Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zulässigkeit eines Nachschiebens von Gründen bei Ermessensentscheidungen (hier: Widerruf der Bewilligung eines offenen Zollagers).
2. Der Wegfall einer Bewilligungsvoraussetzung kann den Widerruf der Bewilligung eines offenen Zollagers rechtfertigen.
Orientierungssatz
1. Bei Ermessensentscheidungen können andere, bei Erlaß des Verwaltungsakts gegebene Gründe nur durch die Behörde nachgeschoben werden. Ein Nachschieben von Gründen ist zulässig, wenn dadurch die Begründung des Verwaltungsakts bloß verdeutlicht wird. Ein Nachschieben von Gründen ist nicht zulässig, wenn der Verwaltungsakt dadurch eine vollständig neue Begründung erhält.
2. Bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung kann das FG nur die Tatsachen zugrunde legen, die zur Zeit der letzten Verwaltungsentscheidung gegeben waren (vgl. BFH-Rechtsprechung). Eine Berücksichtigung (auch) der Sachlage zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung könnte bei noch nicht vollzogenen Verwaltungsakten sowie bei Dauerverwaltungsakten --wohl nur bei gebundenen Verwaltungsakten-- in Betracht kommen, wenn mit der Anfechtungsklage gegen einen derartigen Verwaltungsakt nicht nur eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit zur Zeit seines Ergehens, sondern auch über die Rechtmäßigkeit seiner Aufrechterhaltung begehrt wird (vgl. BFH-Urteile vom 18.11.1975 VII R 85/74 und vom 4.11.1977 VI R 24/76).
3. Der --rechtsgestaltende-- Widerruf der Bewilligung eines offenen Zollagers ist kein Dauerverwaltungsakt.
4. Das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts ist nicht hinreichend mit dem bloßen Hinweis dargetan, durch eine solche Feststellung werde die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vor ordentlichen Gerichten erleichtert (vgl. BFH-Rechtsprechung). Im Streitfall hatte der Kläger hinreichend substantiiert dargelegt, er beabsichtige, wegen des entstandenen Schadens einen Schadensersatzprozeß gegen die Behörde anhängig zu machen.
Normenkette
AO 1977 § 131 Abs. 2 Nr. 1; FGO §§ 102, 100 Abs. 1 Sätze 1, 4; ZG § 42 Abs. 2, 1 Nr. 2 Buchst. a; AZO § 88 Abs. 4 S. 2; AO 1977 § 121 Abs. 1
Tatbestand
I. Das Hauptzollamt --HZA-- widerrief durch Verfügung vom 16.September 1982 die dem Kläger erteilten Bewilligungen zweier offener Zollager mit der Begründung, der Kläger habe keine ordnungsgemäße Buchführung. Die Bewilligungen seien wegen Fehlens der gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen zu widerrufen. Diese Auffassung wurde von der Beschwerdebehörde geteilt. Mit der Klage wurde geltend gemacht, die Verwaltung habe verkannt, daß der Widerruf der Lagerbewilligungen allgemein in das behördliche Ermessen gestellt sei. Überdies träfen die der Widerrufsverfügung zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen nicht zu.
Das Finanzgericht (FG) sah die Hauptsache als erledigt an, nachdem sich ergeben hatte, daß der Lagerbetrieb des Klägers nicht wieder aufgenommen werden würde, und wies die von ihm für zulässig erachtete Fortsetzungsfeststellungsklage nach Durchführung einer Beweisaufnahme ab. Es führte aus, es könne offenbleiben, ob eine ordnungsgemäße Ermessensausübung durch das HZA vorliege oder ob mit dem Kläger eine Ermessensunterschreitung anzunehmen sei. Auch wenn der Fortfall der Bewilligungsvoraussetzungen den Widerruf nicht in jedem Falle rechtfertigen sollte, so seien im Streitfalle besondere Verhältnisse gegeben, die den Widerruf zwingend geboten erscheinen ließen. Denn durch die von dem als Zeugen vernommenen Zollbeamten am 7.September 1982 beobachtete Übergabe von unverzollten und unversteuerten Zigaretten durch den Kläger an eine nichtberechtigte Person sei offenkundig geworden, daß es sich bei den festgestellten Buchführungsverstößen nicht nur um formale Verletzungen der Buchführungsvorschriften gehandelt habe. Ein unzulässiges Nachschieben einer Begründung liege nicht vor, denn diese Umstände seien dem Kläger bekannt gewesen und hätten nicht angegeben werden müssen.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, das HZA habe erst im finanzgerichtlichen Verfahren darzustellen versucht, es habe eine Ermessensabwägung stattgefunden, doch sei infolge einer Ermessenseinengung nur der Widerruf in Betracht gekommen. Diese --unrichtige-- Darstellung sei erfolgt, nachdem das HZA erkannt habe, daß nach Auffassung des FG der Fortfall der Bewilligungsvoraussetzungen nicht in jedem Falle zum Widerruf führen müsse. Den Vorgang am 7.September 1982 erwähne die Widerrufsverfügung nicht; auch die Beschwerdeentscheidung lasse keine Anhaltspunkte dafür erkennen, daß das HZA den Vorfall habe berücksichtigen wollen. Nach dem erkennbaren Willen des HZA sei er gerade nicht zur Begründung herangezogen worden. Hier werde dieser Grund unzulässig nachgeschoben. Die Vorgänge seien auch keineswegs so klar und offensichtlich, daß die entsprechende Begründung entfallen könne. Auch eine Ermessenseinengung sei nicht anzunehmen.
