Leitsatz (amtlich)
Bei der Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Kommanditgesellschaft, die von allen Gesellschaftern der Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Zuge der Umwandlung neu errichtet wurde, ist Gegenleistung der Kommanditgesellschaft für den Erwerb eines im übergehenden Gesellschaftsvermögen enthaltenen Grundstücks der auf dieses entfallende Teil des Wertes der den Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft gewährten Gesellschaftsrechte und des Wertes der übergegangenen Schulden und Lasten.
Normenkette
GrEStG 1940 § 10
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die am 5. Januar 1966 aus der Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung entstanden ist.
Die drei Gesellschafter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung waren am 30. Juni 1965 übereingekommen, diese in eine Kommanditgesellschaft umzuwandeln. Der Umwandlungsbeschluß ist am 3. Dezember 1965 beurkundet, die Umwandlung am 5. Januar 1966 in das Handelsregister eingetragen worden. Zugrunde liegt eine Umwandlungsbilanz zum 30. Juni 1965; vom 1. Juli 1965 bis zum Tage der Eintragung in das Handelsregister sollte die Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Geschäfte für Rechnung der künftigen Kommanditgesellschaft führen.
Zum Vermögen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung hatte ein Grundstück im Einheitswert von 146 000 DM gehört.
Das Finanzamt (Beklagter) hat wegen des Übergangs des Grundstückseigentums auf die Klägerin gegen diese 46 056,95 DM Grunderwerbsteuer festgesetzt. Zugrunde liegt ein Wertansatz von 657 957 DM, aufgegliedert in "Grund und Boden" mit 52 600 DM, "Fabrikgebäude" mit 594 125 DM und "Grundstücksanlagen" mit 11 232 DM.
Das Finanzgericht hat die Steuer auf 10 220 DM aus dem Einheitswert von 146 000 DM herabgesetzt.
Die Revision des Beklagten rügt Verletzung des § 10 Abs. 1 GrEStG durch Fehlanwendung des § 10 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet.
Der Grundstückserwerb der Klägerin ist aus ihrer Gegenleistung zu versteuern (§ 10 Abs. 1 GrEStG). Eine solche ist nach der Auffassung des Senats anteilig in der Gewährung der Gesellschaftsrechte an die Gesellschafter der durch die Umwandlung erloschenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung und in dem Übergang der Schulden dieser Kapitalgesellschaft enthalten.
Der Übergang des Eigentums am Grundstück von der Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf die Klägerin unterlag der Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG). Er ist mit der Auflösung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und dem Entstehen der Klägerin (Kommanditgesellschaft) durch Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister unmittelbar kraft Gesetzes erfolgt (§§ 24, 20, 16, 18 Abs. 2, § 5 UmwG). Ein "Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet", war nicht vorangegangen und konnte nach der Konstruktion des Umwandlungsgesetzes nicht vorangehen. Denn die "Übertragung des Vermögens" (§ 3 UmwG) der erlöschenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§§ 24, 5 UmwG) auf die neu entstehende Kommanditgesellschaft (§§ 20, 16, 18 Abs. 2 UmwG) ist - entgegen dem scheinbaren Wortsinn - keine Übereignung, die bei Grundstücken der Auflassung bedürfte (§§ 873, 925 BGB), sondern - selbst bei Umwandlung auf eine bereits zuvor bestehende Kommanditgesellschaft (§§ 20, 3, 5, 6 UmwG) - ausschließlich Konsequenz der Gesamtrechtsnachfolge bei Erlöschen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§§ 24, 5 UmwG).
In diesem Punkte gleicht die Umwandlung auf Grund des Umwandlungsgesetzes in der damals maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1956 (BGBl I 1956, 844) den - im übrigen anders gelagerten - Fällen des Sondervermögensübergangs in entsprechender Anwendung des § 142 HGB. Der dort vorliegende - nicht zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern abgeschlossene (Urteil vom 19. Januar 1977 II R 161/74, BFHE 121, 214 [221], BStBl II 1977, 359) - Vertrag ist kein solcher, der i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (vgl. §§ 313, 925 BGB) einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks begründet (Urteil vom 25. Februar 1969 II 142/63, BFHE 95, 292 [294], BStBl II 1969, 400). Hier wie dort (vgl. Urteil vom 16. Februar 1977 II R 89/74, BFHE 122, 338 [340 f.], BStBl II 1977, 671) ersetzt die Nachfolge in das Vermögen im ganzen (nur) die sonst gebotene Einzelübertragung der Vermögensgegenstände und die Liquidation.
