Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
1. Die Revision ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, wenn das angegriffene FG-Urteil von Entscheidungen anderer Gerichte abweicht oder willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint.
2. Grobe Fahrlässigkeit i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
FG Berlin (Urteil vom 17.05.2006; Aktenzeichen 2 K 7419/02) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn das Urteil des Finanzgerichts (FG) von Entscheidungen anderer Gerichte abweicht oder willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Mai 2004 III B 107/03, BFH/NV 2004, 1220, m.w.N.). Im Streitfall sind diese Voraussetzungen nicht gegeben.
a) Dem von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) benannten BFH-Urteil vom 22. Mai 1992 VI R 17/91 (BFHE 168, 221, BStBl II 1993, 80) und dem Urteil des FG liegen keine voneinander abweichenden abstrakten Rechtssätze zugrunde. Das FG geht in Übereinstimmung mit dem genannten BFH-Urteil davon aus (S. 6 des Urteils), dass grobe Fahrlässigkeit i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) anzunehmen sei, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt habe. Ausgehend von diesem Grundsatz ist das FG bei seiner tatsächlichen Würdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Klägerin bzw. ihren steuerlichen Beratern grobe Fahrlässigkeit zur Last liege. Mit ihrem Vortrag macht die Klägerin keine Abweichung in tragenden Rechtsausführungen geltend, sondern wendet sich gegen die Abweichung in der Subsumtion des Einzelfalls und gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. Damit kann die Zulassung der Revision jedoch grundsätzlich nicht erreicht werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040; vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 24, 45, 55 sowie § 116 Rz 42, alle m.w.N.).
b) Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn es sich bei dem behaupteten Fehler um einen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung handelt, die geeignet wäre, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen, wenn sie nicht von einem Rechtsmittelgericht korrigiert würde (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. November 2004 I B 43/04, BFH/NV 2005, 707; vom 5. Juli 2005 VI B 150/04, BFH/NV 2005, 2025). Diese besonderen Voraussetzungen sind in der Beschwerdeschrift darzulegen (BFH-Beschlüsse vom 12. Januar 2006 II B 65/05, BFH/NV 2006, 813, m.w.N.; vom 24. Juli 2006 IX B 208/05, BFH/NV 2006, 2269).
Im Streitfall fehlt es an den erforderlichen Darlegungen.
Mit dem Vortrag, das FG habe nicht beachtet, dass aus Sicht der Klägerin eine eindeutige Trennung der Zuständigkeiten der steuerlichen Berater für die deutsche Zweigniederlassung einerseits und das italienische Stammhaus andererseits bestanden habe, legt sie keinen offensichtlichen Mangel der Vorentscheidung von erheblichem Gewicht dar. Hiermit bringt sie nur zum Ausdruck, dass das FG ihrer Ansicht nach den Sachverhalt unvollständig bzw. fehlerhaft gewürdigt und deshalb den Streitfall falsch entschieden habe.
Mit ihrem weiteren Vorbringen, die Verletzung etwa bestehender Nachforschungspflichten durch ihre beiden steuerlichen Berater rechtfertige angesichts der nicht leicht überschaubaren Rechts- und Verfahrenslage und der langen Bearbeitungsdauer beim Bundesamt für Finanzen nur den Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit, setzt die Klägerin ihre eigene Würdigung derjenigen des FG entgegen. Das Gleiche gilt für ihren Vortrag, es sei auch keinesfalls grob fahrlässig gewesen, dass kein Einspruch gegen den Umsatzsteuerschätzungsbescheid 1998 vom 16. August 1999 eingelegt und die Umsatzsteuerjahreserklärung erst verspätet (im Juli 2001) eingereicht worden sei.
Fundstellen