Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsführerhaftung für bestandskräftig geschätzte Umsatzsteuer einer GmbH bei Unstimmigkeiten der Gesellschaft mit ihrem Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhender Umsatzsteuerbescheid wegen Unstimmigkeiten einer GmbH mit ihrem Steuerberater bestandskräftig, so schließt dies eine Umsatzsteuerhaftung ihres Geschäftsführers nach § 69 AO nicht aus, weil solche Unstimmigkeiten den Geschäftsführer nicht von den gesetzlichen (Umsatz-)Steuererklärungspflichten für die GmbH entbinden.
2. Eine anteilige Haftungsquote nach Maßgabe des Grundsatzes der anteiligen Tilgung braucht weder vom FA noch vom FG ermittelt zu werden, wenn sich der Geschäftsführer während des gesamten Verfahrens weder auf Liquiditätsschwierigkeiten der GmbH beruft, noch solche für den Haftungszeitraum ersichtlich sind.
Normenkette
AO §§ 69, 166, 149; UStG § 18 Abs. 1, 3
Tatbestand
Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer und Mitgesellschafter der 1983 gegründeten X. GmbH (Dok). Die Gesellschaft, die ihren Betrieb zum 1. September 1998 aufgegeben hat (GewSt a.E.), wurde am 6. April 2000 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht (Dok a.E.). Sie hatte für die Jahre 1985 bis 1989 Gewerbeverluste in Höhe von insgesamt 498.406 DM erwirtschaftet (GewSt 91 a.E.).
Da die GmbH für 1991 keine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgegeben hatte, setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 1991 durch an die Gesellschaft adressierten Bescheid vom 25. Oktober 1993 nach Maßgabe geschätzter Besteuerungsgrundlagen auf 27.800 DM fest, so dass nach Anrechnung der geleisteten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen eine Umsatzsteuerrestschuld 1991 in Höhe von 8.521 DM verblieb (Bl. 3 USt 1991). Der Bescheid setzte außerdem Zinsen (297 DM) und einen Verpätungszuschlag (300 DM) fest.
Nachdem der Kläger eine Anfrage des Beklagten vom 7. Oktober 1994 nach dem Grund für die Nichtzahlung der festgesetzten rückständigen Abgabenforderungen nebst 170 DM angefallener Säumniszuschläge sowie nach den vorhandenen Zahlungsmitteln der GmbH und nach Art und Umfang der Schuldentilgung der Gesellschaft in der Zeit ab dem 29. November 1993 lediglich mit Schwierigkeiten mit dem alten und dem neuen Steuerberater der GmbH beantwortet hatte (Bl. 9, 12 Haftung), nahm der Beklagte den Kläger durch Bescheid vom 5. Dezember 1994 für die vorgenannten Abgabenschulden gemäß §§ 191, 69, 34 Abgabenordnung – AO – in Geschäftsführerhaftung (Bl. 14 f.). Den dagegen wiederum unter Hinweis auf die Unstimmigkeiten der GmbH mit ihrem früheren und ihrem nunmehrigen Steuerberater fristgerecht eingelegten Einspruch des Klägers (Bl. 2, 5 f. Rb USt), wies der Beklagte nach einem erfolglosen Vollstreckungsversuch bei der Gesellschaft (Bl. 6 Rb) und Zahlung kleinerer Umsatzsteuerbeträge durch am gleichen Tag als einfacher Brief zur Post gegebene (Bl. 20) Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 1996 als überwiegend unbegründet zurück (Bl. 9 ff. u. 21 ff.).
Mit seiner dagegen am 7. Juni 1996, einen Tag nach Fronleichnam, beim Finanzgericht (FG) erhobenen Klage beantragt der zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladene, jedoch weder erschienene, noch vertretene Kläger sinngemäß (Bl. 7),
den Umsatzsteuerhaftungsbescheid vom 5. Dezember 1994 in Form der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 1996 ersatzlos aufzuheben.
Hierzu trägt er vor: Ihn treffe kein Haftungsverschulden an dem noch bestehenden Abgabenrückstand in Höhe von insgesamt 7.830 DM (Bl. 8).
Der Beklagte habe bei seiner Haftungsforderung die geleisteten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für 1991 und die Sondervorauszahlung für dieses Jahr nicht berücksichtigt (Bl. 35).
Außerdem habe die GmbH gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1992 vom 20. April 1995 mit Schreiben vom 26. April 1995 Einspruch eingelegt (Bl. 35). Danach ergebe sich für 1992 ein Umsatzsteuerguthaben in Höhe von 7.047,71 DM, mit welchem gegenüber der Haftungsforderung aufgerechnet worden sei (Bl. 35 mit 36 f.).
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Hierfür nimmt er auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung Bezug (Bl. 39).
Ergänzend weist er darauf hin, dass der Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 1992 vom 20. April 1995 durch Einspruchsentscheidung vom 6. September 1995 als unbegründet zurückgewiesen und Klage dagegen nicht erhoben worden sei (Bl. 49, 50 ff. FG; 9 ff. Rb USt 92).
Durch Verfügung des Berichterstatters des Senats vom 29. Januar 2001 ist der nach Luxemburg verzogene Kläger mit Frist bis 28. Februar 2001 aufgefordert worden, einen in der Bundesrepublik wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Dabei wurde der Kläger über die Folgen der Nichtbenennung eines solchen Bevollmächtigten belehrt (Bl. 48). Zu dieser an die letztbekannte luxemburgische Anschrift des Klägers gerichteten Verfügung hat sich der Kläger nicht geäußert.
Wegen weiterer Sachverhaltseinzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf das Sitzungsprotokoll sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des B...