Rn 21
Von der Entstehung des Anspruchs (Rn. 19) ist dessen Ausübung bzw. Durchsetzung zu unterscheiden. Ob der Insolvenzverwalter den Anfechtungsanspruch durchsetzt oder nicht, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Unterlässt der Insolvenzverwalter jedoch pflichtwidrig die Insolvenzanfechtung, so haftet er. Für die Erklärung der Anfechtung genügt jede formlose, aber erkennbare Willensäußerung, die Gläubigerbenachteiligung nicht hinnehmen und die Masse wieder herstellen zu wollen. Dabei müssen die einzelnen Anfechtungstatbestände nicht dargelegt werden. Die Anfechtung muss also als solche nicht ausdrücklich "erklärt" werden.
2.6.1 Formen der Geltendmachung
Rn 22
Grundsätzlich wird der Rückgewähranspruch vom Insolvenzverwalter in Form des Erfüllungsverlangens geltend gemacht. Dafür genügt – auch konkludente – Äußerung, dass der Insolvenzverwalter (bzw. sonstige Berechtigte, Rn. 15) die Gläubigerbenachteiligung nicht hinnimmt. Leistet der Anfechtungsgegner nicht freiwillig, hat der Insolvenzverwalter den Anspruch im Klagewege durchzusetzen (siehe unten Rn. 108 ff.). Ausnahmsweise stehen dem Insolvenzverwalter aber auch andere Möglichkeiten der Anspruchsdurchsetzung zur Verfügung (siehe auch unten Rn. 35 ff.). Ist eine gegenständliche Rückführung des anfechtbar zugewandten Vermögenswerts nicht erforderlich, um die Wiederherstellung der Insolvenzmasse zu realisieren, beispielsweise weil es um die Abwehr von anfechtbar begründeten Ansprüchen gegen den Insolvenzschuldner geht, kann der Insolvenzverwalter zeitlich unbegrenzt die Einrede der Anfechtbarkeit nach § 146 Abs. 2 erheben. U. U. kann der Insolvenzverwalter auch eine eigene aktive Rechtsdurchsetzung gegenüber dem Anfechtungsgegner betreiben und sich hierbei unmittelbar auf die Rechtslage stützen, wie sie ohne anfechtbare Rechtshandlung bestünde. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Insolvenzverwalter eine Forderung des Schuldners gegen einen Gläubiger einklagt, der hiergegen eine (zuvor anfechtbar begründete) Einrede erhebt. Hierauf kann der Insolvenzverwalter seinerseits mit der Gegeneinrede der Anfechtbarkeit reagieren.
2.6.2 Informationsbeschaffung
Rn 23
Der Insolvenzverwalter kann vom Anfechtungsrecht nur Gebrauch machen, wenn er über hinreichende Informationen verfügt, inwieweit Schuldnervermögen abgeflossen ist. Es stellt sich daher die Frage, ob er auch vom Anfechtungsgegner Auskünfte verlangen kann, die ihm die Durchsetzung des Anspruchs erleichtern bzw. erst ermöglichen. Einen allgemeinen anfechtungsrechtlichen Auskunftsanspruch kennt die InsO nicht. Wohl aber kann sich – unter bestimmten Voraussetzungen – ein allgemeiner Auskunftsanspruch gegen den Anfechtungsgegner aus § 242 BGB ergeben. Letzterer setzt voraus, dass der Anspruchsinhaber aufgrund der Natur des Anspruchs in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer diese Auskünfte zu erteilen. Ein derartiges Angewiesensein des Insolvenzverwalters wird man nur dann bejahen können, wenn der Insolvenzverwalter seine Informationsmöglichkeiten gegenüber dem Schuldner (bzw. seinen – ehemaligen – organschaftlichen Vertretern und Angestellten) ausgeschöpft hat (§§ 97-99, 101). Darüber hinaus setzt der allgemeine Auskunftsanspruch voraus, dass bereits eine besondere rechtliche Beziehung zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten besteht. Demzufolge kann ein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters nur bejaht werden, wenn der Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststeht und es nur noch um die nähere Bestimmung von Art und Umfang des Rückgewähranspruchs geht. Besteht nur ein mehr oder minder begründeter Verdacht, dass ein Dritter etwas in anfechtbarer Weise vom Schuldner erhalten hat, ist dem Insolvenzverwalter grundsätzlich der Auskunftsanspruch zu versagen. Allein die Tatsache, dass eine Person in einzelnen Fällen als Anfechtungsgegner feststeht, begründet keinen Auskunftsanspruch hinsichtlich weiterer, lediglich vermuteter Vermögensverschiebungen; denn jede selbständig anfechtbare Rechtshandlung begründet einen besonderen Rückgewähranspruch (siehe oben Rn. 4). Di...