Revision eingelegt (BFH X R 17/21)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsverpachtung als Betriebsübergang im Ganzen i.S.d. § 2 Abs. 5 GewStG
Leitsatz (amtlich)
In Fällen, in denen die für den Weiterbetrieb geeigneten Räumlichkeiten eines bestehenden Gewerbebetriebs verpachtet werden, ist von einer Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen an den Pächter und damit von einem Betriebsübergang im Ganzen i.S.d. § 2 Abs. 5 GewStG auszugehen.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 35b Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von vor der Eröffnung eines gepachteten Imbissbetriebs entstandenen Aufwendungen i.R. der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags sowie die entsprechende Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts.
Ab dem 1. Dezember 2017 pachtete der Kläger von der bisherigen Betreiberin einen Imbissbetrieb einschließlich des Inventars. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Pachtvertrag im Gastgewerbe (Blatt 73 ff. der Gerichtsakte). Am 2. Januar 2018 eröffnete der Kläger den Imbissbetrieb. Im Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis zum 31. Dezember 2017 entstand dem Kläger, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelte, durch die im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Imbissbetrieb angefallenen Aufwendungen einen Verlust in Höhe von 15.532,62 €, wovon ein Betrag in Höhe von 8.489,89 € auf im Zeitraum vom 1. Dezember 2017 bis zum 31. Dezember 2017 abgeflossene Aufwendungen entfiel. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Kontennachweis vom 1. Juli 2017 bis zum 31. Dezember 2017 (Blatt 85 f. der Gerichtsakte).
In seiner Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr (2017) gab der Kläger einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von -15.532 € an. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2019 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr auf 0 € fest, wobei er einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 0 € zu Grunde legte. Zur Erläuterung wurde ausgeführt, Betriebsausgaben, welche vor der Begründung der Gewerbesteuerpflicht anfielen, könnten nicht als vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Die Gewerbesteuerpflicht beginne, wenn erstmals die Voraussetzungen erfüllt seien. Zum 1. Dezember 2017 sei ein Imbiss-Betrieb übernommen worden, so dass zu diesem Zeitpunkt die Gewerbesteuerpflicht grundsätzlich beginne. Jedoch habe das Unternehmen zu keinem Zeitpunkt am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen, da der Imbiss vom Zeitpunkt der Übernahme an für Renovierungsarbeiten geschlossen gewesen sei. Die nach der Übernahme entstandenen Betriebsausgaben stellten Vorbereitungshandlungen für den späteren Geschäftsbetrieb dar und begründeten die Gewerbesteuerpflicht noch nicht.
Mit seinem hiergegen gerichteten Einspruch beantragte der Kläger zugleich den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids zum 31. Dezember 2017. Die Beurteilung der Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr sei - so der Kläger - anhand des Einzelfalls zu ermitteln. Ermittlungsmaßnahmen des Beklagten seien nicht zu erkennen. Die allgemeine Lebenserfahrung zeige, dass bei Übernahme eines Pachtobjektes im Regelfall nicht sofort mit der Produktion oder dem Verkauf angefangen werde. Selbst dann nicht, wenn ein bestehendes und aktives Unternehmen übernommen werde. Im Regelfall bedürfe es gewisser Anpassungsprozesse personeller, organisatorischer und wirtschaftlicher Art. Hätte ein anderer Unternehmer seinen laufenden Geschäftsbetrieb für 30 Tage unterbrochen, seine Geschäftsräume modernisiert und anschließend das Geschäft mit einer groß angekündigten "Wiedereröffnung" weitergeführt, so wären seine Betriebsausgaben anstandslos anerkannt worden. Die ersten Wareneinkäufe seien am 7. Dezember 2017 getätigt worden. Neben diesen Wareneinkäufen sei auch der Kontakt zu anderen Unternehmen erfolgt. Auch die breite Öffentlichkeit sei über diverse Aktionen auf die "Wiedereröffnung" hingewiesen worden. Spätestens mit der Werbeanzeige in der Zeitschrift "Blick aktuell" für die 52. Kalenderwoche sei eine Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr anzunehmen.
Die Versagung der Anerkennung der Betriebsausgaben im Bereich des Wareneinsatzes führe zu dem absurden Ergebnis, dass die Früchte aus diesen Aufwendungen im Folgemonat Januar 2018 in voller Höhe der Besteuerung unterlägen. Die Warenbeschaffung sei elementare Voraussetzung für das Erzielen von Entgelten. Die Öffnung eines Ladenlokals ohne Waren führe zu nichts.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19. März 2020 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr als unbegründet zurück. Eine werbende Tätigkeit liege ab dem Zeitpunkt vor, in dem der Unternehmer seine Leistungen am Markt anbiete, also mit Beginn des tatsächlichen Verkaufs, etwa durch Öffnung des Ladenlokals. Aufgrund der Angaben im Fra...