Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisibilität des früheren Baden-Württembergischen GrEStG
Leitsatz (NV)
1. Nach dem Wegfall des § 160 Abs. 2 FGO a. F. ist mit Wirkung vom 1. Januar 1993 das frühere Baden-Württembergische GrEStG kein revisibles Recht mehr.
2. Die nach § 23 Abs. 2 GrEStG 1983 weitergeltenden landesrechtlichen Vorschriften sind durch diese Regelung nicht Bundesrecht geworden.
3. Eine Fortgeltung des § 160 Abs. 2 FGO a. F. auch für alle diejenigen Fälle, die sich am 1. Januar 1993 noch im Einspruchs- oder finanzgerichtlichen Klageverfahren befanden, kommt nicht in Betracht.
4. Soweit nach § 4 AGFGO/BW der Finanzrechtsweg auch in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben ist, soweit die Abgaben nicht der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden, reicht die Eröffnung des Finanzrechtswegs allein nicht aus, um die Revisibilität von Landesrecht zu begründen. Erforderlich ist vielmehr, daß die FGO insgesamt bzw. die Vorschriften des Unterabschnitts der FGO über die Revision (§§ 115 ff. FGO) für anwendbar erklärt werden.
5. In dem Fehlen bzw. dem Wegfall der Revisibilität des Baden-Württembergischen GrEStG liegt kein Verfahrensverstoß.
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 95, 99, 103 Abs. 1; FGO § 118 Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2 a. F; FGOÄndG vom 21. Dezember 1992 Art. 1 Nr. 37; FGOÄndG vom 21. Dezember 1992 Art. 7; FGOÄndG vom 21. Dezember 1992 Art. 9; GrEStG 1983 § 23 Abs. 2; AGFGO Baden-Württemberg § 4; GrEStG/BW § 1 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG/BW § 6 Abs. 1 Nr. 6; GrEStG/BW § 11 Abs. 2; GrEStG/BW § 26 Abs. 1; GrEStG/BW § 27 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG/BW § 35 S. 2; GrEStG/BW § 35 S. 3; GrEStG/BW § 37 Abs. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), schloß am 14. Dezember 1972 mit der Firma A einen privatschriftlichen Vertrag. Danach sollte die A der Klägerin alsbald das Eigentum an einem Grundstück zu einem Kaufpreis von ... DM verschaffen und auf diesem Grundstück nach bereits vorliegenden Plänen ein Wohn- und Geschäftshaus für ... DM bis zum 1. Oktober 1975 bezugsfertig erstellen.
Am 19. Dezember 1972 kaufte die Klägerin von der A das betreffende Grundstück zu einem Kaufpreis von ... DM.
Antragsgemäß stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --), dem lediglich der notariell beurkundete Kaufvertrag vom 19. Dezember 1972 vorlag, den Grunderwerb der Klägerin nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 des früheren Baden-Württembergischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) vorläufig durch amtsinterne Verfügung vom 20. Dezember 1972 von der Grunderwerbsteuer frei. Das Gebäude wurde am 1. Dezember 1975 bezugsfertig. Nach Vorlage des Anerkennungsbescheids nach § 93 Abs. 1 Buchst. b des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) erteilte das FA am 24. November 1978 einen Bescheid über die endgültige Freistellung des Erwerbs der Klägerin von der Steuer. Dieser Bescheid war an die "Vermögensverwaltung B-C, GdbR" adressiert.
Anläßlich einer Außenprüfung wurde dem FA im November 1979 der Inhalt des Baubetreuungsvertrags vom 14. Dezember 1972 bekannt. Es vertrat daraufhin die Auffassung, Gegenstand des Erwerbsvorgangs der Klägerin sei das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaute Grundstück gewesen und setzte durch Berichtigungsbescheid nach § 173 der Abgabenordnung (AO 1977) vom 22. November 1979 Grunderwerbsteuer unter Einbeziehung der Bauerrichtungskosten gegen die Klägerin fest. Der Bescheid war ebenfalls an die "Vermögensverwaltung B-C GdbR" adressiert. Auf die nach erfolglos gebliebenem Einspruch erhobene Klage hob das Finanzgericht (FG) den Grunderwerbsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung wegen fehlerhafter Adressierung auf.
Am 27. Mai 1986 erließ das FA erneut einen Berichtigungsbescheid nach § 173 AO 1977, den es unter namentlicher Bezeichnung der beiden Gesellschafterinnen an die "Vermögensverwaltung B-C GdbR" richtete. Mit diesem Bescheid setzte das FA gegen die Klägerin nach einer Gegenleistung von ... DM (Grundstückskaufpreis: ... DM zuzüglich Gebäudeerrichtungskosten: ... DM) einschließlich eines Aufgeldes nach § 11 Abs. 1 GrEStG in Höhe von 15 v. H. Grunderwerbsteuer fest.
