Prof. Dr. Martin Tschandl, Prof. Dr. Paul Hofmann
Der Vorgehensprozess im Forecasting wird nach Moon in sieben Schritte unterteilt, wobei systematische Feedbackmöglichkeiten die Genauigkeit und Validität erhöhen (siehe Abb. 1).
Abb. 1: Prozessvorgehen zur Forecast-Ermittlung
- Zu Beginn des Prozesses wird inhaltlich definiert, welche Werte für welchen Zeitraum und allenfalls welche Region zu prognostizieren sind. Dies können monetäre Werte wie Umsatz, Kosten oder Gewinn sein, aber auch nicht-monetäre Forecasts, wie Bestände oder Kapazitäten. In der Unternehmenspraxis kommt Forecasting als Grundlage für Planung/Budgetierung in erster Linie als Year-to-End-Forecast (zum Ende des laufenden Jahres) vor.
- Dazu wird im zweiten Schritt die anzuwendende Forecast-Methode gewählt, wobei zwischen qualitativen, quantitativen oder kombinierten Methoden unterschieden wird. Qualitative, meinungsbasierte Prognosen sind zwar einfach anzuwenden, gelten jedoch für eine Vorhersage der Zukunft als nicht ausreichend. Quantitative Prognosen verwenden mathematische, statistische (z. B. ARIMA) oder AI-basierte Methoden. Um Prognosefehler zu verringern, ist eine Kombination mit einem quantitativen, datenorientierten Forecast aufgrund der effizienten Nutzung von Zeit und Kosten empfehlenswert. Damit lässt sich die Prognosegenauigkeit um etwa 40 bis 60 % erhöhen. Bei der Kombination liefern (1) die quantitativen Methoden die Grundlage aus den vergangenheitsorientierten Daten, während anschließend (2) Experten den Forecasting-Wert anpassen.
- Im dritten Schritt werden die für die Forecast-Ermittlung notwendigen Daten gesammelt. Häufig sind es historische oder prognostische Daten über Kunden, Wettbewerber sowie demographische oder makroökonomische Entwicklungen, die den Forecast beeinflussen. Eine zunehmende Datenmenge führt zu einer Reduktion des Grenznutzens, weshalb der Fokus bei der Forecast-Modellierung auf der Datenqualität liegt.
- Nach der Auswahl der Methode und der dafür notwendigen Datensammlung wird der Forecast im vierten Schritt ermittelt, wobei sich Tabellenkalkulation bei Planung und Forecasting immer noch als relevantestes IT-Tool erweist.
- Im fünften Schritt werden die Ergebnisse analysiert und interpretiert.
- Die Validierung im sechsten Schritt des Forecast-Prozesses erfolgt durch die persönliche Beurteilung anhand der Intuition der Manager und Managerinnen über die Wirtschaftslage und unter vollem Bewusstsein seiner Entscheidungsverantwortung.
- Wenn das Ergebnis nicht validierbar ist, werden die einzelnen Schritte in einer Feedbackschleife hinterfragt, um am Ende ein validiertes Ergebnis des Forecasts zu erhalten.
Welche Vorteile Unternehmen erzielen, die vorausschauende Planung und Forecasting einsetzen, zeigt eine international angelegte BARC-Studie: höhere Qualität und Genauigkeit von Planung und Forecasting (64 %), geringere Aufwände (64 %), häufigere Forecasts (49 %), Früherkennung (48 %). Davor sind aber offensichtlich wesentliche Herausforderungen zu bewältigen (siehe Abb. 2):
- ein unzureichender Technologieeinsatz (54 %),
- der Fokus auf Resultate statt Treibern (49 %),
- ineffektive Prozesse zur Verbesserung der Zuverlässigkeit von Forecasting (47 %),
- die übermäßige Anzahl an erforderlichen Details (45 %) und
- die unzureichende Integration zwischen strategischer und operativer Planung bzw. Forecast (42 %).
Abb. 2: Herausforderungen für eine effektive Planung/Budgetierung und Forecasting
Der Einsatz moderner Technologien im Forecasting scheitert laut einer IGC-Studie am Mangel an Kompetenzen bei den Mitarbeitenden, an der Kultur und an Akzeptanzproblemen im Unternehmen sowie an der ungenügenden internen Datenbasis. Die Wissenschaft weist seit Jahrzehnten darauf hin: Aus-/Weiterbildung der Mitarbeitenden ist die Voraussetzung für die Verwendung und Akzeptanz von (neuer) Technologie, die wiederum Vorteile in den Geschäftsprozessen versprechen. Davon unbeeindruckt taucht diese Problematik in der Praxis weiterhin als wesentliches Hindernis auf.
Welche Forecasting-Methoden in der Praxis verwendet werden, ergibt eine systematische Sekundäranalyse zu den am häufigsten genannten Methoden (siehe Abb. 3, jeweils priorisiert nach der Anzahl der Nennungen in der Literatur). Der sich daraus ergebende Überblick unterscheidet zwischen qualitativen (meinungsorientierten) und quantitativen (datenorientierten) Methoden sowie Sonderformen. Qualitative Methoden kommen zum Einsatz, wenn quantitative Methoden aufgrund fehlender Daten (z. B. wenige Kunden, neue Produkte, neue Märkte) oder erhöht wahrgenommener Komplexität (z. B. fehlende Aus-/Weiterbildung) nicht anwendbar sind. Zusätzlich dienen diese Methoden der Ergänzung und Anreicherung von statistischen Forecasting-Ergebnissen, indem sie die Meinung, das Wissen und die Intuition von erfahrenen Expertinnen und Experten in einem formalen Prozess nutzen. Grenzen setzt den qualitativen Forecasting-Methoden der Mensch mit seinen systematischen Entscheidungsfehlern, auch Heuristiken genannt: Individuen sch...