Entscheidungsstichwort (Thema)
Pensionspferdehaltung als gewerbliche Tierhaltung
Leitsatz (NV)
Das Ausgleichsverbot für Verluste aus gewerblicher Tierhaltung findet auf die Pensionspferdehaltung einer KG nur Anwendung, wenn eine ausreichende Futtergrundlage nicht vorhanden ist.
Normenkette
EStG 1975 § 15 Abs. 2, § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betrieb in den Streitjahren einen Reiterhof mit Reithalle und durchschnittlich drei eigenen Pferden und Pensionspferden; dazu gehörte ein Hotel mit Gaststätte. Bis zum 30. September 1979 hatte die Klägerin einen Reitlehrer angestellt, der danach für die Klägerin selbständig tätig war. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren sowohl aus dem Hotel- und Gaststättenbetrieb als auch aus dem Reiterhof nur Verluste.
Nach einer Betriebsprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) geänderte Feststellungsbescheide, mit denen u. a. die durch den Reiterhof erzielten Verluste als Verluste aus gewerblicher Tierzucht bei der Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb nicht berücksichtigt wurden.
Nach insoweit erfolglosem Vorverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit der Begründung teilweise statt, die Pferdehaltung sei gewerblich, solange ein angestellter Reitlehrer beschäftigt gewesen sei. Mit der Verpachtung an den Reitlehrer am 1. Oktober 1979 lägen andere Verhältnisse vor, die auch eine andere rechtliche Beurteilung erforderten. Aus diesem Grunde seien die geltend gemachten Verluste jeweils nur zu Hälfte anzusetzen.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Klägerin, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben, als es die Verluste aus der Pferdehaltung betrifft. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat die Anwendung des Ausgleichs- und Abzugsverbots für Verluste aus gewerblicher Tierhaltung des Reiterhofs zu Unrecht allein von den Besonderheiten des Streitfalles bei der Erteilung des Reitunterrichts abhängig gemacht. Dies ist zwar ein Gesichtspunkt, der nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) u. a. für die Beurteilung maßgebend sein kann, ob eine Pferdehaltung landwirtschaftlich oder gewerblich ist (vgl. etwa BFH-Urteile vom 16. Juli 1987 V R 22/78, BFHE 151, 204, BStBl II 1988, 83; vom 23. September 1988 III R 182/84, BFHE 154, 364, BStBl II 1989, 111, und vom 24. Januar 1989 VIII R 91/83, BFHE 156, 121, BStBl II 1989, 41 a. E.). Als Kommanditgesellschaft, die zugleich gewerblich tätig war, hat die Klägerin jedoch auch mit ihrer Pferdehaltung gewerbliche Einkünfte erzielt (§ 15 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 i. V. m. § 52 Abs. 18 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Für die Frage, ob das Verlustausgleichs- und Verlustabzugsverbot des § 15 Abs. 2 EStG 1975 eingreift, ist vielmehr entscheidend auf das Vorhandensein landwirtschaftlicher Nutzflächen abzustellen.
Der Senat hat den Begriff der gewerblichen Tierzucht oder Tierhaltung i. S. des § 15 Abs. 2 EStG 1975 (jetzt § 15 Abs. 4 EStG) dem Gesetzeszweck gemäß restriktiv ausgelegt (Urteile vom 4. Oktober 1984 IV R 195/83, BFHE 142, 272, BStBl II 1985, 133, und vom 1. Februar 1990 IV R 45/89, BFHE 159, 475, BStBl II 1991, 625). Danach sind die Verluste einer Personenhandelsgesellschaft aus Tierzucht oder Tierhaltung nicht schon deshalb Verluste i. S. des § 15 Abs. 2 EStG 1975, weil die Einkünfte aus dieser Gesellschaft, die im übrigen auch ein gewerbliches Unternehmen betreibt, insgesamt als gewerbliche Einkünfte zu behandeln sind. Allein maßgebend ist vielmehr, ob die nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG für eine landwirtschaftliche Tierzucht oder Tierhaltung erforderlichen landwirtschaftlichen Nutzflächen vorhanden sind. Denn nur bei ausreichender Futtergrundlage ist die Tierzucht oder Tierhaltung noch als planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von Pflanzen und Tieren und damit als Landwirtschaft zu beurteilen (BFH-Urteil vom 16. November 1978 IV R 191/74, BFHE 126, 220, BStBl II 1979, 246, m. w. N.).
Das Erfordernis ausreichender landwirtschaftlicher Nutzflächen ist allerdings entbehrlich, wenn einer Tierhaltung innerhalb eines Unternehmens eine ganz untergeordnete und den Charakter des Betriebes nicht prägende Bedeutung zukommt; in diesem Fall liegt eine gewerbliche Tierhaltung i. S. des § 15 Abs. 2 EStG 1976 nicht vor (vgl. Leingärtner / Zaisch, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 2. Aufl. 1991, S. 81 f., Rdnr. 200, unter Hinweis auf die Pferdehaltung einer Reitschule). Mit einer neben der Reitschule betriebenen Pensionspferdehaltung wird diese Grenze jedoch überschritten. Die Pferdehaltung ist dann weder untergeordneter Nebenzweck noch von untergeordneter Bedeutung.
Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Das FG hat zwar festgestellt, daß die Klägerin im Durchschnitt drei eigene Pferde gehalten und daneben eine Pensionsvermietung betrieben hat. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin in den Streitjahren über eine ausreichende Futtergrundlage verfügt hat. Diese Feststellungen hat das FG nachzuholen. Überschreiten die Tierbestände in den Streitjahren die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG i. V. m. § 51 des Bewertungsgesetzes genannten Grenzen für eine pflanzliche Futtergrundlage, so sind die auf die Pferdehaltung entfallenden Verluste solche nach § 15 Abs. 2 EStG 1975. Das FG wird dabei insbesondere beachten, daß zur Bestimmung der Tierbestände neben den eigenen Pferden der Klägerin auch die Pensionspferde zu berücksichtigen sind.
Denn auch das Unterstellen und Füttern fremder Tiere gegen Entgelt ist regelmäßig als Tierhaltung i. S. des § 13 EStG anzusehen (BFH-Urteile in BFHE 126, 220, BStBl II 1979, 246; in BFHE 154, 364, BStBl II 1989, 111, und in BFHE 151, 204, BStBl II 1988, 83 zu § 25 des Umsatzsteuergesetzes 1967).
Fundstellen
Haufe-Index 418367 |
BFH/NV 1992, 655 |