Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin, ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung, wendet sich gegen die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze durch Art. 1 Nr. 1 Buchstabe a und c des Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzsicherungsgesetz – BSSichG) vom 23. Dezember 2002 (BGBl I S. 4637).
1. Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) grundsätzlich pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie sind nach § 6 SGB V versicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Versicherungspflichtgrenze übersteigt. Die Grenze lag im Jahr 2002 in den alten Bundesländern bei jährlich 40.500 EUR. Mit Art. 1 Nr. 1 BSSichG wurde die für die Versicherungspflicht maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze insoweit ab dem 1. Januar 2003 auf 45.900 EUR angehoben. Für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der bisherigen Jahresarbeitsentgeltgrenze bereits versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert waren, legt § 6 Abs. 7 SGB V diese Einkommensgrenze allerdings auf nur 41.400 EUR jährlich fest. Diese Ausgangswerte werden für das Jahr 2004 nach § 6 Abs. 8 SGB V auf 45.594,05 EUR und 41.034,64 EUR fortgeschrieben.
Die privaten Versicherungsunternehmen bieten Krankenkostenvollversicherungen an, die vornehmlich von Beamten und Selbständigen, aber auch von den höher verdienenden nicht pflichtversicherten Arbeitern und Angestellten, deren Einkommen die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, abgeschlossen werden. In diesem Segment bezeichnet sich die Beschwerdeführerin als Marktführerin. Daneben bieten die privaten Versicherungsunternehmen ergänzende Krankenversicherungsverträge an, weil das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung auf notwendige, wirtschaftliche und allgemein anerkannte Leistungen beschränkt ist. Die Zahl der Vollversicherten in der privaten Krankenversicherung hat sich in den letzten 10 Jahren von etwa 6,7 Mio. im Jahr 1992 auf etwa 7,9 Mio. im Jahr 2002 erhöht (vgl. Übersicht über die Anzahl der Versicherten im Zahlenbericht 2002/2003 des Verbandes der privaten Krankenversicherung, S. 12). Die Zahl der gesetzlich Versicherten ist in demselben Zeitraum etwa gleich geblieben (vgl. Tabelle KFO3 Bund des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, Stand: 11. Juli 2003, http://www.bmgs.bund.de). Die Zahl der Zusatzversicherten stieg im selben Zeitraum von 5,6 auf 7,7 Mio.
2. Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG, weil den privaten Versicherern eine große Zahl potentieller Versicherter verloren gehe, indem die Grenze für Neuzugänge unangemessen stark angehoben worden sei. Die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze habe die ohnehin schon bestehende objektive Berufszulassungsregelung verschärft, die durch das partielle staatliche Versicherungsmonopol in Gestalt der Pflichtversicherung bestehe. Der Grundrechtseingriff sei nur zulässig, wenn er dem Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts diene. Als solches könne die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zwar angesehen werden. Die Regelung sei aber unverhältnismäßig: Die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze sei nicht geeignet, die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung zu verbessern. Strukturelle Probleme würden nicht gelöst. Eventuelle Mehreinnahmen würden durch negative finanzielle Effekte aufgewogen. Werde die Zahl der Versicherten unproportional erhöht, entstünden auch mehr Ausgaben, insbesondere infolge der Familienversicherung. Auch müssten viele Krankenkassen mit eventuellen Mehreinnahmen zunächst Rücklagen bilden. Außerdem würden erfahrungsgemäß Begehrlichkeiten der Leistungserbringer geweckt. Es fehle auch an der Erforderlichkeit der Maßnahmen. Alternativ seien strukturelle Änderungen denkbar, die die private Krankenversicherung nicht in Mitleidenschaft ziehen würden. Jedenfalls stünden die allenfalls erzielbaren Entlastungseffekte außer Verhältnis zu den massiven wirtschaftlichen Einbußen bei der Beschwerdeführerin, bei der die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze, gerechnet nach Beiträgen, zu einem Wegfall von etwa 11 vom Hundert ihres Krankenversicherungs-Neugeschäftspotentials der Krankheitskostenvollversicherung mit Arbeitnehmern führe. Sie verliere dadurch ihre Marktführerstellung. Durch das Ausbleiben von Neuzugängen komme es zu unzumutbaren Belastungen der verbleibenden Versicherten, weil jede Versicherung auch auf einen Ausgleich im Kollektiv angewiesen sei.