Die Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch Übertragung ihres Vermögens auf eine gleichzeitig errichtete Kommanditgesellschaft (§§ 24, 20, 16 UmwG), an der alle Gesellschafter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung beteiligt sind, vollzieht sich auf der Grundlage eines Beschlusses der umzuwandelnden Kapitalgesellschaft (§ 3 UmwG), welche die Übertragung ihres Vermögens auf die Kommanditgesellschaft beschließt; der Übergang des Vermögens wird mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister wirksam (§ 5 UmwG). Dieser Beschluß wird in einer Gesellschafterversammlung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung von deren Gesellschaftern gefaßt (§ 24 UmwG). Er ist insoweit ein Gesamtakt des dafür zuständigen Organs, als er die Willensbildung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrifft. Soweit dieser Beschluß die Errichtung der Kommanditgesellschaft (§§ 20, 16 UmwG), ihre Firma und ihren Sitz (§§ 20, 17 Abs. 2 UmwG) zum Gegenstand hat, die Kommanditisten und den Betrag ihrer Einlage bezeichnet (§ 20 UmwG) und die sonstigen zur Errichtung der Kommanditgesellschaft erforderlichen Maßnahmen trifft (§§ 20, 17 Abs. 2 UmwG), bedarf er dagegen der Zustimmung aller an dieser Kommanditgesellschaft beteiligten Gesellschafter (§§ 20, 16, 17 Abs. 1 UmwG). Er enthält alle den Gesellschaftsvertrag einer Kommanditgesellschaft konstituierenden Merkmale (§§ 116, 109 HGB) und ist insoweit nicht Beschluß der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sondern Vertrag (§§ 305, 182 BGB) der Gesellschafter der Kommanditgesellschaft.
Die Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Kommanditgesellschaft (§§ 24, 20 UmwG) stellt sich demnach als Errichtung einer Kommanditgesellschaft und als Übertragung des Vermögens der Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf diese dar (§ 16 UmwG) mit der zwangsläufigen Folge, daß mit der Durchführung der Umwandlung durch Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister die dadurch vermögenslos gewordene Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufgelöst ist (§§ 24, 5 UmwG) und ihre Firma (§§ 24, 6 Abs. 1 UmwG) und sie selbst erlischt. Denn mit der Eintragung in das Handelsregister geht das Vermögen kraft Gesetzes über (§§ 24, 20, 5 UmwG); zu diesem Zeitpunkt entsteht auch die Steuerschuld für den Übergang des Eigentums an einem in dem Vermögen enthaltenen Grundstück (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG).
Außer in den Fällen des § 1 Abs. 3, § 10 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG ist Besteuerungsgrundlage der Grunderwerbsteuer die Gegenleistung (§ 10 Abs. 1 GrEStG) und nur, wenn eine solche fehlt oder nicht zu ermitteln ist, der - gemäß § 12 GrEStG regelmäßig mit dem Einheitswert anzusetzende - Wert des Grundstücks (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Der dem zugrunde liegende Begriff der Gegenleistung ist ausweislich des § 11 GrEStG nicht auf vertraglich übernommene Leistungen beschränkt (Urteil vom 16. Februar 1977 II R 89/74, BFHE 122, 338 [343], BStBl II 1977, 671).
Eine Gegenleistung i. S. des § 10 Abs. 1 GrEStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein zur Übereignung verpflichtendes Rechtsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) fehlt und der Eigentumsübergang selbst (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) der Steuer unterliegt (vgl. §§ 1, 12 GrEStG 1919/1927). Für den ebenfalls erst der Steuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG unterliegenden Fall der Enteignung erwähnt § 11 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG ausdrücklich die Enteignungsentschädigung als Gegenleistung; sie enthält die Leistung, welche dem Enteigneten für den Verlust des Grundstücks zu gewähren ist. Bei Erwerb erbengemeinschaftlichen Miteigentums an einem Grundstück durch Abtretung des Erbteils (§ 2033 Abs. 1 BGB), bei dem sich das vorangehende Verpflichtungsgeschäft nicht auf eine - durch Auflassung zu vollziehende (§§ 873, 925 BGB) - Übereignung des Grundstücks bezieht und folglich die Steuer erst gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG entsteht, ist Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks die für die Erbteilsabtretung vereinbarte Gegenleistung, soweit diese auf das Grundstück entfällt (Urteil vom 17. Juli 1975 II R 141/74, BFHE 117, 270 [277], BStBl II 1976, 159). Auch bei der gemäß oder entsprechend § 142 HGB erfolgten Anwachsung des Volleigentums (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) an einem zuvor einer aus zwei Personen bestehenden offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft gehörenden Grundstück durch Ausschluß oder Ausscheiden eines der beiden Gesellschafter mit der Folge liquidationsloser Beendigung der Gesellschaft entsteht die Grunderwerbsteuer aus der (anteiligen) Gegenleistung (Urteil vom 19. Januar 1977 II R 161/74, BFHE 121, 214 [220], BStBl II 1977, 359).
