Verfahrensgang
SG Düsseldorf (Urteil vom 18.04.1991) |
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18. April 1991 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der 1972 geborene Kläger zu 1) und die 1974 geborene Klägerin zu 2) sind Geschwister und freiwillige Mitglieder der beklagten Ersatzkasse. Ihre Mutter ist ebenfalls Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, nach dem Vorbringen der Kläger aufgrund einer versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung. Der Vater der Kläger gehört hingegen als selbständiger Rechtsanwalt mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung nicht an. Die Kläger entrichteten Ende 1988 einen monatlichen Beitrag von je 63 DM. Mit Bescheid von Dezember 1988 erhöhte die Beklagte ab Januar 1989 den Monatsbeitrag auf je 128 DM. Die Kläger erhoben mit Schreiben vom 27. Dezember 1988 Widerspruch. Es gebe keinen Grund dafür, von Schülern einen doppelt so hohen Beitrag zu fordern wie von Studenten. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 11. April 1989 zurück.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 18. April 1991 abgewiesen. Die Beitragserhöhung sei nach § 240 Abs 4 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung -(SGB V) gerechtfertigt und diese Regelung nicht verfassungswidrig.
Gegen das Urteil richtet sich die Sprungrevision der Kläger. Sie rügen einen Verstoß des § 240 Abs 4 SGB V gegen Art 3 und Art 20 des Grundgesetzes (GG).
Die Kläger beantragen,
das Urteil des SG vom 18. April 1991 sowie den Bescheid der Beklagten von Dezember 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 1989 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und legt zur Vereinbarkeit des § 240 Abs 4 SGB V mit dem GG eine Äußerung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 23. März 1990 vor.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid von Dezember 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 1989 ist nicht rechtswidrig.
Bei Ersatzkassen wie der Beklagten richtete sich das Beitragsrecht der nichtversicherungspflichtigen Mitglieder bis 1988 gemäß Art 2 § 4 Abs 2 der Zwölften Aufbauverordnung vom 24. Dezember 1935 (RGBl I 1537) idF der Fünfzehnten Verordnung vom 1. April 1937 (RGBl I 439) nach der Satzung (BSGE 60, 128, 129 f = SozR 2200 § 180 Nr 31 mwN). Dementsprechend hatte die Beklagte bis 1988 die Beiträge der Kläger in ihren Versicherungsbedingungen geregelt, die Bestandteil ihrer Satzung waren. Dabei hatte sie jedoch inhaltlich die damals für die sogenannten RVO-Kassen geltende Regelung des § 180 Abs 4 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) übernommen, wonach als kalendertäglicher Grundlohn mindestens der 180. Teil der monatlichen Bezugsgröße galt. Da diese für das Jahr 1988 bei 3.080 DM lag (§ 2 der Sozialversicherungs-Bezugsgrößenverordnung vom 8. Dezember 1987, BGBl I 1675), ergab sich damals ein monatlicher Mindestgrundlohn von rund 513 DM und durch Vervielfältigung mit dem einschlägigen Beitragssatz für die Kläger in ihrer Beitragsklasse der monatliche Mindestbeitrag von je 63 DM.
Durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) wurden die Zwölfte Aufbauverordnung und § 180 Abs 4 RVO mit Wirkung vom 1. Januar 1989 aufgehoben (Art 79 Abs 1 GRG iVm Art 5 Nr 2 GRG; Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG). Gleichzeitig trat das SGB V in Kraft (Art 1, Art 79 Abs 1 GRG). Dieses regelt nunmehr das Beitragsrecht für alle Kassen (ua Allgemeine Ortskrankenkassen, Betriebskrankenkassen, Innungskrankenkassen und Ersatzkassen, vgl § 4 Abs 2 SGB V) einheitlich. Nach § 241 Satz 1 SGB V werden die Beiträge zwar weiterhin in Hundertsteln der beitragspflichtigen Einnahmen, dem früheren Grundlohn, in der Satzung festgesetzt. Als beitragspflichtige Einnahme gilt nach § 240 Abs 4 SGB V bei freiwilligen Mitgliedern mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Diese betrug 3.150 DM im Jahre 1989 (§ 2 der Sozialversicherungs-Bezugsgrößenverordnung vom 7. Dezember 1988, BGBl I 2222). Demnach lagen die Mindesteinnahmen, auf den Monat berechnet, bei 1.050 DM im Jahre 1989. Aufgrund der Neuregelung hat die Beklagte den monatlichen Mindestbeitrag bei den Klägern auf je 128 DM festgesetzt.