Das Gesetz verstoße auch schon deshalb gegen Art. 12 Abs. 1 GG, weil es an der nach Art. 84 Abs. 1 GG erforderlichen Zustimmung des Bundesrates fehle. Namentlich mit Art. 7 Abs. 1 BSSichG werde in das Verwaltungsverfahren von Aufsichtsbehörden der Länder gegenüber Krankenkassen und damit in die Organisationshoheit der Länder eingegriffen.
Außerdem werde die Beschwerdeführerin auch in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Das Eigentumsgrundrecht schütze auch den gegenwärtigen und künftigen Kundenstamm. Der von Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Funktionsschutz umfasse die Möglichkeit, künftig ausreichend Verträge mit Neuversicherten abzuschließen, um den Verpflichtungen aus den aktuellen Verträgen gerecht zu werden. Die künftige Klientel sei ein existentieller Berechnungsfaktor für das Funktionieren der privaten Krankenversicherung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor.
1. Soweit die Beschwerdeführerin die fehlende Zustimmung des Bundesrates rügt, ist ihr Vortrag unsubstantiiert.
Das Zustimmungserfordernis des Art. 84 Abs. 1 GG soll die Grundentscheidung der Verfassung zugunsten des föderalistischen Staatsaufbaus absichern und verhindern, dass Verschiebungen im bundesstaatlichen Gefüge im Wege der einfachen Gesetzgebung über Bedenken des Bundesrates hinweg herbeigeführt werden können. Ein Gesetz ist nicht bereits deshalb zustimmungsbedürftig, weil es die Interessen der Länder als Träger der Ausführungskompetenz lediglich berührt. Das Zustimmungserfordernis gilt vielmehr nur für solche Gesetze, die selbst Einrichtung oder Verfahren der Landesbehörden regeln (vgl. BVerfGE 75, 108 ≪150≫).
Dass durch Art. 7 Abs. 1 BSSichG in die Organisationsgewalt der Länder eingegriffen wird, wird von der Beschwerdeführerin zwar behauptet, aber nicht begründet. Die genannte Vorschrift selbst regelt nicht das Verwaltungsverfahren. Sie enthält materiell-rechtliche Vorgaben für Beitragssatzanhebungen und verbietet den gesetzlichen Krankenkassen die Erhöhung der Beiträge im Jahr 2003. Sie ordnet also lediglich an, dass es für ein Jahr bei der bisherigen Rechtslage verbleibt, so dass auch für die Landesaufsichtsbehörden keine Änderung eintritt. Es hätte daher einer die tatsächliche und rechtliche Lage berücksichtigenden Begründung dazu bedurft, inwiefern die Organisationsgewalt der Länder von einer solchen Vorschrift berührt werden kann. Es erschließt sich nicht ohne weiteres, dass die unveränderte Fortgeltung von Beitragssätzen, die von den Krankenkassen ohnedies nicht nach Landes-, sondern nach Bundesrecht festzusetzen sind, irgendeinen Einfluss auf die Einrichtung oder Verfahrensgestaltung einer Landesaufsichtsbehörde gewinnen kann.
Erst recht unsubstantiiert ist die pauschale Behauptung, auch andere, nicht ausdrücklich genannte Vorschriften machten das Gesetz insgesamt zustimmungsbedürftig.
2. Ob die Verfassungsbeschwerde im Übrigen zulässig ist, kann offen bleiben, weil die Annahmevorausetzungen nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG auch dann nicht vorliegen, wenn man die Zulässigkeit unterstellt.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen Art. 1 Nr. 1 Buchstabe a und c BSSichG und damit gegen eine gesetzliche Regelung, deren Adressatin sie nicht ist. Unmittelbare Rechtsfolgen treten nur für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei Beschäftigungsverhältnissen mit Jahresarbeitsverdiensten in den alten Bundesländern zwischen 40.500 und 45.900 EUR oder zwischen 41.400 und 45.900 EUR ein, je nachdem welcher Teil der Neuregelung mit der Verfassungsbeschwerde gemeint ist. Die Beschwerdeführerin wird in beiden Fällen lediglich faktisch mittelbar betroffen, weil Arbeitnehmer, die infolge der gesetzlichen Regelung versicherungspflichtig werden oder bleiben, es aber nach der früheren Regelung nicht wären, als potentielle Versicherungsnehmer ausscheiden. Damit verengt sich der Kreis der möglichen Kunden. Solche mittelbar faktischen Folgen von Regelungen, die Versicherte betreffen, sind für Unternehmen im Gesundheitssystem regelmäßig nicht am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG zu messen (vgl. BVerfGE 106, 275 ≪298 ff.≫). Selbst wenn man aber eine grundrechtliche Betroffenheit der Beschwerdeführerin unterstellt, ist die Verfassungbeschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen.
a) Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die angesprochenen Fragestellungen lassen sich mit Hilfe der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe beantworten.
aa) Das Bundesverfassungsgericht hat geklärt, dass die Gewährleistung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen des Privatrechts bezieht, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise juristischen wie natürlichen Personen offen steht (vgl. BVerfGE 105, 252 ≪265≫; stRspr). Die Reichweite des Freiheitsschutzes wird allerdings auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Das Grundrecht umfasst keinen Anspruch auf Sicherung zukünftiger Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, a.a.O.). Das Grundrecht der Berufsfreiheit schützt nicht gegen Veränderungen des Marktgeschehens, auch wenn sie vom Staat ausgehen (vgl. BVerfGE 98, 218 ≪259≫; 106, 275 ≪301 f.≫).
bb) Ebenso ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass Art. 14 Abs. 1 GG den konkreten Bestand an vermögenswerten Gütern vor ungerechtfertigten Eingriffen durch die öffentliche Gewalt schützt (vgl. BVerfGE 105, 252 ≪277≫). Dabei werden nur Rechtspositionen erfasst, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht aber in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 68, 193 ≪222≫; 105, 252 ≪277≫). Auch wenn Umsatz- und Gewinnchancen oder tatsächliche Gegebenheiten für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung sind, werden sie vom Grundgesetz eigentumsrechtlich nicht dem geschützten Bestand des einzelnen Unternehmens zugeordnet (vgl. BVerfGE 68, 193 ≪222 f.≫; 77, 84 ≪118≫; 81, 208 ≪227 f.≫; 105, 252 ≪278≫).
cc) Vom Bundesverfassungsgericht mehrfach entschieden ist auch, dass es in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegt, den Mitgliederkreis der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits danach abzugrenzen, welcher Personenkreis zur Bildung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist, und andererseits danach, welche Personen deren Schutz benötigen. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht stets betont, dass es sich bei der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang handelt (vgl. BVerfGE 103, 172 ≪184 f.≫ unter Bezugnahme auf BVerfGE 70, 1 ≪30≫; 82, 209 ≪230≫).
b) Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Durchsetzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Art. 1 Nr. 1 Buchstabe a und c BSSichG verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.
aa) Selbst wenn man einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG durch die Einschränkung des Kundenkreises der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die private Vollversicherung annimmt, ist er verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
(1) Ein Eingriff in die Berufswahlfreiheit scheidet von vornherein aus. Zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung besteht kein Konkurrenzverhältnis, in dem die Sozialversicherung einen Bereich monopolisiert. Es handelt sich vielmehr um verschiedene Systeme, die unter ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten Krankheitskosten abdecken. Gemeinsam ist beiden nur die Sicherung ihrer Mitglieder oder Kunden gegen eine individuell unkalkulierbare Gefahrenlage. Von der privaten Versicherung, die auf dem Äquivalenzprinzip einerseits und dem Kapitaldeckungsprinzip andererseits sowie der Bildung altersabhängiger Risikogemeinschaften beruht, unterscheidet sich die Sozialversicherung ganz wesentlich durch das fehlende Gewinnstreben und die zahlreichen Komponenten des sozialen Ausgleichs, wie sie etwa in der beitragsfreien Mitversicherung von Familienmitgliedern, der Umlagefinanzierung und der Bemessung der Beiträge nach dem Entgelt zum Ausdruck kommen (vgl. BVerfGE 76, 256 ≪300 ff.≫ für die gesetzliche Rentenversicherung). Der Ausgleich unterschiedlicher Krankheitsrisiken unter den Pflichtversicherten tritt in der gesetzlichen Krankenversicherung als prägendes Merkmal hinter den Ausgleich zwischen finanziell Leistungsfähigen und Leistungsschwächeren zurück.
