Entscheidungsstichwort (Thema)
GbR
Leitsatz (amtlich)
Veräußern Gesellschafter bürgerlichen Rechts, die fälschlich als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind, ihre Gesellschaftsanteile an einen Dritten, so kann dieser das Eigentum an dem Grundstück nicht aufgrund des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs erwerben.
Normenkette
BGB §§ 892, 719
Tatbestand
Der Vater des Klägers war Eigentümer eines 8, 62 ar großen Grundstücks in G. G.. Er wurde von der Mutter und den Kindern beerbt. Einige der Kinder wurden auch Erben der Mutter. Am 11. März 1994 setzten sich die Geschwister dahin auseinander, daß das Grundstück dem Kläger zugewiesen wurde. Die Auflassung an ihn ist erfolgt, ihrem Vollzug steht noch die Eintragung der Beklagten als Eigentümer im Grundbuch entgegen.
Das Grundstück war 1963 unter "vorläufige Verwaltung durch den Rat der Gemeinde gemäß § 6 der Verordnung vom 17. Juli 1952 " gestellt worden. Am 2. Mai 1991 beschloß der Gemeinderat von G. G., volkseigene Grundstücke zum Verkehrswert für Wohnzwecke zu veräußern. Dabei sollten "Bürger mit bestehenden Miet- oder Pachtverträgen sowie Antragsteller der Gemeinde" ein Vorkaufsrecht haben.
Mit notariellem Vertrag vom 19. November 1991 verkaufte die Gemeinde, vertreten durch die Bürgermeisterin, das Grundstück an die damaligen Nutzer, die Eheleute R. zum Preis von 74.994 DM. Die Auflassung wurde erklärt, eine Vormerkung zugunsten der Eheleute wurde in das Grundbuch eingetragen. Am 5. März 1992 verschenkten die Eheleute das Grundstück an eine eigens gegründete Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Gesellschaftern H. und Hi. Die Auflassung wurde erklärt, Eheleute R. traten den Anspruch auf Eigentumsverschaffung gegen die Gemeinde an die Gesellschaft ab. Mit notariellem Vertrag vom 1. April 1992 verkauften die Gesellschafter ihre Anteile a der Gesellschaft, deren Vermögen allein in dem Grundstück bestand, an die Beklagten zum Preis von 360.000 DM. H. und Hi. wurden am 7. Oktober 1992, die Beklagten im Wege der Berichtigung am 13. Januar 1993, jeweils als Gesellschafter bürgerlichen Rechts, in Abteilung I des Grundbuchs eingetragen.
Der Kläger hat behauptet, das Grundstück sei unter Umgehung des Beschlusses des Gemeinderats zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Preis verschleudert worden. Die Übereignungen seien deshalb nichtig. Er hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, der Berichtigung des Grundbuchs zu seinen Gunsten zuzustimmen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen und die Anschlußberufung des Klägers, mit der er die Berichtigung zugunsten einer Erbengemeinschaft, bestehend aus ihm und seinen Geschwistern verlangte, zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche aus dem Berufungsrechtszug fort. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht meint, die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts habe "Eigentum an dem Grundstück von der Erbengemeinschaft... erlangt, weil sie von den Vormerkungsberechtigten (scil. Eheleuten R.) diese Rechtsposition erlangt hat und am 7. Oktober 1992 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden ist". Danach hätte die Gesellschaft indessen nur Inhaberin des Anspruchs der Eheleute gegen die Gemeinde auf Eigentumsverschaffung und der, allerdings erst später in das Grundbuch eingetragenen, Vormerkung werden können. Das Eigentum der beiden Erbengemeinschaften, nach dem Vater und nach der Mutter des Klägers, wäre hierdurch nicht berührt worden. Damit entfällt die Grundlage des Berufungsurteils.
II.
Dieses kann auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten bleiben.
1.
