Leitsatz (amtlich)
Der Erwerb eines unbebauten Grundstücks zur Errichtung steuerbegünstigter Wohnungen ist auch dann nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrESBWG Schleswig-Holstein von der Besteuerung nach dem GrEStG ausgenommen, wenn der Erwerber ernstlich die Absicht hat, das Grundstück selbst zu bebauen, sich aber vorbehält, das Grundstück (unbebaut) weiterzuveräußern.
Normenkette
GrESBWG Schleswig-Holstein § 1 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 22. Februar 1977 erwarb die Klägerin ein unbebautes Grundstück zum Preise von 59 000 DM. In der Urkunde beantragte sie Grunderwerbsteuerbefreiung, weil sie das Grundstück zur Bebauung mit einem Doppelwohnhaus erwerbe. In einem Schreiben vom 19. Juli 1977 teilte sie dem Finanzamt (FA) mit, daß sie das Grundstück im steuerbegünstigten Wohnungsbau bebauen werden. Weiter heißt es in diesem Schreiben:
"Die Auflassung des Grundbesitzes ist noch nicht erfolgt. Diese wird auf einen noch zu bestimmenden Erwerber unabhängig vom demnächstigen Baubeginn erfolgen. Die Firma X wird insoweit nur als Bauträger bzw. Treuhänder tätig."
Mit Bescheid vom 3. August 1977 setzte das FA die Grunderwerbsteuer für diesen Erwerb auf insgesamt 4 130 DM fest. Zur Begründung der Steuerfestsetzung führte es aus, Steuerbefreiung könne nicht gewährt werden, weil die Klägerin nach ihrer Erklärung nicht im eigenen Namen Wohnungen bezugsfertig herstellen wolle.
Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, das Grundstück solle im steuerbegünstigten Wohnungsbau bebaut werden. Es müsse ihr sowohl dann Grunderwerbsteuerbefreiung gewährt werden, wenn sie das Objekt nur als Treuhänderin erwerbe und ein Dritter als Treugeber das Grundstück bebaue, als auch dann, wenn sie das Grundstück selbst bebaue und anschließend weiterveräußere. Welche der beiden Möglichkeiten sie wähle, sei noch offen. Der Einspruch blieb erfolglos. Die Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 3. August 1977 und der Einspruchsentscheidung vom 13. September 1977 begehrt, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie rügt Verletzung materiellen Rechts. Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, der Einspruchsentscheidung und des Grunderwerbsteuerbescheides (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des schleswig-holsteinischen Gesetzes über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaues, bei Maßnahmen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes und bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur (GrESBWG) i. d. F. vom 16. September 1974 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1974 S. 353, BStBl I 1974, 941) ist der Erwerb eines unbebauten Grundstückes zur Errichtung steuerbegünstigter Wohnungen von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz ausgenommen. Der Erwerbsvorgang wird jedoch u. a. steuerpflichtig, wenn der Erwerber des Grundstücks das steuerbegünstigte Bauvorhaben nicht innerhalb von zehn Jahren, gerechnet vom Tage der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung an, bezugsfertig durchgeführt hat (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 GrESBWG), wenn das zu bebauende Grundstück weiterveräußert wird, bevor die zu errichtenden Wohnungen bezugsfertig sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 GrESBWG) oder wenn der steuerbegünstigte Zweck innerhalb von fünf Jahren in sonstiger Weise aufgegeben wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 GrESBWG).
Unzutreffend ist die Ansicht der Klägerin, auch die Weiterübertragung des Grundstücks oder des Eigentumsverschaffungsanspruchs an einen Dritten, für den sie als Treuhänderin das begünstigte Gebäude zu erstellen habe, führe zur Befreiung des der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerbs (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes Schleswig-Holstein). Der Erwerber muß vielmehr selbst die steuerbegünstigten Wohnungen errichten. Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt hatte die Klägerin jedoch auch (alternativ) die Absicht, das Grundstück in solcher Weise selbst bestimmungsgemäß zu bebauen. Auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 19. Juli 1977 läßt sich nichts entnehmen, was gegen diese Alternativabsicht spricht. Entgegen der Ansicht des FG kann die Befreiung nicht schon dann (endgültig) versagt werden, wenn der Erwerber selbst den begünstigten Zweck herbeiführen will, sich aber vorbehält, das Grundstück -- sei es unbebaut oder mit einem angefangenen Bauvorhaben -- weiterzuveräußern. Es genügt vielmehr die ernstliche Eventualabsicht, die begünstigten Wohnungen selbst zu errichten. Wird diese nicht in die Tat umgesetzt, wird der Erwerb nach § 7 GrESBWG steuerpflichtig. Dessen Voraussetzungen waren aber im Zeitpunkt des Ergehens der angefochtenen Verwaltgungsakte noch nicht erfüllt.
Fundstellen
Haufe-Index 73094 |
BStBl II 1979, 386 |
BFHE 1979, 231 |
DNotZ 1980, 399 |