Entscheidungsstichwort (Thema)
Verträge unter nahen Angehörigen: Betriebsausgabenabzug für „psychologische Praxisberatung” nur bei Konkretisierung der Hauptleistungspflichten. Einkommensteuer 1983
Leitsatz (amtlich)
Der Abzug von monatlichen Aufwendungen für eine laufende psychologische Praxisberatung durch einen Angehörigen des Praxisinhabers als Betriebsausgaben bei freiberuflicher Tätigkeit setzt voraus, dass vertragliche Mindestinhalte wie Art, Umfang, Entgeltlichkeit und zeitlicher Beginn der Beratung zwischen den Vertragsparteien vor Beginn des Leistungsaustauschs eindeutig festgelegt werden.
Normenkette
EStG 1983 § 4 Abs. 4, § 12 Nrn. 1-2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
Die Kläger (Kl) sind Eheleute. Die Ehefrau (Klägerin – Klin) ist … und übte ihre Tätigkeit vom Oktober 1960 bis Juni 1986 aus. Ihre Praxis war in …
Die Kl haben zwei Söhne. Der Sohn … ist …. Er ist infolge einer Querschnittslähmung zu 100 %; in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Anerkennungsbescheid des Versorgungsamtes … vom 5.9.1977 Bezug genommen (Einkommensteuer-ESt-Akten der Kl VZ 1980 Bl. 33)
Seit 1978 hat die Klin an den Sohn … monatlich einen Betrag in Höhe von … DM überwiesen. Rechnungen und Überweisungsbelege für die Jahrs 1979–1983 wurden im Einspruchsverfahren vorgelegt. Im gleichen Zeitraum ist außerdem der Sohn … von der Klin mit monatlich … DM unterstützt worden.
Im September 1985 wurde vom beklagten Finanzamt (Beklagter – Bekl) bei der Klin eine Außenprüfung unter anderem hinsichtlich der Gewinnfeststellungen 1981–1983 durchgeführt. Hierbei stellte der Prüfer fest, daß die Klin die Zahlungen an ihren Sohn … in den Veranlagungszeiträumen 1978–1983 bei ihren Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit als Betriebsausgaben geltend gemacht hatte. Im BP-Bericht vom 19.9.1985 heißt es hierzu weiter:
Nach den Ausführungen der Klin sei ihre Praxis auf psychotherapeutischer Basis aufgebaut (Psychoanalyse), Eheberatung, Elternberatung, Jugendberatung). Die Klin gebe an, daß ihre Behandlungsmethode „das Gespräch” mit dem Patienten sei, in dem die Probleme aufgearbeitet und nicht, wie bei anderen Ärzten üblich, die Probleme mit Medikamenten zugedeckt würden. Wenn in der Praxis solche Fälle aufträten, nehme sie mit ihrem Sohn … Verbindung auf, der seit 1978 in … eine psychologische Praxis betreibe. Dabei werde dann telefonisch erörtert, welche Behandlungsmethoden die Klin noch anwenden könne oder ob sie sich richtig verhalten habe. Einmal im Monat komme der Sohn nach … oder die Klin fahre nach …. Für diese Tätigkeit, also die psychologische Praxisberatung, würden dem Sohn … monatlich 1.000,– DM Honorar überwiesen. Ein schriftlicher Vertrag zwischen der Klin und … liege nicht vor. Es sei nicht ersichtlich, ob im Monat eine oder 10 Beratungen stattgefunden hätten. Auch in den Urlaubszeiten sei das Honorar ungekürzt überwiesen worden.
Mit der kassenärztlichen Vereinigung würden die von der Klin an die Patienten erbrachten ärztlichen Leistungen unter den Kennziffern 804 (kleine Psychotherapie) und 806 (eingehende psychiatrische Untersuchung und Beratung) abgerechnet. Auch unter den Ziffern 1 und 65 (eingehende ärztliche Untersuchung.) würden die Leistungen vergütet. Auf den Vorschlag des Prüfers, anhand der Listen für die Abrechnung mit der kassenärztlichen Vereinigung die Anzahl der unter Ziffer 65, 804 und 806 behandelten Patienten festzustellen, sei die Klin nicht eingegangen. Sie habe erklärt, daß die Abrechnungsziffern 804 und 806 gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung nicht immer angegeben würden, da sie wisse, daß andere Ärzte nicht so verführen und sie sonst mit den Abrechnungen über dem Durchschnitt der anderen Ärzte liegen würde. Deshalb verzichte sie auf Honorar für die psychotherapeutische Behandlung. Sie räume ein, daß dies in der „Branche” durchaus nicht üblich sei. Die Klin habe weiter ausgeführt, daß sie in den letzten Jahren keine Fortbildungsveranstaltungen besucht habe und die Beratungen durch den Sohn für sie deshalb Fortbildungscharakter hätten. Sie gebe weiter zu bedenken, daß sich der Arztberuf gewandelt habe. In der heutigen Zeit kämen immer mehr Patienten mit psychologischen Problemen in ihre Praxis. Dieses Fachgebiet werde von dem Allgemeinmediziner vernachlässigt, so daß sie auch Rat und Bestätigung durch einen Kollegen brauche.
Die Unterstützung für den Sohn … solle eine Kleine Entschädigung dafür sein, daß sich der Sohn … jahrelang um seiner behinderten Bruder … bemüht habe.
Zum Nachweis für die von ihrem Sohn … durchgeführte Praxisberatung hat die Klin dem Außenprüfer die entsprechenden überweisungsbelege vorgelegt. Weitere Unterlagen (z. B. Besprechungsnotizen, Schreiben des beratenden Sohnes etc.), wurden nicht beigebracht.
Aufgrund der Feststellungen des Prüfer gelangte der Bekl zu der Auffassung, daß die an den Sohn … geleisteten Zahlungen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden könnten. Am 18.11.1985 bzw. am 27.11.198...