Die Auflassung des Grundstücks an die Eheleute R. durch die nach §§ 11, 15 VermG verfügungsbefugt gewesene Gemeinde hatte keine Auswirkung auf das Eigentum der Erben. Denn die war nicht durch Eintragung der Erwerber in das Grundbuch vollzogen worden (§ 873 BGB).
Die Weiterauflassung des Grundstücks durch die Eheleute an die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts war unwirksam, da die Veräußerer nicht Inhaber des aufgelassenen Rechts und auch nicht im Grundbuch als solche eingetragen waren; sie haben das Recht auch nicht mit Zustimmung der Gemeinde auf die Gesellschaft übertragen (§ 185 BGB).
a)
Die Revision hebt auf Vortrag des Klägers ab, wonach das Grundstück, das mehr als 1 Million DM wert gewesen sei, an H. und Hi. habe verschoben werden sollen. Die Eheleute R. , denen der an die Gemeinde gezahlte Kaufpreis von den Gesellschaftern ersetzt worden sei, hätten nicht die Absicht gehabt, der im Vertrag mit der Gemeinde übernommenen Pflicht, das Grundstück mit einem Eigenheim zu bebauen, auch nachzukommen. Die mit H. befreundete Bürgermeisterin sei eingeweiht gewesen.
Träfe dies zu, wäre nicht nur der Kaufvertrag der Gemeinde mit den Eheleuten, sondern auch die an diese erklärte Auflassung nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB). Die Sittenwidrigkeit träte gerade in der zweckwidrigen und öffentlich verwaltetes Vermögen verschleudernden Herauslösung des Grundstücks aus dem verwalteten Eigentum zutage (zum sittenwidrigen Verfügungsgeschäft vgl. Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 138 Rdn. 50 ff m.w.N.). In der Auflassung läge mithin auch keine rechtlich beachtliche Ermächtigung der Eheleute zur Weiterverfügung.
b)
War die Bürgermeisterin, wovon das Berufungsgericht das den Vortrag des Klägers als unsubstantiiert (Wertverhältnisse) bzw. nicht nachvollziehbar (Kenntnis der Bürgermeisterin) bezeichnet - ausgeht, redlich, ist das Ergebnis kein anderes. Allerdings entspricht es der vorherrschenden Meinung, daß in der Auflassung für den Empfänger regelmäßig die Ermächtigung liegt, als Nichtberechtigter über das Grundstück zu verfügen (vgl. z.B. RGZ 89, 152, 157; 129, 15O, 153; 135, 378, 382; BGHZ 106, 108, 112). Dies ist aber eine Frage der Auslegung, welche im allgemeinen davon ausgehen kann, daß es dem Willen des Auflassenden nicht widerspricht, wenn für den Fall der Weiterveräußerung der Umweg der Zwischeneintragung des Auflassungsempfängers vermieden wird. Sofern sich aus den Umständen anderes ergibt, etwa weil die Rechtsstellung des Auflassenden durch die Weiterauflassung berührt würde, kann dies nicht gelten (vgl. RGZ 129, 150, 153; KG JFG 2, 316, 318 ff; BayObLG NJW 1971, 514; OLG Düsseldorf, OLGZ 198O, S. 343).
So lägen die Dinge hier:
In dem Vertrag vom 19. November 1991 mit den Eheleuten R. war der Gemeinde für den Fall der unberechtigten Weiterveräußerung an einen Dritten das Recht eingeräumt, die Rückauflassung zu verlangen. Dieses Recht bestand bis 31. Dezember 1994 und sollte durch eine Rückauflassungsvormerkung gesichert werden. Diese wurde, wie der von den Beklagten vorgelegte Grundbuchauszug ausweist, nicht in das Grundbuch eingetragen.