Das HZA trägt vor, im Rahmen der Ermessensanwendung seien erhebliche Mängel der Buchführung des Klägers berücksichtigt worden, Mängel, die dieser trotz wiederholter Zusagen nicht abgestellt habe; dadurch und durch wahrheitswidrige Angaben über die versprochene Nachholung von Eintragungen habe der Kläger das in ihn gesetzte Vertrauen gestört, schließlich zerstört. Damit seien die Ermessensgrenzen derart eingeengt worden, daß der Widerruf die einzig richtige Entscheidung gewesen sei. Der Vorgang vom 7.September 1982 sei nur deshalb in die Ermessensentscheidung nicht einbezogen worden, weil zu diesem Zeitpunkt die Ermittlungen der Zollfahndung noch nicht abgeschlossen gewesen seien. Dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vorgetragene Umstand habe im Urteil berücksichtigt werden dürfen, weil der Schmuggel schon vor dem Widerruf stattgefunden und die Widerrufsverfügung durch seine Berücksichtigung in ihrem Wesen keine Änderung erfahren habe.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat über die Fortsetzungsfeststellungsklage entschieden, für die es ein berechtigtes Interesse des Klägers wegen dessen Vorhabens für gegeben hielt, Schadensersatzansprüche gegen die Verwaltung geltend zu machen (§ 100 Abs.1 Satz 4 FGO; vgl. Senat, Urteil vom 18.Mai 1976 VII R 108/73, BFHE 119, 26, 30, BStBl II 1976, 566). Für sich betrachtet könnten Zweifel bestehen, ob die Feststellungsklage zulässig ist. Denn ein berechtigtes Interesse ist nicht hinreichend mit dem bloßen Hinweis dargetan, durch eine Feststellung werde die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vor den ordentlichen Gerichten erleichtert (Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 30.Juli 1975 I R 153/73, BFHE 116, 459, BStBl II 1975, 857; vgl. auch Senat in BFHE 119, 26, 30, BStBl II 1976, 566). Das FG hat jedoch ausgeführt, der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung --am 26.September 1984, also vor einer Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche-- hinreichend substantiiert dargelegt, er beabsichtige, wegen des entstandenen Schadens einen Schadensersatzprozeß gegen die Behörde anhängig zu machen. Der Senat geht demgemäß davon aus, daß die Absicht des Klägers erkennbar und nicht auf die Durchführung eines offensichtlich aussichtslosen Verfahrens gerichtet war.
Das FG hat die Klageabweisung auf einen Grund gestützt, der nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, und keine Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung ermöglichten, ob die Entscheidung sich aus anderen Gründen halten läßt (vgl. § 126 Abs.4 FGO).
1. Streitig ist --nur noch im Rahmen der Feststellungsklage-- die Rechtmäßigkeit des Widerrufs dem Kläger erteilter Bewilligungen --begünstigender Verwaltungsakte-- für offene Zollager (§ 42 Abs.2, Abs.1 Nr.2 Buchst.a des Zollgesetzes --ZG--), deren Widerruf durch Rechtsvorschrift (§ 88 Abs.4 Satz 2 der Allgemeinen Zollordnung --AZO--) zugelassen ist. Rechtsgrundlage des Widerrufs ist § 131 Abs.2 Nr.1 der Abgabenordnung (AO 1977); die Ausnutzung des Widerrufsvorbehalts in Anwendung dieser Vorschrift ist Ermessensausübung (Senat, Urteil vom 16.Juli 1985 VII R 31/81, BFHE 144, 189 f.). Bei der gerichtlichen Entscheidung über die Widerrufsverfügung kann nur geprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 FGO). Hiervon ist --zutreffend-- auch das FG ausgegangen. Es hat jedoch dadurch, daß es seine Entscheidung ausschließlich auf einen "nachgeschobenen" Grund gestützt hat, die der gerichtlichen Ermessenskontrolle gezogenen Grenzen überschritten.
Bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung kann das FG nur die Tatsachen zugrunde legen, die zur Zeit der letzten Verwaltungsentscheidung gegeben waren (Senat, Urteile vom 1.Juli 1981 VII R 84/80, BFHE 134, 79, 87, BStBl II 1981, 740, und vom 29.Juli 1981 VII R 27/79, BFHE 135, 95, 101; ständige Rechtsprechung; vgl. ferner Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, 15.Aufl. 1987, § 100 FGO Bem.1 a). Eine Berücksichtigung (auch) der Sachlage zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung könnte bei noch nicht vollzogenen Verwaltungsakten sowie bei Dauerverwaltungsakten --wohl nur gebundenen Verwaltungsakten-- in Betracht kommen, wenn mit der Anfechtungsklage gegen einen derartigen Verwaltungsakt nicht nur eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit zur Zeit seines Ergehens, sondern auch über die Rechtmäßigkeit seiner Aufrechterhaltung begehrt wird (vgl. die Hinweise im Senatsurteil vom 18.November 1975 VII R 85/74, BFHE 117, 430, 433, BStBl II 1976, 257; siehe auch BFH, Urteil vom 4.November 1977 VI R 24/76, BFHE 123, 495, 498, BStBl II 1978, 61). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor; insbesondere ist der --rechtsgestaltende-- Widerruf der Lagerbewilligungen kein Dauerverwaltungsakt (ebenso hinsichtlich der Entziehung einer Erlaubnis Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Urteil vom 18.Oktober 1979 5 C 12.79, BVerwGE 59, 5, 7).
Im Streitfalle ist der Widerruf --nur-- wegen Fehlens der Bewilligungsvoraussetzung ordnungsgemäßer Führung kaufmännischer Bücher, nicht wegen einer verbotswidrigen Abgabe unversteuerten und unverzollten Reisebedarfs (vgl. § 145 Abs.4 AZO) oder einer (später) nicht angemeldeten Entnahme erfolgt. Der Vorfall vom 7.September 1982 war dem HZA zur Zeit des Widerrufs zwar bekannt, ist von ihm jedoch, wie es selbst erklärt hat, in die Ermessensentscheidung nicht einbezogen worden. Mit einer Berufung auf diesen Vorfall wird nicht etwa, was zulässig wäre (Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, 8.Aufl. 1980, § 113 Rdnr.20; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 28.Februar 1975 IV C 30.73, BVerwGE 48, 81, 84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1975, 464, und vom 17.März 1981 1 C 6.77, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 402.24, § 10 AuslG Nr.80, HFR 1983, 296), die Begründung der Widerrufsverfügung bloß verdeutlicht. Denn es besteht kein ohne weiteres ersichtlicher Zusammenhang mit den Versäumnissen betreffend die Buchführung 1981/1982, die das HZA als Widerrufsgründe angeführt hat.
Die Frage, ob und inwieweit im übrigen --außer einer nachträglichen Konkretisierung der Widerrufsgründe-- bei Ermessensentscheidungen andere, bei Erlaß des Verwaltungsakts gegebene Gründe nachgeschoben werden können, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Übereinstimmung besteht darin, daß es jedenfalls eines Nachschiebens durch die Behörde bedarf, daß nicht etwa das Gericht aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren, die behördliche Ermessensentscheidung im Ergebnis aufrechterhalten darf (vgl. z.B. BVerwG, Urteil in HFR 1983, 296, sowie Urteil vom 21.Oktober 1960 IV C 68.60, BVerwGE 11, 170 f.; BFH, Urteile vom 5.Mai 1977 IV R 116/75, BFHE 122, 283, 285, BStBl II 1977, 639, und BFHE 135, 95, 101). Auch wenn davon ausgegangen wird, daß das HZA den auf den Vorfall am 7.September 1982 gestützten Widerrufsgrund nachgeschoben hat, konnte dieser Grund vom FG bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt werden. Das gilt jedenfalls, wenn der Auffassung zu folgen wäre, daß bei Ermessensentscheidungen ein Nachschieben von Gründen überhaupt nicht möglich ist (vgl. Eyermann/Fröhler, a.a.O.; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 1977, § 102 Anm.8; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12.Aufl., § 102 FGO Tz.2, vorletzter Absatz), jedoch auch dann, wenn die Möglichkeit des Nachschiebens unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt würde. Denn zu diesen Voraussetzungen gehört, daß durch das Nachschieben von Gründen, die schon bei Ergehen der Verwaltungsentscheidung vorlagen, dieser Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen geändert und der Kläger nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.November 1958 V C 32.56, BVerwGE 8, 46, 54; vom 28.April 1966 II C 68.63, Buchholz, 232, § 26 BBG Nr.6, und vom 19.August 1982 3 C 47.81, Buchholz, 418.02, Tierärzte Nr.2; weitergehend möglicherweise List in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8.Aufl., § 100 FGO Anm.8). Durch das Abstellen auf den Vorfall am 7.September 1982 würde der Widerruf der Lagerbewilligungen in seinem Wesen geändert. Dieser Vorfall hat ein anderes Gewicht als die dem Kläger in der Widerrufsverfügung vorgeworfenen Buchführungsmängel. Unmittelbare Bedeutung könnte er bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Klägers erlangen, nicht dagegen bei der --weiteren-- Bewilligungsvoraussetzung ordnungsgemäßer kaufmännischer Buchführung. Unter diesen Umständen stellt die Berufung auf diesen Grund eine vollständig neue Begründung der Ermessensentscheidung dar. Sie durfte im finanzgerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden.
