Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge von Verfahrensmängeln
Leitsatz (NV)
- Eine Rüge von Verfahrensmängeln der Vorinstanz genügt nur dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn die Tatsachen schlüssig bezeichnet werden, aus denen sich ein Verfahrensmangel ergibt, und ferner dargelegt wird, dass das angefochtene Urteil ‐ ausgehend von der insoweit maßgebenden Rechtsauffassung des FG ‐ auf ihm beruhen kann.
- Die Rüge, das FG habe ermessensfehlerhaft eine Wiedereröffnung des Verfahrens versagt, erfordert substantiierte Ausführungen dazu, aus welchen Gründen die hierzu ergangene Begründung in der Vorentscheidung eine pflichtgemäße Ermessensausübung nicht erkennen lässt.
Normenkette
FGO § 92 Abs. 3, §§ 94, 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3; ZPO § 160 Abs. 3, § 162 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 22.02.2005; Aktenzeichen 13 K 5088/04) |
Gründe
Der Senat entscheidet gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mittels Kurzbegründung.
Die Beschwerde ist nicht zulässig erhoben und war daher zu verwerfen. Die Beschwerdebegründung genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. des § 115 Abs. 2 FGO.
1. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) begehrte Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) setzt jedenfalls die Darlegung voraus, dass dem angefochtenen Urteil ein abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt, der mit tragenden Rechtsausführungen in einer oder mehreren Entscheidungen eines anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 6. Oktober 2003 VII B 67/03, BFH/NV 2004, 214). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung mit der Behauptung die Vorentscheidung stehe mit Ausführungen näher bezeichneter Urteile des BFH inhaltlich "im Widerspruch", nicht gerecht.
2. Eine Rüge von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) der Vorinstanz genügt nur dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn die Tatsachen schlüssig bezeichnet werden, aus denen sich ein Verfahrensmangel ergibt, und ferner dargelegt wird, dass das angefochtene Urteil ―ausgehend von der insoweit maßgebenden Rechtsauffassung des Finanzgerichts (FG) auf ihm beruhen kann.
a) Davon ausgehend erfordert eine schlüssige Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO), die die Klägerin erhebt, dass der Beschwerdeführer im Einzelnen darlegt, wozu er sich nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte; darüber hinaus muss angegeben werden, dass bei Berücksichtigung des Sachvortrags eine andere Entscheidung des FG möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 3. September 2002 I B 107/01, BFH/NV 2003, 68, m.w.N.). Diesen Erfordernissen entspricht das Beschwerdevorbringen der Klägerin nicht, wenn sie lediglich geltend macht, im Verfahren des FG seien bestimmte Zeugen nicht vernommen und Mitarbeiter etwa bei der Nachkalkulation nicht einbezogen worden. Die Rüge, das FG habe ermessensfehlerhaft eine Wiedereröffnung des Verfahrens versagt, erfordert ―anders als vorliegend― jedenfalls substantiierte Ausführungen dazu, aus welchen Gründen die hierzu ergangene Begründung in der Vorentscheidung eine pflichtgemäße Ermessensausübung nicht erkennen lässt (BFH-Beschluss vom 25. April 1996 VIII B 30/95, BFH/NV 1997, 118).
b) Wird die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision darauf gestützt, das FG habe seine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt, muss dargelegt werden, inwiefern das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruht und möglicherweise anders ausgefallen wäre. Da die Beteiligten auf die Geltendmachung der Rüge eines solchen Verfahrensmangels verzichten können, muss der Beschwerdeführer zudem darlegen, dass er die seiner Ansicht nach unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder aus welchen Gründen ihm eine solche Rüge nicht möglich war (BFH-Beschlüsse vom 21. Oktober 2004 X B 67/04, juris; vom 14. Februar 2003 X B 74/02, BFH/NV 2003, 805). Daran fehlt es im Streitfall.
c) Einen Verfahrensmangel macht die Klägern schließlich auch insoweit nicht schlüssig geltend, als sie sinngemäß rügt, sie habe in der mündlichen Verhandlung keine Anträge gestellt, solche seien indessen in das Protokoll über die Verhandlung aufgenommen worden, allerdings weder verlesen noch genehmigt worden. Eine unterbliebene mündliche Antragstellung (§ 92 Abs. 3 FGO) kann jedenfalls dann nicht zu einem Verfahrensmangel führen, wenn Anträge zuvor schriftsätzlich gestellt worden sind; auch bei Erscheinen der Beteiligten ist das Gericht befugt, ihre Anträge aus den Schriftsätzen herzuleiten, wenn ihnen, wovon im Streitfall auszugehen ist, hinreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde (BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2004 VIII B 181/04, BFH/NV 2005, 896). Hinsichtlich einer Rüge mangelnder Verlesung und Genehmigung des Protokolls (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 2, § 162 Abs. 1 der Zivilprozessordnung) ist nicht zu ersehen, inwiefern das angefochtene Urteil auf diesem Verstoß beruhen könnte (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 II R 120/73, BFHE 115, 185, BStBl II 1975, 489).
Fundstellen
Haufe-Index 1523523 |
BFH/NV 2006, 1484 |