Die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze verändert das duale Krankenversicherungssystem nicht grundsätzlich. Unangetastet bleibt der Geschäftsbereich der privaten Krankenversicherung der Beamten und Selbständigen. Auch die Geschäftssparte der ergänzenden Krankenversicherung wird nicht berührt. Insoweit lässt sich infolge zunehmender Ausgrenzung einzelner Risiken und Kostenfaktoren aus dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung eher eine wachsende Nachfrage nach privater Zusatzversicherung vermuten. Der Anstieg von Verträgen bei der Zusatzversicherung um mehr als 30 vom Hundert in den letzten 10 Jahren bei gleichbleibendem Mitgliederbestand in der gesetzlichen Krankenversicherung bestätigt diese Annahme.
Die Sparte der Krankenvollversicherung ist auch hinsichtlich der abhängig Beschäftigten nur zu einem Teil betroffen. In den alten Bestand an Versicherungsverhältnissen wird nicht oder nur minimal eingegriffen. Für diesen Personenkreis hat das angegriffene Gesetz die Versicherungspflichtgrenze um 900 EUR jährlich, also 75 EUR monatlich, angehoben, was einem Bruttozuwachs von weniger als zwei vom Hundert entspricht. Damit kann nur ein verschwindend geringer Teil der Versicherungsnehmer, deren an der Beitragsbemessungsgrenze liegendes Einkommen 2002 nicht in diesem Umfang gestiegen ist, in die gesetzliche Krankenversicherung zurückkehren; gezwungen wird er hierzu nicht (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Die Beschwerdeführerin beziffert diese Gruppe auch nicht. Sie stellt vielmehr auf die prognostizierte Einbuße beim Neugeschäft ab. Nach allem kann der Beruf des privaten Krankenversicherers weiterhin ausgeübt werden.
(2) Die angegriffene Regelung genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit.
(aa) Die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze erfolgte als eine von mehreren Maßnahmen zur Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung, die das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut bezeichnet hat (vgl. BVerfGE 70, 1 ≪29, 30≫; 82, 209 ≪230≫). Soll die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit Hilfe eines Sozialversicherungssystems erreicht werden, stellt auch dessen Finanzierbarkeit einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang dar, von dem sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Systems leiten lassen darf (vgl. BVerfGE 103, 172 ≪185≫). Dass es sich dabei um einen überragenden Gemeinwohlbelang handelt, gesteht auch die Beschwerdeführerin zu.
Die Stabilität des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung ist kein Selbstzweck. Die gesetzliche Krankenversicherung dient der Absicherung der als sozial schutzbedürftig angesehenen Versicherten vor den finanziellen Risiken einer Erkrankung. Dabei findet ein umfassender sozialer Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, vor allem aber zwischen Versicherten mit niedrigem Einkommen und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen statt. Um dies zu gewährleisten, kann der Gesetzgeber den Mitgliederkreis von Pflichtversicherungen so abgrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (vgl. BVerfGE 10, 354 ≪363 ff.≫; 12, 319 ≪323 ff.≫; 29, 221 ≪235 ff.≫; 44, 70 ≪90≫; 48, 227 ≪234≫; 103, 197 ≪221 ff.≫; 103, 271 ≪288≫).
(bb) Zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels ist die Regelung auch geeignet.
Gemessen an den versicherten Risiken dürfte der Kreis der Schutzbedürftigen mit der Versicherungspflichtgrenze eher zu eng als zu weit gezogen worden sein. Da es an der Möglichkeit der beitragsfreien Mitversicherung von Familienangehörigen in der privaten Krankenversicherung fehlt und dort zusätzlich eine Risikoselektion stattfindet, ist die private Krankenversicherung für besserverdienende ältere Arbeitnehmer mit familiären Unterhaltsverpflichtungen ohnedies zu teuer. Das wird auch durch den Vortrag der Beschwerdeführerin deutlich. Sie weist darauf hin, dass sich in der gesetzlichen Krankenversicherung überdurchschnittlich häufig Versicherte mit mitversicherten Familienangehörigen finden. In der privaten Krankenversicherung entsteht für diesen Personenkreis infolge der gesonderten Versicherung der Familienangehörigen eine deutlich höhere Beitragslast, die sich durch Risikozuschläge weiter erhöhen kann.
