Rz. 190
Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter oder eine dem Gesellschafter nahestehende Person einer Kapitalgesellschaft außerhalb gesellschaftsrechtlicher Vorschriften Vermögensvorteile zuwendet, die ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns der Gesellschaft nicht eingeräumt hätte. Für den Begriff und den Zeitpunkt der Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung gelten die gleichen Tatbestandsmerkmale wie bei der verdeckten Gewinnausschüttung. Maßgebend ist daher, dass die verdeckte Einlage in dem Gewand einer schuldrechtlichen Lieferungs- oder Leistungsbeziehung erscheint, also nicht die vom Gesetz zur Verfügung gestellte gesellschaftsrechtliche Form gewählt wird. Offene Einlagen sind danach alle Einlagen, die aufgrund des gesellschaftsrechtlichen Instrumentariums erfolgen. Deshalb können die Fälle des § 272 Abs. 2 Nrn. 1–3 HGB (Aufgeld, Ausgabebetrag für Wandlungs- und Optionsrechte, Zuzahlung für einen Vorzug der Anteile) keine "verdeckten" Einlagen sein. Von den Fällen des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB fallen ebenfalls diejenigen Sachverhalte nicht unter den Begriff der verdeckten Einlage, bei denen die gesellschaftsrechtliche Veranlassung offenbar ist, wie etwa bei Nachschüssen der Gesellschafter. Im Ergebnis fallen im Wesentlichen nur solche Sachverhalte unter den Begriff der verdeckten Einlage, die handelsrechtlich nicht zu Einstellungen in die Kapitalrücklage führen. Das betrifft neben Lieferungs- und Leistungsbeziehungen, bei denen die Höhe des Entgelts zugunsten der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, insbesondere Ertragszuschüsse, die die begünstigte Gesellschaft handelsrechtlich ertragswirksam vereinnahmt.
Rz. 190a
Der Tatbestand der verdeckten Einlage enthält zwei Elemente, nämlich die gesellschaftsrechtliche Veranlassung und die Zuwendung eines bilanzierungsfähigen Vermögensvorteils. Das bedeutet, dass nicht jede Maßnahme zu einer verdeckten Einlage führt, die ein Gesellschafter aus gesellschaftsrechtlicher Veranlassung vornimmt, wenn kein Vermögensvorteil zugewendet wird. So führt die Gewährung eines Gesellschafterdarlehens aus gesellschaftsrechtlichen Gründen nicht zu einer verdeckten Einlage, weil bei der Gesellschaft die Darlehensschuld zu passivieren ist und ihr daher noch kein Vermögensvorteil zugewendet worden ist. Eine Einlage liegt in Höhe des werthaltigen Teils der Darlehensforderung vor, wenn auf die Rückzahlung verzichtet wird. Ob hierfür gesellschaftsrechtliche Gründe vorliegen, ist aus der Sicht des Verzichts auf die Rückzahlung zu beantworten, nicht aus der Sicht des Zeitpunkts der Darlehensgewährung.
Rz. 191
Liegt eine verdeckte Einlage vor, gehört der Einlagebetrag steuerlich nicht zu dem steuerpflichtigen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG. Der Einlagebetrag ist in das steuerliche Einlagekonto nach § 27 KStG einzustellen. Dies gilt auch, wenn die Einlage handelsrechtlich gewinnwirksam vereinnahmt und daher nicht in die Kapitalrücklage eingestellt wird. Die Frage, ob eine offene oder verdeckte Einlage vorliegt, ist für die Anwendung des "Korrespondenzprinzips" nach § 8 Abs. 3 S. 4 KStG von Bedeutung. Das Korrespondenzprinzip gilt für offene Einlagen, d. h. für Vermögenszuführungen unter offener Verwendung der gesellschaftsrechtlichen Institutionen, nicht.
Rz. 192
Eine verdeckte Einlage ist bei allen KSt-Subjekten möglich, bei denen Einlagen denkbar sind. Dies setzt voraus, dass den Anteilseignern oder Mitgliedern kapitalmäßige oder mitgliedschaftliche Rechte vermittelt werden. Die Annahme einer verdeckten Einlage wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Körperschaft von der KSt befreit ist.
Rz. 193
Eine verdeckte Einlage ist, anders als eine Einlage auf das Nennkapital, kein tauschähnlicher Vorgang. Es fehlt an einer Gegenleistung der Gesellschaft. Zwar erhöht sich der Wert der Anteile des Gesellschafters; dies ist aber ein Reflex der Einlage, keine Gegenleistung der Gesellschaft.
Rz. 194
Als Gegenstand einer verdeckten Einlage kommen nur solche Wirtschaftsgüter in Betracht, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft mehren, sei es durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens, sei es durch den Wegfall oder die Minderung eines Passivpostens. Der Einlagevorgang muss daher in der Bilanz abbildbar sein. Zu einer verdeckten Einlage führt folglich die Übertragung von Wirtschaftsgütern oder die Verminderung von Verbindlichkeiten einschließlich Rückstellungen. Ist der Vorgang in dieser Weise bilanzierbar, kommt es andererseits nicht darauf an, worin die Einlage besteht. So kann die Einlage auch in Dienstleistungen bestehen, wenn diese im Rahmen von Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts bilanziert werden müssen.
Rz. 195
Eine Einlage, durch die das Aktivvermögen der Gesellschaft vermehrt wird, ist gegeben, wenn
- der Gesellschafter Vermögensgegenstände auf seine Gesellschaft überträgt und hierfür kein oder ein unangemessen niedriges Entgelt erhält, ...