Die nachfolgende Sprungklage wies das FG durch Urteil vom 28. August 1990 ab. Auf die Revision der Klägerin hob der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 10. November 1993 II R 39/91 (BFHE 172, 404, BStBl II 1994, 187) wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) das FG-Urteil auf.
Auch im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage der Klägerin ab und vertrat die Auffassung, einheitlicher Vertragsgegenstand des Baubetreuungsvertrages vom 14. Dezember 1972 sowie des Grundstückskaufvertrags vom 19. Dezember 1972 sei das bebaute Grundstück gewesen. Das FA habe deshalb zu Recht auch die Kosten für die Errichtung des Gebäudes in die Gegenleistung einbezogen.
Der Freistellungsbescheid vom 24. November 1978 stehe dem Erlaß des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids vom 27. Mai 1986 nicht entgegen. Dieser Bescheid sei nämlich an die "Vermögensverwaltung B-C" adressiert und deshalb -- wie der Berichtigungsbescheid vom 22. November 1979 -- unheilbar nichtig.
Dem Bescheid vom 27. Mai 1986 stehe auch nicht die Verjährung des Grunderwerbsteueranspruchs entgegen. Der mit dem angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. Mai 1986 geltend gemachte Nachversteuerungsanspruch sei mit der Fertigstellung des Bauvorhabens am 1. Dezember 1975 entstanden. Nach § 35 Satz 3 GrEStG habe jedoch die Verjährungsfrist erst am 1. Januar 1982 begonnen. Nach § 35 Satz 1 GrEStG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 5. Februar 1974 beginne zwar in den Fällen des § 1 Abs. 1 GrEStG die Verjährung der Steuer bereits mit Ablauf des Jahres, in dem der Erwerber des Grundstücks als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden sei. Dies gelte aber dann nicht, wenn -- wie im Streitfall -- die an einem Erwerbsvorgang Beteiligten nach § 37 GrEStG eine Anzeige zu erstatten hätten und wenn diese Anzeige nicht rechtzeitig erstattet werde. In diesen Fällen beginne die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem die Anzeige erstattet werde, spätestens jedoch mit Ablauf des 6. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folge, in dem die Steuer entstanden sei. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall vor, weil die Klägerin nach § 37 Abs. 2 GrEStG verpflichtet gewesen sei anzuzeigen, den steuerbegünstigten Zweck aufgegeben zu haben. Eine Anzeige der Klägerin sei beim FA nicht eingegangen.
Wegen der objektiven Nichterfüllung der Anzeigepflicht lägen die Voraussetzungen für die Anlaufhemmung der Verjährungsfrist nach § 35 Satz 3 GrEStG vor. Die am 1. Januar 1982 angelaufene Verjährungsfrist von fünf Jahren (vgl. § 144 der Reichsabgabenordnung -- AO -- i. V. m. Art. 97 § 10 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung -- EGAO 1977 --) sei deshalb im Zeitpunkt des Erlasses des hier angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids vom 27. Mai 1986 noch nicht abgelaufen gewesen.
Hiergegen richtet sich die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision der Klägerin. Diese wendet sich zunächst gegen die Rechtsauffassung des FG, einheitlicher Gegenstand der Verträge vom 14. bzw. 19. Dezember 1972 sei das bebaute Grundstück gewesen. Sie rügt insoweit fehlerhafte Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.
Die Klägerin macht ferner geltend, die Grunderwerbsteuer sei nicht erst mit der Fertigstellung des Bauvorhabens, sondern bereits 1972 entstanden, weil sie mit dem Abschluß beider Verträge endgültig gebunden gewesen sei und nicht mehr die Möglichkeit gehabt habe, den steuerbegünstigten Zweck selbst zu erfüllen. Bestehe von Anfang an keine Möglichkeit steuerbegünstigter Bebauung durch den Grundstückserwerber, entstehe die Grunderwerbsteuer sofort mit dem Abschluß der Verträge. Selbst unter Berücksichtigung der Anlaufhemmung nach § 35 Satz 3 GrEStG sei im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 27. Mai 1986 Verjährung eingetreten.
Im übrigen habe das FA die vorläufige Freistellung nur intern verfügt. Eine solche Verfügung könne keinerlei Tatbestandswirkung im Sinne der BFH-Rechtsprechung entfalten.
