Entscheidungsstichwort (Thema)
Versäumung der Rechtsmittelfrist: Verschulden
Leitsatz (NV)
Von einem Prozessführenden muss erwartet werden, dass er sich ‐ vor allem wenn ein Fristablauf droht ‐ Gewissheit darüber verschafft, in welcher Weise er seine Rechtsmittelfrist wahren kann. Hat er das nicht getan, obwohl ihm angesichts der eindeutigen Rechtsmittelbelehrung Zweifel über den genauen Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist hätten kommen müssen, so muss er sich dies als eine Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt und somit als Verschulden anrechnen lassen.
Normenkette
FGO § 56
Gründe
Die Beschwerde ist wegen schuldhafter Versäumung der Beschwerdefrist unzulässig.
Nach § 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung ist die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Finanzgericht (FG) einzulegen. Laut Empfangsbekenntnis des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist ihm das Urteil am 6. Juli 2000 zugestellt worden. Die Beschwerde ist aber erst am 8. August 2000 ―also verspätet― beim FG eingegangen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) kann dem Kläger nicht gewährt werden, da ihn ein Verschulden an der Fristversäumung trifft.
Nach dem Vortrag des jetzigen Prozessbevollmächtigten ist die Versäumung der Beschwerdefrist darauf zurückzuführen, dass der Kläger ihn erst am Nachmittag des 7. August 2000 erstmals kontaktiert hat und zuvor selbst eine unzutreffende Fristenberechnung vorgenommen hatte. Von einem Prozessführenden muss aber erwartet werden, dass er sich ―vor allem wenn ein Fristablauf droht― Gewissheit darüber verschafft, in welcher Weise er seine Rechtsmittelfrist wahren kann. Hat er dies ―wie der Kläger im Streitfall― nicht getan, obwohl ihm angesichts der eindeutigen Rechtsbehelfsbelehrung Zweifel über den genauen Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist hätten kommen müssen, so muss er sich dies als eine Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt und somit als Verschulden anrechnen lassen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 17. November 1970 II R 121/70, BFHE 100, 490, BStBl II 1971, 143, m.w.N., ständige Rechtsprechung).
Fundstellen
Haufe-Index 887179 |
BFH/NV 2003, 501 |