Entscheidungsstichwort (Thema)
Genossenschaftliche Rückvergütungen als Betriebsausgaben einer Arbeitnehmerproduktionsgenossenschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. "Mitgliedergeschäfte" - als Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug genossenschaftlicher Rückvergütungen - sind vorrangig die Zweckgeschäfte i.S. von § 1 Genossenschaftsgesetz als die Kerngeschäfte einer Genossenschaft. Dazu ist Bedingung, dass die Genossenschaft das eigenwirtschaftliche Handeln der Genossen fördert.
2. § 22 KStG ist aber auch bei Arbeitsproduktionsgenossenschaften anwendbar, wenn die Genossen entsprechend den Satzungsbestimmungen ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverträgen als Arbeitnehmer Leistungen an die Genossenschaft erbringen.
Normenkette
KStG 1991 § 22 Abs. 1 S. 1; GenG § 1; KStR Abschn. 66 Abs. 15
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 10.07.2003; Aktenzeichen I R 72/01) |
Gründe
Im Jahre 1991 wurde die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) L… gemäß §§ 27 ff. Landwirtschaftsanpassungsgesetz mit Wirkung zum 01.09.1991 in eine Genossenschaft umgewandelt. Im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge erhielten die ehemaligen Mitglieder der LPG Geschäftsanteile an der neu gebildeten Genossenschaft. Auf den Umwandlungsbeschluss sowie die Satzung vom 06.11.1991 wird Bezug genommen.
Gemäß § 2 der Satzung bildet die Förderung und Betreuung der Mitglieder sowie die gemeinsame Organisation und Durchführung der landwirtschaftlichen Produktion zur rationellen Nutzung des Eigentums und der Arbeit ihrer Mitglieder den Zweck der Genossenschaft. Dabei ist unter anderem die gemeinschaftliche Erzeugung pflanzlicher und tierischer Produkte Gegenstand des Unternehmens.
In der Bilanz zum 31.12.1993 passivierte die Klägerin für genossenschaftliche Rückvergütung im Sinne von § 22 Körperschaftsteuergesetz (KStG) einen Betrag in Höhe von DM 60.000,00. Ausweislich der Anlage 5.3. Seite 16 zum Prüfungsbericht des Genossenschaftsverbands bildete die Genossenschaft diese Rückstellung anteilig für die geleistete Arbeit der Mitglieder für in der Genossenschaft erzielte Bruttovergütung des Jahres 1993. Die Überschussverteilung erfolgte auf der Grundlage der Leistungsentgelte, die die Mitgliederarbeitnehmer als Lohn erzielt hatten. Im darauffolgenden Jahre kehrte die Klägerin die Rückvergütung an ihre Mitglieder aus.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte vor dem 01.07.1990 verschiedene Kredite einschließlich der bis dahin aufgelaufenen Zinsen mit einem Betrag in Höhe von insgesamt DM 1.504.571,19 in Anspruch genommen, hinsichtlich derer die Klägerin keine Zinszahlungen geleistet hatte. Die aufgelaufenen Zinsen für den Zeitraum 01.07.1990 bis 31.12.1992 betrugen DM 344.430,00. Aus diesem Grunde bildete die Klägerin im Jahre 1992 eine Rückstellung für Zinsen, die im Hinblick auf die Altkredite entstanden waren. Im Streitjahr löste die Klägerin diese Rückstellung in Höhe von DM 344.430,00 erfolgswirksam mit der Begründung auf, dass im Rahmen der Entlastung von Altkrediten auch bezüglich der seit dem 01.07.1990 entstandenen Zinsen eine Rangrücktrittsvereinbarung mit dem Gläubiger getroffen worden sei. Diese Vereinbarung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, betraf ausdrücklich auch die bis zum 30.06.1992 abgerechneten Zinsen. Nachdem der Beklagte zunächst den Angaben der Klägerin in den Steuererklärungen im Wesentlichen gefolgt war und entsprechende Bescheide erlassen hatte, fand im Jahre 1996 eine Außenprüfung statt. Auf den Betriebsprüfungsbericht vom 15.10.1996 wird verwiesen. Im Anschluss an die Außenprüfung erließ der Beklagte am 18.02.1997 einen geänderten Steuerbescheid. In diesem Bescheid setzte der Beklagte im Hinblick auf das Ergebnis der Außenprüfung das zu versteuernde Einkommen zunächst in Höhe von DM 40.346,00 fest. Dabei lehnte der Beklagte es unter anderem ab, entsprechend dem Antrag der Klägerin vom 04.04.1996 den Verzicht des Gläubigers auf die nach dem 01.07.1990 entstandenen Zinsansprüche nicht als steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von DM 344.430,00 zu erfassen, sondern diesen Betrag gemäß § 3 Nr. 66 Einkommensteuergesetz (EStG) alter Fassung (a. F.) als steuerfrei zu behandeln (vgl. auch Textziffer [Tz.] 5 des Prüfungsberichts).
Im Zuge des sich anschließenden Einspruchsverfahrens teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Auflösung der Zinsrückstellung könne nicht als steuerfreier Sanierungsgewinn behandelt werden. Denn § 16 Abs. 3 D-Markbilanzgesetz (DMBilG) regele, dass Kredite mit Rangrücktritt nicht in der Eröffnungsbilanz zum 01.07.1990 zu erfassen seien. Tatsächlich sei die Auflösung der Zinsrückstellung auf § 16 Abs. 3 DMBilG zurückzuführen. Allerdings verlange die ursprüngliche Gewinnminderung, die mit der Rückstellungsbildung im Jahre 1992 verbunden gewesen sei, zwecks Neutralisierung die Gewinnerhöhung im Streitjahr. Zudem liege grundsätzlich jedem Rangrücktritt ein Sanierungskonzept zu Grunde, so dass allein ein derartiges Konzept nicht die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 66 EStG a. F. begründe.
Weiterhin ging der Beklagte nach entsprec...