Entscheidungsstichwort (Thema)
Auswirkungen der Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit für einen gesetzlichen Wochenfeiertag gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT auf die Überstundenvergütung nach § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund)
Orientierungssatz
1. Nach § 2 Abs. 1 EFZG besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch für einen arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag bei Arbeit nach einem Schichtplan nur dann, wenn die planmäßige Freistellung durch die gesetzliche Feiertagsruhe bestimmend beeinflusst ist. § 2 Abs. 1 EFZG begründet dagegen keinen Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn sich die Freistellung aus einem Planschema ergibt, das von der gesetzlichen Feiertagsruhe unabhängig ist.
2. Aus § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT ergibt sich kein Zahlungsanspruch, sondern eine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit. Diese Rechtsfolge muss vom Arbeitgeber bei der Dienstplangestaltung, der Arbeitszeiterfassung und der Vergütung umgesetzt werden. Die Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit bewirkt eine Absenkung der Stundenzahl, ab deren Erreichen Überstunden geleistet werden.
3. § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) nimmt eine monatsbezogene Pauschalierung bei der Bewertung der Arbeitsleistung vor. Fällt in einem Kalendermonat ein gesetzlicher Feiertag auf einen Werktag, führt dies nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT für diesen Monat zu einer Absenkung des Schwellenwerts von 168 Stunden im Umfang der dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden. Dabei muss individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Feiertagsarbeit herangezogen worden wäre.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; TVöD-AT § 6 Abs. 3 S. 3, § 24 Abs. 1 S. 1, § 37 Abs. 1 S. 1; EFZG § 2 Abs. 1; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) – Allgemeiner Teil – vom 13. September 2005 § 6 Abs. 3 S. 3; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) – Besonderer Teil Verwaltung (BT-V) – vom 13. September 2005 § 46 Nr. 4 Abs. 3 S. 6 (Bund)
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. Mai 2012 – 11 Sa 1750/11 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Auswirkungen der Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit für einen gesetzlichen Feiertag gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT auf die Überstundenvergütung nach § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund).
Der Kläger ist seit dem 16. Juni 1989 bei der Standortverwaltung R als Diensthundeführer beschäftigt. Er wird im Wachdienst auf einem Kasernengelände eingesetzt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Bereich des Bundes (TVöD [Bund]).
§ 6 TVöD-AT lautet auszugsweise:
„§ 6 Regelmäßige Arbeitszeit
(1) 1Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen für
a) die Beschäftigten des Bundes durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich,
…
(2) 1Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. 2Abweichend von Satz 1 kann bei Beschäftigten, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.
(3) … 3Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für jeden gesetzlichen Feiertag, sowie für den 24. Dezember und 31. Dezember, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden.”
Die Protokollerklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT lautet:
„Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit betrifft die Beschäftigten, die wegen des Dienstplans am Feiertag frei haben und deshalb ohne diese Regelung nacharbeiten müssten.”
§ 7 Abs. 7 und Abs. 8 TVöD-AT enthalten Regelungen zu Überstunden. § 8 Abs. 1 TVöD-AT bestimmt die Zahlung von Zeitzuschlägen ua. für die Leistung von Feiertagsarbeit. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d TVöD-AT beträgt der Zeitzuschlag bei Feiertagsarbeit je Stunde 135 vH falls kein Freizeitausgleich erfolgt. Mit Freizeitausgleich beläuft sich der Zuschlag auf 35 vH je Stunde.
Der TVöD trifft in seinem Besonderen Teil Verwaltung (BT-V [Bund]) vom 13. September 2005 in § 46 „Sonderregelungen für Beschäftigte im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung”. Dort heißt es in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung auszugsweise:
„Kapitel I. Beschäftigte im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung
Zu Abschnitt I. Allgemeine Vorschriften
Nr. 1: Zu § 1 – Geltungsbereich –
Die Regelungen dieses Abschnitts gelten für die Beschäftigten des Bundesministeriums der Verteidigung, soweit sie nicht unter Kapitel II oder die Sonderregelung für ins Ausland entsandte Beschäftigte (§ 45) fallen.
