Entscheidungsstichwort (Thema)
EuGH-Vorlage zur Frage, ob die Belastung ausländischer Pensionsfonds, die Dividenden von inländischen Kapitalgesellschaften beziehen, mit Kapitalertragsteuer gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt
Leitsatz (redaktionell)
A. Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Steht die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 65 AEUV den Regelungen eines Mitgliedsstaates entgegen, durch die eine gebietsfremde Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung, die in ihren wesentlichen Strukturen einem deutschen Pensionsfonds vergleichbar ist, keine Entlastung von der Kapitalertragsteuer für bezogene Dividenden erhält, während entsprechende Dividendenausschüttungen an inländische Pensionsfonds zu keiner oder nur einer verhältnismäßig geringen Erhöhung der Körperschaftsteuerschuld führen, weil sie die Möglichkeit haben, im Veranlagungsverfahren ihren steuerpflichtigen Gewinn durch den Abzug der Rückstellungen für Pensionszahlungsverpflichtungen zu mindern und die entrichtete Kapitalertragsteuer durch Anrechnung und – soweit der Betrag der zu entrichtenden Körperschaftsteuer niedriger ist als der Anrechnungsbetrag – Erstattung zu neutralisieren?
2. Wenn Frage 1 zu bejahen ist: Ist die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG nach Art. 63 AEUV i. V. m. Art. 64 Abs. 1 AEUV gegenüber Drittstaaten zulässig, weil sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen steht?
B. 1. Im Streitfall: Einem inländischen Pensionsfonds vergleichbare, beschränkt steuerpflichtige kanadische Vermögensmasse in der Rechtsform eines Common Law Trust kanadischen Rechts mit Streubesitzbeteiligungen an deutschen Aktiengesellschaften, bei der anders als bei unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen Pensionsfonds eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer (mit der Möglichkeit einer Anrechnung der Kapitalertragsteuer) nicht stattfindet und die infolge der Regelung des § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG hinsichtlich der Dividendenausschüttungen nach Erstattung der Differenz zum Steuersatz von 15 % gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. b DBA-Kanada endgültig mit 15 % Kapitalertragsteuer belastet bleibt (Ausführungen zur Besteuerung unbeschränkt steuerpflichtiger sowie beschränkt steuerpflichtiger Pensionsfonds).
2. Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats stellen eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nach Art. 63 Abs. 1 AEUV dar, wenn eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von an Pensionsfonds ausgeschüttete Dividenden – je nachdem ob es sich um gebietsansässige oder gebietsfremde Pensionsfonds handelt – dazu führt, dass gebietsfremde Pensionsfonds ungünstiger behandelt werden als gebietsansässige (vgl. EuGH-Urteil v. 2.6.2016 – Rs. C-252/14 – Pensioenfonds Metaal en Techniek, ECLI:EU:C:2016:402).
Normenkette
AEUV Art. 63 Abs. 1, Art. 65 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3, Art. 64 Abs. 1 Buchst. a, Art. 267 Abs. 2; KStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1-2, § 32 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5, § 8b Abs. 8 Sätze 1, 5, Abs. 9, § 23 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 31; DBA-Kanada Art. 10 Abs. 2 Buchst. b; FGO § 74; EStG § 4 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 43a Abs. 1 Nr. 1, § 44a Abs. 9, §§ 50d, 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8, § 36 Abs. 2 Nr. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 5a
Nachgehend
Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- Steht die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 65 AEUV den Regelungen eines Mitgliedsstaates entgegen, durch die eine gebietsfremde Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung, die in ihren wesentlichen Strukturen einem deutschen Pensionsfonds vergleichbar ist, keine Entlastung von der Kapitalertragsteuer für bezogene Dividenden erhält, während entsprechende Dividendenausschüttungen an inländische Pensionsfonds zu keiner oder nur einer verhältnismäßig geringen Erhöhung der Körperschaftsteuerschuld führen, weil sie die Möglichkeit haben, im Veranlagungsverfahren ihren steuerpflichtigen Gewinn durch den Abzug der Rückstellungen für Pensionszahlungsverpflichtungen zu mindern und die entrichtete Kapitalertragsteuer durch Anrechnung und – soweit der Betrag der zu entrichtenden Körperschaftsteuer niedriger ist als der Anrechnungsbetrag – Erstattung zu neutralisieren?
- Wenn Frage 1 zu bejahen ist: Ist die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG nach Art. 63 AEUV i.V.m. Art. 64 Abs. 1 AEUV gegenüber Drittstaaten zulässig, weil sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen steht?
Tatbestand
I. Sach- und Streitstand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 i.V.m. Art. 65 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU – AEUV – es gebietet, dass die Klägerin dieselben steuerlichen Entlastungen von der Kapitalertragsteuer wie ein inländischer Pensionsfonds erhält.
Die Klägerin ist C, eine Vermögensmasse in...