Entscheidungsstichwort (Thema)
Antidumpingzoll
Tenor
Der Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 29.04.1997 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, welcher Preis bei der Erhebung von Antidumpingzoll zugrunde zu legen ist.
Die Klägerin überführte aufgrund vereinfachter Zollanmeldung vom 02.04.1994 415.539 kg gesintertes (= totgebranntes) Magnesit des KN-Codes 2519 9030 mit chinesischem Ursprung über das Zollamt Hafen des Beklagten in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft. In der Sammelzollanmeldung vom 06.05.1994 legte die Klägerin eine Warenrechnung der (P) vom 15.04.1994 vor, nach der ihr die Ware zum Preis von 240,00 DM/t cif Rotterdam verkauft worden war. Aufgrund des in der Sammelzollanmeldung angegebenen Zollwertes wurde kein Antidumpingzoll erhoben.
Aufgrund einer bei der P durchgeführten Außenprüfung durch die Betriebsprüfungsstelle Zoll für den Oberfinanzbezirk stellte diese im Prüfungsbericht vom 22.12.1995, AB-Nr. 950005, fest, daß die P die Ware aus der VR China zum Preis von 58,47 US$/t fob chinesischer Hafen erworben und für die Fracht 52,20 DM/t sowie für die Versicherung 2,00 DM/t aufgewandt hatte.
Nachdem in einer durch das Hauptzollamt bei der Klägerin angeordneten Außenprüfung, die durch die Betriebsprüfungsstelle Zoll für den Oberfinanzbezirk durchgeführt wurde, vergeblich versucht worden war, über die Klägerin die Einkaufsrechnung der P für deren Erwerb vom chinesischen Lieferanten zu erhalten, legte der Beklagte seiner Nacherhebung den der BpZ bekannt gewordenen, der P von den chinesischen Ausführern berechneten Preis unter Berücksichtigung von Fracht und Versicherungskosten zugrunde und erhob mit Bescheid vom 29.04.1997 Antidumpingzoll von 31.497,86 DM nach. Hierzu führte er aus, der in Art. 1 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3386/93 genannte „Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft” sei der Preis, der dem ersten in der Gemeinschaft ansässigen Käufer, der P, in Rechnung gestellt werde.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin rechtzeitig Einspruch ein und erhob Sprungklage zum Finanzgericht, der der Beklagte fristgerecht zugestimmt hat.
Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, der Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft sei der von ihr gezahlte Preis von 240 DM/t, der den Mindestpreis für die Einfuhr in die Gemeinschaft nicht unterschritten habe.
Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3386/93 verweise nämlich auf die allgemeinen Zollbestimmungen, so daß nach Art. 214 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 201 Abs. 1 Buchst. a Zollkodex (ZK) der Betrag des auf die Ware zu erhebenden Antidumpingzolls bis auf hier nicht interessierende Ausnahmen anhand der Bemessungsgrundlagen bestimmt werde, die für diese Ware zum Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld, der Annahme der Zollanmeldung, gelten würden. Bemessungsgrundlage für die Antidumpingzollschuld sei der „Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft” für die Ware, denn Art. 1 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3386/93 stelle für die Zollhöhe auf die Differenz zwischen diesem Preis und dem festgelegten Mindestpreis von 120 ECU pro Tonne ab. So sei der Nettopreis frei Grenze derjenigen Rechnung zu entnehmen, die die Ware zum Zeitpunkt der Überführung in den freien Verkehr begleite, denn mit dem dieser Rechnung entnehmbaren Einfuhrpreis trete die Ware in den Wirtschaftskreislauf der Gemeinschaft ein. Die in der Handelskette zeitlich frühere Rechnung des chinesischen Exporteurs an den Großhändler scheide hierbei aus, weil der sich daraus ergebende Preis nicht mehr den Warenwert wiedergebe, mit dem das Magnesit in den Wirtschaftskreislauf der Gemeinschaft eintrete.
Der Wortlaut der VO (EWG) Nr. 3386/93, „Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft”, sage nichts über die Ansässigkeit eines Zwischenhändlers aus. Vielmehr genüge dem Wortlaut zufolge ein Preis, der in irgendeinem Zusammenhang zur Grenze der EG stehe. Zollrechtlich werde dieser Zusammenhang durch die Einfuhr hergestellt.
Eine Auslegung des Art. 1 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3386/93 müsse in erster Linie mit dem Wortlaut der Norm vereinbar sein, bevor auf einer zweiten Stufe der Sinn und Zweck der Norm herangezogen werden könne. Keinesfalls dürfe die Auslegung nach Sinn und Zweck dem Wortlaut widersprechen, wenn anstelle des Einfuhrpreises der einem Zwischenhändler in Rechnung gestellte Ausfuhrpreis erfaßt werde. Zudem gebe es auch Ausnahmen von der Ansässigkeit des Zollschuldners in der Gemeinschaft, Art. 64 Abs. 2 Buchst. b, zweiter Spiegelstrich ZK, so daß es nicht maßgeblich auf die Ansässigkeit eines Unternehmens ankommen könne. Auf die Ansässigkeit der P, eines selbständigen Großhändlers, komme es bei der Heranziehung der Bemessungsgrundlagen für sie, die Klägerin, als Zollschuldnerin nach keiner einzigen Norm an. Die Rechnungen des chinesischen Exporteurs an die P beträfen einen Zeitpunkt, zu dem sich die Ware außerhalb der EG befunden habe, und stünden in keinem Zusammenhang zum Entstehen der Zollschuld. Der Gewinn der sowohl von ihr als auch vom chinesi...