…
Zu Abschnitt II. Arbeitszeit
…
Nr. 4: Zu §§ 7, 8 – Sonderformen der Arbeit und Ausgleich für Sonderformen der Arbeit –
…
(3) 1Die Arbeitszeitdauer des Feuerwehrpersonals und des Wachpersonals beträgt, wenn in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst vorliegt, 24 Stunden je Schicht, sofern der Gesundheitsschutz der Beschäftigten durch Gewährung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten in unmittelbarem Anschluss an die verlängerten Arbeitszeiten gewährleistet wird. 2Aus dienstlichen Gründen kann ein kürzerer Schichtturnus festgelegt werden. 3Durch entsprechende Schichteinteilung soll sichergestellt werden, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bis zum Ende des Ausgleichszeitraums nach § 6 Abs. 2 im Durchschnitt nicht überschritten wird. 4Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b, c, d, e werden zu 50 v.H. gezahlt. 5Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f, sowie Zulagen nach Abs. 5 und 6 werden nicht gezahlt. 6Die über 168 Stunden hinausgehende Zeit wird bei der Bemessung des Entgelts mit 50 v.H. als Arbeitszeit gewertet und mit dem Überstundenentgelt vergütet.”
Die Arbeitszeit des Klägers bestimmte sich bis zum 30. November 2010 nach einer Dienstplangestaltung, die unter Berücksichtigung eines erheblichen Umfangs an Bereitschaftsdiensten 24-Stunden-Schichten vorsah. Der Dienstplan deckte den Einsatz des Wachpersonals an sieben Tagen pro Woche ab, wobei der einzelne Beschäftigte an wechselnden Wochentagen eingesetzt wurde. Der Kläger wurde höchstens zwölf Mal im Monat zu einer Schicht von 24 Stunden eingeteilt. Die einzelnen Schichten dauerten dabei jeweils von 08:00 Uhr bis 08:00 Uhr des Folgetags. Damit ergab sich eine monatliche Arbeitszeit von maximal 288 Stunden. Die über 168 Stunden hinausgehende Zeit wurde gemäß § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) gewertet und vergütet.
Im April 2010 war der Kläger im Dienstplan für elf Schichten von 24 Stunden eingeteilt, dh. für 264 Stunden. Der 5. April 2010 war der Ostermontag. Unabhängig von dem Vorliegen eines Feiertags war der Kläger nach dem Schichtplan an diesem Tag nicht zum Dienst eingeteilt und erbrachte dementsprechend keine Arbeitsleistung. Er erhielt für April 2010 das reguläre Tabellenentgelt nach der Entgeltgruppe 4 Stufe 6 TVöD (Bund). Die Überstunden wurden entsprechend § 24 Abs. 1 Satz 4 TVöD-AT von der Abrechnung des Monats Juni 2010 erfasst. Diese weist 51,9 Überstunden für April 2010 aus.
Darin enthalten sind 3,9 Stunden für den Ostermontag. Die Beklagte berechnete für diesen Tag 7,8 Stunden als durchschnittliche tägliche Arbeitszeit im Rahmen einer Fünftagewoche bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a TVöD-AT. Hiervon wurden nach § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) 50 vH, dh. 3,9 Stunden, als Arbeitszeit gewertet und mit dem Überstundenentgelt berechnet. Das Überstundenentgelt für eine Arbeitsstunde beläuft sich auf 16,48 Euro brutto (12,78 Euro Stundenentgelt zuzüglich Überstundenzuschlag von 3,70 Euro brutto). Für 3,9 Stunden wurden demnach 64,27 Euro brutto bezahlt.
Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom 26. August 2010 hat der Kläger mit der vorliegenden Klage die Zahlung weiterer 67,57 Euro brutto als Überstundenvergütung für den Monat April 2010 verlangt. Die Differenz ergebe sich aus der tarifwidrigen Berechnung der Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bezüglich des Ostermontags als eines gesetzlichen Feiertags. Wäre er an diesem Tag zum Dienst herangezogen worden, hätte er 16 Stunden arbeiten müssen (08:00 Uhr bis 24:00 Uhr). Hiervon seien gemäß § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) 50 vH als Arbeitszeit zu werten, dh. acht Stunden. Um diese acht Stunden habe sich die regelmäßige Arbeitszeit vermindert. Folglich habe die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Überstundenentgelt acht Stunden früher eingesetzt. Da die Beklagte die Verminderung nur im Umfang von 3,9 Stunden angenommen habe, sei sie zur Leistung von Überstundenentgelt bezüglich weiterer 4,1 Stunden verpflichtet. Die Vergütungsdifferenz belaufe sich auf 67,57 Euro brutto (4,1 Stunden x 16,48 Euro brutto).