Die Behandlung dieser Fälle (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) entspricht der Rechtslage, die gemäß § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1 GrEStG entsteht, wenn der zum Erwerb eines Grundstücks im eigenen Namen Bauftragte das Grundstück erwirbt und infolgedessen unmittelbar kraft Gesetzes der Auftraggeber den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks (§ 667 BGB), der Beauftragte dagegen den Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen (§ 670 BGB; vgl. § 669 BGB) erlangt. Besteuerungsgrundlage ist dieser Anspruch des Beauftragten (Urteil vom 24. November 1970 II 76/65, BFHE 101, 309 [311], BStBl II 1971, 309), im Falle eines werkvertraglichen Geschäftsbesorgungsvertrags (§ 632 BGB; vgl. § 11 zuzüglich der diesem zustehenden Vergütung (§ 632 BGB; vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 GrEStG). In jedem Falle bleibt es sich gleich, ob der Anspruch auf die Gegenleistung vereinbart ist oder ob er unmittelbar kraft Gesetzes entsteht. Wird ein Grundstück (§ 2 GrEStG) zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern - im besonderen bei Anfall eines ganzen Vermögens - erworben, ist die entsprechend den Vorschriften des § 11 GrEStG festzustellende und nach den Allgemeinen Bewertungsvorschriften zu bewertende Gesamtgegenleistung nach dem Verhältnis zu verteilen, in dem bei unter sich gleichen Maßstäben der Wert des Grundstücks zu dem Werte der sonstigen erworbenen Gegenstände steht, bei Fortsetzung des Betriebs also im Verhältnis der Teilwerte (Urteil vom 8. Oktober 1975 II R 129/70, BFHE 117, 390 [394], BStBl II 1976, 195). Zufolge § 11 GrEStG ist der Wert der übernommenen Schulden und Lasten in den Ansatz der Gesamtgegenleistung einzubeziehen (vgl. Urteil vom 16. Februar 1977 II R 89/74, BFHE 122, 338, BStBl II 1977, 671).
Nach der Auffassung des Senats besteht bei der Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch Übertragung ihres Vermögens auf eine gleichzeitig von allen ihren Gesellschaftern errichtete Kommanditgesellschaft (§§ 24, 20, 16 ff. UmwG) die Gesamtgegenleistung der Kommanditgesellschaft für den Erwerb des Vermögens der Kapitalgesellschaft in der Gewährung ihrer eigenen Gesellschaftsrechte an die (früheren) Gesellschafter der ihr Vermögen übertragenden Kapitalgesellschaft und in dem kraft Gesetzes eintretenden Übergang der Schulden und Lasten der Kapitalgesellschaft auf sie. Der Senat sieht dabei keinen wesentlichen Unterschied zu den Fällen der Liquidation einer Kapitalgesellschaft mit rechtsgeschäftlicher Übertragung ihres Vermögens auf eine aus deren Gesellschaftern gebildete Kommanditgesellschaft und zu den seit dem Gesetz zur Ergänzung der handelsrechtlichen Vorschriften über die Änderung der Unternehmensform vom 15. August 1969 (BGBl I 1969, 1171) vorgesehenen Fällen, daß eine Personenhandelsgesellschaft durch Übertragung ihres Vermögens auf eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird (§§ 40 ff., 46 ff. UmwG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. November 1969, BGBl I 1969, 2081). Denn auch in dem hier zu entscheidenden Falle haben die Gesellschafter das Vermögen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung der unter ihnen vereinbarten Kommanditgesellschaft verschafft, indem sie als Gesellschafter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Übertragung des Vermögens auf die Kommanditgesellschaft beschlossen. Diese Gesellschafter waren zwar an dem Vermögen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung - und damit auch an deren Grundstück - unmittelbar nicht beteiligt. Eine Leistung an sie ist aber - wie es auch bei einem Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) wäre - Gegenleistung für den Erwerb.
Die der Besteuerung zugrunde zu legende Gegenleistung bemißt der Senat demnach aus dem auf das Grundstück entfallenden Teil des Werts der nach der Ansicht des Senats von der Klägerin ihren Gesellschaftern gewährten Gesellschaftsrechte und des Wertes der übergegangenen Schulden und Lasten. Demgegenüber waren zwar in dem Urteil vom 16. April 1958 II 128/57 (BFHE 67, 19, BStBl III 1958, 280) die Werte der untergehenden Beteiligung sowie die auf den Rechtsnachfolger übergehenden Verbindlichkeiten angesetzt. Der dort entschiedene Fall unterscheidet sich von dem vorliegenden aber dadurch, daß es sich dort um die Umwandlung auf den Alleingesellschafter handelte, es hier aber um die Umwandlung auf eine Kommanditgesellschaft geht.
Das Finanzgericht hat - auf der Grundlage seines Standpunktes zu Recht - die für die weitere Entscheidung erheblichen Tatsachen nicht festgestellt. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 72720 |
BStBl II 1978, 320 |
BFHE 1978, 387 |
NJW 1978, 1992 |