Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung außerordentlicher Einkünfte unter Berücksichtigung laufender Verluste in anderen Einkunftsarten. Einkommensteuer 1999
Leitsatz (amtlich)
1. Vor Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG ist die Summe der Einkünfte jeder Einkunftsart nach § 2 Abs. 3 Satz 2 EStG zu ermitteln, so dass der laufende Verlust aus gewerblicher Tätigkeit mit den außerordentlichen Einkünften derselben Einkunftsart zunächst zu verrechnen ist und lediglich die nach der verhältnismäßigen Aufteilung i. S. des § 2 Abs. 3 Satz 4 EStG anteiligen außerordentlichen Einkünfte ermäßigt zu besteuern sind.
2. Die Summe der negativen Einkünfte einer anderen Einkunftsart ist nicht vorrangig von den nichtbegünstigten Einkünften abzuziehen, sondern in dem Verhältnis in dem die positiven Einkünfte zueinander stehen.
3. Die Regelungen des § 2 Abs. 3 EStG sind verfassungsgemäß.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 1 S. 2, § 2 Abs. 3 Sätze 4, 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Besteuerung nach § 34 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) begünstigter Einkünfte unter Berücksichtigung von laufenden Verlusten in anderen Einkunftsarten im Streitjahr 1999.
Der Kläger (Kl) war als selbständiger Handelsvertreter für eine Bausparkasse tätig. Diese Tätigkeit wurde zum 30. Juni 1999 eingestellt. Die Bausparkasse zahlte ihm einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB in Höhe von DM …. Unter Berücksichtigung von weiteren gewerblichen Einkünften ergaben sich
Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von |
DM … |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von |
DM … |
Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von |
DM … |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von |
DM … |
Im Bescheid vom … über die Zusammenveranlagung der Eheleute unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stellte der Beklagte (Bekl) folgende Berechnung an:
Summe der positiven Einkünfte |
DM … |
Davon 84,144 % begünstigte Einkünfte |
DM … |
Summe der negativen Einkünfte |
DM … |
84,144 % der negativen Einkünfte, d. h. DM … wurden von den begünstigten Einkünften abgezogen. Auf die verbliebenen DM … wurde die Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG entsprechend H 198 des Einkommensteuer(ESt)-Handbuchs 1999 wie folgt angewandt:
zu versteuerndes Einkommen |
… DM |
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abzüglich Einkünfte gemäß § 34 Abs. 2 EStG |
… DM |
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nach Splittingtabelle zu versteuerndes Einkommen |
… DM |
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ESt DM … |
1/5 der Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 2 EStG |
… DM |
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zu versteuerndes Einkommen |
… DM |
ESt DM … |
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DM … |
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DM … × 5 |
ESt DM … |
Unter Berücksichtigung ausländischer Steuern und unter Hinzurechnung des Kindergeldes wurde die ESt auf DM … festgesetzt.
Dagegen legte der Klägervertreter am … Einspruch ein. Er beantragte folgende Berechnung:
Zu versteuerndes Einkommen |
DM … |
Abzüglich begünstigter Einkünfte |
DM … |
Zu versteuerndes Einkommen |
DM … |
Daher sei gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG das Einkommen in Höhe von DM … durch 5 zu teilen. Daraus ergebe sich DM …. Die darauf entfallende Steuer nach der Splittingtabelle betrage DM …. Dieser Betrag verfünffacht ergebe eine ESt in Höhe von DM …. Es werde daher eine Herabsetzung der ESt auf DM … beantragt.
Der Bekl wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom … zurück. Zwar seien nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG die begünstigten Einkünfte abzuziehen. Aber zuvor sei gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 EStG die Summe der Einkünfte jeder Einkunftsart zu ermitteln. Dies habe zur Folge, dass die laufenden Verluste aus gewerblicher Tätigkeit mit den begünstigten gewerblichen Einkünften zu verrechnen seien. Daher verblieben begünstigte gewerbliche Einkünfte in Höhe von DM … Nach § 2 Abs. 3 Satz 4 EStG sei jedoch die Summe der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht vorrangig von den nichtbegünstigten Einkünften abzuziehen, sondern im Verhältnis in dem die positiven Einkünfte zueinander stehen:
„Die Minderung ist in dem Verhältnis vorzunehmen, in dem die positiven Summen der Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten zur Summe der positiven Einkünfte stehen.”
Dadurch würden sich auch die begünstigten Einkünfte um DM … auf DM … vermindern. Das zu versteuernde Einkommen enthalte daher nicht nur begünstigte Einkünfte.
Mit der Klage vom … trägt der Klägervertreter vor, nach ständiger Rechtsprechung sei ein Verlustausgleich vorrangig mit tariflich voll zu versteuerndem Einkommen vorzunehmen (BFH-Urteil vom 26. Januar 1995 IV R 23/93, Bundessteuerblatt –BStBl– II 1995, 467 und BFH-Urteil vom 29. Oktober 1998 XI R 63/97, BStBl II 1999, 588). § 2 Abs. 3 EStG widerspreche dem nicht. Diese Vorschrift regele lediglich in welcher Höhe negative Einkünfte mit positiven Einkünften zu verrechnen seien. Die Vorschrift ändere nichts daran, dass Verluste vorrangig mit voll zu versteuernden Einkünften zu verrechnen seien. Unter Hinweis auf den Aufsatz von Eggers/Bauer (in: Deutsches St...