Das FG habe ferner zu Unrecht eine Anzeigepflicht der Klägerin nach § 37 Abs. 3 Satz 1 GrEStG angenommen.
Schließlich sei das FG unzutreffend von einer Anlaufhemmung von sechs Jahren ausgegangen und habe damit eine Gesetzesfassung zugrunde gelegt, die erst nach der Entstehung des hier streitigen Steueranspruchs in Kraft getreten sei. Die vom FG zugrunde gelegte Gesetzesfassung datiere vom 5. Februar 1974. Im Streitfall sei jedoch der Steueranspruch bereits 1972 entstanden, so daß noch die alte dreijährige Verjährungsanlaufhemmung gelte.
Die Klägerin ist durch Verfügung des Berichterstatters vom 11. September 1995 u. a. darauf hingewiesen worden, daß die früheren landesrechtlichen Vorschriften des Baden-Württembergischen GrEStG mit Wirkung vom 1. Januar 1993 nicht mehr revisibel seien. Die Klägerin hat hierzu Stellung genommen und geltend gemacht, die Streichung des § 160 Abs. 2 FGO in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung beruhe auf der fehlerhaften Vorstellung des Gesetzgebers, Revisionsfälle, in denen altes Grunderwerbsteuer-Landesrecht streitig sei, gäbe es nicht mehr. Die sich insoweit auftuende Gesetzeslücke sei sinnvoll so auszufüllen, daß der BFH auch weiterhin materiell landesrechtliche Grunderwerbsteuervorschriften überprüfen dürfe. Im übrigen seien die landesrechtlichen Vorschriften nur noch über § 23 Abs. 2 GrEStG 1983 anwendbar, so daß mit der Revision Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werde, auch wenn es um die Auslegung früheren Landesrechts gehe.
Die landesrechtlichen Grunderwerbsteuervorschriften seien auch deshalb revisibel, weil nach § 5 des Baden-Württembergischen Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung vom 29. März 1966 -- AGFGO -- (Gesetzblatt für Baden-Württemberg 1966, 49) die Geltung der FGO angeordnet und nach § 4 der Finanzrechtsweg auch in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten eröffnet sei, soweit die Abgaben nicht der Gesetzgebung des Bundes unterlägen und durch Landesfinanzbehörden verwaltet würden.
Schließlich müsse im Streitfall auch die außergewöhnlich lange Prozeßdauer berücksichtigt werden. Bei kürzerer Verfahrensdauer hätte einer revisionsrechtlichen Überprüfung der landesrechtlichen Grunderwerbsteuervorschriften nichts im Wege gestanden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG vom ... 1994 und den Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. Mai 1986 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Nach Auffassung des FG unterliegen die beiden Verträge vom 14. bzw. 19. Dezember 1972 nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Einheitlicher Gegenstand dieses Erwerbs der Klägerin sei -- so das FG -- ein mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebautes Grundstück, so daß zur Gegenleistung gemäß § 26 Abs. 1, § 27 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grundstückskaufpreis zuzüglich der Herstellungskosten für das Gebäude zu rechnen seien. Das FG geht ferner davon aus, daß der mit dem angefochtenen Steuerbescheid vom 27. Mai 1986 festgesetzte Steueranspruch nicht verjährt ist und führt insoweit aus, der Steueranspruch sei -- nach vorangegangener amtsinterner vorläufiger Freistellung nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG -- mit der Fertigstellung des Gebäudes nach § 11 Abs. 2 GrEStG entstanden, weil zu diesem Zeitpunkt feststand, daß die Klägerin ihre gegenüber dem FA erklärte Absicht, das Grundstück in bestimmter Weise zu bebauen, aufgegeben habe. Das FG hat ferner die Voraussetzungen für die Anlaufhemmung nach § 35 Satz 2 und 3 GrEStG bejaht und ist insoweit davon ausgegangen, daß die Klägerin ihrer Pflicht zur Anzeige der Aufgabe des steuerbegünstigten Zwecks nach § 37 Abs. 3 GrEStG nicht nachgekommen sei. Dies hat nach Auffassung des FG zur Folge, daß die Verjährungsfrist von fünf Jahren erst mit Ablauf des Jahres 1981 begann und deshalb im Zeitpunkt des Erlasses des hier angefochtenen Steuerbescheids vom 27. Mai 1986 noch nicht abgelaufen war.
Die Richtigkeit dieser Auffassung des FG, die ausschließlich auf der Anwendung landesrechtlicher Grunderwerbsteuervorschriften beruht, ist vom Senat im Revisionsverfahren nicht zu überprüfen, da das frühere Baden-Württembergische GrEStG kein revisibles Recht i. S. des § 118 Abs. 1 FGO ist.
1. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO kann die Revision nur auf die Verletzung von Bundesrecht gestützt werden. Die dem FG-Urteil zugrunde liegende und mit der Revision angegriffene Rechtsauffassung beruht jedoch ausschließlich auf der Anwendung landesrechtlicher Grunderwerbsteuervorschriften. Dies gilt sowohl für die Frage nach dem Gegenstand des Erwerbsvorgangs, der Entstehung des Nachversteuerungsanspruchs und der Verjährung als auch für die Frage der Verletzung der Anzeigepflicht.
Zwar ordnet die bundesgesetzliche Regelung in § 23 Abs. 2 GrEStG 1983 für vor dem 1. Januar 1983 verwirklichte Erwerbsvorgänge die Weitergeltung der bis zum Inkrafttreten des GrEStG 1983 geltenden (landesrechtlichen) Vorschriften an. Durch diese Regelung sind jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin die weitergeltenden landesrechtlichen Vorschriften nicht Bundesrecht geworden. Vielmehr gelten nach der Gesamtregelung in § 23 ff. GrEStG 1983 die landesrechtlichen Vorschriften auch über den 31. Dezember 1982 fort und werden lediglich insoweit unanwendbar, als die am 1. Januar 1983 in Kraft getretene Neuregelung eingreift. Auf vor dem 1. Januar 1983 verwirklichte Erwerbsvorgänge ist weiterhin in allen Beziehungen das vor dem GrEStG 1983 geltende Recht (Landesrecht) anzuwenden. Eine Regelung, wonach die landesrechtlichen Vorschriften nach dem 31. Dezember 1982 "als Bundesrecht" fortgelten sollen, liegt nicht vor.
2. Dem BFH als einem obersten Gerichtshof des Bundes (Art. 95 des Grundgesetzes -- GG --) kann zwar auch die Entscheidung in solchen Sachen zugewiesen werden, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt; eine derartige Zuweisung -- die durch den Bundes- oder Landesgesetzgeber erfolgen könnte -- besteht aber für das Baden-Württembergische GrEStG nicht (mehr).
a) Die Revisibilität von landesrechtlichen Vorschriften des Grunderwerbsteuerrechts ergab sich bisher aus der bundesgesetzlichen Regelung in § 160 Abs. 2 FGO in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift konnte die Revision auch auf die Verletzung von Landesrecht gestützt werden, soweit u. a. das Recht der Grunderwerbsteuer nicht bundesrechtlich geregelt ist. Diese Vorschrift wurde jedoch durch Art. 1 Nr. 37 des FGO-Änderungsgesetzes vom 21. Dezember 1992 -- FGO-ÄndG -- (BGBl I 1992, 2109, BStBl I 1993, 90) mit Wirkung vom 1. Januar 1993 aufgehoben.
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die mit Ablauf des 31. Dezember 1992 außer Kraft getretene Regelung in § 160 Abs. 2 FGO a. F. auf das vorliegende Verfahren nicht mehr, auch nicht analog, angewendet werden.
Nach der insoweit eindeutigen und anders nicht auslegungsfähigen Regelung in Art. 9 FGO-ÄndG sollte der Wegfall des § 160 Abs. 2 FGO a. F. am 1. Januar 1993 in Kraft treten. Selbst wenn der Gesetzgeber -- wie die Klägerin meint -- bei der Neuregelung des Gesetzes die noch offenen Altfälle nicht gesehen haben sollte, wäre der Senat an die objektiv eindeutige Gesetzeslage gebunden. Eine Gesetzeslücke, die im Wege der Analogie zu schließen wäre, liegt objektiv nicht vor.
Auch aus den Überleitungsregelungen in Art. 7 FGO-ÄndG kann eine Fortgeltung des § 160 Abs. 2 FGO a. F. auf den Streitfall nicht hergeleitet werden. Zwar hat der Senat auf diesen Übergangsregelungen die allgemeine Intention des Gesetzgebers abgeleitet, durch die Gesetzesänderung nicht in laufende Rechtsmittelverfahren einzugreifen, und es deshalb für die Revisibilität von landesrechtlichen Vorschriften als ausreichend erachtet, wenn diese wenigstens noch zum Zeitpunkt der Einlegung der Revision besteht (vgl. Senatsentscheidung vom 13. April 1994 II R 93/90, BFHE 174, 380, BStBl II 1994, 817, und vom 18. Mai 1994 II R 119/90, BFH/NV 1995, 267).
