Leitsatz (redaktionell)
1. Nach Nr. 1 Buchst. a der Übergangsvorschriften zu § 16 TV Ang-O sind Zeiten jeglicher Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) von der Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen. a) In objektiver Hinsicht genügt jede Tätigkeit für das MfS. Auf Art und Umfang derselben kommt es nicht an (Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats aus dem Urteil vom 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP Nr. 1 zu § 16 TV Ang Bundespost). b) In subjektiver Hinsicht ist erforderlich, daß der Angestellte bewußt und gewollt tätig geworden ist, mag die Tätigkeit (z.B. Erteilung einer Auskunft) aus der Sicht des Angestellten auch für das MfS unbedeutend gewesen sein. Darauf, daß der Angestellte die Absicht hatte, das MfS in seiner Arbeit zu unterstützen, kommt es nicht an.
2. Beruft sich der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Arbeitgeber für den Zeitpunkt, bis zu dem die Tätigkeit dauerte, auf das Datum eines in der Gauck-Akte enthaltenen Abschlußberichts des MfS, aus dem sich ergibt, daß die Erfassung des Angestellten als MfS-Mitarbeiter an diesem Tag endete, ist der Angestellte dafür, daß seine Tätigkeit für das MfS bereits vor diesem Zeitpunkt geendet hatte, darlegungs- und beweispflichtig.
3. Nr. 1 letzter Satz der Übergangsvorschriften zu § 16 TV Ang-O, wonach Zeiten einer Tätigkeit von der Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen sind, die vor einer Tätigkeit zurückgelegt wurden, die nach Nr. 1 Buchst. a nicht berücksichtigungsfähig ist, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Hinweise des Senats: Hinsichtlich des Leitsatzes 3. wird auf das Urteil des Senats vom 30. Mai 1996 (- 6 AZR 632/95 - AP Nr. 9 zu § 19 BAT-O, zu II 3 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt) hingewiesen.
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Zeit, die der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post zurückgelegt hat, als Postdienstzeit/Dienstzeit zu berücksichtigen ist.
Der Kläger war seit dem 1. Januar 1985 bei der Deutschen Post der ehemaligen DDR in der Funkübertragungsstelle C als Überwacher und Instandhalter beschäftigt. Mit der Wiedervereinigung ging sein Arbeitsverhältnis auf die Deutsche Bundespost und nach deren Privatisierung auf die Beklagte, die Deutsche Telekom AG, über. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet (TV Ang-O) in seiner jeweiligen Fassung Anwendung.
Durch Tarifvertrag Nr. 401 e über die Anerkennung früherer Beschäftigungszeiten für die Angestellten im Beitrittsgebiet vom 5. Februar 1992, der rückwirkend zum 1. Dezember 1991 in Kraft trat, wurde folgende Regelung über die Postdienstzeit in den TV Ang-O eingefügt:
§ 16
Postdienstzeit
(1) Postdienstzeit ist die bei der Deutschen Bundespost/Deutschen Post und der Landespostdirektion Berlin in einem Ausbildungs-, Arbeits- oder Beamtenverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist; ...
...
Ist ein von den vorstehenden Regelungen erfaßtes Ausbildungs-, Arbeits- oder Beamtenverhältnis aus arbeitnehmerseitigem Verschulden beendet worden, so gelten die vor dem Ausscheiden liegenden Zeiten nicht als Postdienstzeit. Bei den Unternehmen Postdienst und Telekom kann die zuständige Direktion, bei dem Unternehmen Postbank kann die Generaldirektion Postbank jedoch solche Zeiten im Einzelfalle nach billigem Ermessen ganz oder zu einem Teil als Postdienstzeit anrechnen. ...
Übergangsvorschriften:
1. für Zeiten vor dem 1. Januar 1991
Von der Berücksichtigung als Postdienstzeit sind ausgeschlossen
a) Zeiten jeglicher Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (einschließlich der Verpflichtung zu informeller/inoffizieller Mitarbeit),
b) Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der DDR,
c) Zeiten einer Tätigkeit, die aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe übertragen worden war. ...
