Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenordnung: Heilung von Bekanntgabefehlern
Leitsatz (amtlich)
Eine fehlerhafte Einzelbekanntgabe nach § 183 Abs. 2 AO wird entsprechend § 8 VwZG geheilt, wenn der Feststellungsbescheid dem Zustellungsbevollmächtigten der Gesellschaft zugeht.
Normenkette
AO § 122 Abs. 1, § 183; VwZG § 8
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Bekanntgabe von Feststellungsbescheiden.
Gegenüber der Klägerin, einer Partnerschaftsgesellschaft, wurden vom Beklagten nach einer Außenprüfung am 22. Dezember 2009 Änderungsbescheide zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2004 und 2005 erlassen. Diese wurden im Wege der Einzelbekanntgabe nach § 183 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) an die Feststellungsbeteiligten Dr. A (2004 und 2005), B1 (2004 und 2005) und B2 (2005) adressiert und versandt. Dr. A ist zum ... 2005 aus der Gesellschaft aus- und dafür B2 eingetreten. Nach Postrücklauf wurde der Bescheid für B2 am 06. Januar 2010 erneut versandt. Für die Klägerin lag beim Beklagten eine Vollmacht vom 30. März 2006 vor für den C, D und E GbR, die sich auch auf die Bekanntgabe von Steuerbescheiden (§ 122 Abs. 1 AO) und die Abwicklung des gesamten Schriftverkehrs mit dem Finanzamt erstreckte. In der Feststellungserklärung 2004 ist B1 als gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter der Feststellungsbeteiligten bestellt worden. In der Erklärung 2005 ist kein Empfangsbevollmächtigter benannt worden. Weder die Zustellungsvollmacht für den C noch die Empfangsvollmacht für B1 sind bis zum Erlass der Änderungsbescheide widerrufen worden. Die Zustellungsvollmacht für den C GbR gilt weiterhin.
Nach einem Vermerk der Mitarbeiterin des Beklagten F (F) vom 05. August 2011 über den Inhalt eines Telefonats mit dem Steuerberater E habe dieser erklärt, ihm sei nicht ersichtlich, dass er die Feststellungsbescheide 2004 und 2005 nach der Außenprüfung erhalten habe. Nach dem Vermerk von F ist vom damaligen Sachbearbeiter des Beklagten nicht notiert worden, warum die Bescheide für die Jahre 2004 und 2005 nicht an den Zustellungsbevollmächtigten gesandt worden sind.
Am 17. August 2011 übersandte F nach Rücksprache mit ihrem Sachgebietsleiter dem C Zweitschriften der Feststellungsbescheide 2004 und 2005. In dem Schreiben wurde mitgeteilt, die Durchsicht der Akten habe ergeben, dass die Bescheide bereits im Dezember 2009 bzw. Januar 2010 versandt worden seien und die Einzelbekanntgabe gewählt worden sei.
Mit Schreiben vom 28. März 2012 bat Steuerberater E vom C darum, die Feststellungsbescheide 2004 und 2005 bekanntzugeben. Weder seine Mandantin noch sein Büro hätten diese Steuerbescheide jemals bekommen.
Der Beklagte teilte dem zwischenzeitlich als weiterem Bevollmächtigten der Klägerin bestellten Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 18. Juli 2012 mit, dass die Feststellungsbescheide 2004 und 2005 erneut bekanntgegeben werden sollten. In einem Hinweisschreiben der Rechtsbehelfsstelle des Beklagten vom 17. Juli 2012 wurde ebenfalls angekündigt, die Bekanntgabe der Feststellungsbescheide 2004 und 2005 werde in Kürze trotz Zweifel daran wiederholt, dass die Zweitschriften nicht beim C angekommen sein sollen. Daraufhin teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 23. Juli 2012 mit, es sei niemals behauptet worden, dass die Zweitschriften der Bescheide nicht bei Steuerberater E eingegangen seien. Vielmehr sei darauf hingewiesen worden, dass durch die Übersendung der Zweitschriften keine Zustellung erfolgt sei.
Mit Bescheid vom 20. August 2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Bekanntgabe der Feststellungsbescheide 2004 und 2005 ab. Spätestens mit der Übersendung der Zweitschriften der Bescheide mit Schreiben vom 17. August 2011 an den Empfangsbevollmächtigten C sei eine ordnungsgemäße Bekanntgabe erfolgt. Bei der Übersendung der Zweitschriften habe es sich nicht um eine reine Information des Steuerberaters über den Inhalt des Schriftstücks gehandelt. Es sei sowohl dem Steuerberater als auch dem Finanzamt nach dem Anruf vom 05. August 2011 klar gewesen, dass die Bekanntgabe der Bescheide ursprünglich fehlerhaft an die Beteiligten selbst erfolgt sei. Insoweit sei die Bekanntgabe nachgeholt und geheilt worden. Dies sei auch mit dem Zweck erfolgt, die an eine Bekanntgabe geknüpften Rechtsfolgen herbeizuführen. Im Übrigen sei es für eine Heilung der fehlerhaften Bekanntgabe durch Übersendung der Zweitschriften an den Bevollmächtigten nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg nicht erforderlich, dass ein Bekanntgabewille der Behörde vorliege.
Die Klägerin legte dagegen am 24. August 2012 Einspruch ein. Die vom Beklagten zitierte Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg sei nicht einschlägig. Auf die inneren Vorgänge der Finanzbeamtin könne nicht abgestellt werden. Die Ankündigung der Bekanntgabe sei ein Verwaltungsakt, der nicht widerrufen werden könne. Steuerberater E habe nach Erhalt der Zweitschriften mit F telefoniert, so...