Leitsatz (amtlich)
Wird im Zusammenhang mit dem Kauf und der Einfuhr einer (nichtpatentierten) Maschine auch ein (nichtpatentiertes) Verfahren gegen Zahlung einer Lizenzgebühr überlassen, so gehört auch in diesem Fall das Entgelt für die Überlassung des Verfahrens jedenfalls dann zum Zollwert der Maschine, wenn diese durch die Eigenart ihrer Konstruktion und Arbeitsweise das Verfahren derart verkörpert, daß derjenige, der die Maschine gebraucht, ohne weiteres auch das Verfahren durchführen kann.
Normenkette
ZG § 53 Abs. 2, § 53a Abs. 1
Streitjahr(e)
1957, 1958, 1959
Tatbestand
Die Klägerin schloß am 28. März 1957 mit der Fa. ... einen Lizenzvertrag, auf Grund dessen ihr von der ... die ausschließliche Lizenz zur Herstellung, zum Gebrauch, zum Erproben und zum Verkauf von ... nach den ...-Patenten in Deutschland erteilt wurde. Die Maschine zur Herstellung dieser Erzeugnisse und Teile davon bezog die Klägerin in den Jahren 1957 bis 1959 von der Fa. ... Das Hauptzollamt (HZA) legte bei der Abfertigung der Maschinen zum freien Verkehr zunächst deren Rechnungspreis als Zollwert der Berechnung der Eingangsabgaben zugrunde. Später stellte es durch eigene Ermittlungen und Ermittlungen der Zollfahndungsstelle fest, daß der obengenannte Lizenzvertrag vorlag, und forderte auf der Grundlage des Kaufpreises zuzüglich der auf die einzelnen Maschinen entfallenden anteiligen Lizenzzahlungen mit Bescheid vom 20. Dezember 1960 Zoll und Umsatzausgleichsteuer nach. Dabei ging es von Ziff. 2 des Lizenzvertrages aus, nach der die Klägerin eine einmalige Zahlung von ... DM zu leisten, ferner nach Ablauf von drei Monaten nach Erhalt der ersten drei Maschinensätze Lizenzgebühren auf Grund einer Tabelle, während der ersten fünf Jahre der Laufzeit des Vertrages aber mindestens ... DM jährlich zu zahlen hatte. Das HZA führte die Summe der fortlaufenden Mindestzahlungen nach der Zweiten Rentenregel unter Anwendung des Zinssatzes von 5 % jährlich auf den Barwert im Zeitpunkt der Zollabfertigung in Höhe von ... DM zurück, den es zusammen mit der einmaligen Lizenzzahlung von ... DM dem in Rechnung gestellten Preis der Maschinen hinzurechnete.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Mit der Revision rügt die Klägerin, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, daß die eingeführten Maschinen Mängel gehabt hätten, daß die Mindestlizenzen ein Entgelt für die Gewährung des Ausschließlichkeitsrechts in Deutschland darstellten, ferner daß Entgelte für das know how und für das eingeräumte Nachbaurecht nicht zum Zollwert der Maschinen gehörten. Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidungen und den angefochtenen Steuerbescheid aufzuheben.
Das beklagte HZA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision kann keinen Erfolg haben.
- Nach dem auf die streitigen Einfuhren von Maschinen anzuwendenden § 53 Abs. 2 ZG 1939 ist - wovon auch die Vorinstanz ausgeht - Zollwert der normale Preis, der für die eingeführte Ware in dem für die Anwendung der Zollvorschriften maßgebenden Zeitpunkt (ß 58 Abs. 1 und 2, § 60) bei einem Verkauf unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern erzielt werden kann (Normalpreis). Ein normgemäßes Kaufgeschäft im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Käufer gegen die Zahlung des Kaufpreises die unbeschränkte Verfügung über die Ware erhält. Das bedeutet, daß durch die Abwicklung des Kaufgeschäfts das wirtschaftliche Interesse des Verkäufers an der verkauften Ware durch die Zahlung des Kaufpreises abgegolten ist. Das ist dann nicht der Fall, wenn ein Teil des Ertrages aus dem späteren Weiterverkauf oder der Verwendung der Ware unmittelbar oder mittelbar dem Verkäufer zugute kommt (ß 53 a Abs. 1 Nr. 2 ZG 1939) und damit die Zahlung des Preises nicht die einzige Leistung des Käufers darstellt (ß 53 a Abs. 1 Nr. 1 ZG 1939).