Mit der Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze wollte der Gesetzgeber einen Teil der besonders Leistungsfähigen an die Solidargemeinschaft binden, um dieser ein ausreichendes Finanzierungsvolumen zur Verfügung zu stellen. Diese Gruppe ist zum Teil auch Zielgruppe für die privaten Krankenversicherer. Bei einem Vergleich von Beiträgen und Prämien ist die private Krankenversicherung in erster Linie für jüngere Alleinstehende ohne gesundheitliche Probleme vorteilhaft, sobald deren Einkünfte über der Versicherungspflichtgrenze liegen. Sie können in jüngeren Jahren in der privaten Krankenversicherung ihr Krankheitsrisiko mit geringerem finanziellen Aufwand absichern. Damit besteht der Anreiz zum Wechsel gerade für solche Personen, die bei einem Verbleib in der gesetzlichen Krankenversicherung wesentlich zu einem sozialen Ausgleich beitragen. Da die gesetzliche Krankenversicherung ebenso wie die Rentenversicherung ganz wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität ihrer Mitglieder sowie des sozialen Ausgleichs beruht (vgl. BVerfGE 76, 256 ≪301≫), benötigt sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch diese besonders leistungsfähigen Versicherten zur solidarischen Absicherung der Familienversicherten sowie der altersbedingt vermehrt krankheitsanfälligen Personen und aller Versicherten mit niedrigen Einkünften.
Die Verbesserung der Einnahmen ist auch geeignet, eine Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung zu bewirken. Zwar handelt es sich nur um eine Maßnahme innerhalb eines Bündels; durch sie allein kann eine Konsolidierung der Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung nicht bewirkt werden. Dies ist aber unerheblich. Immerhin hat der Gesetzgeber – bei einer insgesamt angestrebten Entlastung von 3 Mrd. EUR – von der Anhebung der Versicherungspflichtgrenze Mehreinnahmen in Höhe von 0,2 bis 0,3 Mrd. EUR erwartet (vgl. BTDrucks 15/28, S. 14). Es handelt sich damit keinesfalls um einen Beitrag von völlig untergeordneter Bedeutung. Dass auch andere Regelungen in Betracht gekommen wären, stellt die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage, besteht doch insoweit eine Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪349≫).
Der Vortrag der Beschwerdeführerin, der Einnahmenzuwachs bei der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht geeignet, deren finanzielle Situation zu verbessern, wohl aber trete der umgekehrte Effekt bei der privaten Krankenversicherung ein, ist schwer nachvollziehbar. Der gesetzgeberischen Einschätzung, dass die Mehreinnahmen pro Versicherten in einem Umfang von 4.000 bis 5.000 EUR jährlich nicht durch Mehrausgaben aufgezehrt würden, ist die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht substantiiert entgegengetreten. Die deutlich unterhalb der Höchstbeträge in der gesetzlichen Krankenversicherung liegenden Prämien der privaten Krankenversicherung für die potentiellen jungen alleinstehenden Wechsler sind Ausdruck eben dieser Annahme; anderenfalls wären die Prämien nicht risikogerecht kalkuliert. Im Übrigen treffen die von der Beschwerdeführerin aufgezeigten strukturellen Probleme mit kostentreibenden Effekten die privaten Versicherer ebenso wie die gesetzliche Krankenversicherung.
(cc) Die Regelung genügt auch dem Gebot der Erforderlichkeit. Ein gleich wirksames, die Beschwerdeführerin zwar betreffendes, sie aber weniger einschränkendes Mittel steht nicht zur Verfügung. Die Hinweise der Beschwerdeführerin auf mögliche Belastungen für andere Gruppen, die zur finanziellen Sicherung der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen könnten, stehen dieser Einschätzung nicht entgegen. Verfolgt der Gesetzgeber ein komplexes Ziel – wie die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung – mit vielfältigen Mitteln, ist eine Maßnahme nicht ungeeignet, weil die Betroffenen andernorts größere Einsparpotentiale sehen. Auch ist eine bestimmte Maßnahme nicht deshalb als nicht erforderlich anzusehen, weil es andere Mittel innerhalb des Systems gibt, die andere Personen weniger belasten würden. Eine einzelne Maßnahme ist zur Erreichung des gesetzgeberischen Zwecks auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil nicht alle Betroffenen durch die gesetzlichen Vorkehrungen gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 103, 172 ≪183 f.≫). Diese Maßstäbe sind auch auf die private Krankenversicherung anzuwenden, sofern man sie als unmittelbar Betroffene der gesetzlichen Regelung und nicht nur als faktisch berührt ansieht.
