Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensfehler; Durchführung der mündlichen Verhandlung ohne Prozessgegner
Leitsatz (NV)
1. Das FG muss zwar die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich erörtern, es ist aber nicht verpflichtet, das persönliche Erscheinen der Beteiligten anzuordnen, wenn einer der Beteiligten trotz ordnungsgemäßer Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint.
2. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nicht dargetan, wenn der Steuerpflichtige geltend macht, es sei zu klären, ob § 50 Abs. 1 EStDV eine Formvorschrift sei, er aber nicht darlegt, inwiefern diese Frage rechtlich umstritten ist noch inwiefern der Rechtscharakter der Vorschrift für die Entscheidung des Rechtsstreites entscheidungserheblich sein könnte.
Normenkette
EStDV § 50 Abs. 1; FGO § 93 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 17.03.2006; Aktenzeichen 4 K 3141/05) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.
1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat eine Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann, wenn die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits von der Beantwortung einer Rechtsfrage abhängt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Dies muss in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu reicht es nicht aus, eine grundsätzliche Bedeutung nur zu behaupten. Vielmehr muss der Beschwerdeführer eine abstrakte Rechtsfrage formulieren und sodann erläutern, inwieweit diese Frage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im konkreten Fall klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2004 I B 106/04, BFH/NV 2005, 369). Ferner muss sich der Beschwerdeführer mit der zu der herausgestellten Rechtsfrage vorhandenen Rechtsprechung und Literatur auseinander setzen.
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Nach Auffassung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) liegt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darin, dass § 50 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung eine Formvorschrift und dies durch Revisionsurteil zu klären sei. Die Klägerin legt weder dar, inwiefern diese Frage rechtlich umstritten ist noch setzt sie sich mit der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung auseinander (BFH-Urteil vom 6. März 2003 XI R 13/02, BFHE 201, 421, BStBl II 2003, 554). Ferner ist nicht dargetan, inwiefern der Rechtscharakter der Vorschrift für die Entscheidung des Rechtsstreites entscheidungserheblich sein könnte.
2. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf § 93 Abs. 1 FGO rügt, das Finanzgericht (FG) habe einen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) dadurch begangen, dass es die mündliche Verhandlung ohne den Beklagten und Beschwerdegegner durchgeführt habe, fehlt es ebenfalls an einer schlüssigen Begründung. Die Klägerin legt nicht dar, weshalb sich aus § 93 Abs. 1 FGO die Pflicht des FG herleiten soll, eine mündliche Verhandlung nur in Anwesenheit aller Beteiligten durchzuführen. Zwar hat das FG nach dieser Vorschrift die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern, es ist aber nicht verpflichtet, das persönliche Erscheinen der Beteiligten anzuordnen, wenn einer der Beteiligten trotz ordnungsgemäßer Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint (BFH-Beschluss vom 9. Mai 2005 VI B 187/04, BFH/NV 2005, 1364).
Fundstellen
Haufe-Index 1628750 |
BFH/NV 2007, 93 |