Von einer Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen sind auch Zeiten, die vor einer Tätigkeit im Sinne der Buchstaben a), b) und c) zurückgelegt worden sind.
Nach § 17 Abs. 1 Buchst. a TV Ang-O umfaßt die Dienstzeit auch die Postdienstzeit.
In seinem Antrag auf Anerkennung von Vordienstzeiten als Postdienstzeit vom 12. Oktober 1992 gab der Kläger an, keine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ausgeübt zu haben. Die Beklagte erkannte daraufhin die Zeit ab 1. Januar 1985 als Postdienstzeit an.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 1993 wurde der Beklagten in einem Einzelbericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (Gauck-Bericht) mitgeteilt, daß der Kläger in der Zeit vom 18. Januar 1989 bis 20. November 1989 als GMS (Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit) unter dem Decknamen "Schiller" erfaßt gewesen sei. In dem Abschlußbericht ist vermerkt, daß der Kläger im Zusammenhang mit der Bearbeitung einer operativen Personenkontrolle (OPK), die sich auf eine Person aus seinem Wohngebiet bezogen habe, geworben worden sei. Die Zusammenarbeit sei durch Ehrlichkeit und Sachlichkeit gekennzeichnet gewesen. Er habe operativ bedeutsame Informationen erarbeitet, die zu einer Herauslösung der Person aus dem grenzüberschreitenden Verkehr (GÜV) genutzt werden konnten. Damit sei die Zusammenarbeit wegen Perspektivlosigkeit beendet worden.
Im Rahmen einer persönlichen Anhörung erklärte der Kläger unter dem 19. August 1994, er sei an drei Tagen im Jahr 1989 von einem Mitarbeiter des MfS in seiner Wohnung aufgesucht worden. Den ersten Besuch habe er aus terminlichen Gründen sofort beendet, ohne daß es zu einem inhaltlichen Gespräch gekommen sei. In dem darauffolgenden Termin am 24. Januar 1989 habe der Mitarbeiter des MfS Informationen über einen Nachbarn des Klägers einholen wollen. Er habe eine derartige Auskunfterteilung abgelehnt, was der MfS-Mitarbeiter letztlich akzeptiert hätte. Ein paar Wochen später habe derselbe Mitarbeiter ihn dann in seiner Dienststelle angerufen und einen weiteren Besuchstermin mit ihm vereinbart, der erneut in der Wohnung stattgefunden habe. Im Verlaufe dieses Gesprächs habe er auf die Frage des MfS-Mitarbeiters, ob er von den Besuchen von sowjetischen Soldaten in der Wohnung des Nachbarn wisse und was der Grund dieser Zusammenkünfte sei, gesagt, er habe zwar mal einen Soldaten gesehen, als ein Moskwitsch vor dem Haus gestanden habe. Worüber bei derartigen Besuchen gesprochen worden sei, wisse er nicht. Weitere Auskünfte habe er nicht erteilt und auch die zunächst von dem MfS-Mitarbeiter verlangte Schweigeverpflichtung nicht unterzeichnet. Einen weiteren Kontaktaufnahmeversuch seitens des MfS habe es in der Folgezeit nicht gegeben.
Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger in einem Schreiben vom 20. Oktober 1994 mit, daß die Zeit vor dem 21. November 1989 von der Berücksichtigung als Postdienstzeit/Dienstzeit nach Nr. 1 Buchst. a der Übergangsvorschriften zu § 16 TV Ang-O ausgeschlossen sei.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Zeit ab 1. Januar 1985 sei als Postdienstzeit/Dienstzeit zu berücksichtigen. Er habe keine Tätigkeit für das MfS ausgeübt, sondern habe sich trotz mehrfacher Kontaktaufnahme geweigert, mit dem MfS zusammenzuarbeiten und wesentliche Informationen über die persönlichen Verhältnisse seines Nachbarn zu liefern. Er habe sich auch in keiner Form dem MfS gegenüber zu einer Mitarbeit verpflichtet, sondern sogar die Abgabe einer Schweigeverpflichtungserklärung abgelehnt. Sein Kontakt mit dem MfS sei deshalb als gescheiterter Anwerbeversuch zu werten.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Postdienstzeit des Klägers gem. § 16 TV Ang-O und die Dienstzeit gem. § 17 TV Ang-O ab dem 1. Januar 1985 anzuerkennen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Zeit, die der Kläger vor dem 21. November 1989 bei der Deutschen Post zurückgelegt habe, sei von der Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen. Aufgrund des Gauck-Berichts und der persönlichen Anhörung des Klägers stehe fest, daß sich der Kläger unter konspirativen Bedingungen in seiner Wohnung mit einem Mitarbeiter des MfS getroffen habe, zu dem Verhalten eines Nachbarn befragt worden sei und darüber Auskunft gegeben habe. Auf Intensität, Art und Dauer der Tätigkeit komme es nach den tariflichen Bestimmungen nicht an. Nach dem Gauck-Bericht könne sie davon ausgehen, daß die Tätigkeit als GMS bis zum 20. November 1989 gedauert habe. Aus dem Umstand, daß für den Kläger ein Deckname vergeben worden sei, folge außerdem, daß er eine mündliche oder schriftliche Verpflichtungserklärung zur Mitarbeit beim MfS abgegeben habe. Ohne eine solche Verpflichtungserklärung habe das MfS keine Decknamen vergeben.
Die Zeit vor der Tätigkeit des Klägers für das MfS vom 1. Januar 1985 bis zum 17. Januar 1989 sei nach Nr. 1 letzter Satz der Übergangsvorschriften von der Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteils und Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Klageabweisung. Die Zeit, die der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post vom 1. Januar 1985 bis 20. November 1989 zurückgelegt hat, ist von der Berücksichtigung als Postdienstzeit und Dienstzeit ausgeschlossen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, diese Zeit sei nicht von der Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen, weil der Kläger keine Tätigkeit für das MfS i.S.d. Nr. 1 Buchst. a der Übergangsvorschriften ausgeübt habe. Eine Tätigkeit für das MfS im tariflichen Sinne erfordere eine bewußte und gewollte (finale) Mitarbeit. Dies setze eine erkennbare Bereitschaft zur Mitarbeit voraus, wie sie sich im Bereich der inoffiziellen Mitarbeit in der Regel durch Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung offenbart habe. An einer solchen fehle es. Nach der tariflichen Bestimmung seien "Zeiten jeglicher Tätigkeit" von der Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen. Damit werde an eine kontinuierliche Mitarbeit angeknüpft, die bei einem einmaligen Kontaktgespräch nicht vorliege.
II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht gefolgt werden. Die Zeit vom 18. Januar 1989 bis 20. November 1989 ist nach Nr. 1 Buchst. a der Übergangsvorschriften von der Berücksichtigung als Postdienstzeit und damit auch als Dienstzeit nach § 17 Abs. 1 Buchst. a TV Ang-O ausgeschlossen. Dies gilt nach Nr. 1 letzter Satz der Übergangsvorschriften auch für die davor zurückgelegte Zeit vom 1. Januar 1985 bis 17. Januar 1989.
1. Nach dem Wortlaut der tariflichen Bestimmung der Nr. 1 Buchst. a der Übergangsvorschriften zu § 16 TV Ang-O sind von der Berücksichtigung als Postdienstzeit "Zeiten jeglicher Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit" ausgeschlossen. Damit sind sowohl die hauptamtliche Tätigkeit als auch die Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter erfaßt. Dies gilt auch für die Tätigkeit als gesellschaftlicher Mitarbeiter, die der inoffiziellen Mitarbeit zuzurechnen ist.