Der Zollwertnorm widerspricht es jedoch nicht, wenn Verkäufer und Käufer sich neben dem Veräußerungsgeschäft zu weiteren Leistungen und Gegenleistungen verpflichten. Ist dem Käufer einer eingeführten Ware ein Verfahren überlassen oder eine Lizenz an einem Verfahren eingeräumt, das der inländischen Herstellung eines Erzeugnisses unter Verwendung der Ware dient, gehören die für das Verfahren oder die Lizenz daran zu entrichtenden Gebühren grundsätzlich nicht zum Zollwert der eingeführten Ware. Doch gehört, wenn im Zusammenhang mit dem Kauf und der Einfuhr einer nach einem Patent hergestellten Maschine auch das Recht an einem patentierten Verfahren übertragen oder eine Lizenz zur Benutzung dieses Rechts eingeräumt wird, das Entgelt für die Überlassung des Verfahrens jedenfalls dann zum Zollwert der Maschine, wenn diese durch die Eigenart ihrer Konstruktion und Arbeitsweise das patentierte Verfahren derart verkörpert, daß derjenige, der zur Benutzung der Maschine berechtigt ist, durch das Betreiben der Maschine ohne weiteres auch das patentierte Verfahren durchführen kann (vgl. das Urteil des erkennenden Senats VII 89/60 U vom 7. August 1962, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 75 S. 779 - BFH 75, 779 -, BStBl III 1962, 549 BZBl 1963 S. 45).
- Im Streitfall hat die Klägerin von der ... Maschinen gekauft und eingeführt, die von der ... konstruiert und hergestellt waren und zur Herstellung von Erzeugnissen aus Kunststoff nach einem besonderen, von der ... entwickelten Verfahren dienten. Für die ihr eingeräumte "ausschließliche Lizenz zur Herstellung, zum Gebrauch, zum Erproben und zum Verkauf nach den ...-Patenten in Deutschland" hatte die Klägerin Gebühren zu zahlen. Daß der Kauf der Maschinen und die Einräumung der Lizenz, die nach der Fassung des Vertrages das Erzeugnis und das Verfahren seiner Herstellung zum Gegenstand hatte, auch ohne ausdrückliche Festlegung einer Bezugspflicht miteinander im Zusammenhang stehen, ergibt sich daraus, daß nach Nr. 2 des zwischen der ... und der Klägerin geschlossenen Vertrages die Klägerin nach Inkrafttreten des Vertrages eine einmalige Zahlung von ... DM zu leisten und nach Ablauf von drei Kalendermonaten nach Erhalt der ersten drei Maschinensätze von ... laufend Lizenzgebühren in Höhe eines Vomhundertsatzes der Nettoverkaufspreise der produzierten und verkauften Erzeugnisse zu zahlen hat. Daß aber die eingeführten Maschinen auch das Verfahren zur Herstellung des Erzeugnisses verkörperten und - bei entsprechender Sachkunde - die Klägerin durch den Betrieb der Maschinen ohne weiteres die gewünschten Erzeugnisse herstellen konnte, geht daraus hervor, daß nach dem eigenen Vortrage der Klägerin nur ein Teil der Maschinen, aber auch nur nach gewissen, wenn auch nicht erheblichen Veränderungen, auch für andere Zwecke verwendbar war. Diese Verkörperung des Verfahrens in den Maschinen ist weiterhin daraus zu entnehmen, daß die Klägerin - wie die Vorinstanz festgestellt hat - erklärt hat, die Maschinen hätten, nachdem sich das ...-Verfahren als nicht brauchbar erwiesen habe und andere Verfahren entwickelt worden seien, nur noch Schrottwert.