Eine Weiterveräußerung des Grundstücks in unbebautem Zustand wäre der vertraglichen Zweckbestimmung zuwidergelaufen. Es kann, selbst wenn die Sicherung des Rückerwerbsrechts - wie nicht - eingetreten gewesen wäre, nicht davon ausgegangen werden, daß die Gemeinde hierzu ihre Hand geliehen hätte. Schon gar nicht kann ihre Bereitschaft, die Weiterveräußerung durch ihre Zustimmung zu ermöglichen, für einen Zeitpunkt unterstellt werden, zu dem der Vorrang der Rückauflassungsvormerkung gegenüber dem Eigentum des Zweiterwerbers noch nicht gesichert war.
Mit der Gegenrüge, bei der Auslegung müsse dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die Gemeinde von dem Rückerwerbsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, drängen die Beklagten nicht durch. Für die Auslegung, wie die Eheleute R. - als Empfänger der Auflassungserklärung der Gemeinde diese verstehen mußten, können erst nach deren Zugang eingetretene Umstände nicht berücksichtigt werden (Senatsurt. v. 24. Juni 1988, V ZR 49/87, NJW 1988, 2878). Zudem hätte ein Rückauflassungsverlangen der Gemeinde wegen der fehlenden dinglichen Absicherung nicht die Möglichkeit eröffnet, der Zweckverfehlung abzuhelfen. Sein Unterbleiben könnte mithin keine Grundlage für Schlußfolgerungen im Sinne der Beklagten abgeben.
2.
Ein gutgläubiger Erwerb der Beklagten gemäß § 892 BGB kommt nicht in Betracht. Aus dem Umstand, daß die vormaligen Gesellschafter H. und Hi. noch vor Eintragung der Beklagten ihrerseits als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurden, kann sich dieser nicht ergeben.
§ 892 BGB schützt nur den guten Glauben im rechtsgeschäftlichen Grundstücksverkehr, worunter der Erwerb von Gesellschafteranteilen einer BGB-Gesellschaft auch dann nicht zu fassen ist, wenn deren Vermögen ausschließlich in einem Grundstück besteht.
Gegenstand der Anteilsveräußerung ist nach heute herrschender Meinung nicht das Gesamthandsvermögen oder eine hieran bestehende Beteiligung, sondern die Mitgliedschaft als solche (vgl. BGHZ 71, 296, 299; 81, 82, 84). Besteht wie im vorliegenden Fall - das Gesellschaftsvermögen aus einem Grundstück, so stellt der Erwerb oder Verlust der (gesamthänderischen) Mitberechtigung hieran nur eine gesetzliche Folge des Erwerbes bzw. Verlusts der Mitgliedschaft dar.
3.
Die Beklagten können dem Berichtigungsbegehren keinen gegen die Erben gerichteten Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem streitigen Grundstück entgegensetzen. Die Gemeinde ist bei dem Verkauf an die Eheleute R. im eigenen Namen als "eingetragene Eigentümerin" aufgetreten. Auch wenn, wovon vorstehend zugunsten der Beklagten ausgegangen wurde, dies einer Verfügung über das Grundstück als Verwalterin nach dem Vermögensgesetz nicht entgegenstand, ist eine Pflicht der Erben zur Eigentumsverschaffung durch den Vertrag vom 19. November 1991 nicht begründet worden. Durch die Abtretung der Rechte aus diesem Vertrag konnten die Beklagten mithin keinen Anspruch gegen die Erben erwerben.
4.
Berichtigung zu seinen Gunsten kann der Kläger allerdings nicht verlangen, da der Eigentumserwerb aufgrund des Auseinandersetzungsvertrags vom 11. März 1994 noch nicht abgeschlossen ist. Wohl aber ist er als Miterbe befugt, das Recht der Erbengemeinschaften auf Berichtigung des Grundbuchs geltend zu machen (§§ 2039, 894 BGB; BGHZ 44, 367).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1456452 |
NJW 1997, 860 |
ZIP 1997, 244 |
DNotZ 1998, 741 |
MDR 1997, 341 |