Der Kläger hat daher beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 67,57 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Diskontsatz seit dem 18. September 2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT begründe keinen Zahlungsanspruch, sondern nur einen Anspruch auf Verminderung der Sollarbeitszeit zur Erlangung einer dem Feiertag gleichwertigen bezahlten Freizeit. Diese habe der Kläger erhalten, da er die auf den Feiertag fallende Schicht nicht habe nacharbeiten müssen. Er habe sein reguläres Entgelt somit entsprechend § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT trotz verminderter Arbeitsleistung erhalten. Für weitere Zahlungsansprüche fehle eine Rechtsgrundlage. Andernfalls wäre der Kläger bessergestellt, als wenn er an dem fraglichen Feiertag nach dem Dienstplan zur Arbeit eingeteilt gewesen wäre.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Der Kläger hat zwar keinen Vergütungsanspruch für den 5. April 2010. Er hat aber gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT und § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) für den Monat April 2010 einen Anspruch auf weitere Überstundenvergütung für 4,1 Stunden in unstreitiger Höhe von 67,57 Euro brutto.
I. Für den 5. April 2010 stehen dem Kläger allerdings keine Vergütungsansprüche zu.
1. Ein Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB besteht nicht, weil der Kläger an diesem Tag keine Arbeitsleistung erbracht hat.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung an einem Feiertag gemäß § 2 Abs. 1 EFZG.
a) Nach § 2 Abs. 1 EFZG besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch für einen arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag bei Arbeit nach einem Schichtplan nur dann, wenn die planmäßige Freistellung durch die gesetzliche Feiertagsruhe bestimmend beeinflusst ist. § 2 Abs. 1 EFZG begründet dagegen keinen Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn sich die Freistellung aus einem Planschema ergibt, das von der gesetzlichen Feiertagsruhe unabhängig ist, etwa weil der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung durch den Feiertag nicht oder nicht wesentlich geringer ist. Dass der Arbeitnehmer an diesem Tag planmäßig frei hat, liegt dann nicht am Feiertag, sondern dient zB dazu, einen Fünftagesrhythmus einzuhalten (vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 43; 15. Januar 2013 – 9 AZR 430/11 – Rn. 39; 8. Dezember 2010 – 5 AZR 667/09 –Rn. 12, BAGE 136, 290).
b) Der Ostermontag ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Feiertagsgesetz NW ein gesetzlicher Feiertag. Die Parteien haben hier aber unstreitig gestellt, dass die Arbeit des Klägers am Ostermontag, den 5. April 2010, nicht wegen dieses Feiertags ausgefallen ist, sondern wegen der feiertagsunabhängigen Gestaltung des Dienstplans.
3. Ein Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht direkt aus § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT. Diese Tarifregelung sieht keine Zahlungspflicht vor. Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT vermindert sich vielmehr die regelmäßige Arbeitszeit (vgl. zur Berechnung der Verminderung BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 19 zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K). Dies entspricht dem Zweck des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT. Danach soll jeder, der an einem Wochenfeiertag nicht zu arbeiten braucht, für weniger Arbeit die gleiche Vergütung erhalten (BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 47). Ohne diese Regelung müssten Beschäftigte, die feiertagsunabhängig allein wegen der Dienstplangestaltung an einem Wochenfeiertag frei haben, ihre regelmäßige Arbeitszeit an einem anderen Tag erbringen. Diese Arbeitnehmer sollen durch § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT ersatzweise in den Genuss einer dem Feiertag gleichwertigen bezahlten Freizeit kommen, also den Beschäftigten, die infolge des Feiertags frei haben und Entgeltfortzahlung erhalten, gleichgestellt werden (BAG 8. Dezember 2010 – 5 AZR 667/09 – Rn. 14, BAGE 136, 290; zur Tarifentwicklung vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Juni 2011 E § 6 Rn. 41a).
II. Der Kläger hat aber für den April 2010 gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT und § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) einen Anspruch auf Vergütung von weiteren 4,1 Überstunden. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.
