Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende des 5-Jahreszeitraums in § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst. b EStG nicht bereits mit der Konkurseröffnung. Einkommensteuer 1998
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Fall der Anteilsveräußerung gem. § 17 Abs. 1 EStG endet weder die 5-Jahresfrist in § 17 Abs. 1 S. 5 noch die in § 17 Abs. 2 S. 4 EStG 1998 bereits mit dem Abschluss des obligatorischen Kaufvertrags, sondern erst mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den verkauften Anteilen.
2. Dementsprechend endet im Fall des Konkurses und der Auflösung der Gesellschaft der Fünfjahreszeitraum in § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst. b EStG nicht bereits mit der förmlichen Auflösung durch die Eröffnung des Konkursverfahrens, sondern im Zeitpunkt des wirtschaftlichen Untergangs der Anteile. In der Regel ist das der Zeitpunkt, auf den steuerrechtlich der Auflösungsverlust zu ermitteln ist.
Normenkette
EStG 1998 § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst.b, Abs. 1 S. 5, Abs. 4
Tenor
1. Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides vom 10.07.2001 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 27.08.2002 wird die Einkommensteuer für 1998 auf Null DM (= Null EUR) festgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob und in welcher Höhe ein Aufgabeverlust nach § 17 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) zu berücksichtigen ist.
Die Kläger werden für das Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war mit drei weiteren Personen Gründungsgesellschafter der Fa. … (GmbH) und hielt zunächst eine Beteiligung von 10.000 DM (= 20 v. H.) und nach Erhöhung des Stammkapitals (Urkunde vom 02.02.1990) eine solche von 100.000 DM (= 20 v. H.).
Nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag des Klägers wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 18.10.1991 der (originäre) Gesellschaftsanteil eines seiner Mitgesellschafter i. H. von 150.000 DM unentgeltlich eingezogen. Mit Urkunde vom 06.07.1995 übertrug ein weiterer Mitgesellschafter seinen Anteil von 150.000 DM je zur Hälfte auf den Kläger und den noch verbliebenen letzten Mitgesellschafter für einen Kaufpreis von je 75.000 DM. Mit Urkunde vom gleichen Tag wurden ihnen die von der GmbH gehaltenen Anteile ebenfalls zu gleichen Teilen zugeteilt.
Mit Vertrag vom 04.09.1995 übernahm der Kläger für die Ansprüche der Kreissparkasse … gegenüber der GmbH eine Bürgschaftsverpflichtung i. H. von 600.000 DM, die am 01.05.1998 valutiert wurde. Mit Beschluss des Amtsgerichts … vom 21.08.1996 wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Am 01.03.1999 gab der Konkursverwalter den Schlussbericht ab. Mit Beschluss des Amtsgerichts … vom 17.08.1999 wurde das Konkursverfahren aufgehoben.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 26.05.2000 machte der Kläger aus seiner Beteiligung an der GmbH einen Auflösungsverlust gem. § 17 Abs. 4 EStG i. H. von 850.000 DM geltend, den er mit seinen Anschaffungskosten für seine GmbH-Anteile von insgesamt 250.000 DM und seiner Inanspruchnahme aus der zu Gunsten der GmbH gegebenen Bürgschaft von 600.000 DM begründete. Dem folgte der Beklagte (Finanzamt/FA) nicht. Im Rahmen der Einspruchsentscheidung (EE) vom 27.08.2002 ging das FA von einem zu versteuernden Einkommen von 181.955 DM aus und setzte die Einkommensteuer für 1998 auf 58.550 DM (= 29.936,14 EUR) fest. Im Übrigen wies es den Einspruch u.a. mit der Begründung zurück, im Rahmen der Gründung der GmbH habe der Kläger keine wesentliche Beteiligung erworben. Zum wesentlich beteiligten Gesellschafter sei er erst mit der Einziehung der Anteile seines Mitgesellschafters am 18.10.1991 geworden. Da aber bereits am 21.08.1996 über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet worden sei, habe er seine wesentliche Beteiligung nicht ununterbrochen mehr als fünf Jahre vor Auflösung der GmbH gehalten, so dass ein eventueller Auflösungsverlust gem. § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht berücksichtigt werden könne.
Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung vorgetragen wird, der maßgebliche End-Zeitpunkt für die Berechnung der Fünf-Jahres-Frist des § 17 Abs. 2 Satz 4 lit. b) EStG sei nicht das Datum der Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH. Die Fünf-Jahres-Frist errechne sich vielmehr ab dem Tag, an dem der Kläger erstmals eine wesentliche Beteiligung hielt, bis zu dem Zeitpunkt, auf den sein steuerlicher Auflösungsverlust zu ermitteln sei. Im vorliegenden Fall sei dies das Jahr 1998. Am 01.05.1998 sei der Kläger in voller Höhe aus seiner Bürgschaftsverpflichtung zu Gunsten der GmbH in Anspruch genommen worden. Erst damit habe er seine nachträglichen Anschaffungskosten gekannt. Der Schlussbericht des Konkursverwalters sei für ihn als Gesell...