Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorrangige Verrechnung von außerordentlichen Einkünften mit eigenen negativen Einkünften bei Ehegatten-Zusammenveranlagung. Einkommensteuer 1999
Leitsatz (redaktionell)
Erzielt von zusammenveranlagten Ehegatten einer positive außerordentliche Einkünfte (hier: nach § 19 EStG) und negative laufende Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart (hier: § 15 EStG), so sind diese positiven Einkünfte vorrangig mit den negativen Einkünften zu verrechnen, so dass nur auf den danach verbleibenden Betrag der ermäßigte Steuersatz nach § 34 EStG anzuwenden ist. Die negativen Einkünfte des einen Ehegatten sind nicht etwa vorrangig mit positiven Einkünften des anderen Ehegatten zu verrechnen, mit der Folge, dass die außerordentlichen Einkünfte in voller Höhe dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG unterliegen könnten.
Normenkette
EStG 1999 § 34 Abs. 1 Sätze 2-3, § 2 Abs. 3; EStG § 26b; EStG 1999 § 34 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 1 S. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 28.07.2004; Aktenzeichen XI R 36/03) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die verheirateten Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 1999 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 79.721,– DM. Seine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit beliefen sich auf 254.216,– DM, in denen 210.000,– DM Arbeitslohn für mehrjährige Tätigkeiten enthalten waren. Für diese 210.000,– DM machen die Kläger die Steuerermäßigung für außerordentliche Einkünfte nach § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 57.600,– DM. Die Werbungskosten (WK) betrugen für den Kläger 3.460,– DM, für die Klägerin 5.266,– DM.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 30.05.2000 die Einkommensteuer 1999 auf 31.700,– DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Hiergegen legten die Kläger fristgemäß Einspruch ein, mit dem sie die Berücksichtigung von Mietaufwendungen als Betriebsausgaben beanspruchten. Der Beklagte erkannte die Mietaufwendungen danach an, wies jedoch mit Schreiben vom 03.04.2001 darauf hin, dass trotz der erhöhten Betriebsausgaben eine deutlich höhere Einkommensteuer festzusetzen sei, da das Berechnungsprogramm für die maschinelle Festsetzung der Einkommensteuer im Zeitpunkt des Erlasses des Erstbescheides fehlerhaft gewesen sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15.06.2001 änderte der Beklagte den angefochtenen Bescheid und setzte die Einkommensteuer auf 53.892,– DM fest, wobei er ein zu versteuerndes Einkommen von unstreitig 207.023,– DM und sowie außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 EStG in Höhe von 171.035,– DM zugrundelegte.
Wegen der Berechnung der Einkommensteuer haben die Kläger fristgerecht Klage erhoben.
Sie machen geltend, dass entgegen der Auffassung des Beklagten die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht nur auf außerordentliche Einkünfte in Höhe von 171.035,– DM, die sich allein aus den Einkünften des Klägers errechneten, anzuwenden sei. Die Verluste des Klägers aus Gewerbebetrieb müssten statt mit seinen eigenen außerordentlichen Einkünften mit den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Tätigkeit verrechnet werden, so dass die außerordentlichen Einkünfte in voller Höhe erhalten blieben. Damit läge dann der Fall des § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG vor. Das verbleibende zu versteuernde Einkommen belaufe sich auf ./. 2.977,– DM (zu versteuerndes Einkommen 207.023,– DM ./. außerordentliche Einkünfte von 210.000,– DM). Damit sei die Tarifermäßigung des § 34 EStG auf das (gesamte) zu versteuernde Einkommen der Kläger von 207.023,– DM anzuwenden. Die Einkommensteuer betrage 20.040,– DM. Unter Hinzurechnung des Kindergeldes von 2.500,– DM ergebe sich somit eine Einkommensteuer von 22.540,– DM.
Die Kläger beantragen,
die mit Bescheid vom 30.05.2000 festgesetzte Einkommensteuer 1999 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und Neufestsetzung vom 15.06.2001 auf 22.540,– DM Einkommensteuer herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass auch bei zusammenveranlagten Ehegatten die Einkunftsermittlung nach dem Individualprinzip zu erfolgen habe. Erst nach der Ermittlung der Einkünfte für jeden Ehegatten erfolge die Zusammenrechnung der Einkünfte. Somit sei zunächst der individuelle (horizontale und vertikale) Verlustausgleich für den jeweiligen Ehegatten und erst im nächsten Schritt der Verlustausgleich zwischen den Ehegatten vorzunehmen. Dementsprechend verblieben nach Durchführung des (vertikalen) Verlustausgleichs für den Kläger lediglich außerordentliche Einkünfte in Höhe von 171.035,– DM:
Die Steuer errechne sich wie folgt:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb: |
/. 79.721,– DM |
Laufende Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (abz. WK) |
40.756,– DM |
Verbleibender Verlust |
./. 38.965,– DM |
Außerordentliche Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit |
+ 210.000,– DM |
|
171.035,–... |