1. Die Rechtsfolge der verminderten regelmäßigen Arbeitszeit des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT muss vom Arbeitgeber bei der Dienstplangestaltung, der Arbeitszeiterfassung und der Vergütung umgesetzt werden. Geschieht das nicht, entstehen nachgelagerte Ansprüche des Arbeitnehmers auf Beseitigung des tarifwidrigen Zustands (vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 20 zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K). Geht es um die Korrektur der Arbeitszeiterfassung auf einem Arbeitszeitkonto, kommt dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos aus § 611 Abs. 1 BGB zu, wenn das Arbeitszeitkonto den Vergütungsanspruch nach der zugrunde liegenden Abrede verbindlich bestimmt (BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 21 zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K). Eine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT kann auch dazu führen, dass Überstunden in einem zeitlichen Rahmen entstehen, der ohne die Verminderung noch von der regelmäßigen Arbeitszeit umfasst wäre. Überstunden können nach den Vorgaben des TVöD-AT bei den Beschäftigten des Bundes erst dann entstehen, wenn die geleisteten Arbeitsstunden über die regelmäßige Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a TVöD-AT hinausgehen (vgl. § 7 Abs. 7 und Abs. 8 TVöD-AT; zu Überstunden bei Schichtarbeit vgl. BAG 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 –Rn. 16 f.). Reduziert sich die regelmäßige Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT, bewirkt dies eine Absenkung der Stundenzahl, ab deren Erreichen Überstunden geleistet werden. Die Vergütungspflicht umfasst dann die ab dem abgesenkten Schwellenwert geleisteten Stunden als Überstunden unter Berücksichtigung der tariflichen Vergütungsvorgaben.
2. Demnach ist die Klage gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT und § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) begründet.
a) Der Ostermontag ist ein gesetzlicher Feiertag, der auf einen Werktag fällt. Folglich wird die regelmäßige Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT um die „dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden” vermindert. Dabei muss individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Feiertagsarbeit herangezogen worden wäre (BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 48; 8. Dezember 2010 – 5 AZR 667/09 – Rn. 16, BAGE 136, 290; kritisch bzgl. der praktischen Umsetzung Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2011 Teil B 1 § 6 Rn. 98).
b) Der Kläger hat am 5. April 2010 wegen einer feiertagsunabhängigen Dienstplangestaltung keine Arbeitsleistung erbracht. Er hätte an diesem Tag bei einer Einteilung zum Schichtdienst unstreitig 16 Stunden arbeiten müssen. Hiervon wären ebenfalls unstreitig acht Stunden nach § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund), dessen Regelungen für den Kläger als Beschäftigten des Bundesministeriums der Verteidigung gelten, als Arbeitszeit zu werten gewesen. Um diese acht Stunden hat sich die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT vermindert. Folglich setzte die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Überstundenentgelt acht Stunden früher ein. Da die Beklagte bei der Abrechnung für den Monat April 2010 die Verminderung nur im Umfang von 3,9 Stunden berücksichtigt hat, ist sie zur Leistung von Überstundenentgelt bezüglich weiterer 4,1 Stunden für diesen Monat in unstreitiger Höhe von 67,57 Euro brutto (4,1 Stunden × 16,48 Euro brutto) verpflichtet. Die gesetzliche Verzinsung dieses Betrags ab dem 18. September 2010 steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
3. Eine monatsbezogene Betrachtung nach § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) führt zu demselben Ergebnis.
a) § 46 Nr. 4 Abs. 3 TVöD-BT-V (Bund) enthält sowohl zur Arbeitszeit als auch zur Vergütung des Feuerwehrpersonals und des Wachpersonals Sonderregelungen, welche im Verhältnis zu § 7 und § 8 TVöD-AT vorrangig sind. Der hier maßgebliche § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) trifft Regelungen zur Bewertung und Vergütung der Arbeitszeit. Soweit die Vorschrift anordnet, dass die über 168 Stunden hinausgehende Zeit bei der Bemessung des Entgelts mit 50 vH als Arbeitszeit gewertet wird, nimmt sie in Abweichung von den Vorgaben des TVöD-AT eine monatsbezogene Pauschalierung bei der Bewertung der Arbeitsleistung vor. Dies entspricht den Vorgängerregelungen.
