der Tätigkeitsmerkmale des Abschnitts G Unterabschnitt I des Teils II der Anlage 1 a zum BAT einzugruppieren. Die VergGr. III BAT (Fallgruppen 1 - 3) enthält nur für drei Fallgruppen der VergGr. IV a BAT (Fallgruppen 1 - 3) Qualifikationsmerkmale. Die Fallgruppe 5 der VergGr. IV a BAT fällt nicht hierunter.
Der Senat verkennt nicht, daß nach den Protokollnotizen Nr. 1 bis 3 die als Jugendleiterinnen und - unter bestimmten Voraussetzungen - als Jugendpfleger ausgebildeten Arbeitnehmer von der Ausbildung her den Sozialarbeitern mit staatlicher Anerkennung gleichgestellt sind. Die Tätigkeit als ausdrücklich bestellter Jugendpfleger läßt aber gleichwohl aufgrund der von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen Differenzierungen eine Eingruppierung nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen für Sozialarbeiter nicht zu.
Diese Auslegung entspricht dem im Tarifrecht geltenden allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß spezielle Normen allgemeinen Normen vorgehen (lex specialis derogat legi generali), wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat (BAG Urteile vom 4. April 1984 - 4 AZR 81/82 -, AP Nr. 88 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und vom 27. Juni 1984 - 4 AZR 284/82 -, AP Nr. 92 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz findet auch im Geltungsbereich der Vergütungsordnung des BAT Anwendung, wenn es dort in der Vorbemerkung Nr. 1 zu allen Vergütungsgruppen heißt, daß für Angestellte, die außerhalb der Tätigkeitsmerkmale der Fallgruppen 1 und 1 a bis 1 e des allgemeinen Teils mit besonderen Tätigkeitsmerkmalen aufgeführt sind, die Tätigkeitsmerkmale dieser Fallgruppen weder in der Vergütungsgruppe, in der sie aufgeführt sind, noch in einer höheren Vergütungsgruppe gelten. Der hier ausdrücklich normierte Vorrang der Spezialregelungen vor allgemeinen Regelungen muß nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen auch innerhalb von Spezialregelungen (hier: Abschnitt G Unterabschnitt I des Teils II der Anlage 1 a zum BAT) gelten, wenn dort zwischen allgemeinen Gruppen (hier: Sozialarbeiter) und speziellen Gruppen (hier: Jugendpfleger) unterschieden wird.
Wollen die Tarifvertragsparteien die VergGr. III BAT auch für ausdrücklich bestellte Jugendpfleger eröffnen, ist es ihre Sache, entsprechende Tätigkeitsmerkmale zu normieren oder durch eine Protokollnotiz eine entsprechende Klarstellung herbeizuführen. Den Gerichten ist es jedoch verwehrt, eine solche Erweiterung von Tarifnormen vorzunehmen. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie.
Die Auffassung des Klägers, sein Aufgabenbereich sei über die Aufgaben eines Jugendpflegers im Sinne der Protokollnotiz Nr. 7 zu den Vergütungsgruppen des Abschnitts G Unterabschnitt I des Teils II der Anlage 1 a zum BAT hinausgegangen, so daß er insoweit überhaupt nicht als Jugendpfleger habe angesehen werden können, trifft nicht zu. Nach der Protokollnotiz Nr. 7 ist es Aufgabe des Jugendpflegers, die für die Wohlfahrt der Jugend erforderlichen Einrichtungen und Veranstaltungen anzuregen, zu fördern und gegebenenfalls zu schaffen. Hierzu gehören alle Aufgaben des Klägers, die nach der oben angeführten Tätigkeitsdarstellung den weitaus überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit (136 Stunden = 77,3 v.H.) in Anspruch nahmen. Dazu gehört entgegen der Auffassung des Klägers insbesondere auch die Aufsicht über ihm unterstellte Mitarbeiter in der Jugendpflege. Gerade dadurch sollen auch die für die Wohlfahrt der Jugend erforderlichen Einrichtungen und Veranstaltungen gefördert werden. Ohne qualifizierte Mitarbeiter ist dieses Ziel nur unvollkommen zu erreichen. Davon geht auch der BAT aus, wenn er in VergGr. IV a Fallgruppe 5 ausdrücklich voraussetzt, daß dem Jugendpfleger mindestens vier oder sechs Angestellte ständig unterstellt sind und dies sogar zum Qualifikationsmerkmal der VergGr. IV a BAT erhebt. Auch im allgemeinen weiteren Sinne gehört die Aufsicht über unterstellte Mitarbeiter in der Jugendpflege zu den Aufgaben eines Jugendpflegers, die mit "Förderung von Jugendgruppen, Jugendgemeinschaften und Jugendverbänden einschließlich der Mitwirkung im gesetzlichen Jugendschutz und den Hilfen zur Jugenderholung und Jugendgesundheitspflege" umschrieben werden können (vgl. Blätter zur Berufskunde, Bd. 2-IV A 32, S. 1 bis 4, Stand: 1975). Damit erfüllte der Kläger bei jedem denkbaren Zuschnitt seiner Arbeitsvorgänge mit Arbeitsvorgängen, die mindestens 77,3 v.H. seiner Arbeitszeit in Anspruch nahmen, das Merkmal eines ausdrücklich bestellten und entsprechend tätigen Jugendpflegers, dem mindestens sechs Angestellte, darunter mindestens vier Angestellte mit Tätigkeiten mindestens der VergGr. VI b BAT durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind. Dies entspricht den Anforderungen der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 5 des Abschnitts G Unterabschnitt I des Teils II der Anlage 1 a zum BAT, so daß der Kläger zutreffend in VergGr. IV a BAT eingruppiert war.
Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Etzel
Dr. Bermel Scheerer
Fundstellen
Haufe-Index 518952 |
RdA 1986, 272 |
AP Nr 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975 (LT1) |
PersV 1991, 134 (K) |