Entscheidungsstichwort (Thema)
Schriftform der Anordnung zur Nachreichung der Vollmacht
Leitsatz (NV)
Bei der Anordnung zur Nachreichung der Vollmacht (§62 Abs. 3 Satz 3 FGO) müssen die Urschrift und die den Beteiligten zugestellte beglaubigte Abschrift der Anordnung übereinstimmen.
Normenkette
FGO § 53 Abs. 1, § 62 Abs. 3
Tatbestand
Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erhob in deren Namen Klage wegen Verspätungszuschlägen zur Umsatzsteuer; dabei versprach er, die Vollmacht nachzureichen. Nachdem die Vollmacht ausgeblieben war, setzte ihm der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) eine Frist zur Vorlage der Prozeßvollmacht bis zum 25. Juni 1996. Die Fristsetzung sollte ausschließende Wirkung haben und auf §62 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) beruhen; sie wurde am 21. Mai 1996 vom Berichterstatter verfügt und unterschrieben. Die dem Prozeßbevollmächtigten zugestellte beglaubigte Ausfertigung enthält außer dem vom Berichterstatter verfügten Text noch folgenden Hinweis:
"Es wird weiter darauf hingewiesen, daß Schriftstücke, die lediglich einen durch technische Übertragungsverfahren hergestellten Abdruck der Originalurkunde darstellen (Telefaxe, Fotokopien), nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht geeignet sind, die Erteilung der schriftlichen Vollmacht nachzuweisen. Das Einreichen solcher Schriftstücke kann die gesetzte Ausschlußfrist nicht wahren."
Am 25. Juni 1996 (letzter Tag der gesetzten Frist) ging beim FG eine Telekopie und am 26. Juni 1996 das Original der Prozeßvollmacht ein.
Das FG wies daraufhin die Klage wegen verspäteter Vorlage der Vollmacht als unzulässig ab. Es hielt die Fristsetzung für wirksam, da der von der Unterschrift des Berichterstatters nicht gedeckte Hinweis, die Vollmacht sei in Urschrift vorzulegen, entbehrlich gewesen sei; er ergebe sich bereits aus der Formulierung des §62 Abs. 3 FGO.
Die vom Senat zugelassene Revision stützt die Klägerin auf einen Verfahrensmangel; sie beantragt, die Vorentscheidung wegen fehlerhafter Anwendung des §62 Abs. 3 FGO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Beide Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Der von der Klägerin gerügte Verfahrensfehler liegt vor.
Nach §62 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen (§62 Abs. 3 Satz 2 FGO). Die Vollmacht kann nachgereicht werden; hierfür kann der Vorsitzende oder Berichterstatter eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen (§62 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die Anordnung nach §62 Abs. 3 Satz 3 FGO muß -- ähnlich wie ein Urteil oder Beschluß -- ihren Urheber erkennen lassen; sie muß vom zuständigen Richter unterschrieben werden und den Text der Fristsetzung enthalten. Die Urschrift und die den Beteiligten zugestellte (§53 Abs. 1 FGO) beglaubigte Abschrift der Anordnung müssen übereinstimmen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. November 1987 I R 15/84, BFH/NV 1989, 41; vom 14. April 1983 V R 4/80, BFHE 138, 21, BStBl II 1983, 421, und vom 26. August 1982 IV R 31/82, BFHE 136, 351, BStBl II 1983, 23); die Abschrift muß durch die Unterschrift des Richters gedeckt sein (vgl. für Urteilsausfertigung BFH-Zwischenurteil vom 7. Juli 1976 I R 242/75, BFHE 120, 7, BStBl II 1976, 787).
Im Streitfall stimmen Ur- und Abschrift nicht überein. Die dem Prozeßvertreter der Klägerin übersandte Ausfertigung der Anordnung nach §62 Abs. 3 Satz 3 FGO war durch die Unterschrift des Richters nicht voll gedeckt. Sie entsprach deshalb nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine derartige Anordnung stellt.
Dieser Verfahrensmangel führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Fundstellen