Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtannahmebeschluß: keine Verletzung des Gleichheitssatzes durch unterschiedliche Vergütung von Teilzeitbeschäftigten mit und Teilzeitbeschäftigten ohne Hauptberuf
Orientierungssatz
1. Zwischen Teilzeitbeschäftigten mit (hier: Notar als nebenberufliche Lehrkraft an Berufsschule) und Teilzeitbeschäftigten ohne Hauptberuf bestehen mit der für sie unterschiedlichen sozialen Bedeutung der Vergütung Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, daß es vor dem allgemeinen Gleichheitssatz gerechtfertigt ist, die Nebentätigkeit geringer zu vergüten.
2. Die Auffassung des BAG, daß eine geringere Vergütung von Teilzeitbeschäftigten, die diese Tätigkeit nur nebenberuflich ausüben, mit BeschFG 1985 Art 1 § 2 Abs 1 vereinbar ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer ist Notar und arbeitet außerdem als nebenberufliche Lehrkraft an einer Berufsschule. Die dafür gezahlte Vergütung unterschreitet den Stundensatz, den eine vergleichbare, in die Vergütungsgruppe II a BAT eingruppierte, vollzeitbeschäftigte Lehrkraft bezieht. Seine auf Zahlung einer anteiligen Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe gerichtete Klage wurde vom Bundesarbeitsgericht abgewiesen. Dagegen wendet er sich mit seiner Verfassungsbeschwerde. Er rügt im wesentlichen eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.
II.
Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 93 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BVerfGG).
1. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Konkrete Anhaltspunkte, weshalb das angegriffene Urteil den Beschwerdeführer in diesem Grundrecht verletzen könnte, lassen sich seinem Vorbringen nicht entnehmen. Damit genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den gesetzlichen Substantiierungsanforderungen (§§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
2. Soweit der Beschwerdeführer sich in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sieht, hat die Verfassungsbeschwerde keine Erfolgsaussichten.
a) Diese Verfassungsnorm gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72 (88)). Ein solcher Grund, der die unterschiedliche Vergütung eines Teilzeitbeschäftigten mit Hauptberuf gegenüber einem Teilzeitbeschäftigten ohne Hauptberuf sachlich rechtfertigt, ist jedoch gegeben: ein nebenberuflich in Teilzeit tätiger Angestellter sichert über die Nebentätigkeit in aller Regel nicht seine Existenzgrundlage, sondern verdient hinzu. Diese unterschiedliche soziale Bedeutung der Nebentätigkeitsvergütung für die maßgeblichen Vergleichsgruppen ist hinreichend sachnah und gewichtig, um die vom Beschwerdeführer gerügte Ungleichbehandlung vor dem allgemeinen Gleichheitssatz zu rechtfertigen.
b) Daraus folgt zugleich, daß auch die Auslegung des § 2 Abs. 1 des Beschäftigungsförderungsgesetzes (BeschFG) durch das Bundesarbeitsgericht im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, Entscheidungen anderer Gerichte allgemein inhaltlich nachzuprüfen. Ein Verfassungsverstoß kann vielmehr erst festgestellt werden, wenn Fehler bei der Auslegung und Anwendung von Gesetzesrecht sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 (92 f.)). Daß das Bundesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung Bedeutung und Tragweite des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht verkannt hat, ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen.
c) Ohne Erfolg rügt der Beschwerdeführer schließlich eine Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Willkürverbots. Dieses Verbot ist nur verletzt, wenn die Rechtsanwendung des Gerichts bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 67, 90 (94 f.); st. Rspr.). So liegt es hier eindeutig nicht. Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, daß eine geringere Vergütung von Teilzeitbeschäftigten, die diese Tätigkeit nur nebenberuflich ausüben, mit § 2 Abs. 1 BeschFG vereinbar ist, ist einleuchtend begründet. Sie hat in der Literatur zwar Kritik, aber auch Zustimmung gefunden.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 60513 |
NZA 1993, 741 |
NZA 1993, 741 (LT) |
ZTR 1993, 419 (ST1) |
AP BeschFG 1985 § 2, Nr. 25 (LT) |
AP GG Art. 3, Nr. 189 (L) |