Nach der Rechtsprechung des Senats kommt es nach dem Tarifwortlaut nicht darauf an, wie die Tätigkeit geartet war, insbesondere "welchen Unrechtsgehalt" sie aufwies (vgl. BAG Urteil vom 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP Nr. 1 zu § 16 TV Ang Bundespost). Nach dem Tarifwortlaut ist auch der Umfang der Tätigkeit nicht maßgebend. Allerdings kann aus der Verwendung der Präposition "für" in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 14. Dezember 1995 - 8 AZR 356/94 - AP Nr. 56 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX) gefolgert werden, daß es sich um eine bewußte und gewollte Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit gehandelt haben muß. Dies setzt voraus, daß dem Angestellten Inhalt und Zweck der Tätigkeit bekannt waren.
Diese Auslegung der tariflichen Bestimmung läßt sich auch mit ihrem Sinn und Zweck belegen. Das Ministerium für Staatssicherheit gehörte ebenso wie die Grenztruppen (vgl. BAGE 77, 137 = AP Nr. 13 zu § 1 TVG Tarifverträge: DDR) zu den Hauptrepressionsorganen der DDR. Eine Tätigkeit für das MfS durften die Tarifvertragsparteien deshalb mit Recht zum Anlaß nehmen, die entsprechende Zeit von der Berücksichtigung als Postdienstzeit, insbesondere auch im Hinblick auf die sich daraus für eine höhere Vergütung ergebenden Rechtsfolgen, ausschließen. Dies gilt umso mehr, als die Tarifvertragsparteien durch diese Regelung auch auf die Interessen derjenigen Mitarbeiter Bedacht nehmen konnten, die sich in der ehemaligen DDR einer Tätigkeit für das MfS widersetzt und deshalb möglicherweise berufliche Nachteile in Kauf genommen haben.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts lassen sich Anhaltspunkte für weitere Anforderungen an eine Tätigkeit für das MfS dem Tarifwortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang nicht entnehmen. Insbesondere muß keine persönliche Identifizierung mit den Zielen des MfS im Sinne einer Unterstützungsabsicht oder eine generelle Verpflichtung zu kontinuierlicher Mitarbeit vorgelegen haben.
2. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger eine Tätigkeit für das MfS ausgeübt.
a) Wie sich aus dem Gauck-Bericht und der persönlichen Anhörung des Klägers ergibt, hat der Kläger gegenüber einem Mitarbeiter des MfS bewußt Auskünfte über seine Nachbarn erteilt. Dabei kommt es nicht darauf an, daß er dem Auskunftsverlangen - nach seinen Angaben - nur in geringem Umfang nachgekommen ist und die von ihm geforderte Schweigeverpflichtungserklärung nicht abgegeben hat. Im Hinblick auf die von ihm gegebenen Auskünfte, die er für unbedeutend gehalten haben mag, deren Bedeutung für die vom MfS durchgeführte operative Personenkontrolle seines Nachbarn er aber nicht beurteilen konnte, kann jedenfalls von einem Kontakt, der sich auf einen "gescheiterten Anwerbeversuch" beschränkte, keine Rede sein.
b) Die Beklagte ist mit Recht davon ausgegangen, daß die Tätigkeit für das MfS am 18. Januar 1989 begonnen hat und erst am 20. November 1989 beendet wurde.
Nach dem Gauck-Bericht wurde der Kläger ab 18. Januar 1989 als GMS erfaßt. Dieser Zeitpunkt steht im Einklang mit seinen Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung.
Die GMS-Erfassung endete nach dem Gauck-Bericht am 20. November 1989. Tatsachen, die auf eine frühere Beendigung der Tätigkeit für das MfS schließen lassen, hat der Kläger demgegenüber nicht substantiiert vorgetragen.