aa) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei dem Wert von 168 Stunden nicht um die monatliche regelmäßige tarifliche Arbeitszeit. Weder der TVöD noch der TVöD-BT-V (Bund) enthalten eine Bestimmung über die Monatsarbeitszeit (BAG 17. November 2009 – 9 AZR 923/08 –Rn. 33). Rechnerisch beträgt die regelmäßige monatliche Arbeitszeit 169,57 Stunden. Diese ergibt sich aus der Multiplikation der wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a TVöD-AT mit dem Faktor 4,348 (vgl. BAG 20. Juni 2013 – 6 AZR 907/12 – Rn. 40; Breier/Dassau/ Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Oktober 2008 Teil B 1 § 6 Rn. 29, 30; Bredemeier/Neffke/Cerff TVöD 4. Aufl. § 6 Rn. 31).
bb) § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) nimmt vielmehr eine monatsbezogene Pauschalierung bei der Bewertung der Arbeitsleistung vor. Die Vorschrift enthält zwar keine Angabe zum Zeitraum, auf welchen sich der Schwellenwert von 168 Stunden bezieht. Es ergibt sich jedoch bei Berücksichtigung des § 24 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass sich die über 168 Stunden hinausgehende Zeit auf den Kalendermonat bezieht. § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) regelt die Bewertung dieser Zeit bei der „Bemessung des Entgelts”. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT ist der Bemessungszeitraum für das Tabellenentgelt und die sonstigen Entgeltbestandteile der Kalendermonat, soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas Abweichendes geregelt ist. Da § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) die Bemessung des Entgelts regelt, ohne den Bemessungszeitraum festzusetzen, ist insoweit auf die allgemeine Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT zurückzugreifen. Damit ist der Kalendermonat der maßgebliche Bemessungszeitraum.
cc) Dies entspricht auch der Tarifgeschichte. Die Sonderregelung SR 2 e I Nr. 5 Abs. 5 Unterabs. 3 zum BAT sah bezüglich der Vergütung von Feuerwehrund Wachpersonal im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vor, dass die über 167,4 Stunden pro Kalendermonat hinausgehende Zeit mit 50 vH als Arbeitszeit zu werten und mit der Überstundenvergütung abzugelten ist (vgl. BAG 26. März 1998 – 6 AZR 537/96 – zu B II 1 c der Gründe). Damit wurde in Abweichung von § 17 Abs. 1 BAT kalendermonatlich festgestellt, ob Überstunden vorliegen (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand April 1993 Teil II SR 2 e I BAT Nr. 5 Rn. 13). Eine vergleichbare Vorschrift enthielt die Sonderregelung SR 2 a Nr. 7 Abs. 3 der Anlage 2 zum MTArb (Bund) und deren Vorgängerregelung in SR 2 a Nr. 8 Abs. 4 MTB II. Mit dieser Pauschalregelung haben die Tarifvertragsparteien wegen der Besonderheiten im Wachdienst sowohl die anfallenden Arbeitsstunden als auch die Arbeitsbereitschaftszeiten und die Ruhezeiten pro Monat insgesamt bewertet (vgl. zu SR 2 a Nr. 8 Abs. 4 MTB II BAG 30. April 1992 – 6 AZR 508/90 – zu II 2 der Gründe; 6. September 1968 – 3 AZR 158/67 – zu 2 der Gründe). Mit § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) wurde diese Pauschalierung fortgeführt.
b) Die durch § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT angeordnete Arbeitszeitverminderung gilt auch im Anwendungsbereich des § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund), der selbst keine Spezialregelung zur Auswirkung eines gesetzlichen Feiertags trifft. Fällt in einem Kalendermonat ein gesetzlicher Feiertag auf einen Werktag, führt dies nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT für diesen Monat zu einer Absenkung des Schwellenwerts von 168 Stunden im Umfang der dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden. Auch hierbei muss individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Feiertagsarbeit herangezogen worden wäre. Andernfalls wäre die durch § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bezweckte Gleichstellung mit den Beschäftigten, die infolge des Feiertags frei haben und Entgeltfortzahlung nach § 2 Abs. 1 EFZG erhalten, im Rahmen des § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) nicht zu erreichen.
