Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG bringt mit ihrem Hinweis auf den Teilwert die Maßgeblichkeit der Vorschriften des BewG für die Bewertung der dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs hinzuzurechnenden fremden Wirtschaftsgüter zum Ausdruck. Der Ansatz mit dem Teilwert erfolgt jedoch nur im Regelfall (§ 10 BewG 1965), d. h. soweit sich für die Bewertung eines Wirtschaftsguts aus den Vorschriften des BewG nicht ein anderes ergibt.
Normenkette
GewStG § 12 Abs. 2 Nr. 2; BewG a.F. § 10; BewG a.F. § 12; BewG a.F. §§ 15, 58, 66
Tatbestand
Die Revisionsklägerin, eine KG, betreibt ein Steinbruchunternehmen. Das Ausbeutegelände hat sie gepachtet; der Pachtvertrag läuft z. Z. bis zum Jahre 1990. Der Revisionsbeklagte (das FA) rechnete bei der Ermittlung des Gewerbekapitals der KG für den Erhebungszeitraum 1961 den Wert des Ausbeuterechts mit 527 000 DM gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG dem Einheitswert ihres gewerblichen Betriebs hinzu. Einspruch und Klage der KG blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus:
Das Ausbeuterecht sei ein der KG vom Grundstückseigentümer überlassenes verselbständigtes Wirtschaftsgut (Urteil des BFH IV 122/58 U vom 12. Mai 1960, BFH 71, 580, BStBl III 1960, 466, mit weiterer Rechtsprechung). Dieses Recht sei den Vorschriften des BewG gemäß zu bewerten; während nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG "die Werte (Teilwerte) der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter" hinzuzurechnen seien, komme für die Hinzurechnung eines Mineralgewinnungsrechts nach § 58 Abs. 2 BewG a. F. dessen gemeiner Wert in Betracht (BFH-Urteil IV 234/60 U vom 27. Juli 1961, BFH 73, 563, BStBl III 1961, 470). Aus § 66 BewG a. F. könne nichts Abweichendes hergeleitet werden. Für die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften des § 12 GewStG seien sowohl der Begriff des Wirtschaftsguts (BFH-Urteil I 174/60 S vom 17. Februar 1965, BFH 81, 641, BStBl III 1965, 230) als auch dessen Bewertung den Vorschriften des BewG zu entnehmen. Die von der KG erstrebte Hinzurechnung des Mineralgewinnungsrechts mit seinem Teilwert entspreche weder dem mit der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG verfolgten Zweck noch der Gesetzessystematik des GewStG noch dem GG.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der KG mit dem Antrag, die Sache unter Aufhebung der Vorentscheidung an das FG zurückzuverweisen, im Falle einer Entscheidung durch den Senat die Hinzurechnungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG für verfassungswidrig zu erklären oder dem Einheitswert ihres gewerblichen Betriebs 73 549 DM hinzuzurechnen. Zur Begründung läßt die KG ausführen:
Die KG habe einerseits einen Mindestpachtzins zu zahlen, anderererseits einen Ausbeutepachtzins nach Maßgabe der Menge des gewonnenen Gesteins zu entrichten. Da der Bruch "kunstgerecht zu betreiben", d. h. das anstehende Gestein bis auf die Sohle des Bruches abzubauen sei, sei nicht auszuschließen, daß der Bruch etwa im Jahre 1970 erschöpft (gewesen) sei. Das FG hätte deshalb prüfen müssen, ob der Rechtsstreit nicht auszusetzen (gewesen) sei, damit das für die Feststellung des Einheitswerts für das Ausbeuterecht zuständige FA Gelegenheit erhalte, die Frage der Zurechnung des Vorkommens bei der KG als wirtschaftlicher Eigentümerin neu zu überprüfen (BFH-Urteil VI 375/65 vom 25. November 1966, BFH 87, 569, BStBl III 1967, 226).