Da der Bemessung der Mindestbeiträge nach altem Recht kalendertäglich nur der 180. Teil der Bezugsgröße, nach neuem Recht jedoch der 90. Teil davon zugrunde gelegt wurde und ferner die monatliche Bezugsgröße von 1988 auf 1989 leicht anstieg, führte die Neuregelung unter sonst gleichen Voraussetzungen (dh bei gleichem Beitragssatz und gleicher Berechnungsweise) zu einem Anstieg der Mindestbeiträge auf etwas mehr als das Doppelte. In der Begründung zum Entwurf eines GRG heißt es dazu (BR-Drucks 200/88 = BT-Drucks 11/2237 S 225 zum damaligen § 249 Abs 4, entspricht § 240 Abs 4 SGB V): „Der Mindestbeitrag für freiwillige Mitglieder wird angehoben, da bei dem jetzigen Mindestbeitrag Leistung und Gegenleistung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehen. Der Mindestbeitrag beträgt 1988 ca 65 DM. Nach neuem Recht wird er sich verdoppeln”.
In einem anderen Verfahren hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tage (7. November 1991, 12 RK 37/90, zur Veröffentlichung bestimmt) eine Anhörung der Versicherten vor der Erhöhung nicht für erforderlich gehalten und es auch als unschädlich angesehen, daß der entsprechende Bescheid schon vor der Verkündung des GRG im Bundesgesetzblatt Teil I Nr 62/1988 vom 29. Dezember 1988 verfaßt worden war. Aus solchen Gründen hält der Senat auch den von der Beklagten des vorliegenden Verfahrens erteilten Bescheid von Dezember 1988 nicht für rechtswidrig, was die Kläger auch nicht geltend machen. Als der Bescheid am 1. Januar 1989 seine Wirkung entfaltete und als er die Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 1989 erhielt, war das Gesetz bekanntgemacht und in Kraft.
Die Kläger und die beklagte Ersatzkasse gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, daß die Mindestbeiträge auch von den Ersatzkassen unmittelbar aufgrund der Regelung in § 240 Abs 4 SGB V zu erhöhen waren und es einer vorherigen Satzungsregelung nicht bedurfte. Allerdings sollte mit der Neuregelung in § 240 SGB V die Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern nunmehr grundsätzlich bei allen Kassen der Satzung überlassen werden (vgl die Begründung des Entwurfs BR-Drucks 200/88 = BT-Drucks 11/2237 S 225 zum damaligen § 249 Abs 1, entspricht § 240 Abs 1 SGB V), wie das früher nur bei den Ersatzkassen der Fall gewesen war. Gleichwohl enthält Abs 4 des § 240 SGB V hinsichtlich der Mindestgrenze eine unmittelbare gesetzliche Regelung. Dieses hat der Senat in dem erwähnten, heute in dem Verfahren 12 RK 37/90 ergangenen Urteil für den Bereich der früher sogenannten RVO-Kassen näher begründet. Gleiches muß, weil das Gesetz insofern zwischen den Kassenarten nicht mehr unterscheidet, auch für die Ersatzkassen gelten. Als höherrangiges Gesetzesrecht verdrängte § 240 Abs 4 SGB V damit vom 1. Januar 1989 an das entgegenstehende Satzungsrecht der Ersatzkassen, dessen Fortgeltung (bis zu einer neuen Satzungsregelung aufgrund des § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V) ansonsten trotz Aufhebung der Aufbauverordnung möglicherweise hätte angenommen werden können. Aufgrund des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V (Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) darf die Mindestgrenze des § 240 Abs 4 SGB V nicht unterschritten werden (vgl insofern ebenfalls das Urteil in dem Verfahren 12 RK 37/90).
