Leitsatz (amtlich)
Eine Bank hat vor Fälligkeit zurückgekaufte eigene Schuldverschreibungen unter den "Begebenen Schuldverschreibungen" zu passivieren und unter den "Eigenen Schuldverschreibungen" zu aktivieren, solange nicht die Absicht der Weiterveräußerung ausgeschlossen ist.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2; KStG § 6 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Hypothekenbank i. S. des § 1 des Hypothekenbankgesetzes i. d. F. vom 5. Februar 1963 - HBG - (BGBl I, 81), erwarb in den Monaten April und Mai 1966 eigene Inhaberschuldverschreibungen (Hypothekenpfandbriefe) zum Nennwert von 2 590 000 DM zurück. Der Börsenkurs lag seinerzeit bei 86 v. H. des Nennbetrags. Der Rückerwerb entsprach der in einer gesonderten, auf den Inhaber lautenden Vertragsurkunde enthaltenen Verpflichtungserklärung, nach der die fraglichen Stücke zu einem bestimmten Zeitpunkt vor dem in der Schuldverschreibung selbst vorgesehenen Einlösungszeitpunkt zurückzunehmen waren, während gleichzeitig der Inhaber der Schuldverschreibung verpflichtet sein sollte, die Wertpapiere zu diesem Zeitpunkt zurückzugeben. In dem von der Klägerin aufgestellten Finanzplan waren die Rücknahmezeitpunkte der passiven Geschäfte einerseits und der aktiven Geschäfte andererseits aufeinander abgestimmt. Auf diesen zurückgekauften Bestand nahm die Klägerin zum 31. Dezember 1966 eine Teilwertabschreibung in Höhe von 463 380 DM auf den niedrigeren Börsenkurs vor.
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung beanstandete der Beklagte und Revisionskläger (FA) diese Teilwertabschreibung. Das FA behandelte zwar die Erstbegebung und die spätere Wiederbegebung nicht als echte Pensionsgeschäfte, sondern als Wertpapiergeschäfte, d. h. als Verkäufe und Rückkäufe von Schuldverschreibungen. Es vertrat jedoch die Auffassung, der Rückerwerb sei wegen der vorherigen Vereinbarung zum Zwecke der Schuldtilgung erfolgt, so daß die Schuldverschreibungen den Charakter von Wertpapieren verloren hätten.
Der gegen den berichtigten Körperschaftsteuerbescheid eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Die Klage zum FG führte zur Aufhebung des Bescheides und zur Herabsetzung der Körperschaftsteuer.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des FA, das beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Entgegen der Auffassung des FG sei die vorzeitige Rücknahme der Schuldverschreibungen wegen der ihnen beigelegten unpersönlichen Rücknahmeverpflichtung wirtschaftlich einer Hereinnahme zum Zwecke der Tilgung gleichzusetzen. Die vom FG herangezogene höchstrichterliche Rechtsprechung betreffe nur die Einlösung zum Börsenkurs aus Gründen der Kurspflege. Da auch für die Käufer eine vorzeitige Rückgabepflicht bestanden habe, könne der Vorgang nicht anders behandelt werden als die Rückzahlung eines kurzfristigen Darlehens. Die unpersönliche Sonderausstattung habe die Schuldverschreibungen zu Wertpapieren eigener Art, nämlich zu "wirtschaftlichen Kurzläufern" werden lassen (Hinweis auf den Erlaß des Finanzministeriums Niedersachsen vom 12. Dezember 1973 S 2170 - 5 - 31 1, der Betrieb 1974 S. 17).