Das FG habe sich in seinem Urteil für die Bestimmung des gemeinen Wertes zu Unrecht auf § 12 BewG a. F. statt auf § 10 Abs. 2 BewG a. F. berufen, sei aber der Berechnungsweise des FA gefolgt, das seinerseits auf § 15 Abs. 1 BewG a. F. abgestellt habe. Das FG hätte jedoch prüfen müssen, ob nicht die Bewertung mit dem Neunfachen des Jahreswertes (§ 15 Abs. 2 Halbsatz 2 BewG a. F.) den tatsächlichen Verhältnissen hätte gerecht werden können (BFH-Urteil III 452/68 U vom 27. Januar 1961, BFH 72, 408, BStBl III 1961, 150). Während § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG auf den Teilwertbegriff des § 12 BewG a. F. verweise, seien Gewinnungsrechte gemäß § 58 Abs. 2 und § 66 Abs. 2 BewG a. F. mit dem gemeinen Wert (§ 10 Abs. 2 BewG a. F.) zu bewerten. Es gehe mithin um die Frage, ob der gemeine Wert des § 58 Abs. 2 BewG a. F. dem des § 10 Abs. 2 BewG a. F. gleiche. Sei das aber - wie die KG annehme - der Fall, so könne höchstens ein Betrag von 73 549 DM für das Mineralgewinnungsrecht angesetzt werden. Die Bewertung nach § 15 BewG a. F. führe dazu, daß der Wert der Nutzungsrechte den im Einheitswertverfahren festgestellten Substanzwert überschreite. Dieser Unausgewogenheit sei durch die Einführung des § 17a BewG a. F. (durch das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 10. August 1963, BStBl I 1963, 608) begegnet worden; ihr sei auch in denjenigen Fällen Rechnung zu tragen, die zeitlich von dieser Vorschrift noch nicht erfaßt würden. Wolle man dem nicht zustimmen, so ergebe sich die Hinzurechnung von höchstens 73 549 DM aus der verfassungskonformen Auslegung des GewStG, die es gebiete, den Einheitswert des gewerblichen Betriebs nur um Einheitswerte zu erhöhen oder zu vermindern.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Was die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG betrifft, so hat das BVerfG in seinen Beschlüssen 1 BvR 25/65 vom 13. Mai 1969 (HFR 1969, 341) und 1 BvR 333/70 vom 3. Juni 1970 (HFR 1970, 401) ausgeführt, daß der - auch von der KG für sich in Anspruch genommene - allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bei der steuerlichen Belastung keine Differenzierung danach erfordere, ob ein Betrieb mit eigenen oder mit fremden Mitteln finanziert werde. Was dort für die Berücksichtigung der Dauerschulden gesagt ist, gilt auch für das Abzugsverbot für die Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (§ 8 Nr. 7 GewStG), und für die ihm entsprechende Berücksichtigung der Werte dieses Wirtschaftsguts beim Einheitswert des gewerblichen Betriebs des Mieters oder Pächters (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG). Der Grundsatz der Objektbesteuerung, der den Vorschriften der §§ 8 und 12 GewStG zugrunde liegt, erfordert im Streitfall die Erfassung des der KG eingeräumten Mineralgewinnungsrechts in gleicher Weise, wie es beim Eigentümer zu erfassen sein würde, sei es daß er die Ausbeute der Bodenschätze selbst vornimmt (BFH-Urteil VI 76/63 U vom 21. August 1964, BFH 80, 229, BStBl III 1964, 557), sei es daß er die Bodenschätze durch Verpachtung des Ausbeuterechts im Rahmen seines Gewerbebetriebs nutzt (BFH-Urteil III 242/59 S vom 22. Juli 1960, BFH 71, 454, BStBl III 1960, 420).