(dd) Die Regelung ist insgesamt auch nicht unangemessen. Dem Gemeinwohlbelang der Sicherung der Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung im Interesse sozial schutzbedürftiger Versicherter steht allenfalls eine eher geringfügige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin gegenüber. Gemessen am Gesamtumfang wird die Beschwerdeführerin in ihrer Geschäftstätigkeit nicht erheblich betroffen. Ob sie ihrer Marktführerstellung in einem Teilbereich verlustig geht, kann offen bleiben, weil ihre Stellung im Wettbewerb nicht den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG genießt (vgl. BVerfGE 98, 218 ≪259≫; 106, 275 ≪301 f.≫).
(1) So gut wie nicht angetastet werden die bestehenden Versicherungsverhältnisse. Ebenfalls unberührt bleibt das Geschäft mit Krankenversicherungen für Beamte und Selbständige. Der Gesetzgeber geht davon aus, das etwa 50.000 bis 60.000 Personen wegen der Anhebung der Versicherungspflichtgrenze an einem Wechsel in die Privatversicherung gehindert werden (vgl. BTDrucks 15/28, S. 14); hiervon kommt nur ein Bruchteil als Neukunde der Beschwerdeführerin in Betracht, zumal einige als „schlechte Risiken” für keine private Krankenversicherung interessant sind. Die Beschwerdeführerin schätzt ihren Geschäftsrückgang, berechnet nach Beiträgen, auch nur mit 11 vom Hundert des Neugeschäfts ein. Zum Verhältnis des Neugeschäfts zum Beitragsvolumen aus bestehenden Versicherungsverträgen hat sie keine Angaben gemacht. Das Gewicht des Nachteils bleibt daher auch nach ihrem Vortrag offen.
(2) Soweit die Beschwerdeführerin die gesetzliche Regelung deshalb für unangemessen hält, weil auch für die private Krankenversicherung Neuzugänge von existentieller Bedeutung seien, sind ihre Ausführungen nicht überzeugend. An anderer Stelle wird hervorgehoben, dass die privaten Krankenversicherungen nach dem Anwartschaftsdeckungsprinzip arbeiten und ihr System daher weniger demographieanfällig sei als die Sozialversicherung mit dem dort praktizierten Umlageverfahren. Die §§ 12 ff. des Versicherungsaufsichtsgesetzes schreiben den privaten Krankenversicherungen die Bildung von Alterungsrückstellungen vor, um Prämienerhöhungen im Alter abzumildern. Soweit die Versicherungsunternehmen dieser Verpflichtung nachkommen und im gebotenen Umfang für die vorhandenen Versicherten kollektive Rückstellungen gebildet haben, dürfte die Abhängigkeit von Neuzugängen nur schwach ausgeprägt sein.
Selbst wenn nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin die privaten Krankenversicherungen auch Umverteilungselemente in ihre Kalkulation einbeziehen, die einen steten Zugang neuer Versicherter voraussetzen, stellt dies die Angemessenheit der gesetzlichen Regelung nicht in Frage. Auch zukünftig ist die Beschwerdeführerin von Neuzugängen nicht ausgeschlossen, auch nicht aus dem Personenkreis, der im Jahr 2003 die Versicherungspflichtgrenze wegen der Anhebung (noch) nicht überschreitet. Je nach dem Anstieg des sozialversicherungsrechtlich relevanten Einkommens tritt lediglich eine vorübergehende Verzögerung bei den Neuzugängen ein. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die stärkere Anhebung der Versicherungspflichtgrenze auch deshalb für angemessen halten durfte, weil sich die Gewichte in der Vergangenheit zugunsten der privaten Krankenversicherung verschoben haben. Im Vergleich zum Jahr 1994 hatte sich im Jahr 2001 die Zahl der Übertritte von der gesetzlichen zur privaten Krankenversicherung mit rund 360.000 gegenüber 195.000 nahezu verdoppelt (vgl. BTDrucks 15/28, S. 14; vgl. hierzu auch die Übersicht über die Übertritte zur privaten Krankenversicherung im Zahlenbericht 2002/2003 des Verbandes der privaten Krankenversicherung, S. 14).
