Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Beschwerde; keine Umdeutung in Gegenvorstellung
Leitsatz (NV)
1. Eine außerordentliche Beschwerde ist generell unstatthaft. Nach In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsgesetz) vom 9. Dezember 2004 zum 1. Januar 2005 ist ein derartiger außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf ausgeschlossen.
2. Eine von fachkundigen Prozessvertretern ausdrücklich als solche erhobene außerordentliche Beschwerde kann nicht in eine Gegenvorstellung umgedeutet werden.
Normenkette
FGO § 128 Abs. 4, § 133a
Tatbestand
I. Mit Urteil vom 20. September 2005 (Az. ehemals: 13 K 53/00, nunmehr: 13 K 451/05) gab das Niedersächsische Finanzgericht (FG) der Klage der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen Gewerbesteuermessbeträgen 1990 bis 1993 und Umsatzsteuer 1990 bis 1993 statt, weil der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) über einen nicht erhobenen Einspruch sachlich entschieden hatte. Die Entscheidung, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben, begründete das FG damit, dass die Kläger zunächst --zu weitgehend-- die Ausgangsbescheide angefochten hatten und die Klage erst durch die Einschränkung des Sachantrages Erfolg hatte.
Die Kostenentscheidung nahm das FG vereinfachend im Wege der Kostenaufhebung vor.
Mit ihrer außerordentlichen Beschwerde wenden sich die Kläger gegen die Kostenentscheidung des FG. Die Entscheidung, die Kosten gegeneinander aufzuheben, sei in der Regel nicht gerechtfertigt, wenn nur einer Partei (durch Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten) Kosten entstanden seien. Im Streitfall sei das "gegeneinander Aufheben" der Kosten rechtsfehlerhaft, weil nur die Kläger, nicht aber das FA durch Prozessbevollmächtigte vertreten gewesen seien. Es hätte daher zumindest eine Kostenteilung stattfinden müssen. Da das FG dem Klageantrag im Übrigen aber entsprochen habe, hätte das FG die Kosten des Verfahrens dem FA auferlegen müssen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 128 Abs. 4, § 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Nach § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO ist in Streitigkeiten über Kosten die --ordentliche-- Beschwerde nicht gegeben. Streitigkeiten über Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind sämtliche Entscheidungen über Kosten, Gebühren und Auslagen, gleich welcher Art (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 128 Rz 12, m.w.N.). Damit sind jegliche --auch isolierte-- Kostenentscheidungen unanfechtbar (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Januar 2002 VI B 174/01, BFH/NV 2002, 936; vom 18. Oktober 1999 VII B 189/99, BFH/NV 2000, 463; vom 6. Juli 1999 X B 27/99, BFH/NV 2000, 58).
2. Eine außerordentliche Beschwerde ist generell unstatthaft. Denn nach In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3220) zum 1. Januar 2005 ist ein derartiger außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf ausgeschlossen. Der Senat nimmt insoweit in vollem Umfang auf seinen Beschluss vom 30. November 2005 VIII B 181/05 (zur Veröffentlichung vorgesehen) Bezug.
3. Eine Umdeutung der von fachkundigen Prozessvertretern ausdrücklich als solche erhobenen außerordentlichen Beschwerde in eine von der Rechtsprechung neben der Anhörungsrüge als statthaft erachteten, gesetzlich indes nicht geregelten Gegenvorstellung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. Juni 2005 III B 63/05, BFH/NV 2005, 2019, m.w.N.; vom 8. Juni 2005 III B 187/04, juris, m.w.N.; vom 5. November 2003 I B 105, 106/03, BFH/NV 2004, 359) scheidet aus.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 i.V.m. § 143 Abs. 1 FGO. Eine Gebührenfreiheit nach § 66 Abs. 8 des Gerichtskostengesetzes besteht bei einer nicht statthaften Beschwerde nicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Januar 2005 VII B 332/04, BFH/NV 2005, 905; vom 20. Mai 2005 V B 19/05, BFH/NV 2005, 1830).
Fundstellen
Haufe-Index 1482574 |
BFH/NV 2006, 763 |