Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Vereinbarkeit der Abzugssteuer gem. § 50 a EStG mit dem Gemeinschaftsrecht
Leitsatz (amtlich)
Für die Beurteilung der Gemeinschaftskonformität des Abzugsverfahrens gem. 50 a Abs. 4 EStG kommt es auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung an.
Im Wege der normerhaltenden Reduktion des § 50 a Abs. 4 EStG sind mit der Leistung unmittelbar zusammenhängende und dem Vergütungsschuldner mitgeteilte Betriebsausgaben vollen Umfangs zu berücksichtigen. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn die Betriebsausgaben dem Vergütungsschuldner bekannt sind, weil er die Ausgaben im Wege des abgekürzten Vertragsweges gezahlt hat. Eine Schätzung von Betriebsausgaben kommt im Abzugsverfahren nicht in Betracht.
Bei Inanspruchnahme der sog. Nullregelung gem. § 51 Abs. 2 UStDV gehört die Umsatzsteuer nicht zur Bemessungsgrundlage für die Abzugssteuer.
Ein Haftungsbescheid gem. § 50 a Abs. 5 S. 5 EStG ist dann nicht hinreichend bestimmt, wenn weder aus dem Bescheid noch aus den Steueranmeldungen die Person des Vertragspartners erkennbar ist. Demgegenüber bedarf es keines Hinweises auf die Steuerart.
Normenkette
EStG § 50a; EG Art. 49-50
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides gem. § 50 a Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Klägerin, eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland, betreibt eine Konzertagentur. In den Jahren 1996, 1997 und 1998 schloss sie teils mit ausländischen Künstlern, teils mit ausländischen Kapitalgesellschaften, die ihrerseits die Künstler zur Verfügung stellten, Verträge über Inlandsauftritte der Künstler. Auf die von der Klägerin beispielhaft vorgelegten Verträge für die Streitjahre (Anlagen 1-5) wird Bezug genommen. Es handelte sich um Vertragspartner, die in Großbritannien, den Niederlanden, Finnland, Schweden, Irland, Frankreich, Japan, Jamaika und den USA ansässig waren (s. Auflistung der Klägerin für 1998 in der Anlage zum Schriftsatz vom 11.01.2008, Gerichtsakte - GA - Bl. 113 ff., und Erläuterung im Schriftsatz vom 25.08.2008; Auflistung für 1997 in der Anlage zum Schriftsatz vom 29.08.2008 - GA Bl. 158 ff. mit Ergänzung gem. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2008). Soweit die Vertragspartner in der Gemeinschaft ansässig waren, hatten sie auch die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates bzw. waren nach den Vorschriften eines Mitgliedstaates gegründet.
Die Klägerin übernahm es regelmäßig, auf ihre Kosten für die Hotelunterbringung, Essen und Trinken zu sorgen. Die entsprechenden Verträge schloss sie im eigenen Namen ab. Zum Teil zahlte sie für die Verpflegung eine Cateringpauschale bar an die Vergütungsgläubiger bzw. Künstler aus. Die Cateringpauschale erfasste auch die Kosten für die eigenen Tourbegleiter der Klägerin. Diese reisten mit den Künstlern, um mit den örtlichen Veranstaltern und den Künstlergruppen bzw. deren rechtlichen Vertretern abzurechnen. In dem Erörterungstermin vom 25.07.2008 haben sich die Beteiligten darauf verständigt, dass 10 % der jeweiligen Cateringpauschale auf die eigenen Tourbegleiter der Klägerin entfielen.
Die Klägerin reichte Steueranmeldungen gem. § 50 a EStG am 12.05. und 20.10.1007 bzw. 30.01. und 10.08.1998 für das 1. - 4. Quartal 1997 (Akte Steuerabzug II Bl. 36 ff., III Bl. 14 ff., 64 ff., 109, 111) und am 14.08 und 16.11.1998, 22.01. und 16.11.1999 sowie 10.11.2000 für das 1.-4. Quartal 1998 (Akte Steuerabzug III Bl. 113, 123, 140, IV Bl. 65, 168) ein.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung (Bericht vom 26.07.2001, Betriebsprüfungsarbeitsakte) stellte der Prüfer fest, dass bislang nur die reinen Gagenzahlungen der Abzugssteuer unterworfen worden waren, nicht dagegen von der Klägerin übernommene Kosten für Hotelübernachtung, Catering und ausgezahltes Foodmoney.
Der Beklagte erließ unter dem 21.11.2001 einen Haftungsbescheid (Rechtsbehelfsakte - RbA - Bl. 2), mit dem er die Klägerin gem. § 191 Abs. 1 Abgabenordnung (AO), § 50 a Abs. 5 EStG, § 73 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) für die in der Anlage zu dem Bescheid bezeichneten Abgabenschulden in Höhe von 26,75% zzgl. 7,5 % Solidaritätszuschlag auf die im Einzelnen aufgeführten "Mehr Bemessungsgrundlagen", insgesamt in Höhe von 87.259,06 DM (Auflistung der zusätzlich erfassten Nebenleistungen s. GA Bl. 13 ff.) in Anspruch nahm. Der Bescheid enthielt keinen Hinweis auf die Steuerart, den Vertragspartner bzw. den Charakter des Vertragspartners als natürliche oder juristische Person.
Den hiergegen am 20.12.2001 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 06.06.2002 als unbegründet zurück.
Hierauf hat die Klägerin am 21.06.2002 Klage erhoben.
Für das Jahr 1998 hat der Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2002 (GA Bl. 33) den Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung hinsichtlich der Haftungsbeträge für 1998 gem. § 130 AO zurückgenommen und durch einen neuen Haftungsbescheid mit Hinwei...