Zwar ist die Beklagte für das Vorliegen eines Ausschlußtatbestandes nach den Übergangsvorschriften zu § 16 TV Ang-O und dessen Dauer darlegungs- und beweispflichtig. Dabei kann sie sich aber zunächst auf einen Hinweis auf die Gauck-Akten beschränken, soweit sich aus diesen die Dauer einer Tätigkeit des Arbeitnehmers für das MfS ergibt. Der Arbeitnehmer muß dann den sich aus den Gauck-Akten ergebenden Sachverhalt substantiiert bestreiten, um dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu weiterem Sachvortrag zu geben (vgl. BAG Urteil vom 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP Nr. 1 zu § 16 TV Ang Bundespost). Bestreitet der Angestellte, wie vorliegend der Kläger, nur den Zeitpunkt der Beendigung der Tätigkeit für das MfS, so muß er substantiiert Tatsachen vortragen, die den Schluß auf einen früheren Beendigungszeitpunkt als den aus den Gauck-Akten ersichtlichen zulassen. Daran fehlt es vorliegend. Der Kläger hat nicht bestritten, für das MfS tätig gewesen zu sein. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß seine Tätigkeit entgegen dem Gauck-Bericht vor dem 20. November 1989 geendet hat, hat er nicht vorgetragen.
3. Die Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 17. Januar 1989, die der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post vor der Zeit seiner Tätigkeit für das MfS zurückgelegt hat, ist nach Nr. 1 letzter Satz der Übergangsvorschriften zu § 16 TV Ang-O von der Berücksichtigung als Postdienstzeit und damit nach § 17 Abs. 1 Buchst. a TV Ang-O auch als Dienstzeit ausgeschlossen. Nach der tariflichen Bestimmung sind auch Zeiten, die vor einer Tätigkeit i.S.d. Buchstaben a bis c zurückgelegt worden sind (fortan Vordienstzeiten) von einer Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen.
a) Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Zeit der Tätigkeit des Klägers vom 1. Januar 1985 bis 17. Januar 1989 gegeben, da die Zeit ab dem 18. Januar 1989 als Zeit einer Tätigkeit für das MfS nach Nr. 1 Buchst. a der Übergangsvorschriften von der Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen ist.
b) Die tarifliche Bestimmung der Nr. 1 letzter Satz der Übergangsvorschriften verstößt, soweit sie den Ausschluß von Vordienstfällen in den Fällen einer Tätigkeit für das MfS vorsieht, nicht gegen höherrangiges Recht. Die von ihr betroffenen Angestellten werden gegenüber den Angestellten, die nicht unter diese Tarifnorm fallen, nicht ungleich behandelt. Dies hat der Senat zu der gleichlautenden Regelung in Nr. 4 Buchst. c letzter Satz der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O in Fällen der Übertragung einer Tätigkeit aufgrund besonderer persönlicher Systemnähe im Urteil vom 30. Mai 1996 (- 6 AZR 632/95 - AP Nr. 9 zu § 19 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt) entschieden. Dies gilt auch für die vorliegende Fallgestaltung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Tarifvertragsparteien an die Grundrechte gebunden. Sie haben damit auch den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Dieser wird durch eine Tarifnorm verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BAGE 67, 264, 272 = AP Nr. 9 zu § 63 BAT, zu II 5 a der Gründe). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Letzteres gilt insbesondere bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen (BAGE 77, 137 = AP Nr. 13 zu § 1 TVG Tarifverträge: DDR). Aufgabe der Gerichte ist es jedoch nicht, zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die sachgerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen haben. Die Gerichte haben jedoch zu kontrollieren, ob durch die tarifliche Regelung die Grenzen der Tarifautonomie überschritten werden (BAGE 70, 62, 69 = AP Nr. 1 zu § 4 BeschFG 1985, zu II 2 b bb der Gründe).
c) Die Tarifvertragsparteien haben durch die Regelung in Nr. 1 letzter Satz der Übergangsvorschriften die Grenzen ihres normativen Gestaltungsspielraums nicht überschritten.
