0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Diese Vorschrift ist mit der Einführung des SGB IV durch Gesetz v. 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845) erlassen worden und am 1.7.1977 in Kraft getreten. Zwischenzeitlich gab es mehrere Änderungen und Ergänzungen. So wurde u. a. Satz 1 mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 – RRG 1992) v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) geändert und Satz 2 mit dem Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz – UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) neu gefasst. Satz 1 wurde durch Art. 4 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung v. 24.3.1997 (BGBl. I S. 594) geändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Dem Versicherungsträger ist – mit Ausnahme der gesetzlichen Unfallversicherung – in den meisten Fällen der Leistungsbedarf des einzelnen Versicherten nicht bekannt, so dass darum auch keine Leistungen erbracht werden können. Die Versicherten haben daher im Allgemeinen die benötigten Leistungen selbst unmittelbar beim zuständigen Versicherungsträger zu beantragen.
2 Rechtspraxis
2.1 Antrag auf Leistungen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
Rz. 3
Der Antrag auf Leistungen der in Satz 1 bezeichneten Versicherungsträger ist – soweit im Einzelfall gesetzlich nicht ausdrücklich etwas anderes vorgeschrieben ist – an keine Form gebunden (vgl. § 9 SGB X). Der Antrag kann daher sowohl schriftlich als auch mündlich gestellt werden. Wenn die Versicherungsträger allerdings für bestimmte Leistungsarten (z. B. Rehabilitationsverfahren, Rentenantrag, Kurantrag, Arbeitslosengeld) Vordrucke für die Antragstellung bereithalten, ist die Verwendung dieser Vordrucke zu empfehlen. Durch die Verwendung der Vordrucke wird sichergestellt, dass der Versicherungsträger die für die Entscheidung über den Leistungsantrag erforderlichen Angaben erhält.
Die Versicherungsträger haben nach § 20 SGB X den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Dabei bestimmen sie den Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten sind sie nicht gebunden.
Im Übrigen ist der Versicherte nach § 60 SGB I u. a. gehalten, alle Tatsachen anzugeben, die für den Anspruch auf die Leistung erheblich sind. Weiterhin sieht § 60 Abs. 2 SGB I vor, dass Vordrucke benutzt werden sollen, soweit sie für die erforderlichen Angaben vorgesehen sind.
Die Leistungsträger sind außerdem nach § 16 Abs. 3 SGB I verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass klare und sachdienliche Anträge gestellt und vollständige Angaben gemacht werden müssen. Dabei haben die Versicherten auf Verlangen des Sozialversicherungsträgers zur mündlichen Erörterung des Antrages persönlich zu erscheinen (§ 61 SGB I).
Die Folgen einer fehlenden, jedoch zumutbaren adäquaten Mitwirkung hat der Leistungsberechtigte selbst zu tragen. Nach § 66 Abs. 1 SGB I kann der Versicherungsträger ohne weitere Ermittlungen die Sozialleistungen ganz oder teilweise versagen, sofern der Versicherte seine Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62 SGB I nicht nachkommt.
2.1.1 Antrag beim zuständigen Leistungsträger
Rz. 4
§ 16 SGB I schreibt grundsätzlich vor, dass Anträge auf Sozialleistungen beim zuständigen Leistungsträger zu stellen sind.
Zuständig für Leistungen der Krankenversicherung ist die Krankenkasse, bei der der Anspruchsteller selbst pflichtversichert oder freiwillig versichert (vgl. §§ 5 und 9 SGB V) oder als Familienangehöriger (vgl. § 10 SGB V) versichert ist. Gerade vor dem Hintergrund der Zuständigkeitsbestimmung nach § 14 SGB IX (Zuständigkeit des "erstangegangenen Trägers") ist sorgfältig zu prüfen, inwieweit bereits das Herantreten des Versicherten an den – vertraglich durch die Krankenversicherungsträger zur Erbringung der geschuldeten Sachleistung eingebundenen – Leistungserbringer eine Antragstellung darstellt (vgl. BSG, Urteil v. 24.1.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113 S. 40 zur Hörgeräteversorgung).
Die bei jeder Krankenkasse gebildeten Pflegekassen haben vor der Leistungsgewährung durch die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung prüfen zu lassen, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit und damit der Anspruch auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erfüllt sind und welche Stufe der Pflegebedürftigkeit vorliegt. Der Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit umfasst daher zugleich den Antrag auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung.
Für Leistungen der Rentenversicherung ist der Rentenversicherungsträger, bei dem der Antragsteller bei Antragstellung versichert ist oder zuletzt rentenversichert war, zuständig. Die Zuordnung zu den Rentenversicherungsträgern erfolgt durch die Vergabe der Versicherungsnummer. Ist eine Versicherungsnummer noch nicht vergeben, ist die Deutsche Rentenversicherung Bund zuständig (§ 127 Abs. 1 SGB VI). Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See ist für Leistungen zuständig, wenn ein Beitrag aufgrund einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit an die deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gezahlt worden ist. In diesen Fällen führt die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See auch die Versicherung durch (§ 130 SGB VI). Für Leistungen an Hinterblieben...