Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Eintragung der Religionszugehörigkeit auf Lohnsteuerkarte
Leitsatz (redaktionell)
Die Eintragung der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte verletzt keine vom GG gewährleisteten Grundrechte.
Normenkette
KiStAbzG HA § 1 Abs. 3 Fassung: 1965-01-18; GG Art. 4 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 140 Fassung: 1949-05-23; WRV Art. 136 Abs. 3 Sätze 1-2, Art. 137 Abs. 6
Verfahrensgang
Gründe
Die gesetzlich vorgesehene Eintragung der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte (§ 1 Abs 3 des Hamburgischen Gesetzes über den Kirchensteuerabzug vom Arbeitslohn vom 18. Januar 1965 (GVBl S 3); vgl auch § 11 Abs 2 des Hamburgischen Kirchensteuergesetzes vom 15. Oktober 1973 (GVBl S 431)) verletzt – wie der Bundesfinanzhof in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt hat (BFHE 116, 485) – keine Grundrechte des Beschwerdeführers. Die Eintragung ist insbesondere nicht unvereinbar mit der durch Art 4 Abs 1 GG gewährleisteten und in Art 140 GG in Verbindung mit Art 136 Abs 3 Satz 1 WRV besonders hervorgehobenen Freiheit (vgl BVerfGE 46, 266ff mwNachw), religiöse Überzeugungen zu verschweigen L (im Ergebnis ebenso BFHE 93, 285; BayVerfGE NF 20, S 171 mit zustimmender Anmerkung von Scheven, JZ 1968, S 181ff; Engelhardt, Die Kirchensteuer in der Bundesrepublik Deutschland, 1968, S 198f; Tröger, ZevKirchR Bd 14 (1968/69), S 101ff (117f); Burchardi, Steuer und Wirtschaft 1968, Sp 131ff (Sp 136ff); Maunz und Scheuner, in: v. Campenhausen/Maunz/Scheuner/Scholtissek, Die Mitwirkung der Arbeitgeber bei der Erhebung der Kirchensteuer, 1971, S 30f, 56ff; Marre, Handbuch des Staatskirchenrechts Bd 2, 1975, S 5ff, 46; Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 4. Aufl, Neuwied 1977, Art 140 Rdnr 8).
Dieses Freiheitsrecht wird von der Verfassung selbst nicht nur allgemein durch Art 136 Abs 3 Satz 2 WRV, sondern speziell auf dem Gebiet des Kirchensteuerrechts durch die in Art 140 GG in Verbindung mit Art 137 Abs 6 WRV enthaltene Garantie einer geordneten Besteuerung (vgl BVerfGE 44, 37 (57)) eingeschränkt. Auch der Beschwerdeführer bezweifelt nicht, daß nach dieser verfassungsrechtlichen Regelung die Einziehung der von ihm geschuldeten Kirchensteuer im Wege des Kirchenlohnsteuer-Abzugsverfahrens statthaft ist (vgl BVerfGE 44, 103 mwNachw). Da aber die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft das maßgebliche Besteuerungsmerkmal darstellt, wird die Eintragung dieses Merkmals auf der Lohnsteuerkarte und die insoweit erfolgende Offenbarung der Zugehörigkeit durch die Garantie einer geordneten Besteuerung mit umfaßt.
Bedenken gegen diese verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässige Eintragung könnten lediglich dann bestehen, wenn sie zur Durchführung einer geordneten Besteuerung nicht erforderlich oder für den Betroffenen unzumutbar wäre. Daß dem Beschwerdeführer durch die Eintragung irgendwelche Nachteile entstanden sind, hat er aber selbst nicht dargetan; die abstrakte Möglichkeit eines Mißbrauchs der durch das Steuergeheimnis geschützten Eintragung macht ein an sich zulässiges Verfahren noch nicht verfassungswidrig, da einem solchen Mißbrauch auf andere Weise zu begegnen wäre (vgl BVerfGE 18, 423 (427)). Die Erforderlichkeit der Eintragung einer bestimmten Religionszugehörigkeit läßt sich jedenfalls dort nicht verneinen, wo davon die Abführung der eingezogenen Kirchenlohnsteuer an die beteiligten Religionsgemeinschaften abhängig ist. Nach dem Ergebnis der Anhörung besteht eine – wenn auch abgeschwächte – Abhängigkeit derzeit ebenfalls in Bundesländern mit Gemeinsamen Kirchensteuerstellen (Hamburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Niedersachsen). Ob hier auch eine andere Verteilungsmethode denkbar und dabei die Eintragung des bloßen Vermerks „kirchensteuerpflichtig” ausreichend wäre, nötigt nach den nicht zu beanstandenden Ausführungen des Bundesfinanzhofs angesichts der Fluktuation der Kirchenlohnsteuerpflichtigen nicht zu einer anderen verfassungsrechtlichen Beurteilung; zur Einrichtung solcher Gemeinsamen Kirchensteuerstellen im gesamten Bundesgebiet sind die Religionsgemeinschaften verfassungsrechtlich nicht verpflichtet.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 60532 |
BVerfGE 49, 375-378 (T) |
BVerfGE, 375 |
NJW 1979, 209-209 (ST) |
BayVBl 1979, 83-83 (ST1) |
JuS 1979, 568-568 (ST) |
KirchE 17, 93-95 (ST) |
VerfRspr GG Art. 4, Nr. 121 (ST) |