Auch diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, weil die Klägerin erst am 24. Oktober 1994 und damit nach dem Außerkrafttreten des früheren § 160 Abs. 2 FGO a. F. die Revision, über die hier zu befinden ist, eingelegt hat. Eine Fortgeltung des § 160 Abs. 2 FGO a. F. auch für alle diejenigen Fälle, die sich am 1. Januar 1993 noch im Einspruchs- oder finanzgerichtlichen Klageverfahren befanden, kommt nicht in Betracht. Die Überleitungsvorschrift in Art. 7 FGO-ÄndG gibt hierfür keinen Anhaltspunkt. Diese Vorschriften betreffen nur die Fortgeltung solcher Vorschriften, die die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs betreffen. Die Frage der Revisibilität ist jedoch keine Frage der Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs, insbesondere der Revision, sondern eine solche der Begründetheit (vgl. Senatsentscheidungen vom 26. April 1995 II R 6/94, BFHE 178, 222, BStBl II 1995, 738, und vom 22. Oktober 1971 II R 104/70, BFHE 103, 541, BStBl II 1972, 183 m. w. N.).
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt weder der außergewöhnlich langen Verfahrensdauer noch dem Umstand entscheidungserhebliche Bedeutung zu, daß im ersten Rechtsgang noch im zeitlichen Geltungsbereich des § 160 Abs. 2 FGO a. F. seitens der Klägerin schon einmal Revision gegen das im ersten Rechtsgang ergangene FG-Urteil eingelegt wurde. Entscheidend kann es nämlich nur auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Einlegung der hier vorliegenden Revision ankommen.
Auch eine landesrechtliche Regelung, die die Revisibilität des Baden-Württembergischen GrEStG anordnet, besteht nicht. Zwar ist nach § 4 AGFGO der Finanzrechtsweg auch in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben, soweit die Abgaben nicht der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Nach der Rechtsprechung des BFH reicht jedoch allein die Eröffnung des Finanzrechtswegs nicht aus, um die Revisibilität von Landesrecht zu begründen. Erforderlich ist vielmehr, daß die FGO insgesamt bzw. die Vorschriften des Unterabschnitts der FGO über die Revision (§§ 115 ff. FGO) für anwendbar erklärt worden sind (vgl. BFH in BFHE 178, 222, BStBl II 1995, 738, 739). Da für das Baden-Württembergische GrEStG lediglich der Finanzrechtsweg eröffnet, nicht aber die FGO in bezeichnetem Sinn für anwendbar erklärt worden ist, handelt es sich bei dem Baden-Württembergischen GrEStG um irrevisibles Recht, dessen Anwendung durch das FG vom Senat nicht überprüft werden kann.
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt in dem Fehlen bzw. dem Wegfall der Revisibilität des Baden-Württembergischen GrEStG kein Verfassungsverstoß. Bereits aus Art. 99 GG ergibt sich, daß das GG die Überprüfung von Landesrecht durch einen obersten Gerichtshof des Bundes zwar zuläßt, aber nicht vorschreibt. Aus Art. 19 Abs. 4 und aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich kein Anspruch auf einen mehrstufigen Rechtsweg. Auch das Rechtsstaatsprinzip gebietet nicht, daß der Rechtsweg in allen Zweigen einen Instanzenzug hat, insbesondere stets das Rechtsmittel der Revision ermöglicht (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG -- vom 24. Oktober 1989 1 BvR 576/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1990, 447 m. w. N.). Auch besteht keine verfassungsrechtliche Bindung, die einmal eingeführte Revisibilität von Landesrecht für alle daraus resultierenden gerichtlichen Verfahren beizubehalten. Vielmehr kann der Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenklich eröffnete Instanzenzüge schließen oder einschränken (vgl. Beschluß vom 28. März 1985 1 BvR 245/85, HFR 1986, 597). Das Verbot, den Zugang zu einer gesetzlich eröffneten weiteren Instanz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren -- auf das sich die Klägerin beruft --, wendet sich hingegen vorzugsweise an den Richter und untersagt diesem, sich durch unsachliche Handhabung des Prozeßrechts einer Sachentscheidung zu entziehen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Revisibilität der streitigen Vorschrift scheitert hier nicht an einer unsachlichen Handhabung des Rechts durch den Senat, sondern allein daran, daß der Bundesgesetzgeber für nach dem 31. Dezember 1992 eingelegte Revisionen die Revisibilität früherer landesrechtlicher Grunderwerbsteuervorschriften beseitigt hat.
Da die Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften durch das FG seitens der Klägerin nicht gerügt wurde und auch nicht ersichtlich ist, ist die Revision insgesamt unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 421234 |
BFH/NV 1996, 506 |