Die gesetzliche Regelung ist nicht verfassungswidrig. Sie verletzt die Kläger nicht in ihren Grundrechten aus Art 14 Abs 1 GG. Ihre Mitgliedschaft als solche bleibt unangetastet. Die Aussicht oder Erwartung auf einen Krankenversicherungsschutz zu Mindestbeiträgen in der bisherigen Höhe war ebensowenig durch Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützt wie Rentner nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 16. Juli 1985 (BVerfGE 69, 272 = SozR 2200 § 165 Nr 81) auf den Fortbestand ihrer früher beitragsfreien Krankenversicherung vertrauen konnten. Auch die erhöhten Mindestbeiträge (bei den Klägern je 128 DM monatlich im Jahre 1989) stellen Gegenleistungen für einen Versicherungsschutz dar und haben keine konfiszierende Wirkung. Bei Versicherten, die nicht in der Lage sind, die Beiträge aufzubringen, ist nach Maßgabe des § 13 des Bundessozialhilfegesetzes eine Übernahme durch den Sozialhilfeträger vorgesehen.
Auch die Grundrechte der Kläger aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG sind nicht verletzt. Die Anhebung der Beiträge ist nicht rückwirkend erfolgt. Sie verstößt auch nicht gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, der eine Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des Einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit verlangt (vgl BVerfGE 69, 272, 309 ff = SozR 2200 § 165 Nr 81). Hier überwiegen die Belange der Krankenversicherung. Die Anhebung der Mindestgrenze führte allerdings zu einer spürbaren Mehrbelastung für die Versicherten, jedoch von einem bisher sehr niedrigen Mindestbeitrag aus. Freiwillig Versicherte erhielten nach früherem Recht für etwa 65 DM im Monat vollen Krankenversicherungsschutz einschließlich beitragsfreier Leistungen für Ehegatten und Kinder nach Maßgabe des § 205 RVO. Damit standen Leistung und Gegenleistung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis (vgl die zitierte Begründung des Entwurfs zum GRG). Dieses bestätigen statistische Angaben des AOK-Bundesverbandes in dem anderen Verfahren, die auch in dem vorliegenden Rechtsstreit eingeführt worden sind. Danach waren (ohne Rentner) in der letzten Zeit vor dem Inkrafttreten der Neuregelung die Leistungsausgaben in der allgemeinen Krankenversicherung pro Mitglied und Jahr bei freiwillig Versicherten, die Mindestbeiträge entrichteten, nur noch zu etwas mehr als einem Viertel gedeckt.
Allerdings mochte das Mißverhältnis bei Kindern und jungen Erwachsenen weniger ausgeprägt sein. Denn bei ihnen werden im allgemeinen nicht so hohe Leistungen anfallen, zumal sie noch keine Ehegatten und Kinder haben, für die beitragsfrei Leistungen zu erbringen wären. Der Gesetzgeber brauchte deswegen jedoch für solche freiwilligen Mitglieder keine niedrigeren Mindestbeiträge vorzusehen. Denn er gewährleistet einen angemessenen Schutz von Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) durch die Familienversicherung: Sind beide Eltern gesetzlich krankenversichert, so sind ihre Kinder unter den Voraussetzungen des § 10 SGB V beitragsfrei (§ 3 Satz 3 SGB V) versichert, so daß es einer beitragspflichtigen freiwilligen Versicherung nicht bedarf. Dabei gelten Altersgrenzen für schwerbehinderte Kinder nach Maßgabe des § 10 Abs 2 Nr 4 SGB V nicht. Diese beitragsfreie Versicherung für Kinder besteht nach Maßgabe des § 10 Abs 3 SGB V grundsätzlich auch, wenn nur ein Elternteil Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Erst wenn der nicht gesetzlich krankenversicherte Elternteil ein höheres Gesamteinkommen hat als der gesetzlich krankenversicherte und das höhere Gesamteinkommen außerdem ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs 1 Nr 1 SGB V; 1989 monatlich 4.575 DM) übersteigt, besteht die beitragsfreie Versicherung für die Kinder nicht mehr. Aus diesem Grunde scheidet sie auch für die Kläger des vorliegenden Verfahrens aus. Da bei solchen Familien mit überdurchschnittlichem Einkommen der Familienunterhalt überwiegend durch den nicht gesetzlich krankenversicherten Elternteil bestritten wird, bestand für eine beitragsfreie Versicherung der Kinder kein anerkennenswerter Bedarf. Es bleibt dann vielmehr den Eltern überlassen, für den Krankenversicherungsschutz ihrer Kinder zu sorgen, den sie auch in der gesetzlichen Krankenversicherung mit angemessenen Beiträgen erkaufen müssen.
Die Einbeziehung von Kindern in die Familienversicherung ist in der genannten Vorschrift großzügig geregelt. Entgegen der Ansicht der Kläger war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht gehalten, schon die Mitgliedschaft ihrer Mutter für die beitragsfreie Familienversicherung ausreichen zu lassen, um ihnen die Entrichtung der Mindestbeiträge zu ersparen. Zu diesem Zweck brauchte auch dem Vater der Kläger der Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht gestattet zu werden. Eine finanzielle Überlastung der Familie tritt durch die Erhöhung der Mindestbeiträge nicht deswegen ein, weil mit den Klägern zwei Geschwister gleichzeitig davon betroffen sind.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt. Die Mindestbeiträge freiwillig Versicherter sind allerdings höher als die Beiträge mancher Pflichtversicherter, weil deren beitragspflichtige Einnahmen niedriger sein können als diejenigen, die bei freiwillig Versicherten mindestens zugrunde gelegt werden. Dies trifft etwa zu bei versicherungspflichtig Beschäftigten mit niedrigem Arbeitsentgelt, bei versicherungspflichtigen Behinderten iS des § 5 Abs 1 Nrn 7 und 8 SGB V (Einnahmen nach § 235 Abs 3, 4 SGB V), bei versicherungspflichtigen Studenten und Praktikanten iS des § 5 Abs 1 Nrn 9, 10 SGB V (Einnahmen nach § 236 SGB V) und bei versicherungspflichtigen Rentnern iS des § 5 Abs 1 Nrn 11, 12 SGB V mit niedrigen Bezügen (Einnahmen nach § 237 SGB V). Bei den versicherungspflichtigen Studenten und Praktikanten ist außerdem der Beitragssatz erheblich ermäßigt (§ 245 Abs 1 Satz 1 SGB V), so daß ihr Beitrag insgesamt gesehen deutlich unter dem Mindestbeitrag freiwillig Versicherter liegt. Schließlich werden bei manchen der genannten Pflichtversicherten die Beiträge nach Maßgabe der §§ 249 bis 251 SGB V ganz oder zum Teil vom Arbeitgeber oder von Dritten getragen oder bei Rentnern bezuschußt (§ 1304e RVO = § 83e AVG; künftig jedoch § 249a SGB V).