aa) Die ausgefallenen Arbeitsstunden dieser Arbeitnehmer werden entsprechend dem Entgeltausfallprinzip des § 2 Abs. 1 EFZG im Rahmen von § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) wie geleistete Stunden behandelt. Der Arbeitnehmer ist nach § 2 Abs. 1 EFZG so zu stellen, als hätte er an dem Feiertag die schichtplanmäßige Arbeitszeit gearbeitet. Bei Führung eines Arbeitszeitkontos ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Anzahl von Stunden gutzuschreiben, die der Arbeitnehmer schichtplanmäßig an dem Feiertag ohne den Ausfall gearbeitet hätte (BAG 14. August 2002 – 5 AZR 417/01 – zu II 1 der Gründe). Unabhängig von der Frage, ob ein Arbeitszeitkonto iSd. § 10 TVöD-AT geführt wird, setzt § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) jedenfalls eine monatsbezogene Zeiterfassung voraus. Dementsprechend besteht nach § 2 Abs. 1 EFZG ein Anspruch auf Gutschrift der feiertagsbedingt ausgefallenen Arbeit in diesem Zeiterfassungssystem bzw. auf dem Arbeitszeitkonto bei einem unveränderten Schwellenwert von 168 Stunden.
bb) Zur Erreichung des Ziels der Gleichstellung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT erfolgt für diejenigen Arbeitnehmer, die aufgrund einer feiertagsunabhängigen Dienstplangestaltung am Feiertag keine Arbeitsleistung erbringen und daher § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT unterfallen, eine Herabsetzung des Schwellenwerts des § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden. Dadurch müssen beide Arbeitnehmergruppen zum Eingreifen des § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) dieselbe tatsächliche Arbeitsleistung erbringen.
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der Kläger damit nicht bessergestellt als die Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung am Feiertag erbracht haben (vgl. BAG 15. Januar 2013 – 9 AZR 430/11 – Rn. 40). Für Arbeitnehmer, die am 5. April 2010 dienstplanmäßig zu arbeiten hatten, bestand ein Entgeltanspruch nach § 611 Abs. 1 BGB. Die geleisteten Stunden waren bei der Monatsstundenzahl im Rahmen von § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) zu berücksichtigen. Diese Arbeitnehmer hatten zudem im Gegensatz zum Kläger Anspruch auf einen Feiertagszuschlag gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d TVöD-AT iVm. § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 4 TVöD-BT-V (Bund) in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung.
dd) Die in der Verhandlung vor dem Senat angeführte Regelung des § 4 Abs. 1a EFZG hilft der Beklagten nicht weiter. Die Vorschrift befasst sich angesichts des Verweises auf § 4 Abs. 1 EFZG mit der Höhe der Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 und § 3a Abs. 1 EFZG. Ihr kann keine Regelung zur Vergütung geleisteter Arbeit bei verminderter regelmäßiger Arbeitszeit entnommen werden. Zudem haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes von dem nach § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG eröffneten Gestaltungsspielraum durch die Schaffung des § 21 TVöD-AT Gebrauch gemacht. Auch diese Tarifnorm regelt hier nicht einschlägige Fragen der Entgeltfortzahlung.
c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Vergütung von weiteren 4,1 Überstunden für April 2010. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT sind – wie dargelegt –erfüllt. Der Schwellenwert des § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V (Bund) von 168 Stunden wurde damit um die am 5. April 2010 ausgefallenen 16 Stunden auf 152 Stunden abgesenkt. Folglich ist die Arbeitsleistung des Klägers im April 2010 bereits ab der 153. Stunde mit 50 vH als Arbeitszeit zu werten und mit dem Überstundenentgelt zu vergüten. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass bei 264 zu berücksichtigenden Stunden ein Volumen von 112 Stunden zu 50 vH als Arbeitszeit zu bewerten und mit dem Überstundenentgelt von 16,48 Euro brutto zu bezahlen ist. Dies betrifft somit 56 Stunden. Die Beklagte hat davon 51,9 Stunden entsprechend vergütet. Die Differenz von 4,1 Stunden zu 16,48 Euro brutto beläuft sich auf die streitigen 67,57 Euro brutto.
4. Der Anspruch des Klägers ist nicht gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT verfallen. Nach dieser Vorschrift verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der/dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Das Landesarbeitsgericht hat die erfolglose Geltendmachung des Anspruchs bereits mit Schreiben vom 26. August 2010 festgestellt und in den Entscheidungsgründen angeführt, dass der Kläger damit seinen Anspruch innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht hat. Hiergegen wurden keine Rügen erhoben.
III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Fischermeier, Gallner, Krumbiegel, M. Jostes, Sieberts
Fundstellen
Haufe-Index 6754233 |
BB 2014, 1332 |