Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladung der Gesellschaft bei der Feststellung verrechenbarer Verluste i. S. d. § 15b Abs. 4 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Die Gesellschaft ist zur Klage eines Gesellschafters gegen die gesonderte Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15b Abs. 4 EStG notwendig beizuladen, wenn die Feststellung des verrechenbaren Verlusts mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach § 15b Abs. 4 S. 5 EStG verbunden worden ist.
Normenkette
EStG 2005 § 15a Abs. 4, § 15b Abs. 4; FGO § 60 Abs. 3, § 48 Abs. 1 Nrn. 1, 5
Tenor
Die Windpark GmbH & Co. KG, wird zum Verfahren beigeladen (notwendige Beiladung i.S. des § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob § 15b des Einkommensteuergesetzes (EStG) verfassungsgemäß ist.
Der Kläger erklärte am 11. November 2005 mit Wirkung zum 11. November 2005 seinen Beitritt zur Windpark GmbH & Co. KG, (der Beigeladenen) mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 300.000 EUR. Zusätzlich war ein Agio in Höhe von 5% (15.000 EUR) zu zahlen. Der Kläger konnte seine Beitrittserklärung nach der in der Beitrittserklärung enthaltenen Widerrufsbelehrung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen widerrufen. Diese Widerrufsbelehrung ist vom Kläger gesondert unterschrieben. Der Beitritt wurde mit der Annahme der Beitrittserklärung wirksam. Die Beigeladene nahm die Beitrittserklärung des Klägers am 1. Dezember 2005 mit Wirkung zum 11. November 2005 an.
Der Beitritt des Klägers erfolgte nach den Bestimmungen in der Beitrittserklärung in der Weise, dass der Kläger der Beigeladenen bis zur Eintragung der Beteiligung in das Handelsregister zunächst als atypisch stiller Gesellschafter beitrat; die Beteiligung des Klägers als Kommanditist wurde zum Handelsregister angemeldet und am 10. Februar 2006 in das Handelsregister des Amtsgerichts (AG) Freiburg HRA 4899 eingetragen.
Wegen der Einzelheiten der Beteiligung wird auf den Beteiligungsprospekt verwiesen.
Durch Bescheid vom 16. April 2008 stellte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Einkünfte der Beigeladenen für das Jahr 2005 (Streitjahr) gesondert und einheitlich fest. Damit im selben Bescheid verbunden wurde die Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 und § 15b Abs. 4 EStG. Für den Kläger wurden unter Nr. 628 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -317.170,74 EUR sowie ein verrechenbarer Verlust nach § 15b Abs. 4 EStG in gleicher Höhe festgestellt. Nach Anwendung des § 15b EStG sind danach im Folgebescheid (d.h. dem Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Streitjahr) laufende Einkünfte in Höhe von 0 EUR anzusetzen.
Den Einspruch des Klägers, mit dem er geltend machen ließ, § 15b EStG sei verfassungswidrig, wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2009 als unbegründet zurück, weil § 15b, § 52 Abs. 33a EStG verfassungsgemäß seien. Eine Hinzuziehung der Beigeladenen zum Einspruchsverfahren des Klägers erfolgte nicht.
Mit seiner Klage vom 29. Oktober 2009 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Kläger lässt vortragen, § 15b EStG entfalte eine verfassungsrechtlich unzulässige echte (hilfsweise: eine verfassungsrechtlich unzulässige unechte) Rückwirkung. Es liege außerdem ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vor, weil die Einkünfte des Klägers in sachlich nicht gerechtfertigter Weise gegenüber negativen Einkünften aus anderen Quellen benachteiligt und das objektive sowie das subjektive Nettoprinzip verletzt würden. Außerdem liege ein Verstoß gegen die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung vor, weil der Gesetzgeber einerseits Möglichkeiten zur Sonderabschreibung – hier: § 7g EStG – vorsehe, aber andererseits die Verlustverrechnung einschränke. Zuletzt sei die Norm nicht hinreichend bestimmt. Der Kläger sieht sich in dieser Position durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bestärkt.
Der Kläger beantragt, den angefochtenen Feststellungsbescheid vom 16. April 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2009 dahin gehend zu ändern, dass § 15b EStG auf die negativen Einkünfte des Klägers nicht angewendet und die „Verluste als ausgleichs- und abzugsfähig mit den übrigen Einkünften qualifiziert” werden sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für erforderlich zu erklären.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen. Es verweist auf die Einspruchsentscheidung. Die neuere Rechtsprechung des BVerfG führe dazu, dass eine unechte Rückwirkung vorliege, bei der das Änderungsinteresse des Gesetzgebers überwiege.
Auf Nachfrage des Berichterstatters haben beide Beteiligte übereinstimmend mitgeteilt, dass § 2b EStG a.F. –auch nach den Feststellungen einer bei der Beigeladenen durchgeführten Außenprüfung zu Vorjahren – auf die negativen Einkünfte des Klägers aus der Beteiligung an der Beigeladenen keine Anwendung gefunden hätte, weil die Rendite nach Steuern nicht mehr als das Doppelte der Rendite vor Steuern betrage.
Mit Schreiben vom 2. Mai 2011 hat der Berichterstatt...