Durch den Ausschluß von Vordienstzeiten in den Fällen der Nr. 1 letzter Satz der Übergangsvorschriften haben die Tarifvertragsparteien Arbeitnehmer, bei denen Zeiten einer Tätigkeit als Postdienstzeit nach dieser Tarifnorm nicht zu berücksichtigen sind, mit den Arbeitnehmern gleichbehandelt, bei denen das Arbeitsverhältnis aus ihrem eigenen Verschulden unterbrochen war. Eine Gleichbehandlung mit den Arbeitnehmern, bei denen mangels eines Ausschlußtatbestandes nach Nr. 1 der Übergangsvorschriften eine ununterbrochene Tätigkeit als Postdienstzeit zu berücksichtigen ist, ist nicht geboten. Insoweit ist eine Nichtberücksichtigung der Vordienstzeiten sachlich gerechtfertigt.
aa) Nach § 16 Abs. 1 TV Ang-O ist Postdienstzeit die bei der Deutschen Bundespost/Deutschen Post und der Landespostdirektion Berlin in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist. Ist das Arbeitsverhältnis aus arbeitnehmerseitigem Verschulden beendet worden, gelten nach § 16 Abs. 1 Unterabs. 4 TV Ang-O die vor dem Ausscheiden zurückgelegten Zeiten nicht als Postdienstzeit.
Gegen diese Regelung bestehen keine Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifvertragsparteien sind danach nicht gehalten, die Anrechnung der Postdienstzeit in gleicher Weise bei Arbeitnehmern zu regeln, deren Arbeitsverhältnisse eine ununterbrochene Beschäftigung aufweisen wie bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse schuldhaft unterbrochen waren. Die Differenzierung bei der Anrechnung von Postdienstzeiten, die vor Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses liegen, je nachdem, ob der Angestellte aus seinem Verschulden ausgeschieden ist oder nicht, ist sachlich gerechtfertigt.
bb) In entsprechender Weise haben die Tarifvertragsparteien in den Übergangsvorschriften die Anrechnung der Postdienstzeit vor dem 1. Januar 1991 geregelt. In den Fällen der Nr. 1 Buchst. a bis c haben sie aufgrund von Tatbeständen, die mit dem in § 16 Abs. 1 Unterabs. 4 TV Ang-O genannten vergleichbar sind, Zeiten von der Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen.
Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Ausschluß der Berücksichtigung dieser Vordienstzeiten ist - ebenso wie in der tariflichen Regelung in § 16 Abs. 1 Unterabs. 4 TV Ang-O - in den Fällen sachlich gerechtfertigt, in denen die Nichtberücksichtigung als Postdienstzeit auf dem Verschulden des Arbeitnehmers beruht. Dies gilt sowohl bei Tätigkeiten als Angehöriger der Grenztruppen der DDR (Buchst. b) als auch für Tätigkeiten, die aufgrund besonderer persönlicher Systemnähe übertragen worden sind (Buchst. c). Hinsichtlich des Ausschlusses von Zeiten, die vor einer Tätigkeit für das MfS (Buchst. a) zurückgelegt worden sind, gilt nichts anderes. Ist ein Angestellter bewußt und gewollt für das MfS als einem der Hauptrepressionsorgane der ehemaligen DDR tätig geworden, so konnten die Tarifvertragsparteien diesen Tatbestand mit Recht einem vom Arbeitnehmer verschuldeten Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gleichsetzen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 440724 |
BAGE, 377 |
BB 1998, 1320 |
FA 1998, 197 |
NZA 1998, 1234 |
NZA 1998, 826 |
RdA 1998, 254 |
ZAP-Ost 1998, 556 |
ZTR 1998, 313 |
AP, 0 |
ArbuR 1998, 288 |