Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffung und Veräußerung von Fremdwährungsguthaben im Rahmen der Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft. anteilige Zurechnung. keine gesonderte und einheitliche Feststellung von in diesem Zusammenhang anfallenden Verlusten
Leitsatz (redaktionell)
1. Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts können auch Fremdwährungsbeträge sein.
2. Das durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft erworbene Fremdwährungsguthaben ist zur Beurteilung der Steuerbarkeit im Rahmen des § 23 EStG den Gesellschaftern anteilig zuzurechnen.
3. Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft erfüllen den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nur dann „gemeinsam”, wenn die den Tatbestand des „privaten Veräußerungsgeschäfts” konstituierenden Teilakte – die „Anschaffung” und die „Veräußerung” – jeweils in der „Einheit der Gesellschaft” verwirklicht werden.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2; AO § 39 Abs. 2 Nr. 2, § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tenor
1. Unter Änderung des Bescheides vom 15. Juni 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Juni 2021 wird die Einkommensteuer auf 2.537.425 EUR herabgesetzt. Der Besteuerung wird ein Kursverlust aus Währungsgeschäften in Höhe von 61.939,00 EUR statt eines Kursgewinns aus Währungsgeschäften in Höhe von 116.168,02 EUR zu Grunde gelegt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über den Ansatz von Gewinnen oder Verlusten aus Fremdwährungsgeschäften.
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 60.961 EUR geltend. Diese standen im Zusammenhang mit einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung des Klägers als Kommanditist an der […] (H), Registernummer […] beim Registergericht […]. Die H ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft nach deutschem Recht mit Sitz in Hamburg. Die H besaß eine Büroimmobilie in L [Großbritannien]. Die Gesellschaftswährung der H war das britische Pfund (GBP). Die Büroimmobilie wurde 2009 in der Fremdwährung GBP erworben und mit Vertrag vom 9. November 2015 und mit Wirkung zum 30. November 2015 in der Fremdwährung GBP veräußert. Der daraus resultierende Veräußerungsgewinn wurde auf Ebene der Gesellschaft ermittelt und auf alle Anleger verteilt. Dies wurde mit Bescheid für 2015 vom 19. Juli 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen festgestellt.
Gemäß § 13 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags schüttet die Gesellschaft die jährlich erwirtschafteten Geldüberschüsse, erstmals in 2010 für das Geschäftsjahr 2009, an ihre Gesellschafter aus, sofern sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt. Dies gilt auch dann, wenn ein Jahresüberschuss nicht ausgewiesen wird. Die Ausschüttung erfolgt nach entsprechender Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung auf Vorschlag der Geschäftsführung, die unter Berücksichtigung der zukünftigen Ertrags- und Liquiditätslage der Gesellschaft angemessene Beträge zur Abdeckung zukünftiger Liquiditätserfordernisse, insbesondere zur Risikovorsorge und zur Ausschüttungsglättung, in eine gesamthänderisch gebundene Rücklage einstellen bzw. einer Liquiditätsreserve zuführen kann. Rücklage oder Liquiditätsreserve können jeweils mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung aufgelöst bzw. verwendet werden. Nach § 13 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages ist die Geschäftsführung im Rahmen der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns berechtigt, aber nicht verpflichtet, vor Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Ausschüttungen Vorab-Auszahlungen an die Gesellschafter vorzunehmen. Gemäß § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags erfolgt die Ausschüttung grundsätzlich in GBP. Die Beteiligten haben jedoch ein Wahlrecht, die Ausschüttung in Euro zu verlangen. § 20 des Gesellschaftsvertrages, auf den hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, regelt die Liquidation der Gesellschaft.
Am 21. Januar 2016 wurde im schriftlichen Verfahren durch die Gesellschafter beschlossen, die H mit Wirkung zum 1. Januar 2016 zu liquidieren. In diesem Zusammenhang wurde dem Kläger am 29. Januar 2016 nachrichtlich der zur Überweisung anstehende Betrag in Höhe von 598.450,61 GBP mitgeteilt.
Ebenfalls am 29. Januar 2016 erfolgte eine anteilige Ausschüttung des Vermögens in Euro (787.167,04 EUR) an den Kläger. Der Kläger machte von seinem Wahlrecht gemäß § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags, die Ausschüttung in Euro zu verlangen, Gebrauch.
Der von den Klägern in der Einkommensteuererklärung 2016 geltend gemachte Verlust gemäß § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 60.961 EUR errechnete...