Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsaufwendungen für ein volljähriges Kind. hier: Die Abzugsfähigkeit von Unterhaltsaufwendungen für ein volljähriges Kind ist nicht vom Bestehen einer zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung abhängig. Einkommensteuer 1996 und 1998. Außergewöhnliche Belastungen
Leitsatz (redaktionell)
Die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen für eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person im Sinne des § 33a Abs. 1 S. 1 EStG setzt lediglich eine potentielle Unterhaltsberechtigung voraus. Unerheblich ist, ob im konkreten Einzelfall Umstände gegeben sind, die zu einem zivilrechtlichen Ausschluss der Unterhaltsverpflichtung aus in der Person des Unterhaltsverpflichteten liegenden Gründen führen.
Normenkette
BGB §§ 1601 ff; EStG § 33a Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Unterhaltsaufwendungen des Klägers für seinen volljährigen Sohn als außergewöhnliche Belastung im Rahmen des § 33 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG- steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die gemäß §§ 26, 26 b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit und aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt 107.326 DM (1996) bzw. 42.944 DM (1998).
Er hatte im Jahre 1992 seinem volljährigen, verheirateten Sohn X… einen ½ Anteil an einem Mehrfamilienhaus übertragen, in dem der Sohn und seine Familie auch wohnten. Nach § 4 des zwischen dem Kläger und seinem Sohn geschlossenen Kaufvertrages hatte der Sohn für die für eigene Wohnzwecke genutzte Wohnung keine Miete oder Nutzungsentschädigung zu zahlen, jedoch die auf seine Wohnung entfallenden Kosten und Abgaben in voller Höhe selbst zu tragen.
In den Streitjahren 1996 und 1998 zahlte der Kläger auch die auf die Wohnung seines Sohnes und dessen Familie entfallenden Kosten und Abgaben in Höhe von 7.476 DM im Jahre 1996 und 13.150 DM im Jahre 1998.
Der Sohn X… und seine Ehefrau erzielten nach unstreitigen Vortrag der Kläger in den Jahren 1996 und 1998 folgende Einkünfte:
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1996 |
1998 |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Sohn) ./. 42.454 DM |
./. 166.071 DM |
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Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit (Schwiegertochter) |
3.690 DM |
1.600 DM |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Sohn) |
./. 25.348 DM |
./. 5.631 DM |
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./. 64.112 DM |
./. 170.102 DM |
Das Betriebsvermögen dessen Sohnes X… war -ebenfalls unstreitig- wie folgt überschuldet:
Stichtag |
Werbeagentur |
(Firma) |
insgesamt |
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Y… |
by Y… |
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31.12.96 |
./. 485.795,74 DM |
./. 16.210,28 DM |
./. 502.006,02 DM |
31.12.97 |
./. 389.189,18 DM |
./. 13.087,77 DM |
./. 402.276,95 DM |
31.12.98 |
./. 470.179,74 DM |
./. 18.615,02 DM |
./. 488.784,76 DM |
Nachdem der Kläger zunächst vergeblich im Rahmen der Feststellung der Grundstücksgemeinschaft versucht hatte, die von ihm getragenen, auf die Wohnung seines Sohnes entfallenden Aufwendungen als Sonderwerbungskosten geltend zu machen, beantragten die Kläger mit Schreiben vom 28.11.2001 ebenfalls ohne Erfolg, die Einkommensteuerveranlagungen u.a. für 1996 und 1998 zu ändern und die Aufwendungen gemäß § 33 a Abs. 1 EStG als Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen.
Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 a Absatz 1 EStG seien im Streitfall gegeben, da der Kläger seinem Sohn gegenüber zivilrechtlich unterhaltsverpflichtet gewesen sei. Im Rahmen des § 33 a Abs. 1 EStG komme es nur auf die grundsätzliche Unterhaltsberechtigung des Kindes als Verwandten in gerader Linie an. Eine Prüfung, ob im Einzelfall konkret ein Unterhaltsanspruch bestehe, sei es nicht erforderlich.
Ihr Sohn und seine Ehefrau hätten in den Jahren 1996 und 1998 ihren Lebensunterhalt weder aus ihren Einkünften noch aus vorhandenem Vermögen bestreiten können. Die negativen Einkünfte hätten nicht auf Sonderabschreibungen oder anderen außerordentlichen Aufwandsbestandteilen beruht. Weitere Einkünfte oder Einnahmen hätten ihr Sohn und seine Ehefrau nicht erhalten. Stille Reserven im Anlagevermögen seien nicht vorhanden gewesen. Der Wert der Beteiligung an der Grundstücksgemeinschaft sei negativ gewesen; der auf dem Grundstück entfallende Darlehensstand per 1.1.97 (938.000 DM) habe den Verkaufserlös des Grundbesitzes als Eigentumswohnungen (681.000 DM) um 257.000 DM überschritten.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1998 vom 2.1.2002 Aufwendungen von 7.476 DM (1996) und 13.150 DM (1998) gemäß § 33a Abs. 1 EStG als Unterhaltsaufwendungen zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, die gesetzliche Unterhaltsberechtigung sei konkret durch den Rückgriff auf das Zivilrecht festzustellen. Im Streitfall könne sich der Sohn nicht auf einen Unterhaltsanspruch nach §§ 1601 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berufen, da er auf Grund seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt ...