Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beziehungen der Krankenkassen zu Apotheken. Zytostatikaversorgung. Vereinbarung von Abschlägen auf den Abgabepreis. Zulässigkeit nicht nur in Einzelverträgen, sondern auch in Kollektivverträgen auf Landesebene. Wirksamkeit eines Vertragsschlusses durch nachträgliche Genehmigung der Vertretungsberechtigten. Verfassungsmäßigkeit von § 129 Abs 5 S 1 SGB 5. Vereinigungsfreiheit. allgemeiner Gleichheitsgrundsatz
Leitsatz (amtlich)
Die bis 12.5.2017 geltenden Vorschriften zur Regelung der Beziehungen der Krankenkassen zu Apotheken ließen im Bereich der Zytostatikaversorgung die Vereinbarung von Abschlägen auf den Abgabepreis der Apotheken nicht nur in Einzelverträgen, sondern auch in Verträgen zwischen Krankenkassenlandesverband und Landesapothekerverband zu.
Orientierungssatz
1. Zu einem wirksamen Vertragsschluss zwischen einem Apothekerverband und einer Krankenkasse (zugleich mit der Rechtsstellung eines Landesverbandes), insbesondere zu einer wirksamen Verpflichtung des Apothekerverbandes im Innenverhältnis zu seinen Verbandsmitgliedern, kann es nach den dafür einschlägigen bundesrechtlichen Regelungen des BGB über rechtsgeschäftliche Vertretung nicht nur kommen, wenn ein Vertrag vorab durch einen satzungsmäßig erforderlichen einstimmigen Vorstandsbeschluss abgesichert ist. Vielmehr erlangt dieser auch durch eine nachträgliche Genehmigung der Vertretungsberechtigten in entsprechender Anwendung von § 177 iVm § 26 Abs 1 S 2 BGB Wirksamkeit.
2. Der Schutzbereich von Art 9 Abs 1 und 3 GG umfasst nicht nur die Freiheit, Vereinigungen zu bilden oder beizutreten, sondern auch die negative Vereinigungsfreiheit, also die Entscheidung einer Vereinigung fernzubleiben und die eigenen Interessen nicht von ihr vertreten zu lassen. Die Vertragsfreiheit des Einzelnen wird durch die in § 129 Abs 5 S 1 SGB 5 enthaltene Möglichkeit, sich bei freigestellter Mitgliedschaft an einem Kollektivvertrag auf Landesebene zu beteiligen oder nicht, erweitert und nicht eingeschränkt.
3. Die auf Zytostatika (bzw später auf parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie) beschränkte bereichsspezifische Ausnahme vom grundsätzlich geltenden einheitlichen Apothekenabgabepreis hat einen sachlichen Grund und verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG) als verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt für einen Minderheitenschutz.
Normenkette
SGB 5 § 129 Abs. 5 S. 1 Fassung: 2007-03-26, S. 3 Fassung: 2007-03-26, S. 3 Fassung: 2009-07-17, S. 2, Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2, 1, §§ 130a, 70 Abs. 1, § 69 S. 4 Fassung: 2007-03-26, § 69 Abs. 1 S. 3 Fassung: 2008-12-15, § 12 Abs. 1; AMG § 78 Abs. 1; AMG 1976 § 78 Abs. 1; AMG § 78 Abs. 2 S. 2; AMG 1976 § 78 Abs. 2 S. 2; AMG § 78 Abs. 3; AMG 1976 § 78 Abs. 3; AMPreisV § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 8; BGB § 26 Abs. 1 S. 2, §§ 138, 177, 182, 184 Abs. 2, § 242; GG Art 3 Abs. 1; GG Art 9 Abs. 1, 3; GKV-WSG
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 275 500 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Retaxierung der Abrechnung einer Apotheke im Zusammenhang mit der Zubereitung und Abgabe von Zytostatika in der Zeit von Oktober 2007 bis Ende 2009.
Der Kläger ist Inhaber einer Zytostatika herstellenden Apotheke und Mitglied des beklagten Apothekerverbands Brandenburg eV (Beklagter zu 1.). Dieser Verband verfolgt den Zweck, die wirtschaftlichen, beruflichen und sonstigen gemeinsamen Interessen der Apothekenleiter im Land Brandenburg wahrzunehmen und nach außen zu vertreten. Er stellt sich ua die Aufgabe, Arzneilieferungsverträge und sonstige Verträge mit Krankenkassen und sonstigen Kostenträgern abzuschließen sowie diesen gegenüber die Interessenvertretung wahrzunehmen. Nach der Satzung haben die Verträge für die Verbandsmitglieder unmittelbare Rechtswirkungen; der Verein wird gerichtlich und außergerichtlich durch den Vorsitzenden oder einen stellvertretenden Vorsitzenden jeweils gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied vertreten.
Der Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. - eine Krankenkasse, zugleich mit der Rechtsstellung eines Landesverbandes - schlossen für die Zeit vom 1.10.2007 bis 31.12.2009 eine "Ergänzende Vereinbarung zum Arzneiliefervertrag für das Land Brandenburg zur Abrechnung von in Apotheken hergestellten Zytostatika nach § 129 Abs. 5 SGB V" (im Folgenden: ErgV). Die ErgV wurde auf Seiten des Beklagten zu 1. lediglich von dessen erster Vorsitzenden unterzeichnet. Nach § 1 Abs 1 ErgV waren die Vertragspartner "übereinstimmend der Ansicht, dass Zubereitungen aus den in der Anlage 1 dieser Vereinbarung genannten Wirkstoffen als Rekonstitutionen zu betrachten und nur als Fertigarzneimittel abrechenbar sind. Die notwendige Anzahl Packungen ist wirtschaftlich zu stückeln." Nach § 3 Nr 1 Abs 2 S 2 und Nr 2 Abs 2 S 3 ErgV erhielt die Beklagte zu 2. von den herstellendenden sowie von den nicht herstellenden Apotheken für Verordnungen über zytostatikahaltige Lösungen einen Abschlag iHv 1,75 % pro Rezeptposition.
Der Kläger hielt die zwischen den Beklagten zu 1. und 2. vereinbarten Preise für wirtschaftlich nicht auskömmlich und die ErgV wegen eines Verstoßes gegen § 129 Abs 5 SGB V und wegen der Unterrepräsentation der Zytostatika herstellenden Mitglieder des Beklagten zu 1. für unwirksam. Er ist bei den Beklagten und in den Vorinstanzen mit seinen insoweit geltend gemachten Begehren auf Rückzahlung der von der Beklagten zu 2. aufgrund der ErgV für die vereinbarten Abschläge einbehaltenen Beträge iHv 196 791,36 Euro, ferner auf Feststellung der Unwirksamkeit der ErgV sowie hilfsweise auf gesamtschuldnerische Verurteilung beider Beklagten und weiter hilfsweise auf Zahlung von Schadensersatz insgesamt erfolglos geblieben.
Das SG hat ausgeführt, die ErgV sei rechtmäßig zustande gekommen. Der Beklagte zu 1. habe unabhängig vom Anteil der Zytostatika herstellenden Apotheken unter seinen Verbandsmitgliedern den Kläger vertreten und die ErgV auch für ihn rechtlich verbindlich abschließen dürfen. § 129 Abs 5 SGB V schließe ein Nebeneinander von Kollektiv- und Individualverträgen nicht aus; die Beklagten dürften vielmehr in einem Kollektivvertrag nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V auch Regelungen zu Zytostatika treffen (Urteil vom 3.9.2013).
Dieses Urteil bestätigend und auf dessen Ausführungen bezugnehmend hat das LSG im Berufungsverfahren ergänzend ausgeführt, dass die alleinige Unterschrift auf Seiten des Beklagten zu 1. durch deren Vorsitzende der Wirksamkeit der ErgV nicht entgegenstehe. Denn das Handeln der Vorsitzenden sei vorab durch einen einstimmigen Vorstandsbeschluss abgesichert gewesen. Das hierzu erstellte Ergebnisprotokoll sei trotz eines redaktionellen Fehlers im Gesamtzusammenhang eindeutig in diesem Sinne zu verstehen. Die Vertragsabschlusskompetenz des Beklagten zu 1. sei wegen der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft des Klägers nicht begrenzt, selbst wenn die Zytostatika herstellenden Apotheken im Verband unterrepräsentiert gewesen sein sollten. Die Auffassung des Klägers, dass die Zytostatikaversorgung nach § 129 Abs 5 S 3 SGB V ausschließlich durch Einzelverträge geregelt werden dürfe, finde im Gesetz keine Stütze. Die Feststellungsanträge des Klägers seien gegenüber einem möglichen Leistungsantrag subsidiär; auch seien die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nicht sachlich dafür zuständig, über zivilrechtliche Schadensersatz- und Amtshaftungsansprüche zu entscheiden (Urteil vom 7.12.2016).
Mit der Revision rügt der Kläger, zu seinen Lasten habe das LSG § 129 Abs 5 SGB V, § 78 Arzneimittelgesetz (AMG), die Satzung des Beklagten zu 1. sowie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und die Amtsermittlungspflicht verletzt. Er ist der Auffassung, die Abrechnungen seien iHv 156 451,46 Euro schon deshalb contra legem gekürzt worden, weil es sich bei den in der Anlage 1 zur ErgV aufgeführten Präparaten gar nicht um Zytostatika, sondern um monoklonale Antikörper handele. Der Gesetzgeber habe die auf Zytostatika beschränkte Vorschrift des § 129 Abs 5 SGB V erst mit der in der streitigen Zeit noch nicht anwendbaren Neufassung dieser Regelung auf parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie erweitert. Die ErgV sei aber auch insgesamt unwirksam, denn im Bereich der Zytostatikaversorgung hätten die Landesverbände weder die rechtliche Kompetenz zum Vertragsabschluss noch ein anzuerkennendes berechtigtes Interesse daran. Zur Sicherstellung einer flächendeckenden und wirtschaftlichen Versorgung bestehe die Möglichkeit des Vertragsschlusses direkt zwischen Apotheken und Krankenkassen. Ein Vertrag auf Landesebene greife dagegen in die privatautonome Vertragsgestaltungsfreiheit der im Verband nicht repräsentativ vertretenen Zytostatika herstellenden Apotheker ein. Diese Apotheker hätten - entgegen der gesetzlichen Intention - bei Vorliegen eines Vertrages auf Landesebene keine Möglichkeit mehr, einen Einzelvertrag nach § 129 Abs 5 S 3 SGB V abzuschließen. Die ErgV verstoße zudem gegen den nach § 78 AMG iVm der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) vorgesehenen einheitlichen Apothekenabgabepreis. Ferner sei die ErgV - wie in den Vorinstanzen ausgeführt - schon mangels ordnungsgemäßer Vertretung des Beklagten zu 1. in Bezug auf das Einverständnis mit einem Preisabschlag auch für die selbst Zytostatika herstellenden Apotheken nicht wirksam zustande gekommen. Aufgrund des satzungswidrigen Verhaltens des Beklagten zu 1. stünden ihm (dem Kläger) zumindest zivilrechtliche Ansprüche gegen diesen zu, über die auch in der Sozialgerichtsbarkeit und im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits zu entscheiden sei. Schließlich habe das LSG ihm (dem Kläger) verfahrensfehlerhaft das Ergebnisprotokoll über die Vorstandssitzung erst in der mündlichen Verhandlung übergeben, und trotz seines entsprechenden Antrags keine Schriftsatzfrist gewährt. Das LSG habe auch aufklären müssen, ob der Vorstand der Beklagten zu 1. seine Zustimmung zu einem Abschlag von 1,75 % zugunsten der Beklagten zu 2. lediglich für die nicht herstellenden Apotheken gegeben habe.
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Der Kläger beantragt, |
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1. |
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2016 sowie des Sozialgerichts Neuruppin vom 3. September 2013 aufzuheben und |
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2. |
die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an ihn 196 791,36 Euro nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie |
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3. |
festzustellen, dass die am 24. September 2007 zwischen den Beklagten geschlossene ergänzende Vereinbarung zum Arzneimittelliefervertrag für das Land Brandenburg zur Abrechnung von in Apotheken hergestellten Zytostatika nach § 129 Abs 5 SGB V unwirksam ist und der Kläger so zu vergüten ist, wie er ohne Geltung dieser Vereinbarung zu vergüten wäre, |
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4. |
hilfsweise: die Beklagten zu 1. und zu 2. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 196 791,36 Euro nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, |
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5. |
weiter hilfsweise: festzustellen, dass die Beklagten zu 1. und zu 2. verpflichtet sind, ihm den Schaden zu ersetzen, der durch die am 24. September 2007 zwischen den Beklagten geschlossene ergänzende Vereinbarung zum Arzneimittelliefervertrag für das Land Brandenburg zur Abrechnung von in Apotheken hergestellten Zytostatika nach § 129 Abs 5 SGB V entstanden ist. |
Die Beklagten zu 1. und zu 2. beantragen,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 1. verweist darauf, dass sowohl die ErgV als auch seine Satzung nicht revisibles Landesrecht (§ 162 SGG) seien. Die Annahme eines Schreibfehlers im Protokoll der Vorstandssitzung durch das LSG sei sachlogisch. Ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht scheide aus. Es bestehe im Rahmen der Berechtigung nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V ein weiter Spielraum, ergänzende Vereinbarungen auf Landesebene zu treffen; diese seien auch über Zytostatika und monoklonale Antikörper zulässig. Von der Möglichkeit, daneben einzelvertragliche Regelungen nach § 129 Abs 5 S 3 SGB V abzuschließen, sei hier kein Gebrauch gemacht worden. Die ErgV biete dem Kläger den Vorteil, an der Zytostatika-Versorgung weiter teilzunehmen, was nicht der Fall wäre, wenn sich die Beklagte zu 2. stattdessen für einen rechtlich auch zulässigen Exklusivliefervertrag mit einer einzigen anderen Apotheke entschieden hätte. Schon deshalb habe der Kläger keinen ersatzfähigen Schaden erlitten. Ein Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht liege bei alledem nicht vor.
Die Beklagte zu 2. macht sich das Vorbringen des Beklagten zu 1. zu eigen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die mit dem ersten Hauptantrag gegen die als Beklagte zu 2. am Rechtsstreit beteiligte Krankenkasse gerichtete Klage auf Zahlung iHv 196 791,36 Euro nebst Zinsen zulässig ist (hierzu 1.). Dem Kläger kann aber in seiner Auffassung zur materiellen Rechtslage nicht gefolgt werden (hierzu 2.). Auch die von ihm in Bezug auf das Urteil des LSG gerügten Verfahrensmängel greifen nicht durch (hierzu 3.). Die mit dem Hauptantrag verbundene Feststellungsklage sowie die Hilfsanträge sind bereits unzulässig (hierzu 4.).
1. Grundsätzlich können Leistungserbringer - wie hier der klagende Apotheker - ihre Zahlungsansprüche gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) - hier die zu 2. beklagte AOK - im Wege der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend machen. Dabei handelt es sich um einen Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt; ein Vorverfahren war daher nicht durchzuführen und auch eine Klagefrist nicht einzuhalten (vgl zB BSGE 120, 122 = SozR 4-2500 § 129 Nr 11, RdNr 14 mwN).
2. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage - soweit sie zulässig ist - abgewiesen bzw die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende SG-Urteil zurückgewiesen. Denn die Beklagte zu 2. durfte aufgrund der in der ErgV vereinbarten Abschläge Zahlungen in der geltend gemachten Höhe von den Rechnungen des Klägers einbehalten bzw retaxieren. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats darf die Krankenkasse ihre ohne Rechtsgrund erbrachten Zahlungen im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs von einem Apotheker als Leistungserbringer zurückfordern oder im Wege der Aufrechnung von einer späteren Rechnung absetzen (retaxieren), soweit sie dabei die hierfür im Verhältnis zwischen den Beteiligten vorgesehenen vertraglichen Vereinbarungen einhält (vgl zB BSGE 120, 122 = SozR 4-2500 § 129 Nr 11, RdNr 15 mwN). Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich aufgrund der in der ErgV wirksam festgelegten Abschläge kein Hinweis auf einen (weiteren) ihm zustehenden noch offenen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu 2., auch ist sonst nichts dafür ersichtlich.
Die ErgV wurde zumindest durch eine nachträgliche Genehmigung des Beklagten zu 1. wirksam (hierzu a), auch waren die Beklagten zu 1. und zu 2. zum Abschluss einer solchen Vereinbarung rechtlich befugt (hierzu b). Deshalb war (auch) der Kläger an die ErgV gebunden, denn sie entfaltete für ihn nach § 129 Abs 5 S 2 iVm Abs 3 Nr 1 SGB V unmittelbare Rechtswirkung und verstieß nicht gegen revisibles höherrangiges Recht. Die darüber hinaus in diesem Zusammenhang vom Kläger mit seinem Revisionsvorbringen dem LSG angelasteten Verfahrensfehler führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Revision (dazu c).
a) Der Wirksamkeit der zwischen den beiden Beklagten geschlossenen ErgV steht nicht entgegen, dass sie seitens des Beklagten zu 1. lediglich von dessen erster Vorsitzenden unterzeichnet wurde.
Soweit das LSG aus den Regelungen zur Vertretung nach § 9 Abs 3 der Satzung des Beklagten zu 1. ein Erfordernis des Handelns von zwei Vorstandsmitgliedern entnommen hat, ist diese Auslegung für den Senat maßgebend und ihr vom LSG festgestellter Inhalt iS von § 163 SGG für den Senat bindend. Denn die Satzung des Beklagten zu 1. gehört als nur im Land Brandenburg geltende Regelung nicht zum revisiblen Recht und ist daher grundsätzlich auch nicht revisionsgerichtlich überprüfbar (§ 162 SGG).
Anders als es der Kläger in den Blick nimmt, konnte es zu einem wirksamen Vertragsschluss zwischen den Beklagten zu 1. und zu 2., insbesondere einer wirksamen Verpflichtung des Beklagten zu 1. im Innenverhältnis zu seinen Verbandsmitgliedern, nach den dafür einschlägigen bundesrechtlichen Regelungen des BGB über die rechtsgeschäftliche Vertretung nicht nur kommen, wenn die ErgV vorab durch einen vom LSG angenommenen satzungsmäßig erforderlichen einstimmigen Vorstandsbeschluss abgesichert war. Vielmehr erlangte die ErgV durch eine nachträgliche Genehmigung in entsprechender Anwendung von § 177 iVm § 26 Abs 1 S 2 BGB Wirksamkeit und war daher für das Verhältnis zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits maßgebend. Es kann daher offenbleiben, wie der vor Abschluss der ErgV ergangene Vorstandsbeschluss auszulegen ist und ob bereits darin eine vorherige wirksame Zustimmung (vgl § 182 BGB) zum Abschluss der ErgV allein durch die erste Vorstandsvorsitzende liegt. Der Mangel in der Zuständigkeit für eine rechtsgeschäftliche Vertretung wird nämlich auch durch eine nachträgliche Genehmigung mit Wirkung ex tunc geheilt (vgl §§ 177, 184 Abs 2 BGB). § 177 BGB ist nach § 69 S 4 SGB V (idF durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-WSG - vom 26.3.2007, BGBl I 378; in der nachfolgend seit 18.12.2008 geltenden Fassung: § 69 Abs 1 S 3 SGB V) für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände einerseits und zu Apotheken andererseits entsprechend anwendbar (vgl allgemein zur Anwendbarkeit der Regelung auf öffentlich-rechtliche Willenserklärungen zB BGH Urteil vom 4.12.1981 - V ZR 241/80, NJW 1982, 1036 = Juris RdNr 17 mwN; vgl auch Weinland in jurisPK-BGB, 8. Aufl 2017, § 164 RdNr 1). Die Voraussetzung einer Gesamtvertretung durch zwei Vertretungsberechtigte betrifft die Vertretungszuständigkeit des rechtlich als eingetragener Verein verfassten beklagten Verbandes, die in entsprechender Anwendung von § 177 iVm § 26 Abs 1 S 2 BGB auch dann gewahrt ist, wenn die Erklärung zunächst nur von einem der beiden Vertreter abgegeben wird, und der andere Vertreter oder der Vertretene selbst die Erklärung später genehmigt (vgl zB Schubert in Münchener Komm zum BGB, 8. Aufl 2018, § 177 RdNr 31).
So liegt der Fall hier. Der Beklagte zu 1. ist von seiner gesetzlichen Aufgabenstellung und von den getroffenen satzungsmäßigen Regelungen her die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgebliche Organisation der Apotheker in Brandenburg und daher für den Abschluss ergänzender Verträge nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V zuständig. Er hat den Abschluss der ErgV - so wie sie zustande gekommen ist - konkludent genehmigt; denn er hat in den gesamten, sich über mehrere Jahre hinweg erstreckenden außergerichtlichen und gerichtlich geführten Auseinandersetzungen mit dem Kläger über die ErgV - insbesondere im vorliegenden Verfahren - durchgängig die Auffassung vertreten, die ErgV sei wirksam zustande gekommen und hat deshalb deren Einhaltung auch durch den Kläger verlangt. Im Falle einer Gesamtvertretung kann eine schlüssige Genehmigung schon dadurch erklärt werden, dass diejenigen Personen, deren Mitwirkung erforderlich war, in Kenntnis des Geschäfts dieses im Nachhinein nicht beanstanden (Maier-Reimer in Erman, BGB, 15. Aufl 2017, § 177 RdNr 19 mwN). Soweit in der zivilrechtlichen Literatur darüber hinaus teilweise gefordert wird, dass das schlüssige Verhalten im Bewusstsein möglicher schwebender Unwirksamkeit des Geschäfts und mit dem rechtsgeschäftlichen Willen erfolgt, den Vertrag zur Geltung zu bringen und sich aus Sicht des Empfängerhorizonts als Genehmigung darstellt (vgl zB Schilken in Staudinger, BGB, 2014, § 177 RdNr 10 mwN; Weinland, aaO, § 177 RdNr 13 mwN), sind auch diese Voraussetzungen hier erfüllt. Spätestens seitdem der Kläger sich im Berufungsverfahren ausdrücklich auf den Vertretungsmangel seitens des Beklagten zu 1. gestützt hat, musste Letzterer nämlich eine mögliche Unwirksamkeit der ErgV mit in Erwägung ziehen, hat aber dennoch - wie schon zuvor - in seinem Handeln weiterhin zweifelsfrei seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass die ErgV allgemein Rechtsgültigkeit und Bindungswirkung für die von ihm vertretenen Apotheker entfalte und mithin auch für den Kläger verbindlich sei. Hierzu hat er zB ausdrücklich auf das Protokoll zu dem zuvor ergangenen Vorstandsbeschluss hingewiesen, sodass die darin liegende konkludente Genehmigung sowohl aus Sicht des Klägers als auch aus Sicht der Beklagten zu 2. als Vertragspartner der ErgV hinreichend deutlich geworden ist. Diese Genehmigung wirkt auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück (§ 184 Abs 2 BGB) und rechtfertigt mithin auch im Ausgangspunkt die darauf gegründeten inzwischen vorgenommenen Retaxierungen.
b) Die auf diesem Wege zustande gekommene ErgV verstößt nicht gegen Bundesrecht.
aa) Die zwischen den Beklagten zu 1. und zu 2. geschlossene ErgV ist ein rechtmäßiger, insbesondere ermächtigungskonformer öffentlich-rechtlicher Vertrag iS von § 129 Abs 5 S 1 SGB V (idF durch das GKV-WSG vom 26.3.2007, aaO). Nach dieser in der Folge unverändert gebliebenen Vorschrift können die Krankenkassen oder ihre Verbände mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Die darin liegende Ermächtigung zum Abschluss von Kollektivverträgen auf Landesebene, die den auf Bundesebene geschlossenen Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V ergänzen, wird insbesondere nicht durch die Regelung des § 129 Abs 5 S 3 SGB V (idF durch das GKV-WSG in der Ursprungsfassung ≪im Folgenden aF≫ sowie idF durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990, in der mW zum 23.7.2009 der Begriff "Zytostatika" durch "parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie" ersetzt wurde) eingeschränkt. § 129 Abs 5 S 3 SGB V in beiden Fassungen ermächtigt die Krankenkasse dazu, in einem bestimmten Versorgungsbereich Verträge mit einzelnen Apotheken zu schließen. Wird ein solcher Einzelvertrag iS des § 129 Abs 5 S 3 SGB V aF zwischen einer Krankenkasse und einer Apotheke geschlossen, tritt er neben die Kollektivverträge auf Landesebene nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V, die wiederum ihrerseits den auf Bundesebene geschlossenen Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V ergänzen.
Anders als der Kläger meint, kann § 129 Abs 5 S 3 SGB V aF nicht so verstanden werden, dass in dem dort genannten Versorgungsbereich abweichend von § 129 Abs 5 S 1 SGB V "ausschließlich" Einzelverträge zulässig wären und dass Kollektivverträge der Krankenkassen mit dem für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Verband der Apotheker auf Landesebene daher in diesem Bereich ausgeschlossen wären. Eine solche Einschränkung lässt sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht herleiten (hierzu bb), vielmehr sprechen sowohl die Regelungssystematik (hierzu cc) als auch der Zweck der Bestimmung (hierzu dd) für ein statthaftes Nebeneinander sich ergänzender Regelungen in einem abgestuften Regelungssystem. Dieses ausdifferenzierte, nur optional regionalen Besonderheiten Rechnung tragende System ermöglicht neben dem kollektivrechtlichen Rahmenvertrag auf Bundesebene nicht nur weitere kollektivrechtliche Regelungen auf Landesebene, sondern unterhalb dieser Ebene auch noch einzelvertragliche Vereinbarungen. Der Rechtmäßigkeit der ErgV und ihre sich auch auf den Kläger erstreckende Bindungswirkung steht darüber hinaus weder § 78 AMG iVm AMPreisV entgegen (hierzu ee) noch ist aus einer etwa gegebenen Unterrepräsentation der Zytostatika herstellenden Apotheken innerhalb der Mitglieder des Beklagten zu 1. zu seinen Gunsten etwas herzuleiten (hierzu ff).
bb) Nach § 129 Abs 5 S 3 SGB V aF kann die Versorgung mit in Apotheken hergestellten Zytostatika - der Begriff "Zytostatika" wurde (wie unter aa ausgeführt) zum 23.7.2009 durch "parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie" ersetzt - zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten von der Krankenkasse durch Verträge mit Apotheken sichergestellt werden; dabei können Abschläge auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und die Preise und Preisspannen der Apotheken vereinbart werden.
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Dem Gesetzeswortlaut ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass dann, wenn den Patienten Zytostatika bzw parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie unmittelbar von einem Vertragsarzt verabreicht werden, die Versorgung damit zwangsläufig ausschließlich durch Einzelvertrag zwischen einer Krankenkasse und einer Apotheke sichergestellt werden kann bzw sicherzustellen ist. Zwar stand im Gesetzgebungsverfahren zum GKV-WSG zunächst als Gesetzesvorschlag eine in Aussicht genommene Regelung im Raum, nach der die Versorgung mit Arzneimitteln, die von Ärzten in der Arztpraxis während der Behandlung angewendet werden, in der Tat ausschließlich durch Einzelverträge zwischen einzelnen Krankenkassen und Apotheken sicherzustellen war (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 31 zu Nr 95 Buchst c≫ bb≫ ≪§ 129 Abs 5 SGB V≫ sowie gleichlautender Text des Entwurfs der Bundesregierung zum GKV-WSG, vgl BT-Drucks 16/3950 S 1, 7; Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit ≪14. Ausschuss≫ zum vorgenannten Gesetzentwurf, BT-Drucks 16/4200 S 78 zu Nr 95 Buchst c≫ bb≫ linke Spalte ≪§ 129 Abs 5 SGB V≫): |
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"Die Versorgung mit Arzneimitteln, die von Ärzten in der Arztpraxis während der Behandlung angewendet werden, kann von der Krankenkasse ausschließlich durch Verträge mit einzelnen Apotheken, für Arzneimittel, die direkt von anderen Stellen bezogen werden können, auch mit diesen Stellen sichergestellt werden". (Hervorhebung vom Senat) |
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Eine Regelung diesen Inhalts wurde in der Folgezeit aber nicht Gesetz: Im Verlauf der Ausschussberatungen und in der schließlich Gesetz gewordenen Fassung entfiel das Tatbestandsmerkmal "ausschließlich". Aus dem Umstand, dass dieser Text nach den Ausschussberatungen nicht mehr verwendet wurde, kann nur geschlossen werden, dass die Einschränkung bewusst entfiel (vgl Beschlussempfehlung, aaO, BT-Drucks 16/4200 S 78 zu Nr 95 Buchst c≫ bb≫ rechte Spalte ≪§ 129 Abs 5 SGB V≫ sowie Bericht des Ausschusses für Gesundheit ≪14. Ausschuss≫ BT-Drucks 16/4247 S 46 Zu Nummer 95 ≪§ 129≫ Zu Buchst c Zu Satz 1 ≪neu≫). In der genannten Begründung heißt es insoweit nämlich nur noch: |
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"Krankenkassen können zur Versorgung von Arztpraxen mit Zytostatika-Rezepturen Verträge mit Apotheken schließen". (Hervorhebung vom Senat) |
cc) Die Gesetzessystematik unterstreicht die Richtigkeit der dargestellten Auslegung. Die Beziehungen der Krankenkassen zu Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen sind in den §§ 129 ff SGB V geregelt. Dabei enthält § 129 Abs 1 SGB V Regelungen, die Apotheken bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte zu beachten haben, insbesondere Verpflichtungen zur Abgabe preisgünstiger Arzneimittel. § 129 Abs 2 SGB V ermächtigt die Spitzenverbände der Krankenkassen bzw seit 1.7.2007 den GKV-Spitzenverband als deren Funktionsnachfolger (vgl § 129 Abs 2 SGB V idF durch das GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker das Nähere in einem gemeinsamen Rahmenvertrag zu regeln. Dies ist nicht nur eine fakultative Ermächtigung im Sinne eines "Dürfens", vielmehr ist der Abschluss eines Rahmenvertrags auf Bundesebene zwingend vorgeschrieben und im Falle der Nichteinigung wird der Vertragsinhalt durch die Schiedsstelle festgesetzt (§ 129 Abs 7 SGB V). Demgegenüber enthalten sowohl § 129 Abs 5 S 1 SGB V als auch § 129 Abs 5 S 3 SGB V aF lediglich fakultative Ermächtigungen (vgl zum Ganzen auch Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 7/18, K § 129 RdNr 46, 47; Hess in Kasseler Komm, Stand Einzelkommentierung Sept 2016, § 129 SGB V RdNr 15; Schneider in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 129 RdNr 16). Der Abschluss ergänzender Verträge auf Landesebene (§ 129 Abs 5 S 1 SGB V) ist den Krankenkassen oder ihren Verbänden und der maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene mithin freigestellt; eine Vereinbarung kann nicht - zB mittels einer Schiedsstelle - erzwungen werden. Inhaltlich wird ein ergänzender Vertrag auf Landesebene durch die Vorgaben des Rahmenvertrags nach § 129 Abs 2 SGB V beschränkt, denn er darf - abgesehen von der ausdrücklich durch § 129 Abs 5 S 4 SGB V aF erlaubten Abweichung vom Rahmenvertrag - diesen ansonsten lediglich ergänzen. Weitere inhaltliche Vorgaben enthält das SGB V für diesen Kollektivvertrag auf Landesebene nicht. Auch der Abschluss individueller Verträge von Krankenkassen mit einzelnen Apotheken ist nach § 129 Abs 5 S 3 SGB V aF den Vertragspartnern freigestellt. Inhaltlich dürfen solche Einzelverträge aber lediglich die Sicherstellung der Versorgung mit in Apotheken hergestellten Zytostatika (bzw seit 23.7.2009 mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie) zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten sowie Abschläge auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und die Preise und Preisspannen der Apotheken regeln.
dd) Für die aufgezeigte Auslegung spricht auch der Gesetzeszweck des § 129 SGB V. Die Regelung dient nämlich der Umsetzung des bereits nach § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 SGB V auch für alle Leistungserbringer geltenden Wirtschaftlichkeitsgebots. Für die Verträge nach § 129 SGB V gilt die gesetzliche Zielvorgabe, eine möglichst wirtschaftliche Versorgung der Versicherten zu erreichen (vgl Schneider, aaO, § 129 SGB V, RdNr 11). Mit § 129 SGB V in der hier anwendbaren Fassung durch das GKV-WSG wollte der Gesetzgeber eine Intensivierung des Wettbewerbs erreichen und zwar insbesondere durch mehr Vertragsfreiheit der Krankenkassen mit den Leistungserbringern (vgl Gesetzesbegründung zum GKV-WSG, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 1 f unter A. 4. Spiegelstrich sowie gleichlautender Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 16/3950 S 2 f unter A. 4. Spiegelstrich). Die Abgabepreise von Arzneimitteln sollten zur Entlastung der GKV und der Solidargemeinschaft flexibilisiert (Stellungnahme des Bundesrats in BT-Drucks 16/3950 S 43 Nr 97 Zu Artikel 30 Nr 5 ua, Begründung Zu Buchstabe a) und ein Vertragssystem etabliert werden, das die Arzneimittelversorgung der Versicherten auf Landes- und Bundesebene flächendeckend und wirtschaftlich organisiert (Stellungnahme des Bundesrats, ebenda, S 22 Nr 45; Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drucks 16/4020 S 5 jeweils zu Nr 45 Art 1 Nr 95). Eine restriktive Auslegung der gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten ergänzende Verträge auf Landesebene zu schließen, würde diesen gesetzlichen Zielen widersprechen.
ee) Der Rechtmäßigkeit der ErgV stehen auch die Preisvorschriften des § 78 AMG (idF durch das GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) iVm der AMPreisV (in der jeweils anwendbaren Fassung) nicht entgegen.
(1) Bei der im Text des § 1 Abs 1 ErgV niedergelegten Auffassung der Vertragspartner, wonach diese übereinstimmend der Ansicht sind, dass Zubereitungen aus den in der Anlage 1 ErgV genannten Wirkstoffen als Rekonstitutionen zu betrachten und nur als Fertigarzneimittel abrechenbar sind, handelt es sich lediglich um eine Vorfrage zur Preisbildung. Es ist nicht erkennbar, dass eine solche Verständigung über die Auslegung von Vorfragen der bundesrechtlichen Regelung zum einheitlichen Apothekenabgabepreis nach § 78 Abs 2 S 2 AMG iVm der AMPreisV entgegenstehen könnte.
(2) Das bundesrechtliche Arzneimittelpreisrecht lässt auch die in der ErgV für Zytostatikazubereitungen getroffene Regelung eines Preisabschlags auf die nach der AMPreisV berechneten Preise zugunsten der Beklagten zu 2. iHv 1,75 % pro Rezeptposition zu (vgl § 3 Nr 1 Abs 2 S 2 und Nr 2 Abs 2 S 3 ErgV).
Nach § 78 Abs 2 S 2 AMG ist zwar für Arzneimittel ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten, der sich grundsätzlich aus der AMPreisV ergibt, zu deren Erlass § 78 Abs 1 AMG das Bundesministerium ermächtigt. Anstelle des im Entwurf des GKV-WSG zunächst vorgesehenen Höchstpreissystems wurden damit grundsätzlich einheitliche Apothekenabgabepreise für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel angeordnet (Ausschussbericht, aaO, BT-Drucks 16/4247 S 65 Zu Artikel 30 Nr 5 ≪§ 78 Abs 3 AMG≫). Für in Apotheken hergestellte Zytostatika (bzw ab 23.7.2009 für in Apotheken hergestellte parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie) zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung wurde aber zugleich in § 129 Abs 5 S 3 Halbs 2 SGB V eine Sonderregelung getroffen: Danach können nämlich - in diesem Versorgungsbereich - ua "Abschläge auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und die Preise und Preisspannen der Apotheken vereinbart werden". Solche Preisvereinbarungen haben deshalb Vorrang gegenüber den sich aus der AMPreisV ergebenden Preisen.
Mit dieser Regelung sollte gerade die Möglichkeit geschaffen werden, "Preisabschläge für diese spezielle Versorgung zu vereinbaren", damit "besondere Fallgestaltungen der Versorgung mit Zytostatika-Rezepturen sachgerecht berücksichtigt werden" können (Ausschussbericht, aaO, BT-Drucks 16/4247 S 46 Zu Nummer 95 ≪§ 129≫ Zu Buchstabe c Zu Satz 1 ≪neu≫). Das Ziel, "dass Einkaufsvorteile und Rabatte von pharmazeutischen Unternehmern für Arzneimittel, die aufgrund besonderer Fallgestaltungen nicht unter das Rabattverbot des § 78 Abs 3 AMG fallen, wie insbesondere Rabatte bei onkologischen Rezepturen, den Krankenkassen zur Entlastung der Beitragszahler weitergeleitet werden" wird im Entwurf des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 1990; zum Gesetzentwurf der Bundesregierung s BT-Drucks 16/12256, S 3 Abs 6, gleichlautend Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit ua zu diesem Gesetzentwurf, BT-Drucks 16/13428, S 3 Abs 7) formuliert. Zwar ist der in der ErgV vereinbarte Preisabschlag der Beklagten zu 2. von den Apotheken zu gewähren; da aber nur diese in direkter vertraglicher Beziehung zu den pharmazeutischen Unternehmen stehen, haben sie bessere Möglichkeiten, Rabatte mit pharmazeutischen Unternehmern auszuhandeln als die Krankenkassen nach § 130a Abs 8 SGB V. Solche Rabatte sollen dann an die Krankenkasse weitergeleitet werden. Dieses Ziel ergibt sich auch schon aus der Begründung im Ausschussbericht zum GKV-WSG (Ausschussbericht, aaO, BT-Drucks 16/4247 S 46 Zu Nummer 95 ≪§ 129≫ Zu Buchstabe c Zu Satz 1 ≪neu≫), denn bereits danach sollten Apotheken von Krankenkassen beauftragt werden können, "mit dem pharmazeutischen Unternehmer Abschläge auf dessen Abgabepreis zu Gunsten der Krankenkassen zu vereinbaren. Eine entsprechende Beauftragung von Apotheken ist im Rahmen des Vertrags mit der Krankenkasse für Zytostatika-Rezepturen möglich und wirtschaftlich sinnvoll". Die am Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 1990) Beteiligten haben sodann bei der Erweiterung des § 129 Abs 5 S 3 SGB V auf parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie ausdrücklich auf "schon aktuell entsprechende Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Apothekerverbänden auf Landesebene" Bezug genommen, "die sich bewährt haben".
Vor dem Hintergrund dieser Einbindung der Vorschrift und den im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Motiven ist die in § 129 Abs 5 S 3 Halbs 2 SGB V aF geregelte Ausnahme von dem grundsätzlich einheitlichen Apothekenabgabepreis nach alledem eine lediglich Zytostatika (bzw später parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie) betreffende bereichsspezifische Ausnahme. Diese Ausnahme ist aber nicht auf einzelvertragliche Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Einzelapotheken beschränkt, sondern erlaubt entsprechende Vereinbarungen gleichermaßen zwischen den auf Landesebene zuständigen Vertragspartnern (so im Ergebnis auch Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 7/18, K § 129 RdNr 52).
(3) Gleiches ergibt sich auch daraus, dass ein einzelner Apotheker, der zum Abschluss eines Vertrags mit Preisabschlägen bezüglich Zytostatikazubereitungen nach § 129 Abs 5 S 3 Halbs 2 SGB V aF berechtigt ist, sich bei diesem Vertragsabschluss - wie bei jedem anderen Vertrag auch - rechtsgeschäftlich vertreten lassen kann, ggf auch durch seinen Landesverband. Ebenso kann sich eine einzelne Krankenkasse von ihrem Landesverband vertreten lassen.
Um derartige Fälle der rechtsgeschäftlichen Vertretung handelt es sich auch vorliegend bei beiden Vertragspartnern: Die Beklagte zu 2. hat sowohl die Rechtsstellung einer (Einzel-)Krankenkasse als auch diejenige eines Landesverbands; der Kläger unterwarf sich mit seiner Mitgliedschaft im Verband des Beklagten zu 1. dessen Satzung (§ 3 Abs 3 der Satzung), nach der es zu den Aufgaben des Letzteren gehört, nicht nur Arzneilieferungsverträge, sondern auch sonstige Verträge mit Krankenkassen zu schließen, die für die Verbandsmitglieder unmittelbare Rechtswirkung haben (§ 2a der Satzung; zur zulässigen Heranziehung und Auslegung nicht revisiblen Rechts durch das Revisionsgericht, wenn das Berufungsgericht dies unberücksichtigt gelassen hat, vgl allgemein Leitherer in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 162 RdNr 7b mwN).
(4) Auch wenn es zutreffen mag, dass wegen der bundesweit relativ geringen Anzahl von Zytostatika herstellenden Apotheken ein Bedarf (auch) für Einzelverträge gesehen wurde, schließt dies die Zulässigkeit des Abschlusses eines Kollektivvertrags jedenfalls nicht aus, wenn eine Apothekerorganisation auf Landesebene hierzu bereit und nach ihrer Satzung berechtigt ist und die Krankenkassenseite diesem Regelungskonzept zustimmt. Zudem wurden mit dem Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 2011) die Preisspannen und Preise der Apotheken für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen mit Wirkung vom 23.7.2009 nach § 1 Abs 3 Nr 8 AMPreisV ausdrücklich insgesamt vom Anwendungsbereich der AMPreisV ausgenommen. Seitdem scheidet ein Verstoß von Preisvereinbarungen für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen gegen § 78 AMG iVm der AMPreisV von vornherein aus.
(5) Schließlich hält sich der Preisabschlag nach der ErgV im Rahmen des von der Ausnahmevorschrift nach § 129 Abs 5 S 3 Halbs 2 SGB V erfassten Versorgungsbereichs, denn er betrifft ausschließlich in Apotheken hergestellte Zytostatika zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung. Unerheblich ist dabei, ob es sich bei den in der Anlage 1 zur ErgV aufgeführten Präparaten um monoklonale Antikörper handelt. Der in diesem Zusammenhang weit auszulegende Zytostatikabegriff iS von § 129 Abs 5 S 3 Halbs 2 SGB V umfasst - auch wenn dies fachwissenschaftlich teilweise möglicherweise als differenzierungsbedürftig angesehen wird - zumindest in gesetzessprachlich vertretbarer Weise auch monoklonale Antikörper. Letztere werden selbst in Fachkreisen nämlich durchaus auch als "biologische Zytostatika" oder "Immunzytostatika" bezeichnet (vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl 2014, Stichwort "Antikörper, monoklonale", S 122; Wikipedia, Stichwort "Zytostatika", im Internet recherchiert am 13.12.2018; ebenso Bundeskartellamt, 2. Vergabekammer des Bundes Beschluss vom 29.4.2010 - VK 2 - 20/10, S 44; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 14.10.2010 - L 1 SF 191/10 B Verg, Juris RdNr 91 mwN) und sind daher jedenfalls ihrem Wortlaut nach ebenfalls Zytostatika. Für eine einengende Auslegung gibt es demgegenüber keine durchgreifenden Anhaltspunkte. Insbesondere sind unterschiedliche Wirkungsweisen oder biologisch-medizinische Unterscheidungen zwischen verschiedenen Typen von Zytostatika für das Arzneimittelpreisrecht irrelevant. Dafür, dass das im Gesetzgebungsverfahren in diesem Bereich gesehene Einsparpotential auf bestimmte Zytostatika begrenzt gewesen sein könnte, fehlen jegliche Hinweise; vielmehr wurde später sogar der Zytostatikabegriff noch für zu eng gehalten und ab 23.7.2009 die Ausnahme von der Preisbindung auf alle "parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie" ausgedehnt, die in Apotheken hergestellt werden.
ff) Der vorstehend aufgezeigten Auslegung steht - entgegen der Ansicht des Klägers - ferner nicht entgegen, dass Apotheken, die Zytostatika herstellen, im Verband des Beklagten zu 1. möglicherweise unterrepräsentiert sind bzw waren. Einfachgesetzlich ist ein Schutz von Minderheiteninteressen bei der Vertretung der Apotheker durch ihre Organisationen auf Bundes- oder Landesebene, der über die allgemeinen vertraglichen Missbrauchsregelungen nach §§ 138, 242 BGB hinausgeht, nicht vorgesehen. Die ErgV verstößt weder gegen §§ 138, 242 BGB (hierzu ≪1≫) noch ist verfassungsrechtlich ein darüber hinausgehender Schutz geboten (hierzu ≪2≫ und ≪3≫).
(1) Rechtsgeschäfte, die unter Ausnutzung ungleicher Machtverhältnisse geschlossen werden, sind nach § 138 BGB wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, wenn die Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen (vgl zB Schmidt-Räntsch in Erman, BGB, 15. Aufl 2017, § 138 RdNr 15, 16). Zudem geben die Grundsätze von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nach § 242 BGB Auslegungsinstrumente zum Ausgleich von Machtungleichgewichten (so Böttcher in Erman, ebenda, § 242 RdNr 33, 39).
Es gibt hier ausgehend von den Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass der Abschluss der ErgV oder ihr Inhalt auf einem derartigen Machtmissbrauch zu Lasten der Zytostatika herstellenden Apotheker beruhen könnte. Konkrete Umstände, die in diese Richtung deuten könnten, hat der Kläger selbst nicht vorgetragen. Auch sonst ist dafür aus allgemeinen rechtlichen Grundsätzen heraus nichts ersichtlich: Zwar stimmte der Beklagte zu 1. zum Nachteil Zytostatika herstellender Apotheker - wie dem Kläger - einem Preisabschlag für zytostatikahaltige Lösungen zu, er stellte aber zugleich eine gleichmäßige Versorgung durch sämtliche Apotheken im Land Brandenburg sicher. In - dem nicht revisiblen, vom LSG aber nicht herangezogenen - § 6 ErgV ist die Verpflichtung der Beklagten zu 2. enthalten, im Zusammenhang mit der Zytostatikaversorgung ihrer Versicherten keine Ausschreibungen vorzunehmen, die zur Folge hat, dass einzelne Apotheken während der Laufzeit der ErgV von dieser Versorgung ausgeschlossen würden. Auf diese Weise konnte der Beklagte zu 1. immerhin - als milderes Mittel - einen Preiswettbewerb der durch ihn repräsentierten Apotheker untereinander sowie eine Versorgung durch lediglich einen einzigen Ausschreibungsgewinner und den damit verbundenen gänzlichen Ausschluss aller anderen potenziellen für eine Leistungserbringung in Betracht kommenden Apotheken - einschließlich des Klägers - verhindern (vgl zu einer solchen - rechtlich allerdings beanstandungsfreien - Ausschlusswirkung durch Vergabeverfahren mit Einzelzuschlag im Zusammenhang mit Zytostatika-Zubereitungen BSGE 120, 122 = SozR 4-2500 § 129 Nr 11, Leitsatz und RdNr 18 ff). Ein zur Unwirksamkeit der Regelungen führendes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung oder eine unbillige Ausnutzung von Machtverhältnissen zu Lasten betroffener Apotheker wie dem Kläger ist bei einer solchen Ausgestaltung nicht erkennbar.
(2) Die Möglichkeit zum Abschluss ergänzender Vereinbarungen auf Landesebene nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V musste auch nicht - über diese zivilrechtlichen Kontrollinstrumente hinaus - zum Schutz möglicher Minderheiteninteressen der Zytostatika herstellenden Apotheken im Hinblick auf das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit aus Art 9 GG eingeschränkt werden. Der Schutzbereich von Art 9 Abs 1 und 3 GG umfasst zwar nicht nur die Freiheit, Vereinigungen zu bilden oder beizutreten, sondern auch die negative Vereinigungsfreiheit, also die Entscheidung einer Vereinigung fernzubleiben (vgl zB Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 15. Aufl 2018, Art 9 RdNr 7 mwN) und die eigenen Interessen nicht von ihr vertreten zu lassen. Diese Freiheit wird durch das im Falle des Klägers zu beurteilende Regelungssystem jedoch nicht eingeschränkt. § 129 Abs 5 S 1 und S 3 SGB V aF regeln den Rahmen eines partnerschaftlichen Modells (weitgehend) frei verhandelbarer Verträge, deren Abschluss nicht im Wege eines Schiedsverfahrens erzwungen werden kann. Während Apotheken bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte verpflichtet sind, sich an die Maßgaben des Rahmenvertrages nach § 129 Abs 1 und Abs 2 SGB V zu halten (vgl zB Axer in Becker/Kingreen, SGB V, 6. Aufl 2018, § 129 RdNr 34), fordert das Gesetz keine zwingende Mitgliedschaft in einem Landesverband und keine Bindung der Apotheke an ergänzende Verträge auf Landesebene, um am Versorgungsgeschehen der GKV teilnehmen zu können (vgl hierzu zB Armbruster in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl 2016, § 129 RdNr 63). Deshalb wird die Vertragsfreiheit des Einzelnen durch die Möglichkeit, sich bei freigestellter Mitgliedschaft an einem Kollektivvertrag auf Landesebene zu beteiligen oder nicht, erweitert und nicht eingeschränkt.
(3) Auch aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz als verfassungsrechtlichem Anknüpfungspunkt für einen Minderheitenschutz kann der Kläger nichts für sich herleiten. Art 3 Abs 1 GG wird nämlich nur bei einer durch sachliche Gründe nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung wesentlich gleicher Sachverhalte sowie bei sachlich nicht gerechtfertigter Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem verletzt; das gilt nicht erst im Falle von Willkür, sondern bereits dann, wenn die Rechtfertigung - ggf zu Lasten von Minderheiten - nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zur jeweiligen Ungleichbehandlung steht (vgl nur Jarass, aaO, Art 3 RdNr 10 ff, 18 f, 24 ff mwN; stRspr, vgl zB BVerfGE 102, 68, 87 mwN).
Die auf Zytostatika (bzw später auf parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie) beschränkte bereichsspezifische Ausnahme vom grundsätzlich geltenden einheitlichen Apothekenabgabepreis hat ihren sachlichen Grund nach den Gesetzesmaterialien insbesondere darin, dass diese spezifischen Arzneimittel aufgrund besonderer Fallgestaltungen nicht unter das Rabattverbot des § 78 Abs 3 AMG fallen und deshalb Einkaufsvorteile und Rabatte von pharmazeutischen Unternehmern zur Entlastung der Beitragszahler an die Krankenkassen weitergeleitet werden sollen (vgl dazu erneut Bericht des Ausschusses für Gesundheit ≪14. Ausschuss≫ BT-Drucks 16/4247 S 46 Zu Nummer 95 ≪§ 129≫ Zu Buchstabe c Zu Satz 1 ≪neu≫ sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit BT-Drucks 16/13428 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, S 3 Abs 7). An diese gesetzlich vorgegebene Unterscheidung knüpft die ErgV mit ihren Bestimmungen insbesondere zu den Preisabschlägen an und kann daher nicht als ungerechtfertigte Beeinträchtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes eingestuft werden.
3. Die vom Kläger im Revisionsverfahren in Bezug auf das Urteil des LSG gerügten Verfahrensmängel greifen nicht durch.
Nach den Ausführungen unter 2.a) kommt es auf das Ergebnisprotokoll zur Vorstandssitzung und dessen Auslegung aus materiell-rechtlichen Gründen schon nicht entscheidungserheblich an. Denn die alleinige Unterzeichnung der ErgV durch nur ein Vorstandsmitglied wurde - wie dargelegt - jedenfalls nachträglich seitens des Beklagten zu 1. genehmigt und die ErgV wurde damit ex tunc wirksam. Deshalb geht sowohl vom Kläger die hinsichtlich dieses Komplexes als seine Rechte beeinträchtigend gerügte Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör als auch seine darauf bezogene Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG ins Leere.
4. Wie das LSG zu Recht angenommen hat, ist die Klage in Bezug auf den mit dem Hauptantrag verbundenen Feststellungsantrag und die Hilfsanträge des Klägers bereits unzulässig.
a) Für den Antrag festzustellen, dass die ErgV zum Arzneimittelliefervertrag für das Land Brandenburg zur Abrechnung von in Apotheken hergestellten Zytostatika nach § 129 Abs 5 SGB V unwirksam und der Kläger so zu vergüten sei, wie er ohne Geltung dieser Vereinbarung zu vergüten wäre, fehlt es an einem berechtigten Interesse des Klägers. Ein solches Feststellungsinteresse ist nach § 55 Abs 1 SGG zur Erhebung einer Feststellungsklage erforderlich. Die mit dem ersten Hauptantrag erhobene echte Leistungsklage hat grundsätzlich Vorrang vor einer Feststellungsklage (vgl hierzu zB Keller in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 55 RdNr 19a mwN); ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil nach den Feststellungen des LSG die Geltung der ErgV zum 31.12.2009 endete und keine Folgevereinbarung mehr getroffen wurde.
b) Die auf die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zu 1. und zu 2. gerichtete Zahlungsklage ist unzulässig, weil das gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Zahlungsbegehren bereits von der nach dem ersten Hauptantrag zulässigen Zahlungsklage vollständig erfasst ist, und es für das gegen den Beklagten zu 1. gerichtete Zahlungsbegehren an einer Klagebefugnis fehlt. Da ein Zahlungsbegehren allenfalls im Wege einer echten Leistungsklage geltend gemacht werden kann, gilt insoweit hinsichtlich der Klagebefugnis § 54 Abs 1 S 2 SGG entsprechend (vgl BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 7; BSG SozR 4-2500 § 127 Nr 5 RdNr 10). Danach ist die Klage nur zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit einer Verletzung des Klägers in eigenen Rechten im Raum steht (vgl hierzu zB Keller in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 54 RdNr 9 ff). Insoweit genügt es zwar, dass eine rechtlich anerkannte Rechtsposition des Klägers nicht ausgeschlossen werden kann; eine Klagebefugnis ist aber nicht gegeben, wenn dem Kläger das geltend gemachte Recht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann (vgl hierzu zB Keller, ebenda RdNr 14a, 22 mwN). So verhält es sich hier. Für einen Zahlungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 1. lässt sich offensichtlich weder nach dem Gesetz noch nach den vertraglichen Vereinbarungen eine Anspruchsgrundlage in Betracht ziehen. Deshalb scheidet auch eine gesamtschuldnerische Verurteilung des Beklagten zu 1. mit der Beklagten zu 2. von vornherein aus. Der Kläger hat hierzu auch selbst nicht einmal ansatzweise vorgetragen, woraus sich ein solcher Zahlungsanspruch ergeben oder in welcher Rechtsposition er verletzt sein könnte. Einen Schadensersatzanspruch verfolgt der Kläger mit dem weiter hilfsweise geltend gemachten Feststellungsanspruch.
c) Die weiter hilfsweise vom Kläger begehrte Feststellung, dass die Beklagten zu 1. und zu 2. verpflichtet sind, ihm den Schaden zu ersetzen, der durch den Abschluss der ErgV entstanden ist, ist im Rahmen eines in der Sozialgerichtsbarkeit geführten Rechtsstreits unzulässig. Möglicherweise im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft des Klägers im Verband des Beklagten zu 1. stehende vereinsrechtliche Schadensersatzansprüche, derer der Kläger sich berühmt, können allenfalls zivilrechtlicher Natur sein, sodass - wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat - die Sozialgerichtsbarkeit hierüber ebenso wenig zu entscheiden hat, wie über Amtshaftungsansprüche nach Art 34 GG iVm § 839 BGB gegen die Beklagte zu 2. Einer (Teil-)Verweisung des Rechtsstreits an die ordentlichen Gerichte bedurfte es insoweit nicht (BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 23 mwN; BSG Beschluss vom 30.7.2014 - B 14 AS 8/14 B - Juris, RdNr 5 mwN).
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO; diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG. Für die Berechnung des Streitwertes hat der Senat neben dem gegenüber der Beklagten zu 2. geforderten Zahlbetrag iHv 196 791,36 Euro 2 x 20 % hiervon für die Schadensersatzforderungen gegenüber den beiden Beklagten zu 1. und zu 2. in Ansatz gebracht und den Betrag geringfügig abgerundet. Die anderen Anträge sind wegen Identität der Forderungen bei der Ansetzung der Streitwerthöhe unberücksichtigt geblieben.
Fundstellen
Haufe-Index 13124906 |
NZS 2019, 710 |
SGb 2019, 221 |
GesR 2019, 802 |