2. Die Vorentscheidung beruht darauf, daß das FG den nachgeschobenen Grund anerkannt und aus ihm die Klage abgewiesen hat. Da dieser Grund bei der Ermessenskontrolle nicht berücksichtigt werden konnte, entfällt die Grundlage der Vorentscheidung. Sie stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
3. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung der Sache wird das FG zunächst zu prüfen haben, ob ein berechtigtes Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung noch zu bejahen ist (oben vor Nr.1). Es wird ggf. ferner beachten müssen, daß die in den Verwaltungsentscheidungen enthaltene Erwägung, die Bewilligungen seien wegen Fehlens einer gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzung zu widerrufen, nichts für die Annahme hergibt, die Verwaltung habe verkannt, daß der Widerruf in ihr Ermessen gestellt ist (Fall der Ermessensunterschreitung). Sie läßt nur erkennen, daß die Verwaltung im Streitfalle den Widerruf für geboten hielt, weil nach ihrer Ansicht die Bewilligungsvoraussetzung ordnungsgemäßer kaufmännischer Buchführung in der Person des Klägers nicht mehr erfüllt war. Wenn die Annahme, von der die Verwaltung ausgegangen ist (Nichtvorliegen der Buchführungsunterlagen 1981 und 1982 trotz Anmahnung), zutreffend sein sollte, wäre der Widerruf nicht ermessensfehlerhaft. Denn es ist jedenfalls grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Wegfall einer Bewilligungsvoraussetzung als Grund für einen Widerruf der Bewilligung gewertet wird (vgl. für den Widerruf der Bewilligung eines Zolleigenlagers nach früherem Zollrecht wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit des Lagerinhabers und schweren Mängeln der Buchführung n.v. Urteil des Senats vom 22.Mai 1968 VII 17/63, inhaltlich wiedergegeben in "Die Außenwirtschaft" 1968, 1036; in gleichem Sinne wohl Bail/Schädel/Hutter, Zollrecht, B/42-46 Rz.3). Liegen Mängel vor, die die ordnungsgemäße kaufmännische Buchführung (vgl. § 145 Abs.2, § 146 AO 1977) in Frage stellen, so kann die Bewilligung eines Zollagers ermessensfehlerfrei versagt bzw. widerrufen werden. Das gilt vor allem für die Bewilligung eines offenen Zollagers, aus dem Waren ohne zollamtliche Mitwirkung entnommen werden dürfen, also bei einem Zollager, dessen im Interesse der Sicherung des Abgabenaufkommens gebotene Überwachung in besonderem Maße auf eine ordnungsgemäße Buchführung angewiesen ist. In besonderen Fällen, etwa, wenn sich herausstellt, daß der Lagerinhaber nicht (mehr) vertrauenswürdig ist oder daß besonders schwerwiegende Buchführungsmängel vorliegen, kann sogar nur eine Entscheidung --Widerruf der Bewilligung-- ermessensgerecht sein (Fall der Ermessenseinengung). Mängel von der Art, wie sie das HZA in der Widerrufsverfügung angeführt hat, könnten die zollamtliche Lagerüberwachung, u.a. auch eine Überprüfung der Lageranschreibungen (vgl. § 98 Abs.1 AZO und dazu die Dienstanweisung in Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung --VSF-- Z 1301 Abs.91, Abs.92 Satz 1 und 2), so ernstlich gefährden, daß keine andere Entscheidung als der Widerruf in Betracht kommt. Selbst wenn das aber im Gegensatz zur Auffassung der Verwaltung zu verneinen wäre, bliebe ein solcher Grund bei der Ermessenskontrolle berücksichtigungsfähig. Denn er könnte eine Widerrufsentscheidung tragen, und es wäre davon auszugehen, daß die Verwaltung, die sich ihrer Ermessensbefugnis bewußt war, sich auf ihn auch berufen hätte, wenn sie nicht von einer Ermessenseinengung ausgegangen wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 61594 |
BStBl II 1988, 364 |
BFHE 152, 289 |
BFHE 1988, 289 |
HFR 1988, 324 (LT1-2) |
WPg 1988, 373-373 |
StRK, R. 3 (LT1-2) |