Rz. 142

Eine Veräußerung liegt ebenfalls vor, wenn die Anteile des Stpfl. von der Kapitalgesellschaft als eigene Anteile erworben werden.[1]

Dies gilt für die Anwendung des § 17 EStG auch dann, wenn die Kapitalgesellschaft die Anteile zum Zweck der Einziehung erwirbt oder die Anteile eingezogen werden, ohne dass die Kapitalgesellschaft sie vorher erworben hat, z. B. bei der Einziehung gegen Rücklagen. Der Vorgang ist also nach § 17 Abs. 1, 2 EStG, nicht nach Abs. 4, zu behandeln.[2] Der BFH[3] geht ohne Begründung davon aus, dass die Einziehung von Anteilen unter § 17 EStG fällt, lässt aber offen, ob es sich um einen "veräußerungsähnlichen" oder einen "liquidationsähnlichen" Vorgang handelt. Gewinn und Verlust aus der Einziehung sind dann mit der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Maßnahme entstanden.

Die handelsrechtliche Regelung, wonach der Erwerb eigener Anteile als Kapitalherabsetzung zu behandeln ist, der Nennbetrag der eigenen Anteile also von dem Nennkapital abzusetzen ist (§ 272 Abs. 1a HGB)[4], ändert nichts daran, dass die veräußerten Anteile aus der Sicht des Stpfl. einen Vermögensgegenstand darstellen, aus dem er die stillen Reserven durch die Veräußerung an die Kapitalgesellschaft realisiert hat.[5] Für die Gewinnrealisierung ist die Sicht des veräußernden Stpfl., nicht die der erwerbenden Kapitalgesellschaft maßgeblich. Für den Stpfl. besteht kein Unterschied zu einer Veräußerung an einen Dritten.

Der Gewinn nach § 17 EStG realisiert sich mit der "Veräußerung", d. h. der dinglichen Übertragung der Anteile auf die Kapitalgesellschaft[6], da erst dann die kapitalmäßige Beteiligung des Gesellschafters endet.

 

Rz. 143

Auch die Rückzahlung von Kapital bei Liquidation der Kapitalgesellschaft sowie bei Kapitalherabsetzung fallen unter § 17 EStG, obwohl es sich hier nicht um eine "Veräußerung" in dem geschilderten Sinn (Rz. 108) handelt. Die Geltung des § 17 Abs. 1 bis 3 EStG ist jedoch durch Abs. 4 auf diese Fälle ausgedehnt (Rz. 321ff.).

 

Rz. 144

Bei der Einziehung von Anteilen ist zu unterscheiden. Die ordentliche Einziehung wird durch § 237 Abs. 2 AktG einer Kapitalherabsetzung gleichgestellt. Dieser Vorgang fällt daher wie eine Kapitalherabsetzung unter § 17 Abs. 4 EStG. Dagegen ähnelt die vereinfachte Kapitalherabsetzung zulasten des Bilanzgewinns oder von Gewinnrücklagen nach § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG dem Erwerb eigener Anteile (Rz. 142) und fällt daher unter § 17 Abs. 1 EStG.

 

Rz. 145

Bei Austritt oder Ausschluss eines Gesellschafters ist entsprechend zu unterscheiden, ob Nennkapital oder Kapitalrücklagen (d. h. Beträge des steuerlichen Einlagekontos) zurückgezahlt werden (dann § 17 Abs. 4 EStG)[7] oder eine Gegenleistung aus Gewinn oder Gewinnrücklagen gezahlt wird (dann § 17 Abs. 1 EStG).[8]

 

Rz. 145a

Überträgt ein Ehepartner ihm gehörende Anteile an einer Kapitalgesellschaft zum Ausgleich des infolge der Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft (nunmehr) bestehenden Zugewinnausgleichsanspruchs auf den anderen Ehepartner, liegt darin eine Veräußerung i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG.[9]

[2] Z. T. a. A. Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 2020, § 17 EStG Rz. 102, der den Vorgang als "Teilliquidation" einordnen will.
[5] Ebenso Gosch, in Kirchhof, EStG, § 17 EStG Rz. 145.
[6] Hülsmann, DStR 2003, 49.
[7] A.A. Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 2020, § 17 EStG Rz. 107.
[8] Gosch, in Kirchhof, EStG, § 17 EStG Rz. 148.

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