Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für die Planung eines Mietwohnhauses, das später nicht errichtet wird, können vorweggenommene Werbungskosten sein, wenn sich der feste Entschluß zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anhand gewichtiger objektiver Umstände klar und eindeutig feststellen läßt.
Normenkette
EStG 1967 §§ 7, 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 7, § 21 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob Planungskosten für die Errichtung eines Mietwohnhauses als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn das Bauvorhaben wegen Finanzierungsschwierigkeiten nicht verwirklicht wurde.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) beabsichtigte die Errichtung eines Mietwohnhauses mit drei Dreizimmer- und drei Einzimmerwohnungen auf einem eigenen Grundstück. Sie ließ im Jahre 1967, dem Streitjahr, von einem Architekten einen Entwurf sowie Bauvorlagen für ein Honorar von 4 096 DM fertigen. Der Bauantrag wurde bei der Stadtverwaltung eingereicht. Die Baukosten, die auf rund 283 000 DM geschätzt wurden, sollten mit Eigenmitteln der Klägerin in Höhe von ungefähr 45 000 DM, im übrigen durch Bankkredit finanziert werden. Nach einer Rücksprache mit der Sparkasse erschien der Klägerin die Zins- und Tilgungsbelastung jedoch so hoch, daß sie das Bauvorhaben aufgab und den Bauantrag zurücknahm, wofür sie eine Gebühr von 160 DM zu entrichten hatte.
Diese Planungskosten in Höhe von insgesamt 4 256 DM machte die Klägerin im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1967 als Werbungskosten bei ihren aus anderen Mietwohngrundstücken erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) lehnte dies ab. Die hiergegen formund fristgerecht erhobene Sprungklage hatte Erfolg. Das FG führte mit seiner in EFG 1971, 173 veröffentlichten Entscheidung im wesentlichen aus. Herstellungskosten eines Mietwohnhauses seien auf die Nutzungsdauer zu verteilende Werbungskosten, weil sie der Erzielung von Mieteinnahmen dienten. Die Verteilung entfalle, wenn es nicht zur Gebäudeherstellung komme. Dann seien die Werbungskosten sofort abzugsfähig. Im Streitfall stellten die Planungskosten entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 17. April 1964 VI 112/63 U, BFHE 79, 415, BStBl III 1964, 383, und vom 3. August 1964 VI 114/63 U, BFHE 80, 226, BStBl III 1964, 556) Werbungskosten dar, weil der erforderliche klare Zusammenhang mit bestimmten in Aussicht genommenen Einkünften gegeben sei; die erstrebten Einnahmen ließen sich eindeutig als Mieteinkünfte einordnen.
Mit der vom FG gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 9 Abs. 1 EStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Planungskosten der Klägerin sind Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Es handelt sich um Aufwendungen zur Erwerbung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.
Daß die geplante Errichtung des Mietwohnhauses aufgegeben wurde, steht der Anerkennung der Werbungskosteneigenschaft nicht zwingend entgegen. Der Aufwand für die Planung eines Gebäudes zählt grundsätzlich zu dessen Herstellungs- oder Anschaffungskosten. Diese sind Werbungskosten; sie unterscheiden sich nur insofern von anderen Werbungskosten, als sie nicht schon voll im Jahr der Ausgabe, sondern verteilt auf die Jahre der Nutzung abgesetzt werden können (Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 9, Anm. 3 S. 1297). Führen Werbungskosten nicht zum beabsichtigten Erfolg, bleibt ihre Abzugsfähigkeit hiervon in aller Regel unberührt. Das gilt auch für Werbungskosten, die im Falle der Schaffung einer Einkunftsquelle lediglich als AfA berücksichtigt werden. Vergeblicher Aufwand ist dann, wie bereits das FG zu Recht ausgesprochen hat, da nicht verteilungsfähig, sofort abziehbar. Ist der Versuch, eine Einkunftsquelle zu schaffen, fehlgeschlagen, so rechtfertigt allein dieser Umstand die Annahme eines einkommensteuerlich unbeachtlichen Vermögensverlustes nicht. Im Ergebnis müssen vielmehr für erfolglose Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die gleichen Grundsätze gelten, wie sie für gewerbliche Einkünfte entwickelt wurden (vgl. hierzu die BFH-Entscheidung vom 28. Januar 1954 IV 255/53 U, BFHE 58, 516, BStBl III 1954, 109).
Mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung geht der Senat davon aus, daß erfolglose Aufwendungen zur Schaffung einer Einkunftsquelle einer strengen Nachprüfung auf ihren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dieser unterliegen. Der Abzug als Werbungskosten setzt voraus, daß die Aufwendungen klar und eindeutig auf die Erzielung bestimmter Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG gerichtet sind (ständige Rechtsprechung, zuletzt Entscheidung des erkennenden Senats vom 18. Juli 1972 VIII R 12/68, BFHE 106, 513, BStBl II 1972, 930). Läßt sich nicht absehen, welche Einkunftsart in Betracht kommt, liegen keine Werbungskosten vor, wie der BFH bereits im Urteil vom 3. November 1961 VI 196/60 U (BFHE 74, 319, BStBl III 1962, 123) zum insoweit gleichliegenden Fall vorweggenommener Betriebsausgaben entschieden hat.