2. Anders als im Falle des BFH-Urteils VI 375/65 (a. a. O.) hat das FG in tatsächlicher Hinsicht nichts festgestellt, was die Annahme wirtschaftlichen Eigentums der KG am Ausbeutegelände für den streitigen Erhebungszeitraum rechtfertigen könnte. Die KG hat auch ausweislich der Akten vor dem FG nichts vorgetragen, was Ermittlungen in dieser Richtung erforderlich gemacht hätte. Denn abgesehen von der - erst im Revisionsverfahren angedeuteten - Möglichkeit einer Erschöpfung des Steinbruches bereits vor Ablauf der Pachtzeit deutet nichts auf eine Parallele des vorliegenden Streitfalles mit dem des genannten Urteils hin, in dem die Pachtgrundstücke nach dem Abbau des Kiesvorkommens an die Steuerpflichtige (oder die Stadt Y) zu übereignen gewesen waren. Der Ausnahmefall, in dem der Grundstückseigentümer das Recht zum Abbau von Bodenschätzen einem anderen anders als durch Verpachtung des Grundstücks überläßt, liegt danach im Streitfalle nicht vor.
Damit ist das FG zu Recht von der ständigen Rechtsprechung des BFH ausgegangen, nach der die Verpachtung des Grundstücks zum Zwecke des Abbaus von Bodenschätzen grundsätzlich als die Überlassung eines vom Grundstück zu trennenden Wirtschaftsguts, des Ausbeuterechts, zu sehen ist (BFH-Urteil VI 375/65, a. a. O., mit weiterer Rechtsprechung).
3. Was die Bewertung dieses Rechts betrifft, so hat das FG - ebenfalls zu Recht - die Bewertung des FA nach § 15 Abs. 1 BewG a. F. bestätigt.
Nach § 12 BewG a. F. sind Wirtschaftsgüter, die einem Unternehmen dienen, in der Regel mit dem Teilwert anzusetzen. Demgemäß verweist das GewStG in § 12 Abs. 2 Nr. 2 für die Wertbestimmung der dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs hinzuzurechnenden fremden Wirtschaftsgüter auf den Teilwert. Das gilt indes nur für den Regelfall (§ 12 BewG a. F.). Die Wertbestimmung von Mineralgewinnungsrechten (als Gewerbeberechtigung) folgt anderen Grundsätzen; sie sind mit ihrem gemeinen Wert (§ 10 BewG a. F.) zu bewerten (§§ 58 Abs. 2 und 66 Abs. 2 Satz 2 BewG a. F.). Der gemeine Wert eines Wirtschaftsguts wird nach § 10 Abs. 2 BewG a. F. durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Besteht - wie im Streitfalle - der Veräußerungspreis nicht in einem festen Betrag, sondern in wiederkehrenden Leistungen, die auf bestimmte Zeit beschränkt sind, ist er nach § 15 BewG a. F. mit der Summe der einzelnen Jahreswerte abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen anzunehmen.
Der KG kann nicht darin gefolgt werden, daß die Dauer des Pacht- und Ausbeutevertrags diesen als einen Vertrag ausweise, der ihr Nutzungen von unbestimmter Dauer einräume, deren Wert mit dem Neunfachen des Jahreswerts der Nutzung anzunehmen ist (§ 15 Abs. 2 Halbsatz 2 BewG a. F.). Einer solchen Annahme steht bereits die Behandlung der Sache durch die Vertragschließenden selbst entgegen, die den Vertrag zwar verlängerbar, stets aber zeitlich begrenzt abgeschlossen haben. Die Bewertung zeitlich begrenzter Nutzungen folgt aber aus § 15 Abs. 1 BewG a. F. in Verbindung mit der Hilfstafel 2. Wenn die Beteiligten bei der Berechnung von einer 25jährigen statt einer 29jährigen Dauer der Nutzung ausgegangen sind (37 300 DM durchschnittlicher jährlicher Pachtzins für das Ausbeuterecht x 14,152), so hat sich das bereits zum Vorteil der KG ausgewirkt. Der so errechnete Betrag übersteigt das Achtzehnfache des Jahreswerts nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 69691 |
BStBl II 1972, 22 |
BFHE 1972, 207 |