Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteuerhaftungsbescheid: Zufluss der Tantiemeforderung eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers
Leitsatz (redaktionell)
Bei beherrschenden Gesellschaftern ist der Zufluss eines Vermögensvorteils nicht erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen, denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen. Der Anspruch auf eine "Gewinntantieme" entsteht grundsätzlich mit dem Ende des Geschäftsjahres und wird mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig. Diese Zuflussregel gilt dann, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 38, 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Entgeltumwandlung vorliegt oder über bereits zugeflossene Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit verfügt wurde.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Transportunternehmen. Geschäftsführer und beherrschender Gesellschafter der Klägerin ist A .
Nach § 6 Abs. 1 c des Geschäftsführerdienstvertrages des A mit der Klägerin vom 02.02.1999 erhält dieser neben einem festen Monatsgehalt eine Gewinnbeteiligung i.H.v. 50 v.H. des Jahresüberschusses laut Steuerbilanz der Gesellschaft vor Abzug der Gewerbe- und Körperschaftsteuer sowie vor Abzug der Tantiemen. Weiter ist ausgeführt: "Die Gewinnbeteiligung ist innerhalb von drei Monaten nach Bilanzerstellung auszuzahlen."
Der Jahresabschluss und die Bilanz zum 31.12.2003 der Klägerin wurde mit Beschluss vom 12.08.2004 und der Abschluss und die Bilanz zum 31.12.2004 mit Beschluss vom 30.06.2005 genehmigt.
Im Rahmen einer bei der Klägerin mit Prüfungsanordnung vom 10.05.2006 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung (Bericht vom 27.04.2007) stellte das Finanzamt fest, dass der beherrschende Gesellschaftergeschäftsführer A mit Vereinbarung über Gehaltsverzicht vom 16.09.2004 auf seinen Tantiemeanspruch aus dem Geschäftsjahr 2003 i.H.v. 59.000 € gegenüber der Klägerin mit Wirkung zum 01.11.2004 verzichtet hat. Weiter hat A mit Vereinbarung über Gehaltsverzicht vom 22.09.2005 auf seinen Tantiemeanspruch aus dem Geschäftsjahr 2004 i.H.v. 40.000 € gegenüber der Klägerin mit Wirkung zum 01.11.2005 verzichtet. Zum Ausgleich erteilte die Klägerin dem Geschäftsführer eine Pensionszusage in entsprechender Höhe (sog. Umwandlung in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen, § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG).
Mit Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheid für 2004 und 2005 vom 23.05.2007 setzte das Finanzamt unter anderem eine Haftungsschuld für Lohnsteuer, Kirchensteuer (rk) und Solidaritätszuschlag i.H.v. insgesamt 49.202,25 € für diese umgewandelten Tantiemeansprüche (30.134,25 € für 2004; 19.068 € für 2005) fest. Im Bescheid führte die Behörde aus, dass die GmbH als Haftender in Anspruch genommen werde, weil ein Haftungsausschluss nicht vorliege, die Klägerin mit der Haftung einverstanden sei und die Haftung nicht unbillig sei.
Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos.
Mit der Klage wird beantragt, die Einspruchsentscheidung vom 10.09.2008 bezüglich des Lohnsteuerhaftungsbescheids aufzuheben und den Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 23.05.2007 dahin zu ändern, dass die Haftungsbeträge für Lohnsteuer um 43.350 €, für Solidaritätszuschlag um 2.384,25 € und für Kirchensteuer (rk) um 3.468 € vermindert werden. Für den Fall des Unterliegens wird die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage beantragt, ob die Tantiemeforderung eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers zugeflossen ist, wenn sie nach dem Anstellungsvertrag zwar noch nicht fällig ist, aber bereits erfüllt werden kann.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:
Bei den Tantiemen handle es sich grundsätzlich um steuerpflichtigen Arbeitslohn nach § 19 EStG. Dies gelte auch für beherrschende Gesellschaftergeschäftsführer. Eine steuerlich anzuerkennende Entgeltumwandlung liege dann vor, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, künftige Arbeitslohnansprüche zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung herabzusetzen. Eine Entgeltumwandlung liege jedoch nach dem BMF-Schreiben vom 17.11.2004 auch dann vor, wenn die Vereinbarung zur Änderung des Gehalts bereits erdiente, aber noch nicht fällig gewordene Anteile erfasse (vgl. BMF-Schreiben vom 17.11.2004 IV C 4 - S 2222 - 177/04, BStBl. I 2004, 1065). Dies gelte selbst dann, wenn eine Einmal- oder Sonderzahlung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr betreffe.
Die Fälligkeit richte sich nach dem vereinbarten Leistungszeitpunkt . Der Begriff der Leistungszeit umfasse zwei Zeitpunkte, die im Regelfall zusammenfallen, nämlich den der Fälligkeit und den der Erfüllbarkeit. Unter Fälligkeit werde im Allgemeinen der Zeitpunkt verstanden, von dem ab der Gläubiger die Leistung for...