Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Vollmachtsnachweis durch Telekopie (Telefax)
Leitsatz (NV)
1. Die durch den Bevollmächtigten per Telekopie (Telefax) übermittelte Prozeßvollmacht reicht zur Wahrung der gemäß § 62 Abs. 3 FGO gesetzten Ausschlußfrist nicht aus.
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann in einem solchen Fall nicht gewährt werden, wenn das FG die Klage durch Gerichtsbescheid verworfen hat und der Bevollmächtigte lediglich Antrag auf mündliche Verhandlung stellt und die Originalvollmacht erst in dieser vorlegt.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1-2, § 62 Abs. 3
Tatbestand
Die Prozeßbevollmächtigte erhob am 28. Oktober 1993 für die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Klage beim Finanzgericht (FG). Am 11. März 1994 übermittelte sie per Telefax die vom FG angeforderte Prozeßvollmacht, die anscheinend zweimal von der Klägerin unterzeichnet ist. Mit Verfügung vom 31. Oktober 1995 forderte der Berichterstatter die Prozeßbevollmächtigte auf, die schriftliche Prozeßvollmacht binnen der gesetzten Ausschlußfrist von einem Monat einzureichen. Binnen der gesetzten Frist übermittelte die Prozeßbevollmächtigte erneut die alte Prozeßvollmacht; diese enthielt nunmehr zusätzlich die Unterschrift "X X".
Das FG erließ einen Gerichtsbescheid, mit dem es unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. November 1995 VII R 63/95 (BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105) die Klage mangels schriftlicher Prozeßvollmacht als unzulässig verwarf. Mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung machten die Kläger geltend, es sei nicht ersichtlich gewesen, daß die "Originalvollmacht" hätte vorgelegt werden müssen.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte u. a. aus, die Prozeßvollmacht sei nicht binnen der gesetzten Ausschlußfrist eingereicht worden, sondern erst in der mündlichen Verhandlung. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105 reiche es nicht aus, daß die schriftlich erteilte Originalvollmacht dem Gericht durch Telefax übermittelt werde. Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren, weil die Bevollmächtigte seit der Zustellung des Gerichtsbescheids gewußt habe, daß die Vorlage per Telekopie nicht ausreiche.
Die Revision ließ das FG nicht zu.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichts ordnung -- FGO --) entsprechend den Anforderungen des § 115 Abs. 3 FGO dargelegt haben. Denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Der erkennende Senat hat sich mit Urteil vom 14. März 1996 IV R 44/95 (BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319) der Auffassung des VII. Senats (BFH-Urteil in BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105) angeschlossen, daß die durch den Bevollmächtigten übermittelte Telekopie (Telefax) der Prozeßvollmacht zur Wahrung der gemäß § 62 Abs. 3 FGO gesetzten Ausschlußfrist nicht ausreicht. Dem sind inzwischen auch die meisten Senate des BFH gefolgt (vgl. BFH-Urteile vom 9. August 1996 VI R 30/96, BFH/NV 1997, 135, und vom 22. Februar 1996 III R 97/95, BFH/NV 1996, 621, sowie Beschlüsse vom 13. Juni 1996 III B 50/95, BFH/NV 1996, 919; vom 31. Mai 1996 X B 351/94, BFH/NV 1996, 913; noch offengeblieben in BFH-Urteil vom 25. Januar 1996 V R 31/95, BFHE 179, 242, BStBl II 1996, 299).
Danach hat das FG im Streitfall zu Recht erkannt, daß der Nachweis der schriftlichen Prozeßvollmacht durch die Übermittlung per Telefax binnen der gesetzten Ausschlußfrist nicht erbracht worden war.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß das FG nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß die Übermittlung der Prozeßvollmacht durch Telefax nicht ausreiche, sondern mit der Verfügung vom 31. Oktober 1995 lediglich die "schriftliche (Original-)Vollmacht" des Klägers XX angefordert hat. Entgegen der Ansicht der Kläger kann sich das aber nur bei der Frage auswirken, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, weil die er forderliche schriftliche Vollmacht nicht rechtzeitig eingereicht worden war. Daß die Wiedereinsetzung im Einzelfall wegen offenkundig fehlenden Verschuldens in Betracht kommt, hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319 bereits grundsätzlich bejaht. FA und FG sind zu Recht der Ansicht, die Bevollmächtigte habe seit der Zustellung des Gerichtsbescheids vom 2. März 1996 davon ausgehen müssen, daß die Telekopie nicht genüge. Selbst wenn man den darin enthaltenen Hinweis auf das zwischenzeitlich im Bundessteuerblatt Heft Nr. 3 vom 7. März 1996 veröffentlichte BFH-Urteil VII R 63/95 (BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105) im Hinblick auf die frühere Rechtsprechung und Praxis nicht für eindeutig halten will, so hätte die Bevollmächtigte doch jedenfalls binnen der Wiedereinsetzungsfrist nachfragen und um einen richterlichen Hinweis bitten müssen. Da sie das unterlassen hat, ist die Vorlage der Prozeßvollmacht in der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 1996 jedenfalls zu spät erfolgt. Aus diesem Grunde beruht das angefochtene Urteil auch nicht auf einer Abweichung von dem Senatsurteil in BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319.
Im übrigen gehen die Kläger zu Unrecht davon aus, daß die Klage der Klägerin zulässig gewesen wäre. Das FG hat mangels schriftlicher Vollmacht -- wie dargelegt -- zu Recht die Klage beider Kläger als unzulässig verworfen.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 422324 |
BFH/NV 1997, 871 |
JurBüro 1999, 111 |