Zur Prüfung dieser Frage im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bedarf es einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, wobei festzustellen ist, was der Steuerpflichtige ernstlich gewollt hat. Die Absicht zur Einkünfteerzielung muß anhand äußerer Umstände einleuchtend dargetan sein. Aufwand, der gleichsam ins Blaue hinein gemacht wurde, fällt nicht unter § 9 EStG. Hat der Wille des Steuerpflichtigen zur Errichtung und dann folgenden Vermietung eines Gebäudes jedoch in gewichtigen Maßnahmen seinen Niederschlag gefunden, die hierfür nach der Lebenserfahrung im allgemeinen geeignet sind, und sprechen keine positiven Anhaltspunkte für eine Verkaufsabsicht, so ist der erforderliche klare Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung im allgemeinen gegeben. Im Rahmen der Gesamtwürdigung des Sachverhalts kann auch die Nachhaltigkeit und Höhe der erfolglosen Aufwendungen bedeutsam sein. Für Planungskosten ist der eindeutige Zusammenhang mit späteren Einkünften nicht allgemein zu verneinen. Es kommt auf die Fallgestaltung an.
Bei Zugrundelegung dieser Abgrenzungskriterien ist die Vorentscheidung im Ergebnis gerechtfertigt. Das FG hat von der Revision unangefochten festgestellt, daß die Klägerin das Wohnhaus zur Erzielung von Mieteinnahmen errichten wollte und nicht die Absicht hatte, es zu verkaufen. Positive Anhaltspunkte für eine Verkaufsabsicht sind aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht ersichtlich. Der Hinweis der Vorinstanz darauf, daß der Verkauf eines privaten Mietwohnhauses ohnehin ein Ausnahmefall sei, ist mit der Lebenserfahrung vereinbar. Wenn das FG außerdem hervorhebt, daß sich die erstrebten Einnahmen aufgrund der niedergelegten Planung und des Baugesuchs eindeutig als Mieteinkünfte einordnen ließen, trifft dies jedenfalls insoweit zu, als diesem Gesichtspunkt wesentliche Bedeutung für die erforderliche Konkretisierung der erstrebten Einkommensquelle beizumessen ist. Entgegen der Vorentscheidung genügt jedoch nur die Tatsache, daß Planungskosten aufgewandt wurden, für die Anerkennung als Werbungskosten nicht. Das FG hat damit dem Erfordernis zur Abwägung aller Umstände des Sachverhalts nicht hinreichend Rechnung getragen. Indessen rechtfertigen sämtliche weiteren aus der Vorentscheidung zu entnehmenden Umstände des vorliegenden Falles den Schluß, daß es sich hier um Werbungskosten handelt. Insbesondere fällt noch ins Gewicht, daß das von der Klägerin im Streitjahr erzielte Einkommen lediglich 8 751 DM beträgt. Bei dieser Sachlage ist mit dem Aufwand von mehr als 4 000 DM für die Planung eines weiteren Mietwohnhauses das Streben nach erhöhten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ebenfalls schlüssig zum Ausdruck gebracht. Der Einwand des FA, die Klägerin habe vor Sicherstellung der Finanzierung voreilig und gegen alle Regel ins Blaue hinein geplant, ist nicht stichhaltig. Der Entschluß zur Errichtung eines weiteren Mietwohnhauses war nach ihren Vermögens- und Einkommensverhältnissen nicht abwegig. Es gibt keinen Erfahrungssatz, daß Aufwendungen für eine Bauplanung erst nach Sicherstellung der Finanzierung gemacht werden sollten. Vielmehr ist die Bauplanung Voraussetzung der Finanzierung. Im übrigen hebt das FG hierzu rechtsfehlerfrei hervor, daß die Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage im Streitjahr zu einer Kreditrestriktion geführt habe und hierin ein wesentlicher Grund für die Aufgabe des Bauvorhabens zu sehen sei.
Die Sache ist entscheidungsreif. Die Revision war, da sich die Vorentscheidung im Ergebnis als richtig darstellt (§ 126 Abs. 4 FGO), zurückzuweisen.
Eine Anrufung des Großen Senats des BFH wegen Abweichung von der Rechtsprechung des VI. Senats ist, soweit eine Abweichung vorliegen sollte, nicht geboten, da dessen Urteile nicht gemäß § 64 AO a. F. veröffentlicht wurden (§ 184 Abs. 2 Nr. 5 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 70745 |
BStBl II 1974, 161 |
BFHE 1974, 556 |
NJW 1974, 1016 |