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Zutreffend hat das FG entschieden, daß die von der Klägerin zurückerworbenen Inhaberschuldverschreibungen weiterhin als Wertpapiere zu bilanzieren waren.
a) Bei Inhaberschuldverschreibungen ist der Bestand des verbrieften Rechts zivilrechtlich an den Besitz des Papiers geknüpft (§ 793 BGB). Die Übertragung des Rechts geschieht nicht durch Übertragung der Forderung, sondern nach sachenrechtlichen Grundsätzen durch Übertragung der Urkunde (§§ 929 ff. BGB). Wegen dieser sachenrechtlichen Verselbständigung führt ein vorübergehendes Zusammentreffen von Gläubiger- und Schuldnerschaft grundsätzlich nicht zum Erlöschen von Forderung und Schuld (vgl. Urteil des RG vom 1. April 1935 IV 179/34, RGZ 147, 233 [243, 244]).
b) Dem folgend entspricht es allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, daß in den Verkehr gebrachte Schuldverschreibungen auch dann unter den "Begebenen Schuldverschreibungen" zu passivieren und unter den "Eigenen Schuldverschreibungen" zu aktivieren sind, wenn sie von der Bank vor der in den Emissionsbedingungen festgelegten Fälligkeit zurückgekauft werden. Selbst dem Treuhänder (§§ 29 f. HBG) vorübergehend zur Verwahrung zurückgegebene Wertpapiere sind in dieser Weise zu bilanzieren (Barlet-Karding-Fleischmann, Hypothekenbankgesetz, 2. Aufl., § 24 Anm. 9; Formblatt des Bundesministeriums der Justiz für den Jahresabschluß der Hypothekenbanken gemäß Verordnung vom 17. Dezember 1968, BGBl I, 1337, i. d. F. vom 27. Mai 1969, BGBl I, 444, Passivposten 1 und Aktivposten 8 sowie die dazu ergangenen Bilanzierungsrichtlinien des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 28. Februar 1969, Bundesanzeiger Nr. 51 vom 14. März 1969). Aus welchen Motiven und zu welchen Bedingungen der Rückkauf erfolgt, ist für diese rechtliche Beurteilung unmaßgeblich, sofern nicht die Absicht, die Schuldverschreibungen wieder zu veräußern, als ausgeschlossen anzusehen ist.
c) An diese Bilanzierungsgrundsätze ist das Steuerrecht gebunden (§ 5 Abs. 1 EStG). Auch steuerrechtlich berührt der Erwerb eigener Inhaberschuldverschreibungen die Selbständigkeit der Wertpapiere nicht, solange diese nicht endgültig aus dem Verkehr gezogen werden und dadurch ihre Existenz verlieren (vgl. z. B. Urteil des RFH vom 30. Januar 1934 I A 156/33, RFHE 36, 191, RStBl 1934, 1010; Urteile des BFH vom 28. Januar 1958 I 15/57 U, BFHE 66, 297, BStBl III 1958, 115; vom 21. August 1961 I 188/60 U, BFHE 74, 65, BStBl III 1962, 27, und vom 26. Juni 1964 III 44/60 U, BFHE 80, 121, BStBl III 1964, 519). Daß eine derartige endgültige Einziehung im Streitfall nicht erfolgt ist, ergibt sich bereits aus der unbestrittenen Tatsache der Wiederbegebung im Folgejahr.
Grundsätzlich hat eine Ausbuchung nur dann zu erfolgen, wenn die Schuldverschreibungen an den Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung übergeben werden. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben die Wertpapiere entgegen der Auffassung des FA in der Regel selbst bei vorheriger Vereinbarung des vorzeitigen Rückkaufs (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 HBG) nicht nur "im Umlauf" (§ 6 Abs. 1 Satz 3 HBG); sie bleiben auch "im Verkehr" (ebenso Barlet-Karding-Fleischmann, a. a. O., § 24 Anm. 8), so daß z. B. für die Wiederbegebung keine neue Genehmigung i. S. von § 795 BGB erforderlich wird. Die Laufzeit der Schuldverschreibungen wird durch eine derartige Vereinbarung nicht berührt. Die Wertpapiere werden nicht zu "Wirtschaftlichen Kurzläufern" mit der Folge der vorzeitigen Schuldtilgung im Zeitpunkt des Rückkaufs.
2. Die zurückerworbenen Schuldverschreibungen sind mit dem unter den Anschaffungskosten liegenden Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 6 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 133 Abs. 3 AKtG 1937). Die Höhe der von der Klägerin zutreffend vorgenommenen Teilwertabschreibung ist unstreitig und rechtlich nicht zu beanstanden.
Fundstellen
Haufe-Index 71672 |
BStBl II 1976, 40 |
BFHE 1976, 34 |