(3) Schließlich verbleibt der privaten Krankenversicherung der gesamte Bereich der Zusatzversicherungen, der in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen ist. So stieg die Anzahl der Zusatzversicherten von rund 5,6 Mio. im Jahr 1992 auf rund 7,7 Mio. im Jahr 2002 (vgl. die Übersicht im Zahlenbericht 2002/2003 des Verbandes der privaten Krankenversicherung, S. 12). Durch Ausgrenzungen von Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung dürfte die Zahl der privat Versicherten weiterhin steigen. So wird nach § 58 Abs. 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) auch Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung die Möglichkeit eingeräumt, sich und ihre familienversicherten Angehörigen für den Bereich des Zahnersatzes bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen abzusichern. Presseberichten zufolge bietet die Beschwerdeführerin mittlerweile in Kooperation mit gesetzlichen Krankenkassen Zusatzversicherungen für alternative Heilmethoden, Zahnersatz, Sehhilfen wie Brillen, Chefarztbehandlung, Zweibettzimmer bei Klinikaufenthalten und Krankheitsschutz im Ausland an (vgl. Apotheker Zeitung vom 12. Januar 2004, S. 8). Angesichts dieser offenen Geschäftsfelder und ihrer wachsenden Bedeutung für die Beschwerdeführerin sind keine unverhältnismäßigen Folgen für die Geschäftstätigkeit der privaten Krankenversicherungsunternehmen zu besorgen.
(4) Die Beschwerdeführerin ist auch nicht von widersprüchlichen Regelungen betroffen. Es ist bereits nicht zutreffend, dass das Angebot eines Standardtarifs nach § 257 Abs. 2 a SGB V für die privaten Krankenversicherer obligatorisch sei. Dies ist vielmehr nur Voraussetzung für den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Beitragszuschuss des Arbeitgebers zu den Kosten der privaten Krankenversicherung. Einzuräumen ist allerdings, dass von dieser Vorschrift ein starker faktischer Druck ausgeht, Standardtarife anzubieten. Diese stehen aber nicht im Gegensatz zu einer Anhebung der Versicherungspflichtgrenze. Denn diese begünstigt auch die private Krankenversicherung in diesem Bereich; sie führt zu einer Prämienerhöhung gerade für den Standardtarif, der nach § 257 Abs. 2 a Satz 2 SGB V an die Beitragsbemessungsgrenze und an den durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz der Krankenkassen, der sich ebenfalls kontinuierlich erhöht, gekoppelt ist. Faktisch müssen sich insoweit die Prämien im Laufe des Jahres 2003 um etwa 14 vom Hundert für den Standardtarif erhöht haben.
Soweit die Beschwerdeführerin sich in diesem Zusammenhang ergänzend auf Regelungen zur privaten Pflegeversicherung bezieht, fehlt es an einem Zusammenhang mit der gesetzlichen Krankenversicherung. Es handelt sich um einen getrennten Versicherungszweig.
bb) Auch der Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG wird nicht berührt.
Mit der Anhebung der Versicherungspflichtgrenze werden die bestehenden Versicherungsverhältnisse nicht angetastet. Die Beschwerdeführerin kann weiterhin am Markt auch der Krankenvollversicherungen tätig sein. Selbst wenn der Kundenstamm von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt werden sollte, wird der Beschwerdeführerin der erworbene Kundenstamm nicht streitig gemacht. Es werden lediglich die zukünftigen Betätigungsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin beschränkt. Die damit einhergehende Schmälerung der Gewinnchancen wird nicht vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst (vgl. BVerfGE 68, 193 ≪222 f.≫; 77, 84 ≪118≫; 81, 208 ≪227 f.≫; 105, 252 ≪278≫).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Jaeger, Hömig, Bryde
Fundstellen
Haufe-Index 1251230 |
NVwZ 2004, 455 |
KrV 2004, 109 |
SGb 2004, 302 |
VersR 2004, 898 |
ZfSH/SGB 2004, 185 |
GuS 2004, 60 |