Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindestanforderungen an eine Revisionsbegründung
Leitsatz (NV)
Die Revisionsbegründung muß erkennen lassen, daß der Revisionskläger das angefochtene Urteil nachgeprüft hat. Zur notwendigen Auseinandersetzung gehört ferner, daß der Revisionskläger seine bisherige Auffassung und sein eigenes Vorbringen überprüft hat.
Normenkette
FGO § 120 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt eine Landwirtschaft. Am 22. Dezember 1975 erklärte er an Amtsstelle zu Protokoll: ,,Hiermit stelle ich den Antrag, für meine veräußerten bzw. noch zu veräußernden Grundstücke den höheren Teilwert festzustellen." Mit Schreiben vom 23. September 1976 forderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Kläger unter anderem auf mitzuteilen, für welche Grundstücke (Lage, Größe, katastermäßige Bezeichnung) der höhere Teilwert festgestellt werden solle. Im Antwortschreiben des Klägers vom 23. November 1976 heißt es dazu: ,,In dem Grundstück, das landwirtschaftlich genutzt wird, wurden 1910 die . . . und . . . straße projektiert, die seit dieser Zeit zum Teil als Straße benutzt und bebaut worden sind. Von 1968 bis 1973 übernahm die Stadt X aus dem Grundstück, mit einer Größe von 2,7 ha, 10 060 qm Straßen- und Bebauungsland. Ich bitte höflichst um die Festsetzung des Teilwerts."
Das FA forderte den Kläger erneut auf (Schreiben vom 21. November 1978), die fraglichen Parzellen binnen vier Wochen genau zu bezeichnen. Mit Schriftsatz vom 11. Januar 1980 beantragte der Kläger dann, für eine Fläche von 16 814 qm aus der Gemarkung Y, Flur Nr. 22, Flurstücke 14 und 437 den Teilwert zum 1. Juli 1970 auf 100 DM pro qm festzustellen.
Das FA lehnte mit Bescheid vom 19. Juni 1980 die Teilwertfeststellung ab, weil der Kläger die Grundstücke binnen der Ausschlußfrist nicht hinreichend klar bezeichnet habe. Der Einspruch blieb erfolglos.
Mit der Klage machte der Kläger unter anderem geltend: Das FA habe den Antrag selbst zu Protokoll genommen. Es hätte ihn daher nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, die Ausschlußfrist sei abgelaufen. Die Beamten seien anscheinend selbst mit dem § 55 EStG überfordert gewesen. Das FA habe die §§ 88 und 89 AO 1977 nicht beachtet.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
1. Innerhalb der Ausschlußfrist des § 55 Abs. 5 EStG habe der Kläger keinen wirksamen Antrag gestellt. Der Antrag vom 22. Dezember 1975 habe sich nur allgemein auf die ,,veräußerten bzw. noch zu veräußernden Grundstücke" bezogen.
2. Unerheblich sei, ob das FA seine Pflichten gemäß § 89 AO 1977 dadurch verletzt habe, daß es nicht sofort auf die Stellung eines vollständigen und rechtlich wirksamen Antrages hingewirkt habe. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, weil ein wirksamer Antrag innerhalb der Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO 1977 nicht nachgeholt worden sei. Das Schreiben des Klägers vom 23. November 1976 enthalte nicht die erforderlichen Angaben. Von der genannten Flur 22 habe der Kläger bereits vor dem Stichtag einen Teil in unbekannter Größe verkauft.
3. Die ablehnende Entscheidung des FA verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Auf einen vom FA geschaffenen Vertrauenstatbestand könne sich der Kläger nicht berufen, weil er innerhalb der gesetzten Frist von vier Wochen der Aufforderung des FA vom 23. November 1978 nicht gefolgt und die geforderten Angaben nicht nachgereicht habe. Das sei erst im Januar 1980 geschehen.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 11. Januar 1985 Revision eingelegt. Darin heißt es: ,,Das o. g. Urteil verstößt gegen die §§ 88 und 89 AO, gegen Treu und Glauben und gegen den NMdF-Erlaß vom 10. 12. 1965 - S 2000-14-311, weil jahrelang nach der Ausschlußfrist noch ermittelt wurde." Eine weitere Begründung hat er nicht abgegeben.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, daß der Antrag nach § 55 EStG form- und fristgerecht gestellt wurde,
2. hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Der Kläger hat sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist ordnungsgemäß begründet.
Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Wie sich aus den Worten ,,die Revision ist . . . zu begründen" und ,,Revisionsbegründung" ergibt, muß der Revisionskläger darlegen, weshalb er dem angefochtenen Urteil nicht zustimmen kann. Dazu bedarf es wenigstens einer kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung (z. B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Januar 1977 I R 134/76, BFHE 121, 19, BStBl II 1977, 217, mit weiteren Nachweisen; vom 6. Oktober 1982 I R 71/82, BFHE 136, 521, BStBl II 1983, 48, und vom 16. Oktober 1984 IX R 177/83, BFHE 143, 196, BStBl II 1985, 470, ebenfalls mit weiteren Nachweisen). Die Revisionsbegründung muß erkennen lassen, daß der Kläger das angefochtene Urteil nachgeprüft hat. Zur Auseinandersetzung mit der Vorentscheidung gehört ferner, daß der Kläger seine bisherige Auffassung und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. Januar 1971 V R 80/67, BFHE 101, 356, BStBl II 1971, 331, und vom 8. März 1967 I R 185/66, BFHE 88, 230, BStBl III 1967, 342, und zuletzt Beschlüsse vom 24. April 1985 VII R 56/81, BFH/NV 1986, 738, und vom 25. Oktober 1985 III R 181/82, BFH/NV 1986, 228).
Daran fehlt es hier; der Kläger wiederholt nur inhaltlich aus der Klagebegründung, daß §§ 88 und 89 AO 1977 verletzt seien. Mit dem Argument, der Grundsatz von Treu und Glauben sei verletzt und es sei noch jahrelang nach Ablauf der Ausschlußfrist ermittelt worden, hat sich das FG eingehend unter Würdigung des Verhaltens des Klägers und des FA befaßt. Im übrigen läßt die Revisionsbegründung nicht erkennen, inwieweit die Vorentscheidung gegen einen Verwaltungserlaß (vgl. zum Inhalt Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., 1983, B 251) verstoßen soll. Denn nach dem vom Kläger offenbar angesprochenen Erlaß der Niedersächsischen Finanzverwaltung vom 10. Dezember 1975 genügte es, den Nachweis des höheren Teilwerts binnen eines Jahres nach Ablauf der Ausschlußfrist zu führen. Aber auch diese Frist hatte der Kläger - wie vom FG festgestellt - verstreichen lassen. Um eine Rechtsnorm handelt es sich bei dem Erlaß nicht. Insoweit hätte es Ausführungen zu der Frage bedurft - von der fehlenden Fundstelle des Erlasses einmal abgesehen -, warum die Vorentscheidung den Grundsatz von Treu und Glauben verletze. Der im Revisionsantrag enthaltene Sachvortrag, der Antrag sei form- und fristgerecht i. S. von § 55 EStG gestellt, ist keine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung.
Fundstellen
Haufe-Index 415122 |
BFH/NV 1988, 713 |