- Allerdings läßt die Vorentscheidung eindeutige Feststellungen darüber vermissen, ob und inwieweit die ... sowie das Verfahren zu ihrer Herstellung und die dafür geeigneten Maschinen der ... patentiert waren. Aus den Akten ist nicht zu entnehmen, ob und welche Patente bereits erteilt waren und wie die Patentansprüche lauteten. Vielmehr sprechen sowohl die Angaben unter dem Lizenzvertrag vom 28. März 1957 als auch die Angaben der Klägerin im Berufungsverfahren dafür, daß Patente für die Maschinen und das Verfahren zur Herstellung der Erzeugnisse lediglich angemeldet waren. Das Fehlen diesbezüglicher Feststellungen nötigt jedoch nicht zur Aufhebung der Vorentscheidung. In dem oben erwähnten Urteil, das sich auf den Fall bezog, daß eine patentierte Maschine ein ebenfalls patentiertes Verfahren verkörperte, hat der Senat ausdrücklich die Frage offengelassen, wie es zu beurteilen wäre, wenn die eingeführte Maschine selbst nicht patentiert wäre. Ebenso blieb, auch ohne daß das besonders gesagt war, die Frage offen, wie es zu beurteilen wäre, wenn auch das Verfahren nicht patentgeschützt ist. Aber auch in diesen Fällen ergeben sich aus der Anwendung der Zollwertnorm keine anderen Rechtsfolgen, d. h.: Wird im Zusammenhang mit dem Kauf und der Einfuhr einer (nichtpatentierten) Maschine auch ein (nichtpatentiertes) Verfahren gegen Zahlung einer Lizenzgebühr überlassen, so gehört auch in diesem Fall das Entgelt für die Überlassung des Verfahrens jedenfalls dann zum Zollwert der Maschine, wenn diese durch die Eigenart ihrer Konstruktion und Arbeitsweise das Verfahren derart verkörpert, daß derjenige, der die Maschine gebraucht, ohne weiteres auch das Verfahren durchführen kann. Denn in einem solchen Falle würde, wenn die eingeführte Maschine und das Verfahren zur Herstellung bestimmter Erzeugnisse nicht patentiert waren, ein normgemäßes Kaufgeschäft nur vorliegen, wenn der Käufer der Maschine gegen die Zahlung des Kaufpreises die unbeschränkte Verfügung über sie erhält und daher auch durch ihre Benutzung das Verfahren ohne weiteres anwenden kann. Das trifft im Streitfall jedoch nicht zu. Die Klägerin durfte nämlich nicht lediglich auf Grund der Käufe die Maschinen auch benutzen und damit das Verfahren anwenden, zu dessen Ausübung die Maschine diente, sondern hatte auf Grund des Lizenzvertrages - er datiert zwar vom 28. März 1957, also einem Zeitpunkt nach der ersten Maschineneinfuhr, steht aber wegen der Bezugnahme auf den Kauf der ersten drei Maschinensätze mit den Maschinenkäufen in Zusammenhang - für die Herstellung, den Gebrauch usw. von Erzeugnissen, d. h. aber nichts anderes als für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Maschinen, Lizenzgebühren nach Maßgabe der Herstellung und des Verkaufs von Erzeugnissen zu zahlen. Damit aber kam der Verkäuferin der Maschinen ein Teil des Ertrages aus deren Verwendung mittelbar zugute und war die Zahlung des Kaufpreises nicht die einzige Leistung der Klägerin für die Verschaffung der unbeschränkten Verfügung über die Maschinen. Daher gehören die Lizenzgebühren, soweit sie auf die freie Verfügung über die Maschinen in Form der Anwendung des ... -Verfahrens und nicht etwa auf andere Leistungen der Verkäuferin entfallen, zum Zollwert der Maschinen.
Fundstellen
Haufe-Index 425805 |
BFHE 1966, 604 |
BFHE 86, 604 |
StRK, ZG:53 R 39 |
LEXinform-Nr. 0010034 |