Eine ungleiche Behandlung mehrerer Gruppen von Normadressaten ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz jedoch vereinbar, wenn zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können; ungleiche Behandlung und rechtfertigender Grund müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BVerfGE 82, 126, 146 mwN). Dieses trifft hier zu. Der Gesetzgeber hat nach generellen Merkmalen bestimmte und heute im Katalog des § 5 Abs 1 SGB V aufgeführte Personengruppen als besonders schutzbedürftig angesehen und sie deshalb der Versicherungspflicht unterworfen (Ausnahmen vgl § 5 Abs 5, § 6, § 7 SGB V). Nur manche von ihnen können der Versicherungspflicht, und dann nur innerhalb einer kurzen Frist, durch eine Befreiung nach § 8 SGB V ausweichen. Versicherungspflichtige durften bei niedrigem Einkommen zu Lasten der Versichertengemeinschaften beitragsmäßig entlastet werden. Zwar konnte der Gesetzgeber entsprechende Vorteile im Interesse einer Gleichbehandlung auch freiwillig Versicherten einräumen, wie das früher einmal geschehen war (dazu in dem Urteil vom 7. November 1991 – 12 RK 37/90). Daran brauchte er aber nicht festzuhalten, sondern durfte anderen sachgerechten Erwägungen den Vorrang einräumen. Sie liegen in der grundsätzlich geringeren Schutzbedürftigkeit der freiwilligen Mitglieder, deren Krankenversicherung von den Pflichtversicherten möglichst nicht mitfinanziert werden soll. Letzterem vorzubeugen war die Anhebung der Mindestbeiträge geeignet. Freiwillige Mitglieder können auch anders als Pflichtversicherte jederzeit mit einer kurzen Kündigungsfrist austreten (§ 191 Nr 4 SGB V). Anscheinend haben nach der Anhebung der Mindestbeiträge auch manche freiwillig Versicherte dieses Recht ausgeübt, der Auskunft des VdAK zufolge im Bereich der Ersatzkassen vor allem eine größere Zahl zu Mindestbeiträgen versicherter Kinder. Der Gesetzgeber hat diese naheliegende Folge der Beitragserhöhung anscheinend in Kauf genommen; dem entspricht es, daß auch die Versicherungsberechtigung als solche nach § 9 SGB V im Vergleich zum früheren Recht in verschiedener Hinsicht eingeschränkt worden ist (vgl dazu die Begründung des Entwurfs BR-Drucks 200/88 = BT-Drucks 11/2237 S 160/161 zu § 9). Wer trotz des Austrittsrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung geblieben ist, kann nicht mit Erfolg geltend machen, die Mindestbeiträge seien unangemessen hoch. Das gilt auch, wenn der Wechsel zur privaten Versicherung wegen etwaiger Risikoausschlüsse oder -zuschläge ausgeschlossen oder unwirtschaftlich gewesen sein sollte.
Zu Unrecht sehen die Kläger eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darin, daß sie als freiwillig versicherte Schüler höhere Beiträge zu entrichten haben als die versicherungspflichtigen Studenten. Dieser Nachteil beruht einmal darauf, daß sie nach Alter und Ausbildungsstand dem Kreis der versicherungspflichtigen Studenten (noch) nicht angehören, zum anderen darauf, daß ihnen ihre Eltern, wie dargelegt, keine beitragsfreie Familienversicherung vermitteln, wie sie Gleichaltrigen zur Verfügung steht, wenn ihre Eltern der gesetzlichen Krankenversicherung hinreichend verbunden sind. Ob eine Praxis von Ersatzkassen dem Gesetz entspricht, Berufsfachschüler wie versicherungspflichtige Studenten zu behandeln und sie zu gleich günstigen Beiträgen zu versichern, braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. Aus einer solchen Behandlung dieser Gruppe von studentenähnlichen Personen kann jedenfalls nicht hergeleitet werden, auch die weitaus größere und anders zusammengesetzte Gruppe der Schüler allgemeinbildender Schulen müsse beitragsrechtlich den Studenten gleichgestellt werden.
Hiernach konnte sich der Senat von der Verfassungswidrigkeit der Regelung nicht überzeugen. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG schied daher aus. Die Revision war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen
Haufe-Index 1172975 |
NZA 1992, 478 |