Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Rüge, die Belastung des Erwerbs selbstgenutzter Einfamilienhäuser mit GrESt sei verfassungswidrig
Leitsatz (NV)
Die Tatsache, dass das BVerfG in einem vergleichbaren Fall lediglich durch einen sogenannten Kammerbeschluss die nunmehr von der Klägerin geltend gemachten Verfassungsverstöße als nicht gegeben angesehen hat, entbindet die Klägerin nicht von der Notwendigkeit nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, sich mit dem Inhalt des Beschlusses auseinander zu setzen.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 3 S. 3; GrEStG; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 01.10.2002; Aktenzeichen 5 K 2698/00) |
Nachgehend
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) sowie ihr Ehemann erwarben mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 7. Oktober 1997 als Miteigentümer je zur Hälfte ein Grundstück mit einem vom Veräußerer noch zu errichtenden Einfamilienhaus zum Gesamtkaufpreis von … DM. Der Erwerb war zum überwiegenden Teil fremdfinanziert. Die Belastungen trug der Ehemann. Mit Bescheiden vom 15. Oktober 1997 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) gegen jeden Ehegatten eine Grunderwerbsteuer von … DM fest. Einspruch und Klage der Klägerin, mit denen sie geltend gemacht hatte, das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) sei verfassungswidrig, blieben erfolglos.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob das GrEStG mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sowie mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar sei. Art. 2 Abs. 1 GG sei insofern berührt, als es gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstoße, wenn die Einnahmen des Fiskus aus einer Steuer in keinem vernünftigen Verhältnis zu den durch die Besteuerung bewirkten Belastungen des einzelnen Steuerpflichtigen stehe. Das Erdrosselungsverbot sei nur die äußerste, aber nicht die einzige sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebende Belastungsgrenze. Art. 3 Abs. 1 GG sei aus mehreren Gründen verletzt. So verstoße gegen den Gleichheitssatz zum einen, dass aus Eigenmitteln erwerbende und fremdfinanzierende Käufer gleich behandelt werden, und zum anderen, dass nicht zwischen dem Erwerb bebauter Grundstücke einerseits und unbebauter andererseits unterschieden werde. Der Erwerber habe es angesichts des verbreiteten Bauträgerwesens gar nicht in der Hand, ob er ein unbebautes Grundstück zur selbständigen Bebauung erwerben könne. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) erfordere der Gleichheitssatz aber, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Art 14 GG sei insofern berührt, als bei fremdfinanzierenden Erwerbern die wirtschaftliche Belastung durch die Grunderwerbsteuer diese Steuer um ein Mehrfaches übersteigen könne. Das Sozialstaatsprinzip werde verletzt, wenn der Fiskus zusätzliche Einnahmen von wirtschaftlich schwächeren Einkommensschichten daraus erziele, dass der Markt für Bauland ―nicht zuletzt infolge des Verhaltens der Kommunen― von Bauträgern beherrscht werde.
Ferner rügt die Klägerin mangelnde Sachaufklärung und eine Verletzung ihres Rechts auf Gehör. Das Finanzgericht (FG) stütze seine Entscheidung auf Vorbringen, das ihren Schriftsätzen nicht zu entnehmen sei. Sie habe nie die Ansicht vertreten, der Gesetzgeber hätte bei der Grunderwerbsteuerreform 1983 die Steuerbefreiungen erhalten müssen. Da das FG dieses angebliche Vorbringen in der mündlichen Verhandlung nicht erörtert habe, habe sie, die Klägerin, sich dazu auch nicht äußern können.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Wird die geltend gemachte grundsätzlich Bedeutung der Rechtssache aus der angeblichen Verfassungswidrigkeit der angewandten Vorschriften hergeleitet, muss in der Beschwerdeschrift erläutert werden, gegen welche Verfassungsnorm die Vorschriften verstoßen sollen, und dies näher begründet werden (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 1. Oktober 1999 VII B 153/99, BFH/NV 2000, 310). Zur näheren Begründung muss gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO konkret auf die Rechtsfragen und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingegangen werden. Dazu gehört eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BFH und des BVerfG (BFH-Beschluss vom 2. September 1999 IV B 135/98, BFH/NV 2000, 312). Im Streitfall bedeutet dies insbesondere eine Auseinandersetzung mit dem Beschluss des BVerfG vom 8. Januar 1999 1 BvL 14/98 (BStBl II 1999, 152). Die Tatsache, dass es sich dabei nicht um die Entscheidung eines der beiden Senate des BVerfG, sondern lediglich um einen Kammerbeschluss handelt, entbindet nicht von der Notwendigkeit, sich mit dessen Inhalt auseinander zu setzen. Dies gilt umso mehr, als der Kammerbeschluss seinerseits an die Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, auf die sich die Klägerin stützt, anknüpft und dabei ausdrücklich betont, dass derjenige, der das GrEStG am Prüfungsmaßstab der Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG misst, sich dabei nicht auf die Beschlüsse des BVerfG zur Vermögensteuer und zur Erbschaftsteuer vom 22. Juli 1995 berufen kann. Auch die angebliche Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ausreichend dargelegt. Soweit die Klägerin meint, dass die Finanzierungsweise des Grunderwerbs bei der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen sei, hätte dies nicht zuletzt wegen des Verkehrsteuercharakters der Grunderwerbsteuer einer eingehenderen Begründung bedurft. Dasselbe gilt für ihren Vortrag, wonach die Grunderwerbsteuer die Marktverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt nicht berücksichtige, sowie für den mit beiden Argumenten verbundenen Hinweis auf das Sozialstaatsprinzip.
2. Auch die Verfahrensfehler sind nicht hinreichend gerügt. Die Klägerin hat nicht dargelegt, was das FG noch hätte aufklären müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich dabei voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern diese auf der Grundlage der Rechtsauffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (so BFH-Beschluss vom 19. Februar 2002, V B 52/01, BFH/NV 2002, 956 unter II. 5. a).
Bezüglich der Rüge einer Verletzung des Rechts auf Gehör wäre darzulegen gewesen, was die Klägerin bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch zusätzlich vorgetragen hätte und dass aufgrund dieses weiteren Vortrags eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 21. August 2000 VII B 113/00, BFH/NV 2001, 194). Denn der geltend gemachte Verstoß gegen das Recht auf Gehör betrifft lediglich einzelne Feststellungen des FG (vgl. dazu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. September 2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802, unter C. III. 1. a), dem die Klägerin insoweit eher ein Zuviel als ein Zuwenig vorwirft.
Fundstellen
Haufe-Index 1102342 |
BFH/NV 2004, 533 |